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Länderberichte

Die Angst vor der Bombe – Konfliktherd Nordkorea

von Thomas Awe
Die pilzartige Rauchwolke, die sich am 9. September über Nordkorea – nahe der Grenze zu China – bildete, löste apokalyptische Vorstellungen aus.Neben Spekulationen über Unfälle oder Atomtests erinnerte sie an die krisengeschüttelte Situation auf der koreanischen Halbinsel; symbolträchtiger konnte das gefährliche Rauchzeichen nicht sein.

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US-amerikanische Geheimdienste hatten seit Anfang des Jahres Hinweise erhalten, nach denen Nordkorea möglicherweise einen Atomwaffentest plane.

Auch die spätere Erklärung, es habe sich um die Sprengung eines Berges für ein Wasserkraftwerk gehandelt, beruhigt nur unzureichend.

Südkoreanische Satellitenaufklärung hatte die „Wolke“ zuerst ausgemacht, die Photos dann nach Washington geschickt. Doch die dortigen Behörden hüllten sich in beredetes Schweigen und schlossen erst 48 Stunden später eine Atomexplosion mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ aus. Denn hieß es plötzlich, es habe sich um „seltene Wetterformationen“ gehandelt. Explosionen – die Nordkorea zuvor bestätigt hatte – wären es nicht gewesen.

Teilung, Spannung, Aufrüstung

Koreas jüngste Geschichte ist die Geschichte einer Teilung, einer unfreiwilligen Doppelstaatlichkeit, eines Systemwettstreits einander ausschliessender Gesellschaftsentwürfe und einer explosiven Aufrüstung, die jederzeit vom kalten zum heißen Krieg führen kann.

Hoffnungen, Enttäuschungen

Gut vier Jahre nach dem sog. Gipfeltreffen im Juni 2000 der beiden koreanischen Regierungschefs auf dem Rollfeld des nordkoreanischen Flughafens hat die damals so verheißungsvoll deklarierte „Öffnung“ der „DVRK“ sich anders als erhofft entwickelt.

Statt der zugesagten Rückkehr in die Staatengemeinschaft mit dem Ziel echter Annäherungsschritte zur Aussöhnung mit Südkorea hat Pyongyang bislang genau das Gegenteil bezweckt und erreicht.

Wortbrüchigkeit, Drohgebärden und waffenterroristische Erpressung mit allen Mitteln gehören zum Arsenal der nordkoreanischen Führung, von einer weiteren internen Abschottung ganz zu schweigen.

Allerdings verschlimmert nun auch noch das Eingeständnis der südkoreanischen Regierung, selbst Experimente zur Urananreicherung angeordnet oder zumindest geduldet zu haben, die prekäre Situation, Nordkorea von allen Atomtests fernzuhalten.

Status quo

Die beiden Nationen sind unmittelbar nach Ende des 2. Weltkrieges Geschöpfe der USA (Südkorea) und der damaligen UdSSR (Nordkorea) geworden, die nach der bedingungslosen Kapitulation Japans dessen ehemaliges Kolonialreich (1910-1945) ihren Einflusssphären unterordneten.

Dieser Zustand hält – mit wenig geänderten geopolitischen Verschiebungen – bis heute an; Schuld trägt das nordkoreanische Regime, dessen kompromisslose Politik eine Normalisierung im interkoreanischen Verhältnis nicht nur blockiert, sondern nahezu choreographischer Schrittfolge immer wieder aufs Neue zu torpedieren versteht.

Es lohnt daher ein kurzer Rückblick auf die Entstehungsgeschichte beider Koreas, anhand dessen auch die gegenwärtigen Feindschaften, Irritationen und „geplanten“ Rückschläge im Aussöhnungsprozess der Staaten erkennbar werden; nachvollziehbarer erscheinen sie dadurch nicht.

Rückblick

Fünf Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs brach der Koreakrieg aus, der über 3 Millionen Menschen das Leben kostete und noch immer nicht vorüber ist.

Die Nachwirkungen reichen bis in die unmittelbare Gegenwart hinein; ein Friedensvertrag wurde nie geschlossen, das Waffenstillstandsabkommen bis heute nicht von südkoreanischer Seite unterschrieben; Amerika zeichnete für Seoul verantwortlich.

Die USA waren bereit, den enormen Anforderungen, die der Wiederaufbau Südkoreas an sie stellten, zu entsprechen ; die „DVRK“ dagegen wurde von sowjetischer Seite unterstützt.

Anfangs schien der Norden das Rennen um die erfolgreichere Wirtschaftsentwicklung zu gewinnen. Schwerindustrie und extensive Beraterhilfe durch chinesische und russische Experten verhalfen dem Land zu einem ökonomischen Vorsprung, der sich bis in die 70er Jahre zugunsten der DVRK ausweitete.

Dann änderten sich die außenpolitischen Konstellationen, und Naturkatastrophen und Misswirtschaft forderten obendrein ihren Tribut ; Nordkorea entwickelte sich zurück.

Südkorea hatte in der Zwischenzeit durch eine rigide Außenwirtschaftsplanung und die bekannte Militärherrschaft, deren „starke Hand“ bis Ende der 80er Jahre anhielt, ökonomisch aufgeholt und inzwischen den Norden bei weitem überflügelt.

Mit Russland und China haben die beiden mächtigsten Staaten, die direkt an Nordkorea angrenzen, ihre Ideologie verändert; hinzu kam die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands 1990, die ebenfalls einem Gesellschaftsentwurf folgte, der diamentral zu dem Nordkoreas stand.

Doch bereits viel früher, im Jahr 1972, wurde durch die chinesisch-amerikanische Annäherung die nordkoreanische Außenpolitik infragegestellt, denn das Zusammenrücken des ehemals engsten Verbündeten mit dem gemeinsamen Kriegsgegner USA führte zu großer Verunsicherung in Pyongyang.

Als Ergebnis dieser Neuorientierung beschlossen nun ihrerseits die beiden koreanischen Staaten friedliche Koexistenz und erste Aussöhnungsmaßnahmen. Drei Abkommen (Waffenstillstandsabkommen 1953, Basic Agreement 1991, General Agreement, 1994) „regeln“ die innerkoreanischen Beziehungen. Formal. Doch Ruhe und Frieden sind nicht eingekehrt auf der koreanischen Halbinsel; im Gegenteil.

Am 38. Breitengrad stehen sich die hochgerüstetsten Armeen der Welt gegenüber.

Als eines der ärmsten Länder besitzt Nordkorea heute deren fünftgrößte Armee; 30% des BSP werden für Verteidigungsausgaben aufgewendet. Die Volksarmee ist der größte Arbeitgeber des Landes.

Die nordkoreanische Gesellschaft gilt damit als die am weitesten militarisierte der Erde.

Seit fast 2 Jahren schwelt ein Nuklearkonflikt, in den neben den beiden koreanischen Staaten auch all die Länder, die mittel- oder unmittelbar an der Teilung mitwirkten, verwickelt sind : Die USA (Schutzmacht Südkoreas), Russland (ehemals Protektor des Nordens), die VR China (deren „freiwillige“ Truppenverbände 1952/53 den Koreakrieg in einer Pattsituation enden ließen und den Norden vor der sicheren Niederlage bewahrten) und schließlich die einstige Kolonialmacht Japan, die bis 1945 das geeinte Königreich Korea unterjocht hatte.

Was diesen Konflikt so kompliziert macht, sind die Interessen der „anliegenden“ Mächte, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Ein tief verwurzeltes Misstrauen zwischen diesen Ländern und ideologische Spannungen haben die sicherheitspolitische Situation auf der koreanischen Halbinsel verhärtet und verschärft.

Die Politik der beiden Koreas bleibt antagonistisch; Grundpositionen, die eine Verständigung behindern oder gar ausschließen, sind nur schwer überwindbar. Die Außenpolitik der DVRK wirkt anachronistisch, ihre Isolation erweist sich seit langem als kontraproduktiv (im wahrsten Sinne des Wortes).

Trotz der positiven, globalen Veränderungen, die mit dem Ende des Kalten Krieges (Anfang der 90er Jahre) und dem Erlöschen des Ost-West-Konfliktes verbunden sind, bleibt Korea der zur Zeit gefährlichste Krisenherd der Welt.

Die politische, diplomatische und militärische Unberechenbarkeit der DVRK, deren geheim fortgeführtes Atomwaffenprogramm und die wachsende Einflussnahme der VR China auf Nordostasien haben zu einem Krisenpotential geführt, das auch kleinere „Zwischenfälle“ sehr schnell zu einer großen Dimension werden lässt.

Der Zusammenbruch des Ostblocks eröffnete in Asien neue Chancen für eine friedliche Lösung der Koreafrage, doch das Regime in Pyongyang kapselte sich immer weiter ein und signalisierte, dass es nicht an einer echten innen- und außenpolitischen Reformpolitik interessiert war.

Südkorea dagegen wird seit 1987 demokratisch regiert und nahm Anfang der 90er Jahre diplomatische Beziehungen zu den Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes auf. Darüber hinaus ist die Republik Korea heute zu einem der wichtigsten Handels- und Investitionspartner der VR China geworden.

Verhandlungspoker

Nur spärlich und schwerlich lässt sich Nordkorea in mehrdimensionale Verhandlungsprozesse einbinden und „kontrollieren“.

Immer erneut versucht das marode Regime, Kriegs- und Terrorangst auszunutzen und zu schüren.

Die USA haben sich bislang gegen ein binationales Abkommen mit Nordkorea gewandt – von einer Sicherheitsgarantie ganz zu schweigen.

Sowohl die DVRK als auch die Vereinigten Staaten „spielen auf Zeit“, um dort Wirtschaftshilfe und hier multilateral verträgliche und der Rolle Chinas entsprechende Strategien zu erreichen.

Immer, wenn Verhandlungen mit den USA scheitern oder zu scheitern drohen, erhöht Nordkorea nahezu „mechanisch“ sein Drohpotential oder oder bricht Abmachungen, um so einerseits die Kosten für steigende Verteidigungsausgaben zu kompensieren (mehr verlangen für weniger Zusagen) und gleichzeitig die dadurch entstehenden Spannungen zwischen Südkorea und den USA zu schüren.

Hier liegt auch die symbolische Bedeutung internationaler Gespräche – denn sie zeigen, dass zwischen den USA und den Alliierten um Einigkeit gerungen und Nordkorea nur so das mittelfristige Scheitern seiner „Erpressungsideologie“ vor Augen geführt werden kann.

Koreas Geschichte ist auch die Geschichte enttäuschter Erwartungen. Nur allzu oft sind verheißungsvolle und auf allen Gebieten menschliche Erleichterungen versprechende Abmachungen getroffen und gebrochen worden.

Das „Gipfeltreffen“ im Jahr 2000, als mit Kim Dae-Jung zur ersten Mal ein südkoreanischer Staatschef seinen Fuß auf nordkoreanisches Territorium setzte, wurde bejubelt; es hatte aber, wie sich später erweisen sollte, eher choreografischen Charakter und wurde durch die Tatsache, dass die Besuchsbereitschaft des nordkoreanischen Diktators erkauft wurde, nicht besser bewertet.

Der Reformdruck auf Nordkorea hat angesichts der desolaten wirtschaftlichen Lage des Landes und des Scheiterns der Autarkie-Ideologie erheblich zugenommen.

Nordkorea antwortete mit Erpressung, Brutalität gegenüber Regimeopposition und begann ein (vermutetes) Raketenexportprogramm an den Iran und nach Pakistan.

Nordkoreas stärkster Trumpf bleibt z.Z. dessen militärisches Drohpotential (Atomwaffen), dass das Land scheinbar um keinen Preis aufzugeben bereit ist. Doch auch Pyongyang kann und muss einsehen, dass dem militärisch dominierten Wirtschaftssektor ein ziviles Gegengewicht folgen sollte, um das Land von dem drohenden ökonomischen Untergang zu bewahren.

Teufelskreis: Ohne wirtschaftliche Entwicklung wird Nordkorea kaum abrüsten, ohne Abrüstung aber hat das Land kaum Chancen auf Erholung.

Was ist vom „Gipfel“ geblieben? Diese Frage stellen sich heute nicht nur jene, die noch im Juni 2000 größte Hoffnungen in das damalige Gespräch der beiden koreanischen Regierungschefs aus Süd- (Kim, Dae-Jung) und Nordkorea (Kim, Jong-Il) gesetzt hatten.

Das trügerische Gefühl eines „Durchbruchs“ in den binationalen Beziehungen überwog und schien das Ende der diplomatischen Eiszeit zwischen den beiden Staaten, die seit dem Koreakrieg 1953 lediglich einen Waffenstillstand, keinen Friedensvertrag geschlossen haben, einzuleiten.

Seitdem sind über vier Jahre vergangen – was ist geschehen, was hat sich geändert?

Südkoreas „ausgestreckte Hand“

Im Dezember 2002 wurde in Südkorea ein neuer Präsident gewählt, dessen unkonventionelles Auftreten und plötzliche Popularität einen Paradigmenwechsel in der Gesellschaft dort ankündigten; Roh Mu-Hyun schien für eine Fortsetzung der „Sonnenscheinpolitik“ seines Vorgängers Kim Dae-Jung zu stehen und wollte eine „transparente“ Regierungspolitik machen.

Gleichzeitig hatten sich die innerkoreanischen Kontakte verschlechtert, 2002 gelang nur ein einziges Treffen der durch den Bürgerkrieg auseinandergerissenen Familien aus Nord- und Südkorea.

Bereits ein Jahr zuvor hatte der Architekt der Sonnenschein-Diplomatie, damals in Personalunion Chef des südkoreanischen Geheimdienstes, seinen Hut nehmen müssen; ihm war vom Parlament das Vertrauen wegen „allzu nordkoreafreundlicher Haltung“ entzogen worden.

Im Januar 2001 hatte der amerikanische Präsident George Bush Nordkorea neben Irak und Iran auf der „Achse des Bösen“ angesiedelt ; die DVRK war gezwungen, zu reagieren und zumindest Teilergebnisse im Dialogangebot zu präsentieren, um den für Südkorea immens teuren (2 Mrd. USD in 4 Jahren) Annäherungsprozess nicht völlig sinnlos erscheinen zu lassen.

Ein Seegefecht zwischen Schiffen aus beiden koreanischen Staaten löste im Juni 2002 erneut Militäralarm und innenpolitische Krisenstimmung aus.

Im Sommer 2002 kam es wieder zu Kontaktanbahnungen, deren Signal auch die Präsidentschaftswahl im Süden beeinflussen sollte; denn der konservative Gegenkandidat (Lee Hoe-Chang, GNP) stand im Gegensatz zu seinen „liberalen“ Mitbewerbern um das höchste Staatsamt für eine Nordkoreapolitik von „Gegenseitigkeit, Transparenz und unverbrüchlicher Bündnistreue zu den USA“.

Im Oktober 2002 verschlechterten sich die Beziehungen zwischen Nordkorea und den USA erneut.

Make a deal, break a deal

Dann kam der 12. Dezember – und mit ihm die Ankündigung Pyongyangs, das Atomprogramm wieder aufzunehmen.

Zehn Tage später wurden die Überwachungskameras an den technischen Anlagen abgebaut und Ende des Jahres die beiden IAEA-Inspektoren des Landes verwiesen.

Anfang 2003 trat Nordkorea vom Atomwaffensperrvertrag zurück und kündigte bereits einen Monat später die Wiederaufnahme des Betriebs in den Atomkraftwerken des Landes an.

Als „Krönung“ dieser militärischen Drohgebärden erfolgten dann zwei neue Raketentests über dem japanischen Meer (Feb./März 2003).

Flüchtlinge aus Nordkorea

Was sich wie ein aufeinander abgestimmtes Schreckensszenario einer korrupten und an keine internationalen Verträge gebundenen Staatsclique liest, war in Wirklichkeit der verzweifelte Versuch Nordkoreas, über „extern“ verlagerte Bedrohungen und Vernichtungsängste von der desolaten Wirtschaftslage des Landes im Innern abzulenken – und gleichzeitig zu deren Behebung oder Linderung neue („alte“) diplomatische Konzessionen und Hilfslieferungen zu erpressen; das Rezept scheint einfach: make a deal, break a deal.

Als Verhandlungsgegenstand hierfür dienten eben nicht neue Zugeständnisse Pyongyangs, sondern international längst festgeschriebene Abmachungen, die aber je nach Lageverschlechterung und diplomatisch / militärischer Not beliebig gebrochen und einer verunsicherten Weltveröffentlichkeit wieder und wieder als „bargain chip“ verkauft wurden.

Doch neben einer Unterschätzung der harten (und im Falle Südkorea´s unilateralen) Verhandlungsposition der USA hatten die Nordkoreaner auch andere Folgewirkungen nicht bedacht.

So führten die Drohungen und Raketentests der DVRK zu einer aufgeschreckten Diskussion in Japan um ein eigenes militärisches Satellitenabwehrsystem und eine verfassungsrechtlich gesicherte Neudefinition der japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte, was wiederum die VR China auf den Plan rief, der an der bisherigen Bündniss truktur (Japan in Allianz mit den USA und ohne eigenes Atomprogramm) gelegen bleibt.

Darüber hinaus wurde und wird auch die Flüchtlingsproblematik immer dringlicher, denn wie lange wird China noch den wachsenden „Umsiedlungen“ über seine schlecht bewachte Nordost-Grenze zusehen (dies zumal in einer Region, die ohnehin durch Fabrikschließungen und Umstrukturierungen als sozialer Unruheherd gilt)?

Im Zuge der massiven „Repatriierungen“ durch chinesische Behörden und die Fremdenpolizei rufen außerdem Menschenrechtsorganisationen zu wachsenden Protesten auf, woran weder China (Olympia 2008) noch die DVRK (Beziehungen zu Beijing) Interesse haben.

Flüchtlinge sind im allgemeinen ein untrügerisches Zeichen für die unzureichenden Lebensumstände in dem betreffenden Herkunftsland – und deren bloße Existenz widerspricht vehement der nordkoreanischen Ideologie der Autarkie und verordneten Selbstzufriedenheit ; es darf sie also gar nicht geben – und falls doch, dann sind diese „entführt“ worden (wie im Falle der im Juli 2004 nach Südkorea ausgereisten fast 500 Menschen).

Warnung Irakkrieg

Inzwischen ist der Irakkrieg – zumindest in den großen militärischen Operationen – beendet und Nordkorea um ein sehr konkretes Beispiel „letzten Mitteleinsatzes“ der USA reicher.

Die Gespräche in Beijing (USA, China, Japan, Russland, 2 Koreas) haben zwar keine einschneidenden Veränderungen bewirkt; dennoch spiegelten sie ein Einlenken der nordkoreanischen Führung am „Verhandlungstisch“ wider.

Die Rechnung Pyongyangs scheint allerdings auch diesmal aufzugehen, denn erneute Versprechungen eines Einfrierens aller Nuklearaktivitäten werden mit weiteren Hilfsmaßnahmen „belohnt“ : im Sommer 2004 wurden von Südkorea und den USA gemeinsam fast 600,000 Tonnen Reis und andere Nahrungsmittel geliefert!

Frühere Abkommen ohne Wirkung

Der Blick in die innerkoreanische Geschichte ist so erhellend wie enttäuschend ; denn bereits vor 32 Jahren!! – am 4. Juli 1972 – unterzeichneten beide Staaten eine gemeinsame 7-Punkte-Erklärung, die die Wiedervereinigung zum Ziel hatte ; 1985 wurden Familientreffen vereinbart – und 1990 statteten die beiden Premierminister der Hauptstadt des anderen Landes einen Besuch ab.

1991, vor immerhin 13 Jahren, wurde ein Abkommen über „Versöhnung, Angriffsverzicht, Austausch und Kooperation“ unterzeichnet.

Alles war vorbereitet – und wurde niemals umgesetzt.

Denn all diese Angebote einer „Politik der ausgestreckten Hand“ (südkoreanischer Jargon) bedeuten für die nordkoreanische Führung die Aushöhlung des Systems und in letzter Konsequenz die Vernichtung ihrer eigenen Existenz.

Darum hat sich nicht wirklich etwas geändert in Nordkorea – und in den innerkoreanischen Beziehungen, auch wenn vorsichtige Markt„öffnungen“ in Pyongyang zu beobachten und gelegentliche Liberalisierungsschübe zu erwarten sind. Doch auch hier der berühmte Glühwürmcheneffekt : so plötzlich, wie sie auftauchen, so schnell verglimmen sie auch wieder; Anfang Juni 2004 verschwanden über Nacht alle Handys, die noch 4 Wochen zuvor genehmigt worden waren.

Zuckerbrot und Peitsche

Es bleibt vorrangiges Ziel der Führung in Pyongyang, das Überleben des eigenen Regimes zu sichern; dazu wechselt man beliebig zwischen einer Politik der Abschottung und Bedrohung und der Öffnung und Verhandlung (wobei diese Verhandlungen oft Selbstzweck bleiben und nicht dem Erreichen verbesserter zwischenstaatlicher Kontakte dienen).

Einzig rüstungskontrollpolitische Verhandlungen böten heute einen Ausweg aus der brandgefährlichen Situation. Das Land könnte so bei gleichzeitiger militärischer Entlastung die Zivilwirtschaft fördern.

Vertrauensbildende Maßnahmen und Entspannungspolitik schlössen vermutlich allerdings auch die nordkoreanische Akzeptanz der US-Truppen auf südkoreanischem Territorium – zumindest vorübergehend – ein!

Bislang war genau dies der hartnäckigste Verhandlungspunkt zwischen Amerika und Nordkorea.

Andererseits würde der plötzliche (gewaltsame) Sturz der Regierung Kim Jong-Il vermutlich zu einer humanitären Katastrophe in China führen, zu militärischer Neuorientierung Japans, das ein starkes, wiedervereinigtes Korea genauso fürchtet wie ein unberechenbares Nordkorea, und schließlich veränderten sich die Beziehungen zwischen Amerika und China dramatisch, an dessen Grenze dann plötzlich ein von den USA protektionierter Bündnisstaat Korea entstünde.

Was bleibt?

Es gilt, die militärische Isolation Nordkoreas als „gutartige Zyste“ zu betreiben, ohne auf humanitäre Hilfe und gleichzeitige Annäherung und Aussöhnung in den zwischenmenschlichen Beziehungen zu verzichten; die Rückkehr in die Staatengemeinschaft muss oberstes Ziel werden. Dazu bedarf es einer Annäherung von wirtschaftlichen Modernisierern in Pyongyang, Entspannungspolitikern in Seoul und Dialogbefürworter in Washington.

Denn die Frage ist offen, ob Nordkorea wirklich durch eine Politik der Isolation (diplomatische Drohkulisse) überhaupt noch zu beeindrucken ist.

Ein Land, das derart de facto längst vereinsamt ist, wird – „mit dem Rücken zur Wand“- nur noch zu völlig unkontrollierteren Reaktionen fähig zu sein.

„Part of the problem – part of the solution“ könnte (oder muss!) für Nordkorea gelten, um nicht – wie kürzlich ein südkoreanischer Politiker drohte - einen „2. Korea- oder 3. Weltkrieg“ auszulösen.

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Leiter des Rechtsstaatsprogramms Asien

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