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Rumänien vor den Präsidentschaftswahlen

von Sven-Joachim Irmer

Premierminister Victor Ponta führt einen populistisch-nationalistischen Wahlkampf

Am 2. November 2014 wählt Rumänien seinen neuen Staatspräsidenten. Der bisherige Amtsinhaber Traian Basescu darf nach zwei Amtszeiten nicht erneut kandidieren. 14 Kandidaten stellen sich zur Wahl. Es wird mit einer Stichwahl am 16. November gerechnet. Aussichtsreichste Kandidaten dafür sind der bisherige sozialdemokratische Premierminister Victor Ponta (PSD / Partidul Social Democrat)und der für die Christlich Liberalen Allianz (ASL / Alianta Crestin-Liberala) kandidierende Bürgermeister von Hermannstadt, Klaus Johannis.

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Der Wahlkampf in Rumänien läuft auf Hochtouren und wird begleitet von immer neuen Korruptionsskandalen, in die Politiker aller Parteien involviert sind. Die Antikorruptionsbehörde (DNA) führt eine Liste, auf der aktuell 59 Parlamentarier stehen, denen sie Korruption vorwirft und versucht, deren Immunität aufheben zu lassen - bisher ohne Erfolg. Diese Anklagen und Ermittlungen sind maßgeblich durch den nach zehn Jahren ausscheidenden Staatspräsidenten Traian Basescu vorangetrieben worden. Neben der Reform der Justiz zählt die effektive Bekämpfung der Korruption daher unter anderem auch zu den größten Erfolgen seiner Präsidentschaft. In den letzten Jahren kam es zu einer Reihe von Verurteilungen und Inhaftierungen hochrangiger politischer Funktionsträger, wie Premierminister a.D. Adrian Nastase, Vizepremier a.D. George Copos, Senator a.D. und Medienmogul Dan Voiculescu, Europaparlamentarier a.D. George Becali, Medienmogul Sorin Ovidiu Vantu und Minister a.D. Relu Fenechiu.

Einen weiteren Erfolg konnte Basescu bei der Überwindung der internationalen Finanz- und Wirtschaftskriese für sich verbuchen. Im Zusammenspiel mit der damaligen Regierung unter Premierminister Emil Boc konnte mit Unterstützung des IWF, der Europäischen Kommission und der Europäischen Entwicklungsbank das Land nachhaltig stabilisiert werden, auch wenn dies mit einer empfindlichen Erhöhung der Mehrwertsteuer von 19 auf 24 Prozent einherging. Die wirtschaftliche Stabilität bzw. der leichte Aufschwung der rumänischen Wirtschaft in den Jahren 2012 und 2013 ist ein Ergebnis der Politik Basescus. Sein größter internationaler Erfolg ist mit Sicherheit der Beitritt zur NATO und die damit verbundene Einbindung in die Sicherheitsarchitektur Europas.

Neben diesen Erfolgen agierte Basescu jedoch oftmals auch unglücklich. Offiziell lässt der Staatspräsident während seiner Amtszeit seine Parteimitgliedschaft ruhen, nicht so Basescu. Die ehemalige Regierung unter Premierminister Boc gilt bei vielen im Land bis heute als eine Art Marionettenregierung des Präsidenten. So wird Basescu auch zugeschrieben, dass er nicht in der Lage war, die Parteien im Mitte-Rechts Spektrum zu vereinigen. Diese Vereinigung fand 2014 ohne sein Zutun zwischen der Demokratisch-Liberale Partei (PDL) und der National-Liberalen Partei (PNL) statt.

Basescu gehörte nie zu den stillen Präsidenten. Er polarisierte stets mit scharfer Kritik an Premierministern und am Parlament. Die kritische Haltung speziell gegenüber dem sozialdemokratischen Premierminister Ponta und die Durchsetzung seiner Politik im Kampf gegen die Korruption brachten Basescu in seiner Amtszeit zwei Amtsenthebungsverfahren ein - beide überstand er unbeschadet und wurde so zeitweise zu einem der populärsten Präsidenten des Landes. Es bleibt abzuwarten, wie er sich nach seinem Ausscheiden aus dem Präsidialamt in die Politik einbringt. Schlagzeilen macht er aktuell durch die Unterstützung der Präsidentschaftskandidaten der von ihm gegründeten Volksbewegungspartei (PMP), Elena Udrea.

Kandidaten und Profile

Neben Elena Udrea versuchen 13 weitere Kandidaten, in den Präsidentenpalast einzuziehen. Zu den prominenteren Anwärtern auf die Präsidentschaft zählen der Präsident des Senats und Premierminister a.D. Călin Popescu Tăriceanu (Reform Liberale Partei). Er muss als unabhängiger Kandidat in den Wahlkampf gehen, da seine Partei nicht die Auflagen zur offiziellen Registrierung erfüllt hat. Seine Partei ist Mitglied der ALDE. Die Europaparlamentarierin und ehemalige Justizministerin Monica Macovei (parteilos) ist für ihre Kandidatur sogar aus der PDL ausgetreten. Allen drei Kandidaten werden keine Chancen auf eine Wahl eingeräumt; sie könnten aber in der Stichwahl einen erheblichen Einfluss auf das Ergebnis haben. Sie sehen sich offiziell als Politiker des Mitte-Rechts-Spektrums. Es ist aber davon auszugehen, dass Călin Popescu Tăriceanu aufgrund seiner Koaliton mit der PSD im Parlament eher eine Wahlempfehlung für Victor Ponta abgeben wird. Offen ist auch, ob Elena Udrea und Monica Macovai ihren Wählern in der Stichwahl eine Empfehlung für Johannis geben werden. Im Fall von Elena Udrea, die mit der PMP auch der EVP (Europäischen Volkspartei) angehört, sollte die Empfehlung eigentlich eindeutig sein. Ihre Attacken im Wahlkampf gegen Johannis lassen aber daran zweifeln, ob sie den stärksten Kandidaten aus dem Mitte-Rechts-Lager unterstützen wird. Medienvertreter und politische Analysten rechnen fest damit, dass Sie ihre Stimme trotz anders lautender Absprachen mit der EVP Victor Ponta geben wird. Gründe dafür sehen die Beobachter in der langjährigen persönlichen Freundschaft zwischen Ponta und Udrea und einer ebenso langen politischen Auseinandersetzung zwischen Präsident Basescu und Johannis, die Udrea nun erneut für Ihre Machtinteressen nutzen könnte.

Geringe Erfolgschancen dürften Kandidaten wie Mirel Mircea Amaritei von der Partei Prodemo oder Wiliam Branza von der Ökologischen Partei haben; ebenso Gheorghe Funar, ehemaliger Bürgermeister von Cluj-Napoca und Dan Diaconescu, Vorsitzender seiner eigenen Partei, einer populistischen Bewegung, die 2012 bei den Parlamentswahlen noch 13 % der Stimmen erhielt. Heute ist sie praktisch aufgelöst.

Auf einen Stimmenanteil von fünf Prozent könnte es Teodor Melescanu, ehemaliger Direktor des rumänischen Außennachrichtendienstes, bringen. Er trat erst unmittelbar nach Verkündigung seiner Kandidatur von seiner Position zurück.

Die Öffentlichkeit nimmt im Grunde nur von den Kandidaten Victor Ponta und Klaus Johannis Notiz. Je nach Umfrage liegt Ponta zwischen 35 – 40 % der Stimmen und Johannis zwischen 28 – 33 % für den ersten Urnengang.

Wahlkampf. Programme. Aussichten

Der Wahlkampf von Victor Ponta ist stark von nationalistischen Elementen geprägt. Sein Wahlkampslogan ist „Stolz, Rumäne zu sein“ – diese nationalistische Prägung des Wahlkampfs der PSD konnte bereits im Europawahlkampf 2014 beobachtet werden. Ponta spricht offen von einer Wiedervereinigung mit der Republik Moldau. Erstaunlich ist, dass das Wirtschaftsprogramm des Sozialdemokraten Pontas eine eher liberale Ausprägung hat. Um dies zu unterstreichen, senkte seine Regierung die Sozialbeiträge für Firmen um 5% ab.

Die vermeidliche positive Einstellung gegenüber der Wirtschaft kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass Rumänien ein negatives Wachstum von derzeit 1% vorzuweisen hat.

Auf der anderen Seite befindet sich der erfolgreiche Bürgermeister von Hermannstadt, Klaus Johannis, der durch eine geschickte Kombination zwischen Förderung von Investitionen, Liberalisierung der Verwaltung und Auflösung von Monopolen seine Stadt zum Vorzeigeprojekt in Rumänien gemacht hat. An seiner Seite steht die neu gegründete große Nationalliberale Partei, die am 26. Juli dieses Jahres gegründet wurde. Sein Wahlkampflogo lautet „Das Rumänien der gründlichen Arbeit“.

Die Wahlkampfplakate zeigen einen populären Ponta, von Bürgern umkreist, der für das Land sorgt und einen streng Blickenden Johannis. Auffällig im Wahlkampf von Johannis ist, dass er seine Gegenkandidaten nicht persönlich angreift. Er kritisiert in seinen Reden besonders das System der sozialdemokratischen „Barone“ in den verschiedenen Regierungsbezirken Rumäniens und macht sie maßgeblich für den schlechten Zustand des Landes verantwortlich.

Ponta hingegen hat ihm schon vor dem Wahlkampf indirekt vorgeworfen, dass er kein „echter Rumäne“ sei und damit auf Johannis protestantischen Glauben und seine Herkunft aus der deutschen Minderheit angespielt. Ein Novum in der rumänischen Politik ist, dass auch zwei Frauen für die Präsidentschaft kandidieren. Elena Udrea und Monica Macovai entstammen dem Mitte-Rechts-Lager. Udrea macht mit einem eher ungewöhnlichen Wahlkampf auf sich aufmerksam und wirbt mit dem Slogan „Das schöne Rumänien“. Macovei erscheint bisher kaum in den herkömmlichen Massenmedien. Vielmehr konzentriert sie sich auf den klassischen Haustürwahlkampf und die sozialen Netzwerke.

Notverordnung erlaubt Politikern Parteiwechsel

Auf nationale und internationale Kritik stieß im Vorfeld der Wahlen eine von der Regierungskoalition unter Victor Ponta erlassene Notverordnung. Diese erlaubt es Politikern, auf kommunaler Ebene die Partei zu wechseln, ohne ihr Mandat aufgeben zu müssen. Nun haben Bürgermeister und Stadträte bis zum 15. Oktober die Möglichkeit gehabt, einer anderen Partei beizutreten, ohne- wie bisher - ihr Mandat zu verlieren. Im rumänischen System werden staatliche Fördermittel von den Vertretern auf kommunaler Ebene verteilt. Dadurch können sie großen Einfluss auf die Wahrnehmung ihrer jeweiligen Partei nehmen und so den Ausgang von Wahlen stark beeinflussen. Bisher ist noch unbekannt, wie viele Lokalpolitiker von diesem "Transfermarkt" Gebrauch gemacht haben.

Diese Möglichkeit schwächt das öffentliche Vertrauen in die Politik und wird als ein das Wahlergebnis manipulierendes Instrument wahrgenommen.

Ponta und der Auslandsgeheimdienst

Dass Basescu sich auch in diesen Wahlkampf erneut einbringt und wie erbittert er gegen die Sozialdemokraten und ihren Präsidentschaftskandidaten kämpft, zeigte sein Fernsehauftritt am 13.Oktober 2014. In einer Talkshow des Senders „Realitatea“ beschuldigte Basescu Ponta, von 1997 bis 2001 für den rumänischen Auslandsgehimdienst (SIE) gearbeitet zu haben. Basescu hat bereits vor zwei Monaten darauf hingewiesen, dass unter den Spitzenkandidaten ein „Agent“ sei. Er forderte damals alle Kandidaten auf, ihre Lebensläufe offen zu legen und ihre eventuelle Tätigkeit für einen Geheimdienst öffentlich zu machen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Anschuldigungen einen wesentlichen Einfluss auf den Verlauf der Wahlen haben werden.

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