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Länderberichte

Turkmenistan: Wiederwahl des „Bewahrers des Paradieses auf Erden“

von Dr. Thomas Kunze, Lina Gronau
Ein beeindruckendes Ergebnis: Gurbanguli Berdimuchamedow, amtierender Präsident der Republik Turkmenistan, wurde am 12. Februar 2012 mit 97,14 Prozent der Wählerstimmen im Amt bestätigt. Seine sieben Gegenkandidaten kamen auf jeweils 0,16 bis 1,07 Prozent. Damit dürfte in Turkmenistan alles beim Alten bleiben, ein grundlegender Wandel ist nicht zu erwarten.

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Im Vergleich zur Wahl 2007, bei der Berdimuchamedow das Amt von seinem verstorbenen Vorgänger Saparmurat Nijasow übernahm, konnte er sich sogar um acht Prozentpunkte verbessern: Damals hatte er „nur“ 89 Prozent aller Stimmen bekommen. Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben der Zentralen Wahlkommission bei 96,28 Prozent. Die anderen zur Wahl angetretenen Kandidaten stammten allesamt aus dem näheren Umfeld des Präsidenten (u.a. zwei Minister) und äußerten sich bereits im Wahlkampf vor allem lobend über das Staatsoberhaupt, das sich mit Titeln wie „großer Beschützer“, „Bewahrer des Paradieses auf Erden“ oder „Held des Landes“ schmückt. Das turkmenische Regierungssystem ist autoritär. Die OSZE verzichtete vollständig darauf, Wahlbeobachter zu entsenden und äußerte sich nicht zum Ablauf und Ausgang der Wahl. Beobachter westlicher Staaten wurden nicht zugelassen. Die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) hingegen schickte mehrere Beobachter nach Turkmenistan, darunter auch Vertreter der russischen Staatsduma. Der Leiter dieser Beobachtergruppe, der Vorsitzende des GUS-Exekutivkomitees Sergej Lebedew, erklärte später, dass die Wahlen gemäß den „geltenden Wahlgesetzen“ durchgeführt worden seien.

Turkmenistan ist ein abgeschottetes Land, das Außenstehenden kaum Einblick in das politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Leben ermöglicht. Besonders extrem war die Lage unter dem alten Staatschef Nijasow, der sich auch als „Turkmenbaschi“ („Kopf der Turkmenen“) bezeichnen ließ. Er inszenierte einen allgegenwärtigen Personenkult um sich und seine Mutter und reglementierte das alltägliche Leben im Land stark. So waren bis auf den Koran und ein vom ihm selbst geschriebenes Buch (die „Ruchnama“) andere Bücher kaum erhältlich, weil sein Werk „alle anderen Bücher überflüssig“ mache. Dementsprechend gab es auch keine Bibliotheken, Zugang zum Internet war fast unerreichbar. Als Nijasow 2006 starb, lag das Bildungswesen Turkmenistans komplett am Boden.

Hier hat sich unter Berdimuchamedow schon einiges zum Besseren gewendet: Bücher sind wieder erlaubt, ebenso Bibliotheken und Konzerte, es gibt Internetcafes. Die größte Statue des alten Präsidenten, die den vergoldeten, sich um die eigene Achse drehenden Nijasow immer der Sonne zugewandt zeigt, wurde an den Stadtrand verbannt. Dennoch erfolgte nicht die von der internationalen Gemeinschaft erhoffte Öffnung des Landes. Bereits im letzten Sommer wurde ein kritischer Punkt erreicht: In der Nähe von Aschgabat explodierte ein Munitionslager, laut Angaben der Opposition starben dabei hunderte, evt. sogar mehr als 1000 Menschen. Die Regierung bzw. die Behörden versuchten den Vorfall zu vertuschen, hatten dabei aber die Kommunikationsmöglichkeiten des mobilen Internets unterschätzt. Videos und Augenzeugenberichte tauchten auf, die auch im turkmenischen Internet zumindest für einige Zeit zugänglich waren. Viele Menschen äußerten ihren Unmut sogar öffentlich, was angesichts eines allgegenwärtigen Geheimdienstes als besonders bemerkenswert eingeschätzt wurde. Solche Einblicke sind jedoch rar, gewöhnlich dringt nur wenig Information aus Turkmenistan nach außen.

Berdimuchamedows Turkmenistan verfügt über etwas, das viele Länder wollen: immense Gasreserven. Zugang dazu haben sich bisher vor allem Russland und China gesichert. Auch viele europäische Länder versuchen, einen Fuß in die Tür zu bekommen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle besuchte im November 2011 die Hauptstadt Aschgabat, unter anderem, um die Turkmenen für das europäische Pipeline-Projekt „Nabucco“ zu gewinnen. Deutsche Unternehmen wie RWE oder Wintershall sind schon dort vertreten.

Nicht unbedeutend ist auch die Nachbarschaft Turkmenistans zu Afghanistan. Bisher hat sich das Land aus dem Konflikt völlig herausgehalten, nach dem Abzug der NATO-Truppen 2014 könnte es aber dazu gezwungen werden, Stellung zu beziehen. Sollte der Einfluss der Taliban in Afghanistan wieder stärker werden, wird sich die Situation in der gesamten Region ändern. Wie seine Kollegen in den anderen zentralasiatischen Ländern auch unterdrückt Berdimuchamedow islamistische Aktivitäten mit starker Hand. Die Trennung von Staat und Religion wird strikt eingehalten, Islamisten, aber auch solche, die dafür gehalten werden, werden staatlich verfolgt. Aus diesem Grund sind die Regierungen Zentralasiens das Feindbild Nr. 1 von Gruppierungen wie Al Kaida, die im Windschatten der Taliban aus Afghanistan und Pakistan heraus operieren.

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Dr. Thomas Kunze

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Regionalbeauftragter der Konrad-Adenauer-Stiftung für Zentralasien (komm.) und Beauftragter für die Russische Föderation

sekretariat.russland@kas.de

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