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Länderberichte

Schwierige Zeiten in Kenia

von Udo Weber
Kenia steuert auf schwierige Zeiten zu. Die anwachsenden Krisen betreffen das wirtschaftliche, soziale und auch das politische Leben im Land. Trotz positiver Anzeichen hinsichtlich der Wiederaufnahme von Wirtschaftshilfe durch IWF und Weltbank läßt die momentane Situation auf unruhige Zeiten schließen.

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Der letzte große Regen kam im "El Niño" - Jahr 1998/99 und einen Großteil der ländlichen Infrastruktur und der landwirtschaftlichen Produktion in Kenia. Seit Ende des Jahres 1999 blieben die Regenfälle fast vollständig aus, was verheerende Folgen mit sich bringt. Die Staudämme trocknen aus, die Stromversorgung wurde rationiert und die Industrieproduktion kommt langsam zum Stillstand. Massenentlassungen sowie eine Verschlechterung der Nahrungsmittelversorgung mit gleichzeitigem Anstieg sozialer Probleme sind nur einige der Schwierigkeiten, mit denen die Regierung aufgrund der andauernden Trockenheit derzeit fertig werden muß.

Eine bereits kritische Prozentzahl der Bevölkerung leidet an Hunger und ist abhängig von Nahrungsmittellieferungen. Mehr als 22 Mio. Kenianer sind von der Trockenheit betroffen, ca. 7 Mio. Menschen sind nach realistischen Schätzungen internationaler Hilfsorganisationen einem erhöhten Ernährungsrisiko ausgesetzt.

Das kenianische Parlament ist überfordert

Das kenianische Parlament befindet sich zur Zeit in einer Situation, in der es mit einer Vielzahl wichtiger Gesetzesvorhaben konfrontiert wird, jedoch ohne einen entsprechenden Zeitrahmen zu haben, diese Vorhaben ausreichend diskutieren zu können. So liegen nach Auffassung vieler Abgeordneter in der derzeitigen Sitzungsperiode mehr bedeutende Gesetzesentwürfe zur Verabschiedung vor, als man noch mit der notwendigen Sorgfalt bearbeiten könnte. Auch fehlt dem Parlament ein professioneller Apparat, um die einzelnen Entwürfe inhaltlich aufarbeiten zu können.

Die wichtigsten Vorhaben, die aktuell diskutiert werden:

Gesetz zum Verfahren der Verfassungsreform

Die Gesetzesvorlage entstammt dem vom Parlament übernommenen Bericht des Parlamentsausschusses zur Verfassungsreform. Die Debatte des Berichts fand in einer sehr gespannten Atmosphäre statt, die in den Auszug der Opposition aus dem Plenum mündete. Kernpunkt der Auseinandersetzungen ist die zu erwartende Dominanz der Regierungspartei KANU in der Verfassungsreform. Verabschiedet wurde der Bericht schließlich mit den Stimmen der KANU und der mit ihr teilweise verbündeten Oppositionspartei NDP (National Development Party). Die übrigen Parlamentsabgeordneten blieben der Abstimmung fern.

Streit gibt es auch zur Frage, ob der Gesetzentwurf zum Verfahren der Verfassungsreform durch einfache parlamentarische Mehrheit verabschiedet werden kann (wie jedes andere Gesetz) oder ob eine 2/3 Mehrheit erforderlich ist, wie es die kenianische Verfassung für Verfassungsänderungen vorschreibt. Sollte eine 2/3 Mehrheit notwendig sein und mißachtet dies die Regierungsfraktion, würde die Opposition aller Wahrscheinlichkeit nach das oberste Gericht anrufen, um eine Klärung herbeizuführen. Hält sich das Parlament hingegen an die rechtlichen Vorgaben und bekommt die Stimmen für eine 2/3 Mehrheit nicht zusammen, dürfte der Reformprozeß auch in eine Sackgasse geraten.

Darüber hinaus ist unklar, was mit dem von den Kirchen initiierten und vorangetriebenen Reformprozeß geschehen wird, der dem parlamentarischen voraus und zu diesem parallel konzipiert ist. In Kirchenkreisen zeichnen sich Probleme ab, diese Initiative zu finanzieren, wodurch die breite verbale Unterstützung, die das Parallelverfahren bisher erfahren hat, gefährdet erscheint.

Gesetz zur Korruptionsbekämpfung

In die parlamentarische Debatte wurde ein Gesetzesentwurf zur Korruptionsbekämpfung eingebracht, der auf dem Bericht eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses beruht, der sich mit dem Ausmaß der Korruption im Lande befaßt hat. Der Bericht enthält unter anderem eine Liste von hochrangigen Personen aus Politik und Wirtschaft, die ihre Position rechtswidrig zur persönlichen Bereicherung ausgenutzt haben. Der Gesetzesentwurf strebt nun drastische Strafverschärfungen für Korruptionsvergehen an und sieht einen Machtzuwachs für die kürzlich gegründete Antikorruptionsbehörde KACA (Kenya Anti Corruption Authority) vor.

Weitere laufende Gesetzesverfahren

Eine Vielzahl von weiteren Vorlagen stehen noch zur Behandlung im Parlament an. Darunter auch das Gesetz über die Ostafrikanische Gemeinschaft, deren Vertrag vom Präsidenten schon unterzeichnet wurde.

Aufgrund der zahlreichen Gesetzesvorlagen und der damit verbundenen zeitlichen Überforderung des Parlamentes werden vermutlich viele wichtige Entwürfe, wie z.B. der Entwurf zur Verfassungsreform und die Vorlage, die sich mit den Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung beschäftigt, nicht vor dem kommenden Jahr verabschiedet werden können.

Strafrechtliche Verfolgung von Korruption und Amtsmißbrauch

Neben dem Gesetzentwurf zur KACA gibt auch bei der eigentlichen Arbeit der Behörde zur Korruptionsbekämpfung das besondereim Interesse von Medien und Öffentlichkeit in Kenia. Seit Beginn des Jahres wurden mehrere leitende Staatsangestellte wegen Korruption und Amtsmißbrauch von der Behörde vorgeladen. Darunter auch der einflußreiche Staatssekretär für das Erziehungswesen, Wilfred Kimalat, der Präsident Moi u.a. als Staatssekretär für innere Sicherheit diente. Ebenfalls ermittelt wird gegen die Ehefrau von Gesundheitsminister Prof. Sam Ongeri, und gegen odfrey Asanyo, den ehemals mächtigen Vorsitzenden einer der KANU Provinzen. Beiden wird nachgesagt, daß sie wiederholt vom Staatsoberhaupt eingesetzt wurden, um Simeon Nyachae, den ehemaligen Finanzminister und Mois stärksten innerparteilichen Kritiker, zum Schweigen zu bringen. Im Gegenzug - wird vermutet - wurden ihnen Vorteile bei privaten Geschäften gewährt, was jetzt von KACA untersucht wird.

Den größten Korruptionsfall der kenianischen Geschichte, den sog. Goldenbergskandal, in dem mehrere hundert Millionen Dollar an Subventionen vom kenianischen Staat erschwindelt wurden, hat die Antikorruptionsbehörde bisher noch nicht angefaßt. Beobachter glauben, daß sich erst dann zeigen wird, inwieweit die Behörde im Sinne ihrer Zielsetzung arbeiten und politischem Druck standhalten kann.

Bis dahin müssen allerdings noch einige verfahrensrechtliche Probleme aus dem Weg geräumt werden. Nicht die Behörde, sondern nur der Generalstaatsanwalt hat das verfassungsrechtlich verbriefte Recht, Anklagen zu erheben. Der Generalstaatsanwalt hat der Behörde zugesichert, ihre Anliegen vor Gericht zu verfolgen, doch ist seine Rolle dabei noch unklar. Die kenianische Anwaltsvereinigung hat dieses Problem bereits zur Sprache gebracht, denn es wird befürchtet, daß die Behörde das Schicksal ihrer Vorgängerin teilt, die aufgelöst wurde, nachdem sie versuchte, Personen, die dem politischen Establishment nahestanden, gerichtlich zur Verantwortung zu ziehen. Vor allem für die Aufklärung des Goldenbergskandals wurden hier entsprechende Befürchtungen laut, da die Verwicklung des Vizepräsidenten George Saitoti und des überaus einflußreichen Ministers Nicholas Biwott in die Affäre öffentlich bekannt ist.

Die Energiekrise

Besonders kritisch stellt sich derzeit die Energieversorgung in Kenia dar. Das Land kann seit einiger Zeit seinen Energiebedarf nicht mehr decken. Strom wird an Privathaushalte nur noch für 12 Stunden pro Tag zur Verfügung gestellt, Industriebetriebe erhalten sogar nur noch 8 Stunden Strom pro Tag. Bei oberflächlicher Betrachtungsweise ist der ausbleibende Regen und das daraus resultierende Austrocknen der Stauseen Ursache für die Kürzungen. Die Energieerzeugung muß nach offiziellen Angaben mindestens bis zum Eintreffen der kurzen Regenzeit im Oktober/November rationiert werden, was weitreichende Folgen sowohl für die Industrie als auch für die Privathaushalte hat.

Der eigentliche Grund für die Krise ist nicht in der Natur, sondern im Mißmanagement des Energieministeriums und in schlechter Vorausplanung seitens der Verantwortlichen zu sehen. Die zwei größten Staudämme Kiambere und Masinga befinden sich am selben Flußsystem im Bereich des Mt. Kenya und verfügen über denselben Einzugsbereich. Jede klimatische Schwankung in diesem Einzugsbereich trifft automatisch beide Dämme. Zusätzlich sind sie in den letzten Jahren zunehmend verschlammt, was nach einhelliger Meinung dazu geführt hat, daß sich die Auffangkapazität der Wasserbecken deutlich verringerte.

Es ist nicht das erste Mal, daß Kenia eine Trockenheit dieses Ausmaßes erlebt. Zuletzt hatte die Bevölkerung in den frühen 80er Jahren unter dem Ausbleiben mehrerer Regenzeiten zu leiden, doch blieb der Energiesektor davon verschont. Die Staudämme waren zu dieser Zeit noch weitgehend schlickfrei.

Neben unzureichender Planung ist eine weitere Erklärung für den aktuellen Notstand in der Energiepolitik des Landes zu sehen. Die Planung von Großprojekten in Kenia ist stark politisiert und die politische Führung bestimmt, unter Zuhilfenahme von meist sachfremden Erwägungen, den Standort bestimmter Projekte. Die beiden oben erwähnten Dämme waren zur Zeit ihres Baus aus politischen Gründen als Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung der Zentralprovinz in der Heimat von Präsident Kenyatta angesiedelt worden. Andere Standorte, die sich aufgrund der natürlichen Gegebenheiten eher angeboten hätten, wurden ignoriert.

Mit Beginn der Ära Moi wurden die beiden Dämme vernachlässigt, das gesamte, für die Energieentwicklung zur Verfügung stehende Geld, wurde in den Bau der Turkwell Gorge Hydropower Station gepumpt, die in der Nähe von Mois Heimatgebiet im Rift Valley liegt. Dies geschah gegen den Rat der Europäischen Union und der Weltbank, da die Turkwell Schlucht sich in einem Flußbecken befindet, daß nur zu bestimmten Zeiten im Jahr Wasser führt. Dementsprechend ist auch das Potential für die Energieerzeugung an diesem Standort geringer, als es an möglichen Alternativstandorten der Fall gewesen wäre.

Zwei weitere mögliche Standorte für Energieerzeugung durch Wasserkraft (Odino Falls und Sondu) wurden bald nach Erlangung der Unabhängigkeit in den 60er Jahren in die Planung aufgenommen, doch konnten diese Projekte nicht weiterverfolgt werden, da sie sich in einem Gebiet befindet, das schon immer überwiegend die Opposition unterstützte - Nyanza Province. Erst vor zwei Jahren, als die National Development Party (NDP), die politische Vertretung der Luos in der Provinz Nyanza, eine Zusammenarbeit mit der Regierungspartei aufnahm, konnten die Baumaßnahmen beginnen. Die Arbeiten werden voraussichtlich im nächstes Jahr abgeschlossen werden. Der Fehlbedarf an Energie soll dadurch um die Hälfte reduziert werden können.

Andere Energieerzeugungsquellen wie die geothermalen Anlagen in Olkaria oder dieselbetriebene Maschinen in Mombasa werden wegen ihrer geringen politischen Bedeutung wenig gefördert. Kurzfristige Verbesserungen der Lage werden kaum erwartet. Auch auf Seiten des staatlichen Energieunternehmens KPLC herrschen Mißmanagement und Planungsmängel. So gehen aufgrund mangelnder Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten etwa 20% der Stromerzeugung schon aufgrund von Schäden im Stromnetz verloren

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Daniel El-Noshokaty

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