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Kandidaten für das Amt des tschechischen EU-Kommissars

von PhDr. Pavlína Bartoňová, Dr. jur. Stefan Gehrold
Bis Ende Januar 2004 sollte die tschechische Regierung ihren Vorschlag für einen tschechischen EU-Kommissar bei Kommissionschef Romano Prodi einreichen. Am 13. Januar wurde für das Amt der ČSSD-Abgeordnete und ehemalige Umweltminister Miloš Kužvart nominiert. Die Nominierung Kužvarts war von vornherein problematisch: Die stärkste Regierungspartei ČSSD hatte Kužvart im Ministerrat gegen den Willen der mitregierenden Christdemokraten und der rechtsliberalen Freiheitsunion letztlich dank ihrer Stimmenmehrheit durchgesetzt.

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Der auch bei der Opposition äußerst unbeliebte Kužvart zog am 22. Februar 2004 seine Kandidatur für das Amt in Brüssel überraschend zurück. Grund für diesen Schritt wären insbesondere Zweifel des christdemokratischen Außenministers Cyril Svoboda an seiner Ernennung gewesen, so Kužvart laut Medienberichten. Kužvart habe jedoch nicht nur wegen mangelnder Unterstützung durch die Prager Regierung resigniert, berichtet die Prager Presse. Ihm soll in Brüssel auch deutlich geworden sein, dass er wegen seiner schwachen Englischkenntnisse dem Amt nicht gewachsen gewesen wäre.

Nach diesem Rückschlag für Premierminister Špidla beabsichtigte die Mitte-Links-Koalition, sich auf einen geeigneten Vertreter zu einigen. Dabei wollten die Regierungsparteien möglicherweise auch der Opposition ein Mitspracherecht einräumen. Dies gelang jedoch nicht. Am 23. Februar 2004 nominierte die Regierung als neuen Vertreter Tschechiens in der Europäischen Kommission den umstrittenen Pavel Telička.

Auch auf Telička konnten sich die Regierungsparteien nicht einigen. Den einstigen Chefunterhändler in Brüssel und derzeitigen tschechischen Botschafter bei der EU attackierte die mitregierende christdemokratische Volkspartei (KDU-ČSL) heftig. Den Christdemokraten missfällt Teličkas einstige Mitgliedschaft in der Tschechoslowakischen Kommunistischen Partei. Der Parteivorsitzende der KDU-ČSL, Miroslav Kalousek, nannte Telička öffentlich einen „strebsamen Parteikarrieristen“. Seine Partei habe nicht das Mandat ihrer Wähler, der Beförderung eines solchen Menschen in eine hohe politische Funktion zuzustimmen, so Kalousek. Da die KDU-ČSL nur drei Minister stellt, gelang es der Regierung, trotz der Proteste der Christdemokraten, Telička innerhalb von drei Tagen nach Kužvarts Rückzug zu nominieren.

Diese schnelle Ernennung von Pavel Telička soll auch auf den Druck der Kommission in Brüssel zurückzuführen sein. Der Präsident der Europäischen Kommission, Romano Prodi, und Erweiterungskommissar Günter Verheugen hätten am 25. Januar 2004 in Brüssel währen eines Treffens mit Außenminister Cyril Svoboda in Prag dazu aufgefordert, umgehend einen neuen tschechischen Kandidaten zu bestimmen. Prodi habe zudem verlangt, Tschechien solle eine „starke Persönlichkeit“ nach Brüssel entsenden, die genau wisse, wie die Union funktioniere und keinen „Lehrling“, wie es der ursprünglich nominierte Ex-Umweltminister Miloš Kužvart gewesen sei. Außenminister Svoboda erklärte nach seiner Rückkehr nach Prag gegenüber der regierungsnahen Tageszeitung „Právo“, Prodi habe ihm nun wörtlich gesagt, „ernennt einen Menschen, der vom ersten Tag an Vollkommissar sein kann.“

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