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Kuba und Venezuela: Wer ist Koch und wer ist Kellner?

од Dr. Georg Eickhoff
„Ich bin ein Soldat Fidels“, diese Worte von Präsident Hugo Chávez, zuletzt ausgesprochen bei einem Staatsbesuch in Syrien im September 2009, erscheinen in einem anderen Licht, seit der kubanische Technologieminister Ramiro Valdés am 2. Februar 2010 mit viel Werbeaufwand als „Berater“ in Venezuela empfangen wurde.

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Schon während des Guerillakampfes in der Sierra Maestra sorgte Valdés für die persönliche Sicherheit Fidel Castros. Später baute er den kubanischen Polizeiapparat auf und konnte sich dabei auch auf die Unterstützung seines ostdeutschen Pendant Erich Mielke, Minister für Staatssicherheit, verlassen.

Ramón Guillermo Aveledo, Koordinator des venezolanischen Oppositionsbündnisses „Mesa de Unidad“, stellte heraus, dass der groß inszenierte Besuch des kubanischen Ministers und historischen Revolutionsführers vor allem als eine Botschaft der Einschüchterung an die Kader der chavistischen Regierung und Partei zu verstehen sei (El Universal, 6. Februar 2010).

Fast zeitgleich mit dem Besuch von der Insel legte Vizepräsident und Verteidigungsminister Ramón Carrizales aus „rein privaten Gründen“ sein Amt nieder. Sein plötzlicher Abgang wird von zahlreichen Beobachtern jedoch mit seiner Ablehnung der kubanischen Präsenz begründet. Am 22. Februar verließ der populäre Gouverneur von Lara Henri Falcón die Staatspartei PSUV. Es könne nicht seine Aufgabe sein, nur Befehle zu empfangen, schrieb er in einem offenen Brief an Chávez. Das weitere Verhalten dieses prominenten Dissidenten könnte für den Ausgang der Parlamentswahlen am 26. September sehr wichtig werden.

Währungskrise

Die Krise der Regierung Chávez drückte sich zum Jahresanfang in einer drastischen Abwertung der Landeswährung, des sogenannten „Starken Bolívar“, aus. Erdölminister Rafael Ramírez hingegen verbarg seine Freude nicht, dass mit der Abwertung die Schulden der staatlichen Öl-Holding PDVSA bei ihren Lieferanten, zuletzt über 10 Milliarden Dollar, „wie weggeblasen“ seien. Die Opposition sah ihre Voraussage bestätigt, dass Präsident Chávez nach einer desaströsen Haushaltspolitik und im Vorfeld der Parlamentswahlen dringend seine Kampfkasse auffüllen musste. Nach der Abwertung bekommt er mehr Bolívares für jeden Petrodollar.

Zwar wird die Abwertung eine Inflation nach sich ziehen, die nach den konservativsten Schätzungen mindestens 35 Prozent betragen wird (Jahresinflation 2009: 25,1 Prozent), aber eine expansive soziale Ausgabenpolitik könnte die negativen Effekte auf das Wahlergebnis ausgleichen. Unmittelbar nach der Abwertung verkündet Oberstleutnant Chávez die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohnes in zwei Schritten (März und September) um 10 und 15 Prozent.

Die Einführung eines dualen Wechselkurses (2,60 und 4,30 „Starke Bolívar“ pro Dollar; seit der Kursbindung im Jahr 2005 waren es einheitlich 2,15 gewesen) macht es schwer, den Umfang der Abwertung zu berechnen. Nimmt man an, dass 45 Prozent der im staatlichen Umtauschregime erfolgenden Importe zum Tarif von 2,60 erfolgen und 55 Prozent zum Kurs von 4,30, so bedeutet dies eine Abwertung von rund 65 Prozent.

Erheblichen Einfluss auf die Importkosten insgesamt und damit auf die Inflation hat jedoch auch der sogenannte „parallele Dollar“, der im Zuge der Abwertung auch offiziell als Teil der staatlichen Währungspolitik anerkannt wurde. Die Zentralbank, deren Unabhängigkeit im Vorjahr per Gesetz aufgehoben worden war, erhielt den Auftrag, Dollars in Form von Staatspapieren anzubieten und damit den Dollar-Kurs zu senken. Dies ist in den letzten Wochen nicht gelungen. Im Gegenteil, der „dolar paralelo“, dessen Notierung nicht veröffentlicht werden darf, die aber – dank Internet – viele Venezolaner tagesaktuell auswendig wissen, bleibt dauerhaft über 6,00 Bolívar und nähert sich derzeit tageweise seinem Allzeit-hoch von 7,00 Bolívar an.

Die anhaltende Kapitalflucht treibt den Kurs nach oben. Außerdem ist die staatliche Zuteilung von Dollars zum offiziellen Kurs unsicher, sehr bürokratisch, von Korruption behaftet und politischer Diskriminierung unterworfen. Deshalb kalkulieren selbst solche Importeure, die noch einmal den viel zu knappen, günstigen Dollar ergattert haben, ihre Ersatzkosten bereits zum höheren Parallelkurs, was die Inflation weiter befeuert.

Aus historischer Erfahrung wissen die Venezolaner – und aktuelle Umfragen zeigen ein entsprechendes Meinungsbild –, dass eine drastische Abwertung immer als Vorzeichen einer weiteren Verschlechterung der alltäglichen Lebensbedingungen zu verstehen ist. Die Deutungsakrobatik der Regierung lässt die meisten unbeeindruckt. Die Abwertung fördere die heimische Produktion, sagt Chávez. Welche heimische Produktion? So fragt der berühmte Mann auf der Strasse. Dem venezolanischen Otto-Normal-Verbraucher (der an der Tankstelle für den Otto-Kraftstoff nur einen Euro-Cent pro Liter zahlen muss) ist vielleicht der Begriff der „Stagflation“ nicht geläufig, aber diese herrscht seit Mitte 2009 in seinem Land, nachdem das Bruttoinlandsprodukt drastisch eingebrochen ist und zugleich die Inflation steigende Tendenz aufweist. Die willkürliche Enteignungspolitik der Regierung hat die Investitionstätigkeit praktisch zum Erliegen gebracht.

Krise der Elektrizitätsversorgung

Zur Währungskrise tritt die Krise der Elektrizitätsversorgung hinzu. Die Rationierung des Stroms für die wenigen existierenden Industriebetriebe mindert die Produktivität zusätzlich in sehr erheblichem Umfang. Seit Jahren übersteigt das Wachstum der Nachfrage (ca. 6 Prozent pro Jahr) die Steigerung der Elektrizitätsproduktion (ca. 4 Prozent). Die Regierung Chávez hat seit ihrem Amtsantritt die notwendigen langfristigen Planungen einer Nation mit einem jährlichen Bevölkerungswachstum von fast 2 Prozent nicht ausgeführt. Die seit langem erschallenden und umfassend dokumentierten Warnrufe der Spezialisten wurden überhört. Stattdessen wurden die Stromtarife mit sozialistischer Begründung eingefroren und die Investitionsfähigkeit der Elektrizitätsunternehmen damit zerstört. Als die stromintensiven Staatsbetriebe (Aluminium- und Stahlproduktion) ihre Rechnungen beim ebenfalls staatlichen Energieunternehmen nicht mehr zahlten, beschied Präsident Chávez die entsprechenden Hinweise und Klagen in seiner Fernsehshow: Wer die Zahlung der Stromrechnung einfordere, habe den Sozialismus noch nicht verstanden.

Die Venezolaner machen Oberstleutnant Chávez in wachsendem Maße für die Krise der Stromversorgung verantwortlich. Wiederum verfängt die Regierungspropaganda nicht mehr. Nur wenige glauben, dass allein die kapitalistische Verschwendung schuld sei. Auch der Hinweis auf das Klimaphänomen „El Niño“, das zu Regenmangel führt und die Stromerzeugung aus Wasserkraft gefährdet, überzeugt nur die treuesten Anhänger der Revolution, die etwa ein Fünftel der Wählerschaft bilden. 70 Prozent des Stroms werden in Venezuela an einem einzigen Stausee erzeugt, dessen Wasserinhalt nur noch bis etwa April/Mai 2010 ausreichen wird.

Es gibt inzwischen regelmäßige Nachrichtendienste in den verschiedenen digitalen Netzwerken, die zugleich mit dem parallelen Dollarkurs mehrmals täglich den Wasserstand des Guri-Stausees auf Tausende von Mobiltelefone und Computer funken. Venezuela steht möglicherweise vor dem „elektrischen Kollaps“. Oberstleutnant Chávez kündigte am 13. Januar einen Stromrationierungsplan für die Hauptstadt an: “Das ist wie eine Diät, wenn einer dick ist und einen Präinfarkt wegen Übergewicht hatte.“ Der Rationierungsplan wurde nach einem Tag wieder zurückgenommen und der Elektrizitätsminister entlassen. Der „dicke Mann“ frisst weiter Strom und steht vor dem Infarkt. Statt der notwendigen 20 Prozent Einsparung wurden mit zahllosen oft tagelangen Stromabschaltungen in der Provinz und einem Bündel weiterer Maßnahmen bisher nur 4 Prozent Einsparung erreicht.

Ein politischer Stratege aus dem Team des Oberbürgermeisters von Caracas Antonio Ledezma, den Chávez im April 2009 durch die Einsetzung einer Art Reichskommissarin entmachtet hatte, analysiert das Problem der Stromversorgung in drei Punkten: 1) Es ist nicht zu verbergen, jeder ist betroffen. 2) Chávez kann niemand anderem die Schuld geben. 3) Es ist nicht kurzfristig lösbar. Mit solchen und ähnlichen Argumenten kommen immer mehr Beobachter zu dem Schluss, dass die Elektrizitätskrise zur Überlebensfrage der Regierung Chávez werden könnte.

Zwischen „Venecuba“ und „Cubazuela“

Die verbreitete Wahrnehmung einer Regierungskrise verbindet sich mit der unverhohlenen Zurschaustellung der kubanischen Präsenz im Lande. Die Kubanisierung Venezuelas ist eine erklärte und systematische politische Leitlinie der Regierung. „Venecuba“ oder „Cubazuela“ sind keine Erfindungen der Opposition. Im Gesundheitswesen nehmen kubanische Ärzte, Militärs und Beamte inzwischen alle wichtigen Leitungspositionen ein. Die Schulaufsicht obliegt in erheblichem Umfang kubanischen Kräften. Das Melde- und Notariatswesen wird von Kubanern kontrolliert. Sämtliche Hafenverwaltungen sind an kubanisch kontrollierte Firmen übertragen worden. In den Streitkräften stoßen kubanische Berater unbekannter Zahl offenbar auf wachsende Ablehnung. Die verschiedenen Geheimdienste sollen angeblich unter kubanischer Aufsicht stehen. Der persönliche Sicherheitsring des Präsidenten ist vollständig in der Hand der kubanischen Regierung.

Der wahre Umfang der Hilfe Venezuelas zum Überleben der kubanischen Diktatur ist nicht bekannt. Sie beträgt auf jeden Fall mehrere Milliarden Dollar jährlich und ist für die Brüder Castro derzeit alternativlos. Deshalb drängt sich die Frage auf: Wer ist Koch und wer ist Kellner? Hat Fidel Castro seinen mehr als 50 Jahre alten Plan, das Nachbarland militärisch zu unterwerfen, um das venezolanische Erdöl zu kontrollieren, inzwischen auf gewaltlosem Wege verwirklicht? In der venezolanischen Opposition werden erste Analysen angestellt, welche Alternativen die führenden Nationen der Hemisphäre und ein demokratisches Venezuela den Kubanern anbieten müssten, damit sie ihre kolonialen Anstrengungen aufgeben.

Theater der Macht

Während die Kubaner selber ihre dominante Stellung in Venezuela gar nicht mehr zu verbergen suchen, gibt sich Hugo Chávez alle Mühe, als der absolute Herrscher zu erscheinen. Bei einem am 7. Februar live im Fernsehen übertragenen Spaziergang über den historischen Hauptplatz von Caracas (der wie in jedem Ort Venezuelas „Plaza Bolívar“ heißt), deutete er – wie Michelangelos Gottvater in der Sixtinischen Kapelle – mit dem Finger auf verschiedene Gebäude und sagte nur lapidar: „Exprópiese, exprópiese, exprópiese. – Es sei enteignet. Es sei enteignet. Es sei enteignet.“ Dabei spielte es keine Rolle, dass sich einige der Liegenschaften bereits in staatlichem Besitz befanden. Am nächsten Tag mussten die dort ansässigen kleinen Händler, überwiegend Juweliere, ihre Sachen packen. Chávez habe sich wie Jesus bei der Tempelreinigung gefühlt, lautete ein plastischer Kommentar.

Ob Gottvater oder Jesus, das Selbstbild des Führers scheint mit der Fremdwahrnehmung immer weniger überein zu stimmen. Das überkandidelte Theater der Macht weckt bittere Heiterkeit. Zapata, der mit Abstand berühmteste Karikaturist Venezuelas, tritt in eine Art Streik, wenn er statt einer Karikatur nur den Satz veröffentlicht: „Humor ist schwer, wenn das, was passiert, komisch ist.“ Auch viele Chavisten sind der Meinung, dass Chávez nun stärkere parlamentarische Kontrolle braucht, „denn manchmal ist er ein bisschen verrückt – un poco loco.“

Die Amtsführung von Hugo Chávez hat drastisch an Zustimmung verloren. Eines der seriösen Umfraginstitute stellte Anfang Februar 2010 fest: Wären heute Präsidentschaftswahlen, so würde Chávez auf 40 Prozent der Stimmen kommen. Auch die arme Bevölkerung (der sogenannte Sektor E, der 53% der Gesamtbevölkerung ausmacht) unterstützt den Präsidenten nur noch zu 50 Prozent. 51 Prozent aller Befragten machen den Präsidenten persönlich für die wichtigsten Probleme verantwortlich: Kriminalität, Versorgungsengpässe, und steigende Lebenshaltungskosten.

Zwei Drittel der Befragten sind der Meinung, der gegenwärtige Präsident sollte die Macht zum regulären Ende seiner Amtszeit im Jahr 2012 oder sogar früher abgeben, wie das Umfrageinstitut IVAD (Instituto Venezolano de Análisis de Datos) seit Mitte 2009 zum wiederholten Male bestätigen konnte.

Durchwachsene Noten für die Opposition

Die Arbeit des Oppositionsbündnisses Mesa de Unidad erhält in der Januar-Umfrage des IVAD überwiegend befriedigende, aber auch gute bis sehr gute Noten von 53,7 Prozent der Befragten. 44,4 Prozent gaben an, am 26. September die Kandidaten der Opposition wählen zu wollen, gegenüber 43,8 Prozent, die chavistische Kandidaten vorziehen. Andere Umfragen bescheinigen dem Oppositionsbündnis (UnidadVenezuela.org) weniger gute Noten. Die Hauptaufgabe der Kampagne wird darin bestehen, diejenigen, die heute bereits die Politik der Regierung ablehnen, von der Stimmabgabe für die Opposition zu überzeugen. Dafür braucht es vor allem attraktive Kandidaten. Bis Ende April will das Oppositionsbündnis Einheitskandidaten für alle 165 zu vergebenden Mandate gekürt haben. Der Weg dorthin wird steinig, das ist sicher. Der Ausgang ist ungewiss.

Die aktuellen Momentaufnahmen sagen jedoch unter den gegebenen Bedingungen nur wenig aus. Einerseits weiß jeder, dass Chávez zwar ein schwacher Präsident, aber ein starker Wahlkämpfer ist und dank der Abwertung über eine gefüllte Kriegskasse verfügt. Andererseits sind die Folgen der Wirtschaftskrise und des drohenden Zusammenbruchs der Elektrizitätsversorgung nicht prognostizierbar. Mit dem prominenten Dissidenten Henri Falcón mischt sich auch noch ein ganz neuer Spieler ein. Und hinzu kommt, dass die Regierung sich mit einem neuen Wahlgesetz eine „Autobahn zum Wahlbetrug“ gebaut hat und dass die Opposition immer noch anfällig für schwere taktische Fehler und für Zersetzungstätigkeit ist.

Auf der Hochschule der Staatssicherheit in Potsdam wurde gelehrt, was sich hinter dem Fachbegriff „Zersetzung“ verbarg. Zeitzeugen berichten, dass die kubanischen Kollegen den Einladungen der Stasi nach Deutschland immer gerne gefolgt sind. Erich Mielke und Ramiro Valdés wussten den professionellen Austausch ihrer Leute zu schätzen, die wiederum von der Attraktivität der Reisen zwischen Havanna und Berlin nicht lange überzeugt werden mussten. Der mit dem Oscar ausgezeichnete deutsche Film „Das Leben der Anderen“, der die zu schöne Geschichte von der Bekehrung eines Stasi-Offiziers erzählt, dabei aber auch eine hohe Dosis Realismus enthält, ist in Venezuela sehr populär. Er trägt im Spanischen den Namen „La vida de los otros“. In Kuba und in Venezuela wird der Titel durch den Austausch eines Buchstabens verfremdet: „La vida de nosotros“. Unser Leben.

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