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Unbeliebte Spitzenkandidaten Trump und Clinton stehen vor der Nominierung

von Dr. Lars Hänsel, Elmar Sulk

Bald beginnender Hauptwahlkampf geprägt von hohen Negativwerten der Kandidaten

Mit inhaltlichen Vorbehalten und geringem Enthusiasmus für ihre Kandidaten haben Republikaner und Demokraten den Vorwahlkampf am letzten "Super-Tuesday" am 7. Juni 2016 weitestgehend abgeschlossen. Allein in Washington DC wird noch am 14. Juni 2016 gewählt.

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Die Parteien bereiten sich nun auf die Parteitage im Juli vor. Dort werden dann sehr wahrscheinlich Donald Trump und Hillary Clinton nominiert. In den nächsten Wochen werden beide nun ihre Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten benennen, Themen und Schlagworte für den Hauptwahlkampf setzen und die gegenseitige Auseinandersetzung verschärfen. Hillary Clinton muss sich noch mit einem internen Rivalen auseinandersetzen.

Zunehmend richtet sich der Blick jedoch auf den Hauptwahlkampf. Hier ist eine Frage, welche Auswirkungen die hohen Negativwerte beider Kandidaten auf den Wahlkampf haben werden.

Die Zweifel an einer grundsätzlichen Eignung Donald Trumps für das Präsidentenamt sind bisher nicht verstummt. Doch geht man auch in diesem recht außergewöhnlichen Jahr – noch nie hatten zwei Kandidaten so hohe Negativwerte wie Trump und Clinton – von einer Wahl aus, die am Ende knapper ausgehen dürfte als die augenblicklichen Stimmungen erscheinen lassen. Zwar sehen in den entscheidenden swing states die meisten Umfragen Clinton vor Trump, aber in den nächsten fünf Monaten kann es noch viel Bewegung geben, sind sich Meinungsforscher einig. Zwei Beispiele: Es gibt erste Anzeichen, dass sich die Dynamik auf dem Arbeitsmarkt verlangsamt, was der Partei Obamas angelastet werden würde. Nach einer neuesten Umfrage von Pew Research ist die Bevölkerung auch verunsichert über Amerikas Rolle in der Welt und hegt Zweifel an der Strategie Obamas, was sich auch negativ auf Clintons Chancen auswirken könnte. Andererseits erfreut sich Präsident Obama erstaunlich hoher und wachsender Zustimmungsraten in Umfragen (in den vergangenen Wochen über 50 Prozent). Demnächst dürfte er öffentlich seine Unterstützung für Hillary Clinton ankündigen. Er wird damit zu einem nicht zu unterschätzenden Faktor für den Erfolg Clintons. Er muss auch mit dafür sorgen, dass Clinton die Wähler für sich erreichen kann, die damals Obama gewählt haben. Gerade bei jungen Wählern hat Hillary Clinton eine deutliche Schwachstelle.

Einheit der Partei

Zwar sind die Schwierigkeiten deutlich zu spüren, die manche Republikaner mit ihrem Kandidaten haben, aber die Partei beginnt ihre Einheit wieder herzustellen – und zwar bereits einige Wochen vor den Demokraten.

Trotz der Vorbehalte und teilweise lauten Kritik gegen Donald Trump haben sich inzwischen praktisch alle aktiven republikanischen Spitzenpolitiker (mit Ausnahme von Sen. Mark Kirk R-Ill) hinter ihn gestellt. Zuletzt ist es Trump gelungen, auch die Unterstützung von Paul Ryan, dem Sprecher des Repräsentantenhauses, zu erlangen. Vorher hatten sich bereits Senatsführer Mitch McConnell und andere wichtige Senatoren wie John McCain und Marco Rubio oder Parteifunktionäre wie der Vorsitzende des Republican National Committee (RNC) Reince Priebus auf die Seite Trumps gestellt – in einer Mischung aus Kalkül und Überzeugung. Sie haben entweder selbst ihre Wiederwahl im Blick oder wollen die Partei vor einer Zerreißprobe bewahren.

Die Zustimmung zu Trump hatte sich zuletzt jedoch wieder deutlich abgekühlt, nachdem er einen Richter aufgrund seiner mexikanischen Wurzeln als befangen bezeichnet und damit selbst für Paul Ryan die Grenze zum Rassismus überschritten hatte. Erstmals verhält sich Trump – der sonst keinen Schritt zurückgegangen war – sehr viel vorsichtiger, nachdem er Gegendruck aus der Partei spürte.

Paul Ryan als Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus steht vor einem Dilemma. Er hat vor allem zwei Interessen: 1. Die republikanische Mehrheit im Repräsentantenhaus nach der Wahl nicht zu gefährden und 2., seine konservative Agenda durchzusetzen. Identifiziert er sich zu stark mit Trump, kann dies die Wiederwahl vieler Republikaner in umstrittenen Wahlkreisen komplizieren. Gleichzeitig weiß er, dass ein Präsident Trump für die Umsetzung seiner Agenda besser wäre als eine Präsidentin Clinton. Insofern muss er Trump unterstützen, aber gleichzeitig das Risiko minimieren, welches Trump für die Republikanischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus darstellt.

Gerüchte um einen republikanischen, unabhängigen dritten Kandidaten sind inzwischen wieder verstummt. Der konservative Fernsehmoderator Glenn Beck hatte versucht, noch einmal Mitt Romney ins Spiel zu bringen. Das Zeitfenster für einen unabhängigen Kandidaten wird jetzt sehr knapp. Eine Kandidatur gilt schon aufgrund der formalen Hürden als unwahrscheinlich.

Nächste Schritte für Trump

Trump hat bereits die notwendigen 1237 Stimmen für die Nominierung im ersten Wahlgang auf dem Parteikongress von 18.-21. Juli 2016 in Cleveland. Er hat inzwischen keine innerparteilichen Herausforderer mehr. Es wird erwartet, dass er sich nun auf folgende Dinge konzentriert:

  1. Wahlkampffinanzierung: Trump braucht nun – anders als er bisher behauptet hatte – finanzielle Unterstützung für den Wahlkampf. Trump und das Republican National Committee (RNC) haben vor einigen Wochen Übereinkunft erzielt, wie die mindestens eine Milliarde Dollar aufgebracht werden sollen, die der Wahlkampf nach Schätzungen kosten wird. Einige Großspender sind (noch) zurückhaltend, ob sie Trump unterstützen oder sich vor allem auf die Kongresswahlen konzentrieren.
  2. Weitere Einigung der Partei / Kandidat Vizepräsident: Nach Meinung der Beobachter verdeckt die teilweise zähneknirschende Zustimmung zum Kandidaten die Uneinigkeit an der Basis nur zum Teil. Eventuell kann hier Trump mit einer allseits geachteten Persönlichkeit für das Amt des Vizepräsidenten (wie z. B. dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Senat Bob Corker) punkten und die Situation etwas beruhigen.
  3. Inklusive Botschaft: Seine parteiinterne Kritiker erwarten von Trump, dass er die Angriffe auf Minderheiten und die Ausgrenzung ganzer Gruppen in seinen tweets und Reden bald einstellt und stattdessen auf eine inklusive, zukunftsweisende Botschaft setzt. Sie verweisen dabei auf den „Ur-Vater“ der konservativen Bewegung, Ronald Reagan, der stets als optimistisch und inklusiv wahrgenommen wurde, und so seine Negativwerte in positive Zustimmung weit über Parteigrenzen hinaus umwandeln konnte. Ob Trump dazu in der Lage oder willens ist, daran gibt es jedoch nach wie vor erhebliche Zweifel.
Die bisherigen Botschaften Trumps wiesen ihn nicht als extremen Vertreter des rechten ideologischen Flügels der Republikaner aus - ganz im Gegenteil: Viele seiner Positionen gelten vielen Republikanern zu wenig konservativ. Trump war zudem für lange Zeit kein Republikaner. Andererseits vertrat er bisher Positionen, welche selbst für konservative Republikaner als extrem angesehen wurden, etwa in Immigrationsfragen.

Sein Fokus ist weniger eine ideologische Reinheit (oder überhaupt Konsistenz) der Botschaft. Vielmehr versteht er es gut diejenigen anzusprechen, welche sich von der etablierten Politik nicht angesprochen fühlen und das Vertrauen in Institutionen verloren haben.

Generell stellt sich die Frage, ob Trump den Erfolg, den er fraglos in der Zeit der Vorwahlen hatte, auch im Hauptwahlkampf weiter führen kann. Er kann nur erfolgreich sein, wenn er seine Wählerbasis erweitert.

Hillary Clintons Herausforderung

Hillary Clinton hat etwas anders gelagerte Herausforderungen. Zunächst muss sie sich noch – anders als Donald Trump – mit ihrem innerparteilichen Herausforderer Bernie Sanders auseinandersetzen.

Sie hat zwar nach den Vorwahlen in Kalifornien nun praktisch genug Delegiertenstimmen, um als Kandidatin der Demokraten gewählt zu werden. Erstmals in der Geschichte hat damit eine Frau Aussicht auf das höchste Amt. Ein Teil der Delegiertenstimmen sind jedoch noch nicht festgelegt („unpledged delegates“). Ihre Zustimmung wurde zwar in Umfragen erhoben, de jure wählen sie aber erst auf dem Parteikongress. Bernie Sanders versucht nun, diese Delegierten noch für sich umzustimmen. Dies gilt nach allgemeiner Auffassung praktisch als aussichtslos, aber theoretisch nicht als unmöglich.

In den kommenden Tagen wird deutlicher werden, ob Sanders sich weiterhin kämpferisch gibt oder sich nun doch hinter Clinton stellt (oder einen dritten Weg geht). Verbunden damit wäre die Frage, wie weit Clinton auf Sanders zugehen möchte. Zum Beispiel wird sie mit Sanders' Forderungen wie denen nach noch breiterer Krankenversicherung, kostenloser Bildung bis zur Universität, oder aber auch seiner israelkritischen bzw. pro-palästinensischen Äußerungen umzugehen haben. Schon jetzt hat Sanders großen Einfluss auf den Parteikongress und die dort aufzustellende Parteiplattform.

Der Vorwahlkampf war für Hillary Clinton härter als erwartet und auch sie steht vor der Aufgabe, die Partei zu einigen. Sie kann dies nur dadurch, dass sie die deutlich links von der Mitte angesiedelten Botschaften Bernie Sanders so in eine Plattform einbindet, die auch von moderaten Demokraten und Unabhängigen akzeptiert werden kann. Letztlich braucht sie jedoch die Unterstützung der (vor allem jungen) Wähler von Bernie Sanders.

Sie hat darüber hinaus vor allem mit einem schlechten Image und einigen Skandalen der Vergangenheit zu kämpfen, allen voran mit der Einrichtung eines privaten Servers für dienstliche Kommunikation während ihrer Zeit als Außenministerin.

Weitere Kandidaten

Inzwischen gibt es eine Reihe weiterer Präsidentschaftskandidaten. Die liberale Partei (LP) hat am 29. Mai 2016 den früheren Gouverneur von New Mexico, Gary Johnson nominiert, die Grüne Partei Jill Stein (wie bereits 2012). Darüber hinaus haben sich eine Reihe weiterer, meist unabhängiger Personen als Präsidentschaftskandidaten registrieren lassen.

Allen werden jedoch sehr geringe Chancen ausgerechnet. Allenfalls Johnson könnte es wohl überhaupt schaffen, in Umfragen in die Nähe von 15 Prozent kommen. Mit 15 Prozent Zustimmung hätte er Zugang zu den TV-Debatten. Dies wäre eine wichtige Voraussetzung, um überhaupt bekannt zu werden und eine Chance auf breitere Unterstützung zu haben.

Hohe Negativwerte mit Auswirkungen auf den Wahlkampf

Mit dem Ende der Vorwahlphase richtet sich das Augenmerk nun auf die Parteikongresse und darüber hinaus schon deutlich auf den Hauptwahlkampf.

Beide Kandidaten haben im Moment hohe negative Zustimmungsraten: beide liegen in nationalen Umfragen bei ca. 60 Prozent Ablehnung. Clinton hat mit knapp über 40 Prozent etwas mehr Zustimmung als Trump, der meist knapp unter 40 Prozent liegt.

Eine spannende Frage ist deshalb im Hauptwahlkampf, wie sich die hohen Negativwerte der beiden Kandidaten bei der Entscheidung der Wähler auswirken wird. Wie viele Wähler werden zähneknirschend den eigenen Kandidaten/Kandidatin unterstützen? Wie viele werden aus Protest den anderen Parteikandidaten wählen? Wie viele werden gar nicht wählen? Wie werden sich die Unabhängigen entscheiden – zwischen einer Repräsentantin des ungeliebten politischen Establishments und einem als unberechenbar geltenden Geschäftsmann? Wie kann man die Wähler angesichts dieser Situation mobilisieren?

Dies ist bisher kaum absehbar, und es gibt auch keinen historischen Vergleich. Hillary Clinton hat bei einer Rede in der vergangenen Woche und bei ihrer Siegesrede nach den Vorwahlen am vergangenen Dienstag einige persönliche Angriffe auf Trump darauf getestet, wie sie bei den Wählern verfangen. Sie versucht damit ihre Anhänger zu mobilisieren und gleichzeitig von ihren Schwächen abzulenken. Umgekehrt wird Trump nicht müde, Hillary Clintons Charakter in Frage zu stellen. Da beide davon überzeugt sind, dass diese Strategie bei den Wählern verfangen kann, dürften die scharfen persönlichen Angriffe auch den Hauptwahlkampf andauern und inhaltliche Themen eher überdecken.

Dazu kommt, dass im Hauptwahlkampf die Skandale beider Kandidaten in der Auseinandersetzung noch stärker vom jeweiligen Gegner benutzt werden dürften. Auch das ist wenig geeignet, die Beliebtheitswerte anzuheben.

Die Republikaner setzen so zu einem Teil auf ein Drehbuch, wonach vor allem die Vorstellung einer Präsidentin Clinton die Wähler für Trump mobilisieren und die schlechten Werte ihres eigenen Kandidaten neutralisieren soll. Umgekehrt dürften die Demokraten Wahlkampf auch mit der für viele abschreckenden Vorstellung eines Präsidenten Donald Trump machen.

Besonders beliebt ist bisher keiner der beiden Kandidaten. So wird es für einige Wähler vor allem darum gehen, das geringere Übel zu wählen.

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