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Guido Gloor Modjib / flickr / CC BY-NC-ND 2.0

Länderberichte

Die Schweiz vor der Wahl

Status quo oder grüne Welle?

Am 20. Oktober stimmen die Schweizer über die Zusammensetzung der beiden Kammern des Eidgenössischen Parlaments ab. Tektonische Verschiebungen sind nicht zu erwarten. Zu beobachten wird sein, inwieweit Grüne und Grünliberale von der auch in der Schweiz zunehmenden Klimadebatte profitieren und ob die SVP nach ihrem Rekordergebnis von 2015 die allgemein erwarteten Einbußen hinnehmen muss. Den Christdemokraten der CVP werden in den Umfragen – wie allen bürgerlichen Parteien – leichte Verluste prognostiziert.

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Wer und wie gewählt wird

Am 20. Oktober werden die beiden gleichberechtigten Kammern des Eidgenössischen Parlaments gewählt: zum einen 200 Volksvertreter im Nationalrat, zum anderen die Vertreter der Kantone des 46 Sitze zählenden Ständerats („kleine Kammer“). Für die Wahl des Nationalrats gib es keinen landesweiten Wahlkreis. Vielmehr steht jedem Kanton – abgängig von seiner Bevölkerungszahl – eine bestimmte Zahl von Sitzen zu: Diese wird von Wahl zu Wahl angepasst, um Bevölkerungsbewegungen Rechnung zu tragen. Die meisten Sitze stellt Zürich (1,5 Millionen Einwohner) mit insgesamt 35, wohingegen Appenzell-Innerrhoden (16.000 Einwohner) nur einen Vertreter im Nationalrat stellt. Anders ist es im Ständerat, hier stellt jeder Kanton unabhängig von seiner Größe zwei Vertreter. Ausnahme bilden sechs Kantone[1] (früher als Halbkantone bezeichnet), die jeweils nur einen Vertreter entsenden. So entsendet der Kanton Uri (36.000 Einwohner) genauso viele Vertreter in den Ständerat wie Zürich, während Basel-Landschaft (288.000 Einwohner) trotz einer achtmal größeren Bevölkerung nur einen entsendet.  Insgesamt sind 12 Parteien im Parteienregister vermerkt, allerdings können kantonal auch Einzelpersonen und weitere Parteien oder Gruppierungen gewählt werden. Dabei sind einige Besonderheiten zu beobachten: So treten Parteien oftmals mit mehreren Listen an (z.B. einer "Jungen Liste" oder einer "Frauen-Liste"), überdies haben die Wähler die Möglichkeit zum Kumulieren[2] und Panaschieren[3]. Immer wieder kommt es auch zwischen unterschiedlichen Parteien zu sogenannten Listenverbindungen (zum Beispiel zwischen Christdemokraten und der bürgerlichen FDP oder zwischen den Sozialdemokraten und den Grünen). Bei der Wahl für den Nationalrat kommt in fast allen Kantonen das Verhältniswahlrecht zum Tragen. Anders ist es im Ständerat oder in den Kantonen, die nur über einen Nationalratssitz verfügen, dort wird das Majorzverfahren angewandt[4]. Bei den Nationalratswahlen genügt in diesen Kantonen jedoch eine einfache Stimmenmehrheit. Bei den Wahlen zum Ständerat ist für die Besetzung einiger Sitze entsprechend ein zweiter Wahlgang nötig[5]. Ständerat und Nationalrat wählen als Vereinigte Bundesversammlung voraussichtlich im Dezember den siebenköpfigen Bundesrat, die Regierung der Schweiz.

Ausgangslage: Schwingt das Pendel nach links?

Während 2015 die nationalkonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) mit 29,4% der große Gewinner der Parlamentswahlen war und allgemein von einem „Rechtsrutsch“ der Schweiz die Rede war, könnte das Pendel dieses Mal auf die andere Seite des politischen Spektrums ausschlagen. Erdrutschartige Bewegungen sind in der Schweiz traditionell nicht zu erwarten. Die Umfragen lassen jedoch einige Trends durchscheinen. Die SVP sollte mit 26-27% weiterhin die stärkste Kraft bleiben, könnte aber im Nationalrat einige Sitze verlieren und nur noch bei rund oder knapp unter 60 landen (aktuell: 64). Die Sozialdemokraten (SP, ca. 18%) werden ihre Sitzzahl wohl in etwa halten (42-45). Die bürgerliche FDP wird bei 15-16% taxiert, was auf ein Halten der Sitzzahl oder leichte Verluste hindeutet. Für die Christdemokraten der CVP (frz.: PDC, ital. PPD) wäre eine Wiederholung des Wahlergebnisses von 2015 (11,6%) und damit eine Bestätigung der 28 Sitze ein bemerkenswerter Erfolg. Realistischer ist aber der Verlust einiger weniger Sitze, dies droht u.a. in Luzern, Freiburg, Wallis und Zürich. Dennoch sollte die CVP über der 10%-Marke bleiben. Ob sie ihren Platz als vierstärkste Kraft verteidigen kann, ist gleichwohl nicht sicher: Die Grünen (ähnlich wie die CVP in dem Umfragen bei ca. 10%) könnten ebenso wie die Grünliberalen (ca. 7%) die größten Gewinner der Wahl werden und ihre 2015 erlittenen Verluste wohl mehr als kompensieren. Insgesamt sagen die Umfragen Verluste des gesamten bürgerlichen Lagers voraus. Es sind also Verschiebungen der Kräfteverhältnisse zwischen den politischen Lagern zu erwarten, darauf deuten nicht zuletzt die Kantonswahlen dieses Jahres, u.a. in Zürich, hin. Dies liegt weniger daran, dass Wähler die politischen Lager wechseln, sondern dass Grüne und Grünliberale möglicherweise stärker mobilisieren könnten als andere Parteien. Angesichts der traditionell eher geringen Wahlbeteiligung (seit 1979 stets zwischen 42-50%) ist dies ein wichtiger Schlüssel für den Wahlerfolg. Laut den Prognosen ist dieses Mal mit einer erhöhten Wahlbeteiligung zu rechnen. Ein nicht zu unterschätzender Aspekt ist auch die persönliche Popularität der Kandidaten in den Kantonen, die gute Ergebnisse auch gegen eine landesweite Großwetterlage erzielen können.

Auch wenn das Pendel wie erwartet wieder etwas nach links schlagen sollte, werden die Parteien der Mitte und der politischen Rechten weiterhin die überwältigende Mehrheit stellen: So ist kaum zu erwarten, dass Sozialisten und Grüne zusammen mehr als 30% erzielen. Im Ständerat werden FDP, Sozialisten und Christdemokraten wohl weiter dominieren. Wer die meisten Ständeräte wird stellen können, wird sich wohl zwischen FDP und CVP entscheiden. Anders als im Nationalrat ist im Ständerat keine Verschiebung nach links zu erwarten.[6]

Zu beobachten ist auch, wie stark der Frauenanteil im Nationalrat wird, derzeit liegt dieser bei 32%. Einige Parteien setzen deswegen bewusst auf eine stärkere Präsenz weiblicher Kandidatinnen auf ihren Listen.

Hintergrund: Besonderheiten in der Parteienlandschaft

Traditionell spielen in der Schweizer Parteienlandschaft vier Kräfte eine herausgehobene Rolle: die nationalkonservative Schweizerische Volkspartei (SVP), die sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP), die bürgerlich-liberale FDP und die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP). Unter diesen vier Parteien werden gemäß der so genannten "Zauberformel" die sieben Mitglieder des Bundesrats verteilt. SVP, SP, FDP stellen je zwei Mitglieder, die CVP eines.[7] Eine wachsende Rolle nehmen im neuen Jahrtausend allerdings die Grüne Partei der Schweiz (GPS) und die Grünliberalen ein. Zum bürgerlichen Spektrum sind noch die beiden Kleinparteien BDP (Bürgerlich-Demokratische Partei) und die EVP (Evangelische Volkspartei) zu zählen.

Trotz ähnlich klingender Namen sollten keine vorschnellen Parallelen zwischen politischen Parteien in Deutschland und der Schweiz gezogen werden: So hat die Schweizer FDP, obgleich ihre Wurzeln ebenfalls im politischen Liberalismus liegen, stärker als die deutschen Liberalen eine Mitte-Rechts-Ausrichtung und wird von Kommentatoren und Experten in der Regel rechts der Christdemokraten angesiedelt. Bisweilen wird sie gar gemeinsam mit der SVP zum "rechten Lager" gezählt. Insgesamt ist die früher im protestantischen und säkularen Bürgertum verwurzelte Partei im bürgerlichen Mitte-Rechts-Spektrum verortet. Die Schweizer Sozialdemokraten decken wiederum eine Bandbreite ab, die in Deutschland von SPD und der Linken vertreten wird. Die Grünen sind trotz des offiziellen Mottos, "weder links noch rechts" zu sein, in ihrer Programmatik zunehmend klar dem linken Lager zuzuordnen.

Die CVP ist eine Partei der Mitte und gleichzeitig des bürgerlichen Lagers, die ihre Anhänger in allen sozialen Milieus und Bildungsschichten findet. Traditionell ist sie stark in der katholischen Wählerschaft und in den katholisch geprägten Kantonen verankert. Die in den letzten Jahrzehnten versuchte Öffnung über das katholische Milieu hinaus, war bisher nur sehr begrenzt von Erfolg gekrönt. Bei den Parlamentswahlen 2015 hatten nach Untersuchungen ca. 24% der katholischen Wähler ihr Kreuz bei der CVP gemacht, aber nur 4 bzw. 3% der protestantischen oder konfessionslosen Wähler[8]. Wie bei den anderen bürgerlichen Parteien hat die CVP je nach Kanton durchaus unterschiedliche Ausrichtungen; diese reichen von einigen katholisch-konservativeren Kantonalparteien der Zentralschweiz hin zu den zentristisch-progressiv orientierten Genfer Christdemokraten.

 

Die seit den 2000er Jahren stärkste Partei der Schweiz, die nationalkonservative und EU-feindliche SVP ist nicht das Schweizer Äquivalent von AfD oder Front National, wenngleich sie bei einigen Themen (besonders bei Migration und bei der Haltung zum Islam) immer wieder klar rechtspopulistische Positionen einnimmt. Gleichzeitig distanziert sie sich von rechtsextremen und geschichtsrevisionistischen Positionen. Am ehesten wäre sie mit der polnischen PiS, der flämischen N-VA oder dem euroskeptischen Flügel der britischen Tories vergleichbar und damit auf europäischer Ebene in der europäischen EKR-Familie zu verorten. In der Schweizer Berichterstattung wird sie bemerkenswert oft zum "bürgerlichen Lager" gezählt. Ein besonderer Fall sind die progressiv ausgerichteten Grünliberalen. Von Beobachtern werden sie meist dem Lager der Mitte zugerechnet, wenngleich sie bei einigen Themen durchaus auch eine Nähe zum linken Lager erkennen lassen.

 

Ruhiger Wahl-"kampf" – Klima als Topthema

Insgesamt war der Wahlkampf trotz einiger (meist kantonal begrenzter) Aufreger nicht sonderlich hitzig. Das hat mehrere Gründe: Erstens sind die Schweizer Bürger durch regelmäßige Volksentscheide recht klar über die Positionen der Parteien informiert; der Profilierungsbedarf ist mithin begrenzt. Zweitens machen die Unterschiede zwischen den kantonalen Ablegern der Parteien es nicht immer einfach, allgemeingültige und klar abgrenzbare Wahlkampfpositionen zu formulieren. Drittens gehen in vielen Kantonen Parteien untereinander Listenverbindungen ein, was einer konfrontativen Auseinandersetzung Grenzen setzt. Zudem wissen gerade die Parteien der Mitte, dass eine Polarisierung am stärksten noch den politischen Rändern und der SVP nützt. Viertens müssen – auch bedingt durch die Zauberformal – am Ende die größten Parteien miteinander regieren.

Bezeichnend war der Sturm der Entrüstung, welcher der CVP im September entgegenschlug, als diese mit einer Online-Kampagne auf die Positionen von Kandidaten gegnerischer Parteien verwies und diese wiederum mit den eigenen verglich. Das sorgte insbesondere in Kantonen, in denen die CVP Listenverbindungen mit anderen Parteien einging für Ärger und wurde auch parteiintern nicht immer goutiert. Mit einer Schmutzkampagne hatte diese Initiative aber nichts gemein.  Dass es die sonst stets sehr konziliante "Konsensmaschine" CVP tatsächlich wagte, einen offensiveren Wahlkampf zu führen, schien die Konkurrenz aber überrascht zu haben.

Das Thema, das kantonsübergreifend wohl am meisten bewegte, war die Klimafrage: Die in einigen europäischen Ländern dominierende Debatte fand auch in der Schweiz ihren Niederschlag, immer wieder fanden v.a. in Zürich Demonstrationen statt. Für Aufmerksamkeit sorgte auch der erste europäische Klimagipfel der „Fridays for future“ in Lausanne. Mit der Klimadebatte versuchen sich naturgemäß vor allem Grüne und Grünliberale zu profilieren. Doch auch die meisten anderen Parteien nehmen das Thema auf: Christdemokraten und Sozialisten verweisen auf eigene Errungenschaften im Bereich der Klimapolitik. Selbst die dem Großunternehmertum und der Industrie nahestehende FDP versucht mit einer (moderaten) Kurswende die Wähler zu überzeugen und auf eigene Maßnahmen zu einer verstärkten Klimapolitik zu verweisen. Der Gegenpol zu Grünen und Grünliberalen ist hier die SVP. Allerdings verfängt das Klimathema bei all seiner Prominenz eher bei linken Wählern und trägt vor allem zur Mobilisierung der potentiellen grünen Wählerschaft bei. Für Wähler der Christdemokraten ist hingegen die Frage der Gesundheitsversorgung noch wichtiger: Hier sorgen schon seit Jahren die hohen Beiträge für die Krankenversicherung für Unmut in der Bevölkerung. Das Thema Migration verfängt vor allem bei der SVP-Wählerschaft, ist aber im Vergleich zu 2015 kaum präsent.

Neujustierung der Beziehungen zur EU: Ein Dauer- aber kein Wahlkampfthema

Die Beziehungen mit der EU[9] waren in den letzten Monaten immer wieder Gegenstand der öffentlichen Debatte in der Schweiz: im Zentrum der Diskussion steht dabei das so genannte Rahmenabkommen, welches das Beziehungsgeflecht aus rund über 100 Abkommen in ein gemeinsames Abkommen zwischen beiden Seiten bündeln soll.  Nach viereinhalbjährigen Verhandlungen konnte im November 2018 ein Entwurf vorgelegt werden. Dieser ist umstritten: Während FDP, BDP und Grünliberale es unterstützen, fordern CVP, Grüne und unter dem Druck der Gewerkschaften vor allem die Sozialisten Nachbesserungen:  Streitpunkte sind die Fragen der dynamischen Übernahme von neuem EU-Recht innerhalb der betroffenen Abkommen, die Rolle des Europäischen Gerichtshofs bei der Streitbeilegung und das Thema Lohnschutz. Die SVP lehnt das Abkommen grundsätzlich ab. Der Bundesrat konnte sich nach Monaten im Juni zwar zu einer „positiven Einschätzung“ des von ihm selbst ausgehandelten Abkommens durchringen, verlangte im Gegenzug aber Klarstellungen der EU zu den Themen „staatliche Beihilfen, Lohnschutz und Unionsbürgerrichtlinie“. Diese Verzögerungen sorgten wiederum auf EU-Seite für Irritationen. Auch da sich der Bundesrat bewusst noch nicht endgültig festgelegt hat und sich auch SP, FDP und CVP vor zu harten Positionierungen hüteten, um der SVP nicht unnötig Wahlkampfmunition zu geben, waren die Beziehungen zur EU kein zentrales Thema des Wahlkampfs.

Lage der Christdemokraten – Kampf gegen einen jahrzehntelangen Trend

Für die CVP ist die Lage vor den Wahlen nicht ganz einfach. Sie sind im Parlament oftmals das Zünglein an der Waage und schaffen es damit, häufig ihre Positionen einzubringen. Auch bei den Volksabstimmungen setzen sich von der CVP empfohlene Positionen auffällig häufig durch. Das Klimathema dürfte laut Beobachtern der Partei wohl weder besonders nutzen noch schaden. Andererseits ist es aber nicht leicht für die Partei, sich bei der Klimadebatte zwischen den beiden Polen, das heißt Grünen und SVP, nach außen sichtbar zu positionieren. Seit Jahrzehnten hat die Partei unter der auch in der Schweiz langsamen aber doch kontinuierlichen Säkularisierung und der damit einhergehenden schwindenden Bindungswirkung des katholischen Milieus bei den Wählern zu leiden. Wie unter diesen Umständen der sehr langsame aber stetige Schwund aufzuhalten ist, ist seit Jahrzehnten eine große Herausforderung für die Partei. Dieses Mal versuchte die Partei unter ihrem Vorsitzenden Gerhard Pfister es u.a. mit einer etwas markanteren Profilierung im Vorfeld und einer parallel stattfindenden Unterschriftensammlung für die eigene Volksinitiative für eine Kostenbremse im Gesundheitswesen. Ebenfalls wurden die Mittel vor allem auf einen Internetwahlkampf fokussiert. Letztlich wird es aber auch von der Beliebtheit der jeweiligen kantonalen Kandidaten und der parteiinternen Mobilisierung mitentscheidend abhängen, ob die Partei ihre Unterstützung halten kann. Nicht zuletzt aufgrund ihrer voraussichtlich weiterhin starken Position im Ständerat werden die Christdemokraten auch nach den Wahlen ein zentraler Pfeiler der Schweizer Politik bleiben. Selbst wenn die Grünen die Partei nach Stimmen überholen sollten, ist nach Einschätzungen der meisten Beobachter der Bundesratssitz für die CVP nicht gefährdet – auch da sie nach den Wahlen im Ständerat die stärkste Kraft bleiben könnte.

Ausblick

Veränderungen im Parteiensystem der Schweiz erfolgen schrittweise. Das führt dazu, dass Wahlergebnisse im europäischen Vergleich eher selten für besonderes Aufsehen sorgen. Doch könnten die Nationalratswahlen am Sonntag Fingerzeige auf langanhaltende Entwicklungen geben. So erfolgte auch der Aufstieg der SVP zur stärksten Kraft in mehreren Schritten und nicht in einem großen Sprung, selbiges gilt für den in sehr kleinen Schritten erfolgenden Rückgang der CVP seit den 80er Jahren. Wie groß der Umbruch in der Schweizer Politik auch bei einer „grünen Welle“ am Sonntag wird, wird sich dann aber erst in den Monaten danach und das Votum des Stimmvolkes bei diversen Abstimmungen zu den vorgelegten Sachthemen zeigen. Abzuwarten bleibt, ob die Zusammensetzung des Bundesrats auch nach den Wahlen dieselbe bleiben wird oder ob ein Kompromiss zur Einbindung der Grünen Kräfte gefunden wird. Falls Grüne und Grünliberale zusammen den Wähleranteil der FDP übertreffen sollten, erwarten einige Beobachter eine Diskussion über die Doppelvertretung der FDP im Bundesrat: Ebenfalls ist nicht ausgeschlossen, dass als Mittelweg die Größe des Bundesrats mittelfristig wieder zur Diskussion stehen wird.

Gleichzeitig dürften die Beziehungen zur EU spätestens nach den Wahlen wieder rapide auf die Tagesordnung rücken, denn bereits im Frühjahr 2020 steht die Abstimmung über die so genannte Begrenzungsinitiative, mit der die SVP verbindlich das Ende der Personenfreizügigkeit mit der EU fordert, an. Sollte diese Initiative angenommen werden, erübrigt sich das Rahmenabkommen, was wiederum für eine größere Krise in den Beziehungen mit der EU sorgen dürfte. Ein klares Nein zur SVP-Initiative könnte hingegen für neue Bewegung in den Debatten über die Beziehungen mit der EU führen. Abzuwarten bleibt auch, ob der derzeit amtierende Außenminister Ignazio Cassis auf seinem Posten bleiben wird.

 

[1] Appenzell-Innerrhoden, Appenzell-Ausserrhoden, Basel-Landschaft, Basel-Land, Nidwalden, Obwalden

[2] Einen Namen mehrfach gewichten oder unliebsame Namen streichen.

[3] Man ergänzt die gewählte Liste um Vertreter anderer Parteien.

[4] Ausnahmen sind die Kantone Jura und Neuenburg, in denen auch im Ständerat die Verhältniswahl zum Tragen kommt.

[5] Bei diesen Wahlen müssen nur 43 der 46 Ständeratssitze neu besetzt werden (Appenzell Innerrhoden wählte bereits vorzeitig und Ob- und Nidwalden haben mangels Gegenkandidaten stille Wahlen).

[6] NZZ 15.10.2019: Mitte-links steht im Ständerat bei den Wahlen unter Druck: https://www.nzz.ch/schweiz/parlamentarier-rating-mitte-links-steht-im-staenderat-unter-druck-ld.1515324?mktcid=smsh&mktcval=OS%20Share%20Hub

[7] Allerdings war bis 2003 noch die CVP mit zwei Bundesräten vertreten, bis sie dann ihren Sitz an die SVP verlor.

[8] Linder, Wolf; Mueller Sean: Schweizerische Demokratie – Institutionen, Prozesse, Perspektiven, Haupt-Verlag 2017: 83, ein Überblick über die Profile aller politischen Parteien der Schweiz: 130-137

[9] Zu den Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz und zum Rahmenabkommen folgt Ende 2019/Anfang 2020 ein eigener Länderbericht der Konrad-Adenauer-Stiftung

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