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Mid-Term-Wahlen in den Philippinen

Автор: Prof. Dr. Stefan Jost

Die Mega-Wahlen in den Philippinen waren auch ein Referendum über Staatspräsdident Duterte zur Mitte seiner Amtszeit

Zur Mitte der sechsjährigen Amtszeit von Staatspräsident Rodrigo Duterte fanden in den Philippinen Megawahlen statt, knapp 20 000 Ämter und Mandate auf kommunaler, regionaler und nationaler Ebene waren zu vergeben. Allgemein wurden diese Wahlen als Referendum über den vor allem international umstrittenen Präsidenten angesehen. Von besonderer Bedeutung war die Wahl von 12 neuen Senatoren.

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Megawahlen – auch eine Abstimmung über Duterte

Die turnusgemäß anstehenden Midtermwahlen umfassten mit Ausnahme von 12 verbleibenden Senatoren (der Senat wird alle drei Jahre jeweils zur Hälfte erneuert) alle anderen politischen Ämter und Mandate in dem über 7000 Inseln und rund 107 Millionen Menschen zählenden Land. Knapp 62 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen, rund 20 000 Ämter und Mandate für die nächsten drei bis sechs Jahre zu vergeben.

 

Position Anzahl
Senat 12
Parteien-Liste[1] 61
Abgeordnetenhaus 243
Gouverneur 81
Vize-Gouverneur 81
Provinzparlament 778
Bürgermeister 145
Vize-Bürgermeister 145
Stadträte 1 628
Ortsbürgermeister 1 634
Vize-Ortsbürgermeister 1 634
Gemeinderäte 13 542

Das nationale Interesse fokussierte sich jedoch weitgehend auf die Senatswahlen. Im ZweiKammer-System der Philippinen ist der Senat ohne Zweifel die mächtigste Kammer, das vorrangige Interesse eines Staatspräsidenten ist es daher, als Mindestvoraussetzung eine Sperrminorität im Senat zu verhindern, besser noch, eine eigene Mehrheit zu erreichen.

Es bestand von Beginn an kein Zweifel darüber, dass diese Midterm-Wahlen in allererster Linie als Referendum über den Mann gelten würden, dessen Name auf keinem Stimmzettel stand: Staatspräsident Rodrigo Duterte.

Dass dies die Strategie der Regierungsparteien war darf nicht überraschen. Auf einem ganz andern Blatt steht, dass die an sich schon nicht gerade starke Opposition, allen voran die Liberale Partei in dem Oppositionsbündnis „Otso Diretso“, diese Strategie ebenfalls verfolgt hat. Ohne Zweifel der strategische Kardinalfehler der Oppositionskampagne.

Denn, man mag Duterte mögen oder nicht, und international steht er vor allem wegen seines „war on drugs“ und der damit verbundenen „extrajudicial-killings“ in schöner Regelmäßigkeit unter Beschuss, festzustellen ist: Duterte ist ein Phänomen. Sprich: Er kann mehr oder weniger alles machen wozu und in welcher Form er gerade Lust und Laune hat, es schadet ihm politisch nicht.

Ob es seine, dem philippinischen Höflichkeitsverständnis nicht gerade entsprechenden Ausdrücke oder seine sexistischen Sprüche oder Verhaltensweisen sind, ob es sich um seine nur noch als maßlos zu bezeichnenden und in regelmäßigen Abständen erfolgenden Attacken gegenüber der katholischen Kirche und ihren Amtsträgern (auch Gott selbst blieb nicht verschont) handelt, und dies in einer überwiegend katholischen und massiv auch praktizierenden Bevölkerung, oder ob es um seine China-Politik geht, die auf breite Ablehnung in der politischen Klasse und der Bevölkerung stößt. Ob es um seinen Umgang mit Kritikern in Politik, Rechtsprechung oder Medien geht, um seine regelmäßig erhobenen Vorwürfe, man plane ein Komplott gegen ihn, ob er Listen mit Drogenverdächtigen veröffentlicht, ob gegen ihn und seine Familie Vorwürfe der Verstrickung in Drogengeschäfte erhoben werden: Die politische Teflon-Schicht hat bis heute alles abperlen lassen.

Da die gesamtwirtschaftliche Entwicklung durchaus positiv ist, und Duterte sich beispielsweise durch die Schließung des Touristenziels Boracay wegen Umweltproblemen oder die Inangriffnahme der Säuberung der Manila Bay in der Hauptstadt als zupackender Politiker präsentiert, der sich auch um diese Dinge kümmert, schadet es ihm auch nicht, wenn er sich nach einem Staatsbesuch in China eine Woche komplett zurückzieht und zum Beweis, dass es ihm gut geht, ein Bild von sich postet, das ihn auf dem Bett liegend und Netflix sehend zeigt.

Akzeptanzhoch des Präsidenten

Dies spiegelt sich auch in allen Umfragen wieder.

Duterte vermochte in seinen ersten drei Jahren durchgängig eine erstaunliche Zustimmungsrate zu erzielen. Die niedrigste Zustimmungsrate, nach Pulse Asia, betrug im September 2018 75%. Sein Wert im März 2019 lag bei 81%. Auch die Zufriedenheit mit der Arbeit der Regierung als solcher, die durchaus Ausschläge zu verzeichnen hat, lag im März 2019 bei 72% (so Social Weather Stations).

Der angesprochene Kardinalfehler der Opposition lag daher neben einer vielfach als elitär und arrogant empfundenen Haltung vor allem darin, ihre Kampagne gegen einen Präsidenten zu richten, an dem alles abprallt, der alles darstellt, außer einem wahlkampftauglichen Sparringspartner.

Der Wahlkampf selbst brachte für die Philippinos wenige Überraschungen. In hohem Masse personalisiert, von Loyalitätslinien durchzogen, einem starken Einfluss der „political dynasties“, d.h. von Familien, deren Mitglieder über die Generationen hindurch auf vielen Ebenen das politische Geschehen dominieren sowie der übliche Stimmenkauf. Letzterer durch niemand anderen als Präsident Duterte selbst als „integraler Bestandteil“ der politischen Kultur charakterisiert.

„Endorsement“ und die „magischen 12“

Vor dem Hintergrund der unangefochtenen Stellung des Staatspräsidenten ist es nicht verwunderlich, dass zwei Interessen konvergierten. Zum einen das von zahlreichen Kandidaten, die in einem „endorsement“ von Duterte, d.h. seiner offiziellen Unterstützung für ihren Wahlkampf, bereits die halbe Miete für ihren Erfolg sahen. Zum anderen das Interesse von Duterte, sich durch dieses endorsement nicht nur in der Zukunft einlösbare politische Loyalitäten, sondern in der Gegenwart ganz konkret relevante Positionen und Unterstützung zu sichern.

Von diesem „Endorsement“ machten sowohl Duterte selbst, in den Philippinen ist die Wahlkampfbeteiligung des Präsidenten nicht verboten, aber auch die Koalition seiner Tochter, eine Wahlkoalition aus regionalen, aber auch nationalen Parteien („Hugpong sa Tawong Lungsod“ (Englisch: People of the Town's Party), im Sinne einer gezielten Doppelstrategie sehr intensiv Gebrauch. Duterte zeichnete einige der Senatorenkandidaten höchstpersönlich als seine Präferenzkandidaten aus, ebenso, in breiterem Umfang, die Koalition seiner Tochter Sara.

Diese Strategie ging weitgehend auf, zumindest auf der Ebene der Senatswahlen und der neu zu wählenden „magischen 12“. Wobei eine „Erneuerung“ nur begrenzt vorliegt. Von den 12 gewählten Senatoren sind 5 wiedergewählt worden, drei waren in einer früheren Periode bereits Senatoren und lediglich vier sind erstmals im Senat vertreten. Alle vier jedoch ausdrücklich von Duterte unterstützt und absolut Duterteorientiert. Die Opposition konnte keinen der 12 zu vergebenden Sitze erringen und ist daher nur noch mit vier von 24 Senatoren vertreten, davon eine Senatorin in Untersuchungshaft. Nach Einschätzung von Experten kann sich Duterte auf die bedingungslose Unterstützung von zehn Senatoren verlassen, während die restlichen 10 Senatoren als „mehr oder weniger unabhängig“ gelten, sich selbst aber nicht der Opposition zurechnen.

Die Ergebnisse auf der regionalen und lokalen Ebene sind, soweit aktuell bekannt, durchaus differenziert zu betrachten. So ist es beispielsweise der Familie Duterte in Davao nicht gelungen alle ihre Kandidaten durchzusetzen.

Trotz einiger beachtlicher Wahlniederlagen teilweise jahrzehntelang herrschender political dynasties wie z.B. der des ehemaligen Staatspräsidenten und amtierenden Bürgermeisters von Manila, Estrada, besteht kein Anlass, einen vorzeitigen Abgesang auf dieses dominierende Strukturprinzip philippinischer Politik anzustimmen.

Von 24 Senatoren werden mindestens 12 verschiedenen Dynastien zugerechnet, eine Analyse der Abgeordnetenkammer und der regionalen Ebene wird erst in einigen Monaten vorliegen. Zudem stellt sich die Frage, ob in vielen Fällen nicht nur eine Dynastie durch eine andere bestehende oder im Entstehen begriffene ersetzt wurde.

Konsequenzen und Ausblick

​​​​​​​Die Konsequenzen dieser Wahlen lassen sich für die nationale Ebene im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

1. Diese Wahlergebnisse, so differenziert sie je nach Ebene und Ausgang zu interpretieren sind, werden in der philippinischen Gesamtbewertung als umfassender Erfolg, ja „Erdrutschsieg“ für Präsident Duterte wahrgenommen. Dies gilt für die Regierungsparteien, die Opposition, die Medien und die breite Bevölkerung.

2. Die Bedeutung dieser Wahlen ist daher letztlich nicht an einzelnen Ergebnissen und Zahlen festzumachen, die zu einer durchaus differenzierten Bewertung führen könn(t)en, sondern am psychologisch relevanten Gesamteindruck, den sie hinterlassen haben.

3. Dies wird dazu führen, dass sich Präsident Duterte, der auch bisher nicht den Eindruck vermittelte, an seiner Linie den geringsten Selbstzweifel zu hegen oder sich gar durch nationale und schon gar nicht durch internationale Kritik aus der Ruhe bringen zu lassen, mit gestärktem Selbstbewusstsein das umzusetzen, was er für richtig hält. Es ist nicht zu erwarten, dass sich nach diesen Midtermwahlen das „lame-duck–Syndrom“ zeigen wird.

4. Worauf Duterte seine Schwerpunkte legen wird bleibt zumindest teilweise abzuwarten. Er wird mit Sicherheit seinen „war on drugs“ mit unverminderter Härte weiterführen. Ob die Einführung der Todesstrafe und die Herabsetzung des Strafbarkeitsalters auf 12 Jahre wieder aufgegriffen werden ist offen.

Mit dem Fortschritt der Korruptionsbekämpfung ist er eingestandenermaßen selbst unzufrieden. Nicht auszuschließen, dass er hier zu drastischeren Mitteln greifen wird. Der Friedensprozess in der überwiegend muslimisch bevölkerten Bangsamoro–Region, die 2019 nach einem Referendum eine weitgehende Autonomie erhalten hat, stellt in der Praxis eine immense Herausforderung für alle Beteiligten dar, da die ersten Wahlen für deren Regierung 2021 stattfinden sollen und niemand einzuschätzen vermag, ob bis dahin die zentralen Aufgaben der Übergangskommission abgearbeitet werdenkönnen. Duterte war diese Autonomie ein besonderes Anliegen und er dürfte alles daransetzen, diesen Prozess nicht scheitern zu lassen.

Abzuwarten bleibt schließlich, ob und mit welcher Verve Duterte sein Vorhaben, das politische System in ein föderalistisches umzuwandeln, weiterverfolgen wird. Die bisherige Debatte hat gezeigt, wie sensibel dieses wirtschaftliche und politische Interessen tangierende Vorhaben ist.

National wie für das internationale Beziehungsgeflecht interessant wird sein, wie stark Duterte die Annäherung an China, die in den Philippinen äußerst misstrauisch und ablehnend verfolgt wird, weiter betreiben wird.

5. Widerstand aus den Institutionen wird Duterte kaum zu gewärtigen haben. Das Abgeordnetenhaus war bereits in den ersten drei Jahren seiner Amtszeit auf der Linie des Präsidenten. Dies ist zum einen auf die politische Kultur der Philippinen zurückzuführen, in denen es zwar Hunderte von politischen Parteien, aber kein stabiles Parteiensystem als solches gibt. Der Wechsel von einer Partei zur anderen nach den Wahlen, die sog. „butterflies“ unter den Politikern, hat Tradition und wird vom Wähler nicht bestraft. Zudem sind die Abgeordneten, die vor Ort Erfolge aufweisen müssen, über die Haushaltszuteilungen sehr viel stärker an das Wohlwollen der Exekutive gebunden als die ohne Wahlkreisverankerung agierenden Senatoren. Im Abgeordnetenhaus verfügt die Regierung nach jetzigem Stand über mindestens 195 der 245 Sitze, die Zuordnung der weiteren 61 Party-List-Mandate ist noch nicht abgeschlossen, in jedem Falle aber über eine komfortable Mehrheit.

Der Senat gilt nun zwar traditionell als etwas unabhängiger, nicht zuletzt deshalb, weil er als Reservoir all derjenigen angesehen wird, die sich für „präsidiabel“ halten und von daher nicht von vornherein als Befehlsempfänger des amtierendenStaatspräsidenten gelten wollen. Bis auf den Widerstand gegen die Einführung des Föderalismus in der letzten Wahlperiode hatte sich der Senat aber auch in den ersten drei Jahren der Duterte-Regierung nicht unbedingt als Hort des Widerstandes zu erkennen gegeben. Angesichts der zahlenmäßigen Schwächung der Opposition und des Einzugs von einigen neuen absolut Duterte-treuen Senatoren dürfte Duterte mit dem neuen Senat eher leichteres Spiel haben als bisher. Ob er dies beispielsweise zur Absetzung seiner ungeliebten Vize-Präsidentin nutzen wird bleibt abzuwarten [2].

Alle Reformvorhaben jedoch, die, und das könnte je nach Ausgestaltung auch die Föderalismusdebatte betreffen, an die zentralen Nervenstränge philippinischer Politikstrukturen wie bspw. die „political dynasties“ rühren, dürften auch mit diesem Senat zum Scheitern verurteilt sein.

6. Von der nach diesen Wahlen parlamentarisch nur noch rudimentär existierenden Opposition hat Duterte auf absehbare Zeit nichts zu befürchten. Die Neuaufstellung mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen 2022 stellt die große Herausforderung dar.

7. Das einzige, was nach jetzigem Stand Duterte beeinträchtigen könnte, sind eine schlechtere Wirtschaftsentwicklung oder, und dies ist die große, immer mal wieder diskutierte Unbekannte der vergangenen Jahre, eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes.

8. Auch wenn es noch zu früh ist, sich mit Blick auf die Kandidatensituation und die Aussichten für die Präsidentschaftswahlen 2022 in allzu viele Spekulationen zu verlieren, ist folgendes festzuhalten: Duterte hat mit diesem Wahlergebnis und dem damit vermittelten Gesamteindruck die besten Voraussetzungen dafür geschaffen, bei der Frage seiner Nachfolge ein ernstes Wörtchen mitreden zu können. Die Tatsache, dass seine Tochter, wiedergewählte Bürgermeisterin von Davao und Schmiedin einer erfolgreichenMehrparteienkoalition für diese Wahlen, es abgelehnt hat, für einen Senatsposten zu kandidieren, wird immer weniger als dauerhafte Absage an eine nationale Karriere verstanden. Ihr Vater ist das beste Beispiel dafür, dass sogar bis dato unbekannte Kommunalpolitiker mit outsider-Qualitäten auf nationaler Ebene reussieren können. Es sollte nicht verwundern, wenn eine neue political dynasty im Entstehen begriffen ist.

Und wer weiß, vielleicht ist dies der letzte Länderbericht aus den Philippinen. Präsident Duterte hat seit seinem Amtsantritt bereitsmehrfach den vom ehemaligen Diktator Ferdinand Marcos gemachten Vorschlag aufgegriffen, die Philippinen in „Maharlika“ umzubenennen. Damit könne die Abkehr von der kolonialistischen Vergangenheit, die Philippinen erhielten ihren Namen von den spanischen Entdeckern zu Ehren des spanischen Königs Philipp II., deutlich gemacht werden [3]. Man wird sehen, worin die Prioritäten der nächsten drei Jahre liegen werden.

[1]„Party-List“- Mandate sind eine besondere Ausformung des Wahlrechts, diesen Parteien stehen ab 2% Stimmen eine gewisse Anzahl von Sitzen (max.3) zur Verfügung, während die restlichen Abgeordneten in Wahlkreisen gewählt werden.

[2] Staats- und Vize-Präsident werden in den Philippinen getrennt gewählt, so dass es, wie aktuell der Fall, möglich ist, dass beide verschiedenen Parteien angehören. Die VizePräsidentin gehört der oppositionellen Liberalen Partei an.

[3] Dass die Experten darüber streiten, welche Bedeutung „Maharlika“ hat, die Auffassungen gehen von „serenity and peace“, „nobility“ über „nobly created“ bis zu „warrior class“, dürfte politisch im Fall des Falles aber wohl nur eine sekundäre Rolle spielen.​​​​​​​

 

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