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Das Referendum wird stattfinden trotz der Empfehlungen der Venedig-Kommission

von Dr. Juri Silvestrow
Am 29. März hat das Verfassungsgericht der Ukraine seinen Beschluß über die Verfassungsmäßigkeit des Präsidentenukas über die Durchführung eines allukrainischen Referendums am 16. April "auf Initiative des Volkes" bekanntgegeben. Demnach sind vier von den sechs Fragen, die zur Abstimmung gestellt werden, akzeptiert worden: über die Aufhebung der Abgeordnetenimmunität über die Bildung eines Zwei-Kammer-Parlaments, über die Reduzierung der Abgeordnetenanzahl von 450 auf 300 sowie über das Recht des Präsidenten, das Parlament aufzulösen, falls die Abgeordneten innerhalb eines Monats keine Mehrheit bilden oder im Laufe von drei Monaten den Regierungshaushalt nicht akzeptieren.

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Zwei Fragen wurden als verfassungswidrig erklärt: eine Mißtrauenserklärung gegenüber dem gegenwärtigen Parlament (Werchowna Rada) und die Annahme der Verfassung durch ein allukrainisches Referendum.

Mit diesem Referendum, das von Präsident Kutschma und seiner Umgebung inspiriert wurde, will das Staatsoberhaupt seinen Einfluß auf das Parlament verstärken, und zwar durch eine obere Kammer, in der von ihm ernannte und gewählte Vertreter der Regionen sitzen sollen.

Der Beschluß des Verfassungsgerichts steht im Gegensatz zu den Empfehlungen internationaler Institutionen. Ende Februar erklärte die Parlamentarische Versammlung des Europarates, das Referendum solle nicht forciert werden, denn die Ukraine könne damit einen falschen Weg einschlagen, der die demokratische Entwicklung gefährde. Im Falle der Durchführung des Referendums könne die Mitgliedschaft der Ukraine in dieser Organisation suspendiert werden.

Auch die Experten der Venedig-Kommission kamen Mitte März zum Schluß, die Durchführung des Referendums sei nicht zweckmäßig. Kutschma und Außenminister Tarassjuk bewerteten diese Empfehlungen als Versuch, Druck auf das Verfassungsgericht auszuüben.

Der Justizminister a.D. und Vertreter der Ukraine in der Venedig-Kommission, Serhij Holowaty MP, ließ wissen, daß durch diesen Beschluß des Verfassungsgerichtes sowieso diejenigen politischen Kräfte, welche einen "verfassungswidrigen Staatsstreich" in der Ukraine organisieren wollten, eine Niederlage erlitten hätten. Es wird schwer sein, eine Mißtrauensfrage gegenüber dem Parlament zum Inhalt eines Referendums zu machen.

Das Verfassungsgericht unterstrich in seinem übrigens endgültigen Beschluß, daß im Falle eines positiven Ausgangs des Referendums die Verfassung so ergänzt bzw. geändert werden könne, wie es in der Verfassung vorgesehen ist (Artikel 154 - 159(. Das würde bedeuten, daß in diesem Falle mit einer längeren Prozedur zu rechnen ist.

Alle Änderungen bzw. Ergänzungen zur Verfassung können nur vom Präsidenten oder vom Parlament initiiert werden. Die Werchowna Rada wird mit Sicherheit keine Änderungen vorschlagen, welche ihre Interessen einschränken. Wenn der Präsident hier initiativ werden sollte, würden seine Vorschläge voraussichtlich zwei Jahre im Parlament behandelt werden. Nach dem heutigen Stand wird die Werchowna Rada in der laufenden Legislaturperiode nicht reduziert.


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