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Das Friedenabkommen von Addis Abeba – ein Ende der Gewalt im Osten Kongos?

In der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba beschlossen elf ICGLR-Staaten am 24. Februar 2013 ein Rahmenabkommen für Frieden, Sicherheit und Zusammenarbeit für den Kongo. Die unterzeichnenden Staaten erklärten unter anderem, sich nicht mehr ohne Absprache in die Konflikte der Nachbarstaaten einzumischen. Die kongolesische Regierung hat ihrerseits zugestimmt, wichtige Reformen in den Bereichen Sicherheit, Dezentralisierung, Aufbau der Infrastruktur und Verbesserung der Grundversorgung durchzuführen. Insbesondere geht es nun um Strategien und Aktivitäten, die das Abkommen mit Inhalten füllen.

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Die Unterzeichner treffen sich zweimal im Jahr, um über die Fortschritte zu beraten. Der VN-Generalsekretär Ban Ki-Moon sprach von einem historischen Moment und forderte, die Situation in der Demokratischen Republik Kongo müsse weiterhin auf der internationalen Agenda stehen.

In der Demokratischen Republik Kongo gab es in den letzten Jahren einige Fortschritte. Seit Beendigung des Dritten Kongokrieges 2009 sind die westlichen und zentralen Teile des Landes einigermaßen stabil. Es fanden bereits zwei Wahlen statt und ein pluralistisches Parteiensystem sowie halbwegs freie Medien haben sich entwickelt. Die hohe Inflation wurde gestoppt und Kongo weist ein gutes Wirtschaftswachstum auf. Allerdings ist die kongolesische Regierung seit 2009 nicht in der Lage, einen dauerhaften Frieden im Osten des Landes zu schaffen. Insbesondere die Bevölkerung in der Region ist von den Gewalttaten durch Rebellen, aber auch durch die kongolesischen Sicherheitskräfte betroffen. Die Menschen im gesamten Land werden zunehmend unzufriedener. Dies könnte die Sicherheitslage im Land erheblich beeinflussen.

Das Friedensabkommen vom 24. Februar hat die Bedeutung von Reformen in der Demokratischen Republik Kongo deutlich hervorgehoben. Besonders wichtig sind dabei der Sicherheitssektor und die Dezentralisierung. Gewaltsame Übergriffe des kongolesischen Militärs (FARDC) auf die Bevölkerung haben gezeigt, dass der Sicherheitssektor dringend reformiert werden muss. Die aktuellen Konflikte mit Rebellengruppen machten deutlich, dass die FARDC in ihrem desolaten Zustand nur wenig gegen straff organisierte Rebellengruppe ausrichten kann.

Dringend notwendig sind strukturelle Reformen zur Schaffung einer Armee, die im Interesse der Verfassung und der Nation handelt und nicht im Interesse einzelner Akteure. Probleme wie parallele oder inkompetente Kommandostrukturen, vernachlässigte Ausbildung, schlechte Ausstattung und Logistik, endemische Korruption, fehlende Zahlungen und mangelnde Motivation müssen behoben werden. Gegenwärtig schreiten die Bemühungen für eine Reform der FARDC nur langsam voran. Präsident Kabila kündigte zwar Ende vergangenen Jahres für 2013 wichtige Reformen an. Bisher hat er dazu aber noch keine weiteren Angaben gemacht. MONUSCO, die EU, die Konrad-Adenauer-Stiftung und weitere Organisationen arbeiten zusammen mit der FARDC und der kongolesischen Zivilgesellschaft an Reformen. Das Länderprogramm Kongo der KAS fördert seit einigen Jahren die Demokratisierung der FARDC durch politische Bildung. In Zusammenarbeit mit der FARDC werden für Offiziere Fortbildungen zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit durchgeführt.

Der zweite Reformbereich betrifft die Dezentralisierung von Staat und Verwaltung in der Demokratischen Republik Kongo. Die Bildung von demokratisch legitimierten und funktionierenden lokalen Institutionen wird seit Langem gefordert und ist bereits in der Verfassung seit 2006 festgeschrieben. Aufgrund politischer Streitigkeiten, fehlender Motivation und Finanzierung ist auf dem Gebiet allerdings kein Fortschritt zu erkennen. Viele lokale Verwaltungen arbeiten ineffizient, verfügen über wenig Mittel, sind korrupt und bieten keinen ausreichenden Service. In einigen Landesteilen funktioniert die staatliche Verwaltung überhaupt nicht oder sie wurde durch informelle Strukturen übernommen. Durch eine erfolgreiche Dezentralisierung könnten erhebliche Konfliktpotenziale auf lokaler Ebene abgebaut werden. In anderen Ländern hat sich bei erfolgreichen Dezentralisierungsprozessen gezeigt, dass auf lokaler Ebene Minderheiten besser integriert, Ressourcen gerechter verteilt und die Bürger zu mehr Eigenverantwortung motiviert werden können. In der DR Kongo gibt es noch eine Reihe von weiteren Vorhaben, die dringend durchgeführt werden müssen.

Aber auch auf internationaler Ebene gibt es einige Ansätze, um die Gewalt zu beenden. Die Vereinten Nationen, Staaten und zivilgesellschaftliche Organisationen üben zunehmend stärkeren Druck auf Armeen und Rebellen aus, die Gewalt gegen Frauen verüben. Beispielsweise stellte am 25. März 2013 der Sondergesandte der VN-Mission im Kongo, Roger Meece, der kongolesischen Regierung ein siebentägiges Ultimatum hinsichtlich gewaltsamer Übergriffe des kongolesischen Militärs auf die Zivilbevölkerung: Entweder die FARDC führe ernsthafte Untersuchungen durch, um die Schuldigen zu verurteilen, oder die Unterstützung der MONUSCO für die beiden betroffenen FARDC-Bataillone in der Region werde eingestellt. Aufgrund der Vorwürfe wurden mindestens zehn verantwortliche Kommandanten entlassen und der Militärgerichtsbarkeit übergeben. Wie viele weitere Soldaten und Offizieren angeklagt werden, ist bisher nicht bekannt.

Am 28. März 2013 beschlossen die Vereinten Nationen ein neues, weitreichendes Mandat für die MONUSCO-Friedensmission im Kongo in der Resolution 2098 (2013). Darin wird nicht nur das Mandat um ein weiteres Jahr verlängert, sondern auch erheblich ausgeweitet. Zum ersten Mal entsendet die UNO eine 3.000 Mann starke Eingreiftruppe, die den Auftrag hat, bewaffnete Rebellengruppen im Osten des Landes zu neutralisieren und zu entwaffnen. Damit geben die Vereinten Nationen ihr Prinzip der Neutralität auf und greifen aktiv ins Kampfgeschehen ein. Eine Kooperation mit den kongolesischen Streitkräften ist laut Mandat nicht unbedingt notwenig. Allerdings sind sich Experten einig, dass die Zusammenarbeit mit Polizei und Justizbehörden bereits frühzeitig beginnen sollte, damit Kriegsverbrecher entsprechend verurteilt werden können.

In der kongolesischen Bevölkerung sind die Hoffnungen auf eine schnelle Lösung des Konflikts durch die VN-Eingreiftruppe hoch. Bei einigen Sicherheitsexperten kommen jedoch Zweifel an der Eingreiftruppe und Erinnerungen an die gescheiterten Missionen ONUC (1960er Jahre im Kongo) und Restore Hope (Anfang der 1990 Jahre in Somalia) auf. Beide Missionen waren ebenfalls nicht neutral und wurden zum Spielball politischer Interessen. Zudem läuft der Mission die Zeit davon, die entsprechenden Truppen müssen entsprechend in den Kongo verlegt werden und Erfahrungen im Gelände sammeln.

Die Kämpfe haben aufgehört, aber die Gefahr ist lange noch nicht gebannt. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine neue Rebellenbewegung auftaucht, die an den Rohstoffen mitverdienen möchte, ist hoch. Nicht weniger als acht Staaten haben in den ver-gangen 20 Jahren im Kongo militärisch eingegriffen. Mehr als 20 Milizengruppen trieben ihr Unwesen, viele davon bis heute. Nach fast 20 Jahren Krieg und Zerstörung wird nicht einfach von heute auf morgen Frieden im Osten der Demokratischen Republik Kongo einkehren.

Allerdings geben einige Entwicklungen Anlass zu Hoffnung. Ein kongolesischer Kriegsverbrecher wurde bereits vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag verurteilt, ein weiterer hat sich gestellt. Das Friedensabkommen und die neue Eingreiftruppe der VN-Mission sind wichtige Initiativen zur Stabilisierung der Region. Die Wirksamkeit hängt aber vor allem davon ab, inwieweit die Regierung der Demokratische Republik Kongo notwendige Reformen im Land durchsetzt.

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