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Gib Acht!

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Der USA-Reisende an sich hat es schwer. Fingerabdrücke, Kontoauszüge, biometrische Fotos – all das wird verlangt. Und dann noch der nette Frageboden: Prostituierte oder Zuhälter? Schade, leider keine Einreise. Alt oder Vorfahren, die aktiv am Holocaust teilgenommen haben? Vergessen Sie´s! Was zeigt uns das? Innere Sicherheit ist echt super wichtig. Das hat jetzt auch Deutschland erkannt: auf dem G8-Gipfel verkörperte der Stacheldrahtzaun die Paranoia der Politiker. Sonst wären denen die Demonstranten ja aufs Dach gestiegen. Und noch ein gutes hat der Zaun: Alle Beteiligten haben die Autonomen-Angriffe überlebt. Deshalb konnte Bundeskanzlerin Merkel am Samstag auch noch für ein Stündchen auf dem evangelischen Kirchentag vorbeischnuppern, um ein bisschen PR für ihre perfekt gelaufene Veranstaltung in Heiligendamm zu machen. Vor der Halle gab es zwar kilometerlange Warteschlagen, aber keine fünf Metalldetektoren und auch keinen Fragebogen über die kriminelle Vergangenheit der Besucher. Eine mutige Entscheidung. Das hätte auch schief gehen können. Was wäre gewesen, wenn radikale Protestanten – aggressiv aufgeheizt von drei Nächten in überfüllten Turnhallen, Gedrängel bei 30 Grad im Schatten, von Beschallung durch Kirchentagkuschelsongs mit Ohrenschmerzgarantie und freundlichen Mitchristen, die alle zwei Minuten nach ihrem gegenseitigen Wohlbefinden fragen, einfach genug von der „Wir-ham-uns-alle-lieb“-Mentalität – Steine, Messer oder gar Pistolen in ihren Taschen versteckt hätten? Aber das Vertrauen in die tiefreligiösen Christen ist groß. So groß, dass die paar pfadfinderähnlichen Kirchentagsgutmenschen mit ihrem „ICH HELFE“ auf den orangegrellen Halsbändern als Bodyguards vollkommen ausreichten. Um das noch mal klarzustellen: religiöse Menschen tragen keine Waffen. Zumindest die Christen nicht.

Aber das Beste an der G8-Werbeveranstaltung: Angela wurde live auf ZDF übertragen. Mit ein paar Patzern: Wissen sie, Fernsehmachen ist halt schwierig. Das musste auch der verwirrte – eigentlich gut trainierte – ältere Moderator Wolf von Lojewski feststellen. Über den kleinen Stecker in seinem rechten Ohr, hörte er wohl die ungenauen Ansagen der ZDF-Regie. Trotzdem verstand er nicht: Den farbige Quotenafrikaner bitte erst nach der Live-Sendung aufs Podium, wegen mangelndem Bekanntheitsgrad.

Mit „Sendung-mit-der-Maus“-Stimme – so konnten auch wirklich alle Besucher folgen – plauderte Angela dann auf dem heißen Stuhl aus dem Nähkästchen, was sie mit ihrem Strandkorbfreund Wladimir am Wochenende klargemacht hatte: ein paar Milliönchen für Afrika, die paar Milliärdle für den Klimaschutz und und und. Dabei wirkte sie sichtlich gelassen, entspannt von der frischen Brise an der Ostsee, unbeirrt am lächeln. Was hat sich da bloß hinter verschlossenen Türen abgespielt, meine Liebe?

Zwischendurch dann ein paar Pausen, um die, heute extrem kritischen, Kirchentagsbesucher etwas runter zu bringen. Großartig untermalt von der Musik einer echten „Afroamerikanerin, die in Berlin lebt. Globaler geht es kaum noch.“ Grandiose Überleitung, Herr Lojewski.

Kurz nach der Live-Sendung dann doch ein kleiner Zwischenfall: Protestanten mit roten Pappnasen stimmen Demonstrationslieder an. Aber die kleinen, orangefarbenen, evangelischen Pfadfinder sind auf Zack, greifen sofort ein. Vielleicht hätten sich die Möchtegern-Autonomen vorher mal bei ihren Kollegen in Heiligendamm nach der ersten Regel des Demonstrantendaseins erkundigen sollen: Aufmerksamkeit in den Medien erregen. Schade, war wohl nix.

Für die – trotz allem – friedlich gebliebenen Hallenbesucher war die Veranstaltung natürlich noch mal das große Highlight. Warum, fragen Sie? Merkel hat doch nur ein wenig Werbung gemacht. Ja, das stimmt! Aber eine Protestantin stellte begeistert fest: „Die sieht in Echt viel dünner aus, als wie im Fernsehn.“ Na klar Heidi!

Charlotte Potts

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