Miksch, Leonhard
Miksch, Leonhard
geb. am 20. Mai 2901, gest. am 12 November 1950
Wenn der Begriff Ordoliberalismus oder Freiburger Schule fällt, wird er vor allem mit den Namen Walter Eucken, Franz Böhm und Alfred Müller Armack verbunden, die mit Recht zu den exponiertesten Vertretern dieser wirtschaftspolitischen Konzeption zählen. Bedauerlicherweise wird in diesem Zusammenhang aber häufig der Name Leonhard Miksch übersehen, der – obwohl früh verstorben – sowohl in seiner Funktion als Hochschullehrer als auch als praktischer Wirtschaftspolitiker wertvolle Aufbauhilfe für die noch ganz junge Bundesrepublik leistete.
Miksch unterscheidet sich in seinem
Werdegang wesentlich von seinen
ordoliberalen Mitstreitern. Nach einem
anfänglichen Studium der Chemie
sattelt er auf die Nationalökonomie
um und erwirbt 1926 in Tübingen
den Abschluss in Volkswirtschaftslehre,
drei Jahre später den
Promotionsgrad. Doktorvater ist Walter
Eucken, der Miksch noch lange
freundschaftlich verbunden war. Anstatt
aber die akademische Laufbahn
einzuschlagen, wird er 1929 Journalist
bei der Frankfurter Zeitung, der
er bis zu ihrem Verbot durch die Nationalsozialisten
1943 als Leiter der
Wirtschaftsredaktion treu bleibt. Seine
journalistische Karriere hindert ihn
nicht daran, 1937 sein Hauptwerk mit
dem Titel „Wettbewerb als Aufgabe –
Grundsätze einer Wettbewerbsordnung“
zu verfassen, das nachträglich
als Habilitationsschrift eingereicht
wird.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges
engagiert sich Miksch für
den wirtschaftlichen Wiederaufbau
Deutschlands und arbeitet bis zu seiner
1949 erfolgten Berufung an
die Wirtschaftshochschule Mannheim
und die Universität Freiburg i. Br. als
Referatsleiter in der Verwaltung für
Wirtschaft in Frankfurt. Während dieser
Zeit sollte er zu einem der wichtigsten
Vertrauten und Berater Ludwig Erhards werden. Miksch ist es
zu verdanken, dass die Währungsreform
von 1948 in einen adäquaten
ordnungspolitischen Rahmen eingebettet
und somit erst ein Erfolg wird.
Denn das sogenannte „Leitsätzegesetz“,
mit dem Erhard parallel zur
Währungsumstellung die Preiskontrollen
aufhebt und eine freie Wettbewerbsordnung
erst ermöglicht, wird
zu großen Teilen von Miksch verfasst. Am 19. September 1950 stirbt
er, nur sechs Monate nach seinem
großen Förderer und Freund Walter
Eucken in Freiburg i. Br.
Wie bereits erwähnt steht Miksch
eindeutig in der ordoliberalen Tradition
der Freiburger Schule. Genau wie
Eucken oder Böhm propagiert er somit
keine Wettbewerbspolitik des
„Laisser-faire“, also eine Politik, die
keinen Einfluss auf wirtschaftliche
Abläufe zu nehmen versucht. Stattdessen
entwickelt er eine Art „Faustregel“,
anhand der bestimmten
Marktformen eine adäquate Marktverfassung,
also ein staatlicherseits
durchgesetztes Regelwerk, zugeordnet
werden kann. Folglich wäre ein
Monopol einer staatlichen Lenkung
zu unterwerfen, während die Marktform
der vollständigen Konkurrenz
keiner weiteren Eingriffe bedarf.
Dieses Festlegen von Rahmenbedingungen
bezeichnet Miksch als äußere Koordination. Das methodische
Gegenstück dazu stellt die innere Koordination
dar. Während die innere
Koordination auf Freiwilligkeit und
gegenseitigen Nutzenerwägungen der
Marktteilnehmer basiert, ist die äußere
Koordination immer ein Ausdruck
von Macht. Um zu verhindern, dass
diese Macht zu privater Willkür ausartet,
etwa durch Monopole, hat
Miksch das Leitbild des „Wettbewerb-als-ob“ entwickelt. Ziel der Wettbewerbspolitik
müsse es sein, durch angemessene
regulierende Maßnahmen
ein Marktergebnis zu erzeugen, das
dem bei Wettbewerb entspricht. Somit
fordert Miksch weder ein Per-se-Verbot noch die Verstaatlichung von
Monopolen, sondern befürwortet eine
anreizorientierte staatliche Regulierung
wie sie zum Beispiel heute
implizit bei der Regulierungsbehörde
für Post und Telekommunikation
auch verfolgt wird.
Staatliche Willkür könne dagegen
durch demokratische Mehrheitsentscheidungen
eingedämmt werden.
Miksch kommt sogar zu dem Schluss,
dass Demokratie und Marktwirtschaft
in einem gegenseitigen Wechselverhältnis
stehen. Eine freiheitliche Wirtschaftsordnung
setze ein stabiles demokratisches
System voraus, während
eine marktwirtschaftlich orientierte
Wirtschaftsordnung eine
„Diktatur der Bürokratie“ zu vermeiden
helfe und somit die Demokratie
stärke.
Wissenschaftlicher Werdegang
1920-26 Studium der Chemie und der Nationalökonomie in Prag und Tübingen. 1929 Promotion zum Dr. rer. pol. an der Universität Tübingen. 1937 Habilitation. 1949 Professur an der Staatlichen Wirtschaftshochschule Mannheim und der Universität Freiburg.
Literaturhinweise:
- MIKSCH, L. (1937), Wettbewerb als Aufgabe. Grundsätze einer Wettbewerbsordnung, Stuttgart, Berlin, 2. erw. Aufl., Godesberg 1947;
- DERS. (1948), Die preispolitischen Grundgedanken, in: Miksch, L./ Rubrath, W., Die Preisfreigabe. Wirtschaftspolitik und Recht, Siegburg, S. 3-18;
- DERS. (1949), Die Wirtschaftspolitik des „Als-Ob“, Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, Jg. 105, S. 310-338.
Michael Sket