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Das Kapitol in Rom - Geschichte

Ein Stadtspaziergang

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Nehmen wir Platz auf den Treppenstufen und lassen wie in einem offenen Theater die Geschichte dieses Hügels in einzelnen Szenen Revue passieren.

Die Reiterstatue des Mark Aurel ist Dreh- und Angelpunkt der Platzanlage, die von drei Fassaden umgeben ist. Es ist eine der genialsten architektonischen Schöpfungen des alten Michelangelo, der bis zu seinem Tode 1564 hier arbeitete. Wie ein Bildhauer gestaltete er die Fassaden plastisch, die des Rathauses ist durch eine Doppeltreppe hervorgehoben. In den beiden symmetrischen Seitenbauten befinden sich heute die Kapitolinischen Museen. Mit seiner architektonischen Inszenierung in humanen Dimensionen und majestätischer Eleganz schuf Michelangelo auch eine wunderbare Kulisse für den Auftritt der Menschen.

Das Kapitol ist eines der anschaulichsten Beispiele für Kontinuität der Geschichte und Dialog mit der Vergangenheit. In der Antike war das Kapitol die Akropolis – der Götterberg von Rom. Auf der rechten Hügelkuppe zum Palatin hin stand der Tempel für die Staatsgötter Jupiter, Juno und Minerva. Anstelle des heutigen Rathauses lagen weitere kleine Tempel und das Tabularium – das Staatsarchiv der Römer. Auf der linken Hügelkuppe erhob sich der Tempel der Juno Moneta. Alle Schauseiten dieser Bauten waren zum Forum Romanum hin orientiert. Diese sakrale Bedeutung des Kapitols ging nicht völlig unter, sie lebt in der Franziskaner Kirche ‚Santa Maria in Aracoeli‘ bis heute fort.

Livius, Hofschriftsteller unter Kaiser Augustus, hatte überliefert, dass der mythologische Stadtgründer Romulus auf der damals viel tiefer gelegenen Platzmitte, wo heute die Reiterstatue steht, die Stadt gegründet habe mit einem ‚Asylium‘ für die Neuankömmlinge, die hier auf ihre Einbürgerung warteten.

Nach der Verlegung der Hauptstadt von Rom nach Konstantinopel im Jahre 315 fiel der Kapitols Hügel in eine geschichtslose Periode und erwachte erst im 10. Jahrhundert wieder, als sich die Familie Corsi in die Ruinen des alten Staatsarchivs der Römer einnistete und darüber eine Burg erbaute. In diese zog um 1200 die neu gegründete ‚Stadtverwaltung‘ von Rom ein, wo sie ununterbrochen bis heute ihren Sitz hat. Um die Wandlungen nachzuvollziehen, muss man nur die linke Seitenfassade des Rathauses anschauen und man erkennt die Ecktürme der Burg.

Unübersehbar lesen wir an den Tafeln des Rathauses SPQR – Senatus Popolusque Romanus. Ingeborg Bachmann schrieb, diese vier Buchstaben seien der Schlüssel zur römischen Kraft „wer die Formel hat, kann die Bücher zuschlagen“. Dieses Logo des antiken Rom ist bis heute auch das der Stadtverwaltung. Aber das wahre ‚Totem‘ Roms ist die Wölfin mit den Zwillingen, eine Kopie in verkleinerter Form steht auf der Säule neben dem Seiteneingang zum Rathaus. Dieser Mythos sollte die göttliche Abstammung der Stadtgründer Romulus und Remus (über den Vater der Kinder, den Kriegsgott Mars) garantieren, um der neuen Stadt Rom eine höhere und sakrale Bedeutung zu geben.

Schon im 15. Jahrhundert hatte Papst Sixtus IV. della Rovere (Erbauer der Sixtinischen Kapelle) der Stadt Rom eine großzügige Schenkung antiker Kunstwerke gemacht. Das war die Geburt der Kapitolinischen Museen. Die Sammlung befindet sich in den beiden symmetrischen Bauten, die den Platz säumen, dort befindet sich auch das Original der Wölfin.

So hat das Kapitol im Laufe der Jahrtausende viele Metamorphosen durchlebt, in denen Mythologie und Historie eng verwoben sind. Der Kapitols Platz wurde zu einem einmaligen Beispiel von lebendigen Fortleben der Vergangenheit.

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