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Politischer Neuanfang in Ost-Timor?

von Simon Bunjamin
Nachdem Ministerpräsident Alkatiri von seinem Amt zurückgetreten ist, steht nun Jose Ramos-Horta als Übergangslösung in der Verantwortung. Für viele ist er aber auch langfristig der Hoffnungsträger für die kleine Nation. Aber trägt diese Hoffnung?

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Die Suche nach einem Nachfolger für den zurückgetretenen Regierungschef Alkatiri endete mit der von vielen im In- und Ausland erhofften Entscheidung zu Gunsten Ramos-Hortas, dem ehemaligen Außen- und Verteidigungsminister. Besonders Präsident Gusmao, dessen Meinung noch immer das größte Gewicht in der Öffentlichkeit hat, hat sich erleichtert und erfreut über diesen Wandel geäußert. Es ist ein kleiner Neuanfang, der mit großen Hoffnungen verbunden ist. Für seinen Erfolg oder Mißerfolg wird die Unterstützung durch die regierende Fretilin mitentscheidend sein. Denn Ramos-Horta als Person ist auf der einen Seite durch seine Nähe zum Präsidenten Gusmao in der Bevölkerung sehr bekannt. Auf der anderen Seite hat er sich mit seinem Einsatz für Ost-Timor und als Friedensnobelpreisträger das Vertrauen der Bevölkerung erarbeitet und gilt international als die Stimme Ost-Timors. Dadurch, dass er als unabhängig gilt, wird er auch bei den verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Kräften des Landes anerkannt. Doch es gibt auch viele Stimmen, die sich gegen den ehemaligen Außen- und Verteidigungsminister aussprechen. Dass Ramos-Horta für die Fretilin keine leichte Wahl und ein großer Kompromiss war, hat die tagelange Suche nach einem Nachfolger für Alkatiri gezeigt. Denn Ramos-Horta steht für eine andere Politik, das hat er nicht erst mit dem Rücktritt von seinen Ämtern ausgedrückt und sich gegen Alkatiris Kurs gestellt. Seitdem er die Fretilin verlassen hatte, hat er einen eigenen politisch unabhängigen Weg eingeschlagen.

Die Ambitionen von Jose Ramos-Horta auf ein Staatsamt sind dabei nicht neu, auch wenn er zurückhaltend auf seine zukünftige Rolle reagiert hatte: Premierminister, Präsident oder doch UN-Generalsekretär? Bereits im Jahr 2001 hatte er eine Präsidentschaftskandidatur in Erwägung gezogen, bevor Xanana Gusmao sich offiziell zur Wahl gestellt hatte. Seine Geduld könnte sich nun auszahlen. Und mit eben dieser Geduld sieht er auch die Nachfolge Kofi Annans, die nach eigenen Worten auch in fünf Jahren noch aktuell sein kann. Ost-Timor genießt bei ihm die oberste Priorität.

Die Fretilin hat nach der jüngsten Staatskrise dem öffentlichen Druck vorerst nachgeben. Mit diesem Zug hat sie sich aus der Schusslinie gebracht, nachdem die Kritik an ihrem Regierungschef Alkatiri nicht abreißen wollte und die Situation eskalierte. Es ist vorstellbar, dass die Fretilin nun abwarten will bis sich die Lage wieder beruhig hat, um im nächsten Jahr im Wahlkampf wieder neu angreifen zu können. Bis dahin kann die Zeit genutzt werden, um die Partei inhaltlich und personell zu organisieren. Unterdessen wird Jose Ramos-Horta von der Fretilin besonders genau betrachtet und begleitet werden. Mit Estanislau da Silva und Rui Araujo hat die Fretilin Ramos-Horta zwei Minister aus der alten Regierung zur Seite gestellt. Dieses Trio ist schon jetzt ein kleiner personeller Vorgeschmack auf die Wahlen im Mai 2007. Ramos-Horta gilt als der aussichtsreichste Kandidat für das Amt des Regierungschefs. Doch die Fretilin gibt sich siegesgewiss und hält eine weitere Kandidatin, Ana Pessoa, in der Hinterhand.

Denn mit Pessoa, der ehemaligen Ehefrau Ramos-Hortas, hat die Fretilin eine weitere Hardlinerin in ihren Reihen. Ana Pessoa gilt als enge Vertraute Alkatiris und steht in der Hierarchie der Partei direkt hinter ihm an zweiter Position. Selbstbewusst hat sie ihre Bereitschaft signalisiert, alles in ihrer Macht stehende tun zu wollen, um dem Land aus der Krise zu verhelfen. Trotz ihres eher symbolischen Rücktrittes aus Protest gegen Alkatiri steht sie ihm politisch immer noch sehr nahe. Ana Pessoa, die während der indonesischen Besatzung in Mozambique im Exil war, kann dabei auf eine große Unterstützung der Fretilin und auf prominente Hilfe bauen. Mari Alkatiri wird nicht müde, die Fretilin zur Geschlossenheit aufzurufen, um bei den kommenden Wahlen wieder als Sieger hervorzugehen. Lautstark kündigt er schon jetzt eine Verbesserung des letzten Wahlergebnisses an. Und den Anschuldigungen und Protesten gegen Alkatiri zum Trotz, zieht er die Massen in seinem Lager noch immer weiter an. Der Vorwurf, geheime „Todeskommandos“ zu unterhalten, beirrt seine Anhänger nicht. Auch der Widerstand der Reformer, sowohl in den Ministerrängen als auch an der Parteibasis, scheint zu schwach zu sein, um die die politische Wegrichtung der Fretilin maßgeblich zu verändern. Einen Richtungswechsel der Fretilin kann man unter diesen Umständen nicht erwarten.

Derweil kursieren weitere Namen durch die indonesischen Nachrichten. Zum einen wird der junge Arsenio Paixao Bano als Kandidat gehandelt, der zwar bereits Erfahrungen als Arbeitsminister gesammelt hat, auf Grund seines Alters werden ihm aber nur sehr geringe Chancen zugesprochen. Zum anderen kam Ost-Timors UN-Botschafter Jose Luis Gutteres ins Gespräch. Nachdem er im vergangenen Mai auf dem Kongress der Fretilin gegen Mari Alkatiri kandidiert und deutlich verloren hatte, fehlt es ihm jedoch an interner Unterstützung.

Die aktuellen Einschätzungen sprechen zurzeit für Ramos-Horta, der als Wunschkandidat und Hoffnungsträger vieler westlicher Regierungen gilt. Auf der einen Seite ist Alkatiris Politik bei vielen Ländern auf Kritik gestoßen. Die mühevoll aufgebaute Beziehung zwischen Ost-Timor und Indonesien wurden durch Alkatiris Anschuldigung, dass sich Indonesien aktiv in die inneren Angelegenheiten des kleinen Staates einmischt, belastet. Ebenso hatte Australien in den Verhandlungen um die Ölressourcen Ost-Timors in Alkatiri einen zähen und unangenehmen Verhandlungspartner. Alkatiri sprach sogar von Unterdrückung, Ausbeutung und Manipulation. Auch den USA gegenüber hatte Mari Alkatiri sich ablehnend gezeigt und wirtschaftliche Kooperationen mit China bevorzugt. Seine rechte Hand, Ana Pessoa, dürfte daher auf weniger Sympathie im Ausland stoßen als Ramos-Horta. Denn Pessoa hat bereits während ihrer Amtszeit für internationales Unverständnis geerntet, u.a. mit ihrem Vorhaben, die Aktivitäten ausländischer Akteure in Ost-Timor begrenzen zu wollen, obwohl Ost-Timor gerade auf die externe Unterstützung angewiesen ist.

Auf der anderen Seite haben die Demonstrationen auch den öffentlichen Widerstand in der Bevölkerung gegen die Fretilin zum Ausdruck gebracht. Dagegen profitiert Ramos-Horta von Gusmaos Popularität. Die Fretilin hat durch die jüngsten Vorkommnisse an Ansehen und Rückhalt in der Bevölkerung verloren. Für viele Menschen ist die Fretilin nicht mehr das, was sie früher einmal war. Die Zeiten, in denen die Fretilin für einen Neuanfang stand, sind vorbei. Trotz allem gibt sich der zurückgetretene Regierungschef Alkatiri von der Kritik unberührt. Da besonders er im Fretilin-Lager seine stärksten Befürworter findet, ist es fraglich, ob Pessoa als seine mögliche Nachfolgerin für einen anderen Regierungsstil sorgen kann und will. Wahrscheinlich ist, dass sie in die Fußstapfen Alkatiris tritt und dessen Linie weiterverfolgen wird. Wenn die Fretilin ihre Mehrheit im Parlament behaupten kann, ist von der Fortsetzung der so genannten „Politik der Einheit“, wie Alkatiri sie pflegte, nicht viel zu erwarten.

Das Tauziehen um die politische Macht geht aber weiter. Ramos-Horta ist für die meisten Ost-Timorer die letzte übrig gebliebene Hoffnung. Bis zur nächsten Wahl im Mai 2007 wird ein tief greifender Wandel zwar nicht vollzogen, jedoch können kleine Zeichen gesetzt werden. Das Ende Alkatiris könnte damit zum großen Neuanfang für Ramos-Horta und Ost-Timor werden.

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Thomas Yoshimura

Thomas Yoshimura

Leiter des Auslandsbüros Korea Interimsleiter des Auslandsbüros Japan bis Juli 2024

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