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Im Osten nichts Neues

Автор: Torben Stephan, Patrick Rüppel

WAHLEN IN SINGAPUR

Die seit 50 Jahren regierende People's Action Party von Premierminister Lee Hsien Loong gewann auch die 12. Singapurer Parlamentswahl mit Zweidrittelmehrheit. Die im Wahlkampf selbstbewusst aufgetretene Opposition konnte ihre Wahlziele nicht erreichen und musste einen von drei zuvor gewonnenen Wahlkreisen abgeben. Nur sechs Oppositionelle schafften es ins neu gewählte Zwei-Parteien-Parlament.

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Das Ergebnis der 12. Wahl vom 11. September 2015 in Singapur steht fest: Es bleibt alles beim Alten. Vor der Wahl war – je nach Sichtweise – die Hoffnung bzw. Befürchtung groß, dass die seit der Selbstverwaltung 1959 regierende People's Action Party (PAP) zum ersten Mal ihre schon fast in Stein gemeißelte Zweidrittelmehrheit einbüßen könnte. Die PAP verteidigte jedoch alle ihre Wahlkreise aus der Wahl 2011 und gewann im Wahlbezirk Punggol East einen Sitz von der oppositionellen Workers' Party (WP) zurück. Nur zwei Wahlkreise blieben in WP-Hand und einer davon auch nur äußerst knapp.

Die PAP besetzt im neuen Parlament 83 der 89 Sitze. Als einzige erfolgreiche Oppositionspartei schickt die WP sechs direkt gewählte Kandidaten ins Parlament. Zusätzlich erhält die WP drei sogenannte Nicht-Wahlkreisabgeordnete (Non-constituency Member of Parliament; NCMP), die ins Parlament einziehen. Es handelt sich hierbei um Kandidaten der Opposition, die in ihren jeweiligen Wahlkreisen mit dem geringsten prozentualen Stimmenabstand unterlagen. Diese singapurische Besonderheit soll die Debatte im Parlament diversifizieren und die Opposition einbinden. Die NCMPs sind sowohl rede- als auch, mit wenigen Ausnahmen, abstimmungsberechtigt. Im Zusatz erlaubt die Verfassung Nominierte Abgeordnete (Nominated Members of Parliament; NMP). Hierbei handelt es sich nicht um Kandidaten, sondern Fachexperten aus dem öffentlichen Leben, welche im Parlament über Rede- und, abermals mit Ausnahmen, Stimmrecht verfügen. Dieses System soll ebenso die Debatten im Parlament um alternative und unabhängige Stimmen bereichern.

Die PAP baute ihre Zustimmung im gesamten Land aus. Nach für singapurische Verhältnisse schwachen 60,1 Prozent der Gesamtstimmen im Jahr 2011, überzeugte die Partei von Premierminister Lee diesmal 69,9 Prozent der Wähler. Damit bestätigt der prozentuale Stimmenanteil die Zweidrittelmehrheit. Es wäre also falsch zu behaupten, die PAP hätte allein durch das geltende Mehrheitswahlrecht nach Westminster Vorbild oder die geschickte Neuzuschneidung der Wahlkreise diese klare Mehrheit erhalten. Die Wahlkreise werden vor jeder Wahl neu zugeschnitten und diesem Prozess mangelt es noch immer an Transparenz. Jedoch lässt sich durch den starken Stimmenabstand am Wahlabend keine direkte Auswirkung des Wahlrechts auf das Wahlergebnis nachweisen.

Eine weitere Besonderheit des Wahlrechts betrifft die Gruppenwahlkreise (Group Representation Constituencies, GRC). Neben den klassischen Einerwahlkreisen (Single Member Constituencies, SMC) in denen zwei oder mehr Kandidaten um einen Parlamentssitz kämpfen, bestehen diese GRCs aus Gruppen von drei bis sechs Kandidaten pro Partei. Das System hat die Opposition lange benachteiligt, da die Parteien aus Mangel an ausreichenden Kandidaten in einigen Wahlkreisen nicht antreten konnten und die Regierung durch geschickte Verteilung beliebter Minister eine Sogwirkung für den jeweiligen Gruppenwahlkreis erzeugte. Diesess Problem traf in der diesjährigen Wahl allerdings nicht zu, da die Opposition erstmals in der Geschichte in allen Wahlkreisen angetreten war. Insgesamt kämpften acht Oppositionsparteien sowie zwei unabhängige Kandidaten in 29 Wahlkreisen um die Gunst der Wähler. Außerdem wurde die Anzahl der GRCs sowie die Kandidatenanzahl in einer Vielzahl der weiterhin bestehenden Gruppenwahlkreise reduziert.

Auffallend war, die zum Teil unausgewogene Berichterstattung der Medien. Sowohl die Straits Times als auch Channel News Asia hoben insbesondere Fehler der Opposition hervor. Eine ausgewogenere Darstellung lässt sich mittlerweile in diversen Blogs und Internetforen finden. Allerdings zeigen einige dieser bereits das andere Extrem, mit zum Teil haltlosen Unterstellungen gegenüber der Regierung.

Der große Erfolg der PAP ist auf vier Faktoren zurückzuführen:

1)Die Regierung setzte Reformen um

2)Schwäche der Opposition

3)Unsicherheitsfaktor

4)Optimale Festlegung des Wahltermins

Die Ausgangslage

Seit Beginn des Jahres feiert Singapur sein 50-jähriges Bestehen (SG50). Die ohnehin schon glänzenden Fassaden des Stadtstaates wurden weiter herausgeputzt. Nahezu alle Händler bieten entsprechend SG50-Rabatt-Aktionen an und auch von staatlicher Seite gibt es Vergünstigungen wie z.B. einen besonderen Babybonus für in diesem Jahr geborene Kinder. Die South-East-Asian-Games (SEA Games) fanden in Singapur statt und die jährliche Parade zum Nationalfeiertag am 9. August fiel besonders opulent aus. Ganz Singapur schwelgt in einem rot-weißen Taumel aus Nationalgefühl. Ein optimales Spielfeld für die PAP, die zweifelsohne für den wirtschaftlichen Erfolg und die rasante Entwicklung Singapurs verantwortlich ist.

Nicht mehr miterleben konnte die große Feier zum 50. Geburtstag Staatsgründer Lee Kuan Yew, Vater des amtierenden Premierminister Lee Hsien Loong. Der hoch verehrte Staatsgründer Singapurs verstarb am 23. März. Hunderttausende seiner Landsleute standen bis zu neun Stunden in der tropischen Hitze des Stadtstaates an, um ihm ein letztes Mal Respekt zu erweisen. Es war ein Gefühl der Dankbarkeit gegenüber dem Jahrzehnte mit harter Hand regierenden Lee Kuan Yew, der die arme Drittwelt-Stadt Singapur innerhalb von fünf Jahrzehnten wirtschaftlich in ein Erstwelt-Land verwandelt hat. Wer dieses Gefühl verstehen will, muss wissen, dass Lee zwar hart und unnachgiebig war, die Menschen ihm aber abnahmen, dass er dies zum Wohle der Allgemeinheit tat.

Wie unglaublich weit sich Singapur wirtschaftlich, infrastrukturell und ordnungspolitisch von Rest Südostasiens abgesetzt hat, wird jedem klar, der über eine der nahegelegenen Grenzübergänge in Richtung Malaysia fährt. All diese Fortschritte werden noch heute mit der unorthodoxen Politik des Staatsgründers assoziiert, der Singapur mehr wie ein Unternehmen führte.

Dass die Parlamentswahlen ins Jahr 2015 vorgezogen wurden, dürfte deshalb zum Teil auch mit dem Tod Lee Kuan Yews zusammenhängen. Laut Wahlgesetz wäre ein Wahltermin bis Ende 2016 möglich gewesen. Premierminister Lee nutzte aber das Momentum aus patriotischer SG50-Stimmung und Dankbarkeit der Wähler für die Arbeit seines Vaters, indem er die Wahlen nur einen Monat nach dem großen Nationalfeiertag und wenige Tage vor dem Geburtstag des Staatsgründers ansetzte.

Zudem sind seine eigenen Beliebtheitswerte im Volk auf einem Hoch und seine Machtposition innerhalb der PAP gefestigt. Während sein Vater im Sterben lag und der anschließenden Trauerfeiern schaffte es Lee Hsien Loong, die Balance zwischen persönlicher Trauer und staatsmännischem Auftreten zu halten. Seine öffentlichen Ansprachen waren bewegend und mit den Bürgern kommunizierte er vor allem über die sozialen Medien Facebook und Twitter – direkt und persönlich. In dieser Zeit trat er endgültig aus dem Schatten seines Vaters heraus, bewies Management-Qualitäten sowie Empathie für das Volk.

Die Regierung setzte Reformen um

Die Regierung wurde vor und nach den letzten Wahlen massiv für einige Fehlentwicklungen kritisiert; seitdem hat sie eine Vielzahl an Reformen umgesetzt. Die wichtigsten waren folgende:

Der zügige Bau neuer Wohnungen, Eingriffe auf dem Wohnungsmarkt mit dem Ziel der Preissenkung und die Ausweitung des Bus- sowie U-Bahn-Netzes griffen die Kritik an der Infrastruktur auf.

Die zuvor massive Zuwanderung (ca. 40 % der Einwohner Singapurs sind Staatsbürger eines anderen Landes) wurde durch die Anhebung der Kriterien verringert und auch die Ausgabe der 5-jährigen Langzeitaufenthaltsgenehmigungen (Permanent Residence Status) wurde erschwert und selektiver. Im Zuge dessen wurden Maßnahmen eingeführt, welche sicherstellen sollen, dass freie Arbeitsplätze nicht leichtfertig mit vermeintlich billigeren ausländischen Arbeitskräften besetzt werden.

Zugleich führte die Regierung neue Sozialleistungen nur für Staatsbürger ein. Diese betrafen insbesondere die Personen im Rentenalter, welche geholfen haben, dass Land aufzubauen. Zusätzlich wurde das staatliche Krankenkassenmodell ausgebaut und Reformen im Bildungssystem durchgeführt. Dieses fördert nun verstärkt ein lebenslanges Lernen und honoriert nicht-universitäre Abschlüsse.

Dieser Reformwille scheint einige moderate Kritiker überzeugt zu haben und bot der Opposition weniger Angriffsfläche.

Gleichzeitig verwies die PAP darauf, dass diese Wahl nicht nur kurzfristig bedeutend sei. Es ginge um die Wahl und Errichtung der vierten Generation von Führungskräften (Lee ist derzeit der dritte Premierminister), welche bis zu den nächsten Wahlen das Heft des Handelns in die Hand nehmen und dann die Geschicke der nächsten Jahrzehnte bestimmen würden. Diese Hervorhebung der Bedeutung der Wahl 2015 gekoppelt mit Verweisen auf die erfolgten Reformen waren eine gewinnbringende Situation für die Regierungspartei.

Die Opposition konnte nicht überzeugen

Ein weiterer wichtiger Grund für das Wahlergebnis lässt sich in der Schwäche und in Teilen fast Selbstüberschätzung der Opposition ausmachen. Seit Jahren ist eine zunehmende Zersplitterung der Opposition zu beobachten, so dass heute nur noch die Workers‘ Party als ernstzunehmende Konkurrenz betrachtet werden kann. Andere Oppositionsparteien, welche früher im Parlament vertreten waren, haben alle Sitze verloren. Zwar suchten die Parteien vor der Wahl die Koordination und verhinderten so eine Vielzahl an Dreierkämpfen in den Wahlkreisen (mit Ausnahme jener Wahlkreise mit den zwei unabhängigen Kandidaten und eines Einerwahlkreises), aber von einer Kooperation innerhalb der Opposition kann keine Rede sein. Im Gegensatz konnte bei der WP eine gewisse Überheblichkeit ausgemacht werden, nachdem die Partei bei der letzten Wahl 2011 erstmals einen GRC hatte gewinnen können. So gab es ihrerseits, abgesehen eines Treffens, keine Diskussion mit den anderen Oppositionsparteien, sondern die WP bestimmte in welchen Wahlkreisen sie antreten wollte. Die anderen Oppositionsparteien, konnten dann entscheiden, ob sie es auf Dreierwahlkämpfe ankommen lassen wollten oder nicht.

Zusätzlich hatte die WP mit einem Reputationsproblem zu kämpfen. Nach den Erfolgen bei der letzten Wahl und einer Nachwahl innerhalb der Legislaturperiode, legte die Partei drei Town Councils (dies sind die Verwaltungsbehörden der jeweiligen Wahlkreise) zusammen und es kam zu Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung. Für die von Korruption befreiten und an seriöse Rechenschaft gewöhnten Singapurer war dies ein schwerer Vertrauensverlust. Die PAP nutzte diese Situation und legte den Aufmerksamkeitsschwerpunkt immer wieder auf diese Unstimmigkeiten. Dies brachte die WP massiv in die Defensive, aus welcher sie versuchte, sich durch Hervorhebung früherer Fehler des zuständigen PAP-Managements zu befreien. All diese Versuche wurden von der Regierungspartei ausgekontert und die WP hatte merklich Probleme, ihr eigenes Programm ausreichend zu erklären. Durch beide Aspekte verlor die WP an Ansehen und Vertrauen, auch wenn ihre Wahlveranstaltungen weiterhin die mit weitem Abstand bestbesuchten waren.

Andere Oppositionsparteien diskreditierten sich selbst. Die Singapore Democratic Alliance forderte in ihrem Manifest beispielsweise Maßnahmen, welche die Regierung seit der letzten Wahl bereits eingeführt hatte wie unter anderem die Bevorzugung Einheimischer auf dem Arbeitsmarkt oder den schnellen Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs. Kandidaten anderer Parteien bezeichneten während des Wahlkampfes weibliche Kandidaten als Schwäche, da diese sich auf Grund familiärer Verpflichtungen nicht ausreichend auf die Parlamentsarbeit konzentrieren könnten oder waren nicht in der Lage, die Größe der wahlberechtigten Bevölkerung korrekt zu berechnen. Auch die PAP hatte einige Missgeschicke während des Wahlkampfes zu verzeichnen und wurde für ihre persönlichen Attacken auf einzelne Oppositionskandidaten kritisiert. Aber bei einer Opposition, die um Anerkennung ringt, fallen derartige Aussetzer stärker ins Gewicht als bei der regierenden Partei.

Generell hatte die Opposition, abgesehen von den sieben Abgeordneten der Workers‘ Party, eine schwache Sichtbarkeit innerhalb der Legislaturperiode. Während die PAP weiterhin in verlorenen Wahlkreisen aktiv war, konnte dies bei der Opposition nicht erkannt werden. Zwar gab es in den letzten Jahren viele politische Debatten, doch der Opposition misslang es, diese Themen konkret zu besetzen und Alternativen anzubieten. Dieses Wahrnehmungsproblem konnte während des traditionell kurzen Wahlkampfes nicht behoben werden. Obwohl die Parteien zwar seit den ersten Anzeichen einer möglichen baldigen Wahl im Juli aktiv wurden, sind offizielle Wahlkampfveranstaltungen erst zehn Tage vor der Wahl erlaubt.

Zuletzt vermochte die Opposition nicht, ihre jeweiligen Ideen ausreichend und umfänglich zu erläutern. Forderungen nach einem Ausbau des Sozialstaates und der Unterstützung der ärmeren Bevölkerung wurden von der PAP gekonnt mit dem Verweis auf den Finanzierungsbedarf und eine möglicherweise steigende Steuerlast für die Bürger entgegnet. Diese Argumente wurden durch den hochgeachteten und anerkannten Finanzexperten Tharman Shanmugaratnam (stellvertretender Premierminister und bisheriger Finanzminister) leicht verständlich vorgetragen und erhielten somit eine hohe Glaubwürdigkeit.

Unsicherheitsfaktor

Große Teile der Wähler kritisierten die PAP-Regierung in den letzten Jahren harsch. Dies klingt angesichts des Wahlergebnisses überraschend. Trotzdem werden viele Entscheidungen der Regierung heftig diskutiert und die politischen Debatten gewannen an Intensität. Vor allem die hohen Mietpreise, die enormen Kosten für ein Auto, die Ausfälle der U-Bahn, die hohen Lebenshaltungskosten und die Bevölkerungspolitik, aber auch das von den Wählern häufig als zu abgehoben angesehene Handeln der PAP sind immer wieder Stein des Anstoßes. Während die Kritik in der Öffentlichkeit auf Grund eines eng definierten Versammlungs- sowie Demonstrationsrechts oft nur im kleinen Kreis geäußert wird, entlädt sie sich im Internet vollends. Im Schatten der Anonymität kritisieren Personen die Regierung heftig, diskreditieren sie und entwickeln zum Teil abstruse Verschwörungstheorien.

Deshalb galt es vor der Wahl als wahrscheinlich, dass die Opposition Stimmenanteile und sogar Wahlkreise hinzugewinnen würde. Selbst innerhalb der PAP rechneten viele damit. Die Nervosität war den PAP-Kandidaten deutlich anzumerken. Dabei wäre selbst durch die potenziellen Zugewinne der Opposition die Zweidrittelmehrheit nicht ernsthaft in Gefahr gewesen. Spitzenkandidat Lee Hsien Loong ließ sich in seinen Wahlkampfreden trotzdem dazu verleiten, die Menschen darauf hinzuweisen, dass sie in ihr eigenes Verderben laufen würden, wenn die PAP nicht mehr die Regierung stelle. Er verwies mehrfach auf die Zustände in Malaysia, Thailand und Indonesien sowie auf die Gefahren, die von seinen Nachbarn auf Singapur ausgehen. Wie in jeder Krisenzeit, profitierte die Regierung generell von den politischen Verwerfungen und den damit einhergehenden ökonomischen Folgen in der direkten Nachbarschaft.

Dass selbst die PAP offen Verluste befürchtete, nährte diese Angst mit Näherrücken des Wahltermins und sorgte zunehmende für Verunsicherung in weiten Teilen der Bevölkerung. Es machte sich die Sorge breit, die als regierungsunfähig eingestufte Opposition könnte zu stark werden. Seit den Wahlen 2011 war ein Sieg der Opposition in den wichtigen GRCs nicht mehr utopisch. Mit der Wahlniederlage des beliebten Außenministers George Yeo im Jahr 2011 waren selbst politische Schwergewichte für die Opposition nicht mehr unschlagbar. Viele hatten auch noch gut in Erinnerung, dass die WP zusätzlich bei der Nachwahl in Punggol East erfolgreich war, wodurch sie auf die bis dato maximale Anzahl von sieben gewählten Abgeordneten kam. Da die Opposition 2015 erstmals in allen Wahlkreisen antrat, verstärkte sich der Eindruck, dass sie auf dem Vormarsch sei. Dies erzeugte bei vielen Wählern die Sorge, die PAP könnte durch eine zu starke Opposition an Gestaltungsmöglichkeiten im Parlament verlieren. Das Paradoxe an dieser Situation ist: Hätte die Opposition weniger als 50 Prozent der Sitze kontestiert und sich auf die Verteidigung der gewonnen Wahlkreise sowie den Machtausbau in einigen aussichtsreicheren Bezirken konzentriert, wäre das Ergebnis aus ihrer Sicht unter Umständen positiver ausgefallen, da kein Machtverlust der PAP zu befürchten gewesen wäre.

Die ganze Stadt sprach zunehmend über die Chancen der selbstbewusst auftretenden Opposition. Allem Anschein nach trauten die Wähler der Opposition aber nicht zu, wirklich politische Verantwortung zu übernehmen. Die Opposition selbst betonte während des Wahlkampfes mehrfach, dass sie nicht anstrebe, die Regierung und Verantwortung zu übernehmen. Es liegt die Vermutung nahe, dass selbst mit der PAP unzufriedene Wähler am Ende der Partei ihre Stimme gegeben haben, in der Annahme, dass die komplette Nachbarschaft ohnehin die Opposition wähle. Es wurde deutlich, dass sich viele Wähler zwar eine ernstzunehmende Opposition in der parlamentarischen Kontrolle wünschen, aber die PAP weiterhin in der Regierung sehen möchten. Dies wurde durch die angesprochene Verunsicherung sowie die Wahl der zukünftigen Führungsriege zusätzlich verstärkt. Bisher hatte die Partei immer für die Sicherheit der Bürger und wirtschaftliches Wachstum gesorgt. Viele waren nicht bereit, diese Sicherheit für das hehre Ziel des Mehr an politischer Debatte im Parlament zu riskieren.

Ausblick

Wie lässt sich der unerwartete Stimmengewinn der Regierung nun in der Realität interpretieren? Sicherlich hat die PAP von einer einmaligen Situation profitiert und es ist fraglich, ob ohne den zeitlichen Zusammenfall der vier miteinander verbundenen Gründe dieses Ergebnis möglich gewesen wäre. Zwei Wochen nach der Wahl hat Premierminister Lee nun sein neues Kabinett vorgestellt und massive Veränderungen vorgenommen. Diese betreffen nicht nur die Verteilung und den Zuschnitt der Ministerien, sondern die auffallend starke Einbindung jüngerer Abgeordneter. Das Kabinett verfügt über eine handvoll an potenziellen Nachfolgekandidaten wie lokale Analysten vorherzusagen wagen und es dürfte spannend werden, wie sich diese im Konzert der alten Kräfte etablieren und entfalten dürfen. Schließlich hatte Premierminister Lee eine Transition innerhalb dieser Legislaturperiode angedeutet.

Die Opposition hingegen muss sich nach diesem für sie enttäuschenden Ergebnis neu sortieren. Einen Stimmenverlust in absoluten Zahlen hinnehmen zu müssen, darf als klare Niederlage interpretiert werden.

Ebenso wird es interessant sein, zu beobachten, ob die PAP am derzeitigen Reformwillen festhält und weiterhin aktiv auf die Kritik aus der Bevölkerung eingeht, nachdem das Ergebnis entgegen des vorherigen Trends ausfiel.

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