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Regierungsbildung in Schweden – Sozialdemokraten und Grüne bilden Minderheitsregierung

Автор: Corinna Röver, Norbert Beckmann-Dierkes

Stefan Löfven zum neuen Ministerpräsidenten gewählt - Haushalt wird zur Zitterpartie

Am 30. September nahm der neue schwedische Reichstag seine Arbeit auf. Der Sozialdemokrat Stefan Löfven wurde am 3. Oktober zum Ministerpräsidenten gewählt und führt nun gemeinsam mit den Grünen eine Minderheitsregierung, die wiederholt auf die Unterstützung der bürgerlichen Allianz angewiesen sein wird.

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Alle Parteien, so betonte Löfven während der Koalitionsverhandlungen immer wieder, hätten die Aufgabe, über Blockgrenzen hinweg nach gemeinsamen Lösungen und Einigungen zu suchen. Gemeint war damit vor allem, eine Regierung ohne den Einfluss der rechtspopulistischen Schwedendemokraten zu ermöglichen, die mit 49 Sitzen im Parlament die drittstärkste Partei stellen – und eine Mehrheit sowohl für Sozialdemokraten als auch den bürgerlichen Block unmöglich machen. Die rot-grüne Koalition verfügt gemeinsam über 138 Sitze und ist selbst mit den 21 Stimmen der Linkspartei (Vänsterpartiet) von einer Mehrheit weit entfernt. Die Linken schloss Löfven bereits früh von den Koalitionsverhandlungen aus: Zum einen, weil sie die vielbeschworenen – und für die Minderheitsregierung überlebenswichtigen - blocküberschreitenden Einigungen mit den vier bürgerlichen Parteien (die so genannte „Allianz“ aus Moderaterna, Centerpartiet, Folkpartiet und Kristdemokraterna mit insgesamt 141 Sitzen) gefährden könnten. Zum anderen, weil die Vänsterpartiet nicht von ihrer strikten Forderung, die Erwirtschaftung von Profit im sozialen Sektor zu verbieten, abweicht.

In der Folge enthielten sich am 3. Oktober sowohl bürgerliche Allianz als auch Linke bei der Wahl zum Regierungschef ihrer Stimmen, während die Schwedendemokraten geschlossen gegen Löfven stimmten. Bei 154 Enthaltungen und 49 Gegenstimmen wählten somit 132 Abgeordnete den ehemaligen Gewerkschafter Löfven zum neuen Regierungschef.

Die Schlüsselposten im neuen Kabinett sind fest in der Hand der Sozialdemokraten: Neuer Verteidigungsminister ist Peter Hultqvist, das Finanzministerium untersteht in Zukunft Magdalena Andersson. Innenminister ist der ebenfalls sozialdemokratische Anders Ygeman. Die ehemalige EU-Kommissarin Margot Wallström hat als neue Außenministerin künftig unter anderem die Aufgabe, die kontrovers diskutierte Anerkennung des Staates Palästinas durch Schweden umzusetzen, die Ende Oktober verkündet wurde.

Von den 24 Ministerposten in Löfvens Kabinett werden sechs von den Grünen besetzt: Grünenvorsitzende Åsa Romson ist neue Umweltministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin, Bildungsminister wird der Grüne Gustav Fridolin. Als große Überraschung im Kabinett Löfven gilt Alice Bah Kuhnke, die für die Grünen das Amt der Kulturministerin bekleidet. Die Hälfte der Ministerien wird von Frauen geleitet.

Ein Hauptanliegen der Sozialdemokraten ist es, Schweden bis 2020 zum EU-Land mit der geringsten Arbeitslosenquote zu machen. Im Gegenzug sicherten sie den Grünen die Entwicklung eines klimapolitisches Rahmenprogramms zu – ob dies zu einem beschleunigten Atomausstieg führt und wie die viel diskutierte Energiepolitik künftig gestaltet wird, ist aufgrund vieler unentschiedener Einzelfragen noch offen. Klarer sind hingegen andere Zugeständnisse, die beide Koalitionspartner machen mussten: So wird die von den Grünen und der Allianz vereinbarte liberale Einwanderungspolitik fortgesetzt, Flüchtlingsquoten könnten in Zukunft weiter erhöht werden. Im Gegenzug müssen die Grünen eine Aufstockung der Verteidigungsausgaben und die Anschaffung von JAS-Kampfflugzeugen und neuen U-Booten hinnehmen. Weitere Streitpunkte sind unter anderem Steuerfragen, Arbeitszeit- und Lohnregelungen, Lehrergehälter und die Einführung des obligatorischen Gymnasiums.

Kurz nach der Wahl am 14. September hatte Löfven angekündigt, über Blockgrenzen hinweg verhandeln zu wollen – auch um eine Minderheitenregierung auf solch wackeligen Beinen, auf denen sie heute steht, zu verhindern. Durch Fredrik Reinfeldts Rücktritt vom Parteivorsitz der Moderaterna nach der Wahlniederlage schien ein Aufbrechen des bürgerlichen Blocks für kurze Zeit möglich. Doch die Vorsitzende der Zentrumspartei, Annie Lööf, erteilte Löfvens Gesprächsangebot schnell eine klare Absage und trug somit zur Aufrechterhaltung der bürgerlichen „Allianz“ bei.

Die nächste große Herausforderung für das Parlament wird die Verabschiedung des Budgetrahmens, die für den 3. Dezember angesetzt ist. Hitzige Diskussionen gibt es bereits jetzt: Die Schwedendemokraten drohen, das Budget der Regierung zu kippen, indem sie für den Haushaltsentwurf der bürgerlichen Allianz stimmen. Damit brächen sie mit der gängigen Praxis: Traditionell legen die Oppositionsparteien ihre Schattenbudgets vor und stimmen für den eigenen Budgetvorschlag. Die Rechtspopulisten erwägen nach eigener Aussage aber die Unterstützung des Allianz-Budgets, sofern es geringe Ausgaben für die Bereiche Migration und Integration vorsieht als das Regierungsbudget.

Das Vorhaben, die Regierung auf diese Weise zu Fall zu bringen, und eine etwaige Unterstützung durch die Schwedendemokraten stößt bei den bürgerlichen Parteien auf wenig Gegenliebe. Zentrums-Vorsitzende Annie Lööf fand erneut deutliche Worte: Sie kündigte an, rechtliche Schritte gegen die Rechtspopulisten prüfen zu lassen, sollten diese tatsächlich mit der traditionellen Abstimmungshandhabung brechen: „Die Praxis, für das Budget der eigenen Partei zu stimmen, gilt seit den 1990er Jahren. Wir gehen davon aus, dass die Schwedendemokraten sich daran halten – der Reichstag ist kein Spielzimmer.“ Grundsätzlich signalisieren die bürgerlichen Parteien ihre Bereitschaft, der Regierung von Fall zu Fall ihre Zustimmung zu gewähren. So könnten die Schwedendemokraten weiterhin politisch isoliert und ohne Einfluss auf die Regierungsarbeit bleiben. Das Budget stellt dennoch einen besonders heiklen Verhandlungspunkt dar.

Die Allianz kündigte ihrerseits an, über das Budget als Ganzes abstimmen und nicht einzelne Vorschläge herauslösen zu wollen. Nach einem Budgetstreit im vergangenen Herbst beschloss die damalige Opposition – darunter auch die Sozialdemokraten - über Teile des Regierungsbudgets gesondert zu entscheiden, einzelne Vorschläge abzulehnen und somit das Budget in seine Einzelteile aufzubrechen. Auf diese Vorgehensweise wollen die bürgerlichen Parteien nach eigener Aussage verzichten. Über einzelne Aspekte des Budgets könnte noch bis zum 18. Dezember verhandelt werden.

Findet das Budget der Regierung keine Zustimmung, befände sie sich schon im kommenden Dezember in der ersten Regierungskrise. Im Falle einer Ablehnung des Regierungsbudgets käme es zum ersten Mal seit 1958 zu Neuwahlen – es bleibt abzuwarten, ob die Opposition diesen Weg gehen will.

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