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Länderberichte

„Hab Vertrauen, Afrika, und steh’ auf!“

Der Besuch des Heiligen Vaters in Benin

Die 23. Auslandsreise des Papstes führte ihn vom 18. bis 20. November nach Westafrika. Benin war das dritte afrikanische Land nach Angola und Kamerun, dem er einen Besuch abstattet. Dieser fand sowohl auf Einladung des Staates Benin als auch der dortigen Bischofskonferenz statt. Als Motto über seiner Reise stand: „Versöhnung, Frieden und Gerechtigkeit.“ Sowohl die Reise als auch ihr Motto wurden von der offiziellen beninischen Politik geschickt genutzt.

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Vierzig Jahre nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen dem Vatikan und Benin kam der Papst auf Einladung des Staatschefs und der Bischofskonferenz des Landes in ein Land, in dem 34 Prozent der annähernd neun Millionen Einwohner katholischen Glaubens sind. Die katholische Mission in Afrika hatte vor 150 Jahren von Benin aus ihren Anfang genommen. Bei der nationalen Konferenz von 1990, die Benin in eine Mehrparteiendemokratie überführte, spielte die katholische Kirche eine maßgebliche Rolle als Moderatorin. Die Entscheidung für Benin als Reiseziel wurde durch das Vorhandensein demokratischer Strukturen und das friedliche Zusammenleben vieler Religionen erleichtert, wie der Papst selbst sagte.

Auf seiner Agenda standen drei Hauptanliegen:

In Yaouonde hatte er der Synodenversammlung das Vorbereitungsdokument übergeben. Jetzt kam er nach Benin, um das Schlussschreiben, die Apostolische Ermahnung (Exhortatio Apostolica Postsynodalis) in Ouidah zu unterzeichnen.

Zum zweiten erinnerte er an den Beginn der afrikanischen Mission vor 150 Jahren im damaligen Dahomey, die die Pères de la Société des Missions Africaines aus Lyon initiierten.

Zum dritten gedachte er Kardinal Gantins an dessen Grab. Der in Benin überaus populäre, 2008 verstorbene Gantin war zur gleichen Zeit Präfekt der Bischofskongregation, als Benedikt XVI. Präfekt der Glaubenskongregation war.

Gesäubert und gesichert – wie Cotonou den Papst empfing

Benedikt XVI. traf am 18. November in einer Stadt ein, die sich minutiös auf seinen Besuch vorbereitet hatte. Einen Tag vor der Ankunft des Heiligen Vaters deklarierte Präsident Boni Yayi den 18. November zum nationalen Feiertag. Damit sollten möglichst viele Gläubige die Chance zur Begegnung mit dem Papst erhalten. Von kirchlicher Seite wurden nach einem Quotensystem den einzelnen Kirchen und Pfarreien Eintrittskarten für die Messen und andere Veranstaltungen zugeteilt. Auf dem Platz „Champ de Foire“ wurde eine neue Statue Kardinal Gantins eingeweiht.

Die Hauptstadt hatte alles getan, um die Sicherheit des prominenten Gastes zu gewährleisten. Drei Wochen vor dem Besuch wurden die Zemidjan (private Motorradtaxis) durch das offizielle Vorbereitungskomitee instruiert, um deren bisher eher anarchische Fahrweise abzumildern. Die ansonsten wahrhaftig nicht durch Sauberkeit auffallende Hauptstadt Cotonou hatte sich herausgeputzt. In den drei entscheidenden Tagen war den großen LKWs, die normalerweise die Hauptstrassen um den Hafen verstopfen, der Aufenthalt im Zentrum verboten. Was in der staatsnahen Tageszeitung La Nation schonend als „toilettage de la ville“ umschrieben war, hieß im Klartext: auf Geheiß der Stadtverwaltung wurden in der Woche vor Beginn des Besuches Verkaufsstände unzähliger Kleinhändler wie Getränke- und Gemüseverkäufer sowie illegaler Benzinverkäufer bis hin zu Maquis, den einheimischen Straßenrestaurants, entweder umgesetzt oder ganz abgerissen. Strassen wurden über Nacht ausgebessert, Schlaglöcher geflickt, Häuser entlang der Protokollstrecke in Windeseile gestrichen. „Der Papstbesuch war der willkommene Vorwand für eine Säuberungsaktion, die man auf städtischer Seite dreißig Jahre vor sich hergeschoben hatte und zu der der politische Mut gefehlt hatte“, so ein Beobachter der Aktion. Ein solches Vorgehen hatte nicht im Interesse des Heiligen Stuhles gelegen. Die Betroffenen eroberten aber direkt nach dem Papstbesuch wieder ihr altes Terrain, was La Nation prompt zu dem Kommentar veranlasste, die Einwohner von Cotonou hätten ihre neuen guten Manieren direkt wieder nach der Abreise des Papstes mit dem dringenden Wunsch nach Profit vertauscht.

Einen Tag vor dem Beginn des Papstbesuches wurde der neue Sitz der beninischen Bischofskonferenz eingeweiht, der in Rekordzeit fertig gestellt worden war. Geber der 10 Millionen FCFA (ungerechnet ca. 15.000 €) für den Neubau waren die spanische, die italienische und die deutsche Bischofskonferenz sowie die Regierung von Benin. Dazu kamen die Spenden ungezählter Gläubiger aus Benin.

Afrika – Synonym für Hoffnung: Die Ansprachen des Papstes

Am 19. November bat die Regierung zu einem Empfang in den Präsidentenpalast. Prominente Oppositionsführer blieben der Veranstaltung fern. Allerdings erschienen sie bei der öffentlichen Messe im „Stade de l’Amitié“ am darauffolgenden Sonntag. Dies legt die Vermutung nahe, dass die Staatsspitze mit einer „vergessenen“ Einladung zum Empfang nervös auf einen offenen Brief der Oppositionsallianz Union fait la Nation (Die Einheit macht die Nation) an den Papst reagiert hatte. Datiert auf den 16. November, hatte er Missstände in Benin aufgezählt. Dazu gehörten der Verlust der Unabhängigkeit der republikanischen Institutionen, die Konzentration der Kommunikationsmittel in einer Hand sowie Manipulationen bei den Wahlen.

Das Staatsoberhaupt Benins betonte in seiner Ansprache beim Empfang, sein zweites Mandat sei auch sein letztes. Zum wiederholten Male trug er vor, warum er seine zweite Amtsperiode unter die Wiederbegründung (refondation) moralischer, geistiger und ethischer Werte gestellt habe. Mit dieser Wiederbegründung gehe der Abbau von Elend und Armut einher. Um diese Ziele zu erreichen, baue er auf den friedlichen Wettbewerb aller Institutionen des Landes. Die Kanzlerin Kouboutath Osseni, selbst eine Muslima, erinnerte in ihrer Ansprache an den Frieden als das zentrale Leitmotiv der Landespolitik. Sie knüpfte an die Konferenz vom Februar 1990 an, bei der durch Dialog und Konsens ein neuer Weg für den Benin gefunden worden sei. Dieser Weg sei dann in der Verfassung vom Dezember 1990 festgeschrieben worden. In ihr wurden Grundrechte und Religionsfreiheit verankert. Seitdem vollzöge sich die Entwicklung des Rechtsstaates in Benin unter stetiger Beteiligung aller Religionen.

In seiner Antwort ging der Papst auf die afrikanische Entwicklung der letzten Monate ein. Die Menschen in Nordafrika hätten ihrem Verlangen nach Freiheit, materieller Sicherheit sowie harmonischem und interkulturellem Zusammenleben Ausdruck gegeben. Er richtete einen dringenden Appell an die politischen und ökonomisch Verantwortlichen in der Welt. Sie sollten ihren Völkern nicht die Hoffnung und die Zukunft nehmen, indem sie die Gegenwart verstümmelten. Mit Afrika verbinde sich für ihn immer das Wort Hoffnung.

Am Nachmittag unterschrieb der Papst in Quidah die apostolische Ermahnung: das Produkt der Beratungen des postsynodalen Rates im Anschluss an die Zweite Sonderversammlung für Afrika, die vom 4. bis 25. Oktober 2009 getagt hatte. Die Synode hatte sich mit den speziellen Aufgaben der Kirche auf dem afrikanischen Kontinent befasst. Im Zentrum stand das Streben nach Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden. In Ouidah uidah betonte Benedikt XVI. die Offenheit der katholischen Kirche, in Afrika mit allen Gliedern der Gesellschaft zusammenzuarbeiten, vor allem mit den Repräsentanten der anderen Kirchen und nichtchristlichen Religionsgemeinschaften.

Was bleibt? Resonanz einer Reise

Die Regierung Benins bewertete die drei Tage im November als ausgesprochen positiv. Die Beniner hätten wieder einmal ihre sprichwörtliche Gastfreundschaft und ihren Patriotismus unter Beweis gestellt, so der Außenminister Arifari Bako. Auch das Motto der Papstreise bestätige den Präsidenten in seiner Reformpolitik: der Besuch des Papstes habe zum Prozess der Refondation beigetragen.

Der Besuch Benedikts XVI. fand zu einem für den Präsidenten Benins äußerst günstigen Zeitpunkt statt. Als der Vatikan im Oktober 2010 die Reisepläne nach Benin bekannt gab, ahnte noch niemand, in welcher Krise sich das Land im November 2011 befinden würde. Eine intensive Debatte über die Frage einer Verfassungsrevision, die Boni Yayi eine dritte Amtszeit ermöglichen würde, permanente Auseinandersetzungen mit den Gewerkschaften, zunehmende öffentliche Kritik an den chaotischen Verkehrsverhältnissen in der Innenstadt von Cotonou sowie am negativen Erscheinungsbild der Stadt insgesamt sind nur einige der Defizite, die den Präsidenten zunehmend unter Druck setzen. Dass eines der Motive des Papstes, die apostolische Reise ausgerechnet nach Benin anzutreten, der vorbildliche Zustand von dessen Demokratie war, kam sehr gelegen. Aus gutem Grund trug auch die muslimische Kanzlerin beim Staatsempfang die Leitmotive der Regierung vor – konnte doch damit der Präsident die funktionierende interreligiöse Zusammenarbeit unter Beweis stellen. Dies alles fand statt in Benins Metropole, die ein Sinnbild öffentlicher Ordnung und Sauberkeit zu sein schien. Alles in allem konnte Boni Yayi in den drei Tagen des Papstbesuchs durch die gekonnte Inszenierung seiner westafrikanischen Vorzeigedemokratie vom augenblicklichen Zustand des Staates ablenken.

Direkt im Anschluss an die Papstreise wertete ein Symposium der Bischofskonferenz den Besuch aus. Nötig sei jetzt eine schnelle Umsetzung von Africae Munus durch alle Mitglieder der Kirchen und eine gemeinsame Strategie, um die Botschaft in alle Gemeinden zu senden. Dazu gehörten die Übersetzung der nachapostolischen Ermahnung in die verschiedenen nationalen Sprachen sowie die Entwicklung einer Sensibilisierungskampagne und der Ausbau innerkirchlicher Netzwerke zum Informationsaustausch.

Die gesamte Reise verlief friedlich. Wirklich gefordert wurden die Organisatoren durch Unvorhersehbares. Zum Beispiel durch den Ziegenbock, der vor der Ankunft des Papstes als Willkommensgeschenk abgeliefert wurde. Laut Aussage des Attachés beim Nuntius ließ er sich nur schwer – dem sonstigen Verfahren für Geschenke folgend – archivieren und ablegen. Er wurde nicht – wie sonst üblich - in die Vatikanischen Gärten geflogen, sondern fand seinen Weg hier in ein örtliches Waisenhaus.

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