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„Europas Rolle in der Welt“

ของ Dr. Benita Ferrero-Waldner
Rede der Bundesministerin für auswärtige AngelegenheitenDr. Benita Ferrero-Waldner anlässlich des 54. Jahrestages derUnterzeichnung des Petersberger Abkommens.

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Königswinter, am 21. November 2003

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident!

Exzellenzen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich danke sehr für die herzliche Begrüßung und für die Einladung, zur Rolle Europas in der Welt zu sprechen.

Meine Damen und Herren!

Schon gegen Ende seines Lebens, als bald 90jähriger, hat Konrad Adenauer vom guten Politiker Folgendes gesagt:

„Der gute Politiker, der muss nicht nur vieles wissen, er muss nicht nur realistisch denken, er muss überlegen können, aber er muss auch Mut haben“.

Ich möchte diese Worte Konrad Adenauers an den Beginn meiner Ausführungen stellen, weil es hier auf dem Petersberg, wo Adenauer im November 1949 die ersten Schritte der Westintegration der damals soeben entstandenen Bundesrepublik Deutschland tat, angezeigt erscheint, uns jenes mutige Werk der europäischen Einigung vor Augen zu führen, das wir im letzten halben Jahrhundert gemeinsam zustandegebracht haben. Ja, viel Mut und Weltblick Einzelner hat es bedurft, um gemeinsam jenes Europa zu bauen, das sich soeben anschickt, erstmals in seiner Geschichte durch freiwilligen Zusammenschluss ein einiges Ganzes zu werden und als solches die weltpolitische Bühne zu betreten.

Der Weg dorthin war nicht immer leicht. Schon Adenauers erste Schritte der konsequenten Westintegration stießen auf teilweise heftigen Widerstand. Doch Adenauer war ein mutiger Visionär, der wusste, dass man für große Dinge einen langen Atem braucht. Er dachte schon am Beginn des Weges nicht in Jahren, sondern in Jahrzehnten. In Österreich war es vor zwei Jahrzehnten Alois Mock, der diesen Mut zu einer konkreten Vision, zur vollständigen Integration Österreichs in Europa, hatte. Auch er hatte Widerstand zu überwinden. Heute ist seine Vision längst Realität und die damals dagegen waren, können sich an ihre einstige Haltung schon kaum mehr erinnern. Österreich wurde vom ersten Tag an ein engagiertes Mitglied der EU.

Heute stehen wir erneut an der Schwelle eines ganz entscheidenden Abschnitts des europäischen Einigungswerkes. Wenn am 1. Mai 2004 die Europäische Union um zehn neue Mitgliedsländer erweitert wird – die mit Abstand größte Erweiterung in der Geschichte der Union – und damit Europa weitgehend geeint ist, geeint erstmals in seiner Geschichte in Frieden und Freiheit, dann erst wird der künstliche Graben des Kalten Krieges endgültig überwunden sein. Ein Traum, den Generationen geträumt haben, kann Wirklichkeit werden. Doch damit ist die Erweiterung der EU längst noch nicht abgeschlossen. Mit Bulgarien und Rumänien wird seit dem Jahr 2000 über den Beitritt verhandelt, im Herbst nächsten Jahres wird die EU über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei entscheiden und erst im Frühjahr dieses Jahres hat Kroatien seinen Beitrittsantrag gestellt.

Gerade dieser Beitrittsantrag Kroatiens erfüllt mich als österreichische Außenministerin und überzeugte Europäerin mit besonderer Zuversicht.

Ohne die Heranführung Südosteuropas an das europäische Einigungswerk würde dieses unvollendet bleiben. Wenn es uns gelingt, in Südosteuropa Hass, Krieg und Zerstörung, wie wir sie noch bis vor kurzem dort erleben mussten, in Frieden, Stabilität und Wohlstand zu verwandeln, die die europäische Idee über den Rest des Kontinents gebracht hat, dann werden wir in unserer Zeit ein Werk vollbracht haben, das man vielleicht einmal an die Seite jenes Werkes stellen wird, das Konrad Adenauer und seine europäischen Partner vor einem halben Jahrhundert begannen. Ich unterstütze daher mit Nachdruck die europäische Perspektive für Südosteuropa.

Meine Damen und Herren!

Wir stehen nunmehr vor der Aufgabe, eine neue Verfassung für diese Union fertig zu stellen und dabei gleichzeitig die Voraussetzungen zu schaffen, dass dieses große, geeinte Europa seine außenpolitische Rolle in der Welt verantwortlich wahrnehmen kann. Lassen sie mich auf diese beiden Punkte etwas näher eingehen.

Die EU der 25 wird sich eine Verfassung geben müssen, die ihrer Erweiterung und der damit Hand in Hand gehenden vertieften Integration gerecht wird. Es wird dies die Verfassung sein, die wahrscheinlich auf sehr lange Zeit hinaus den Weg vorherbestimmen wird, auf dem Europa weiter zusammenwächst. Wir müssen uns daher diesmal ganz besonders anstrengen, den richtigen Weg zu finden.

Wie Sie wissen, hat der Europäische Konvent einen Entwurf für einen Verfassungsvertrag der EU ausgearbeitet, der derzeit im Rahmen einer Regierungskonferenz, die den Vertragstext finalisieren soll, beraten wird. Lassen Sie mich dazu aus österreichischer Sicht – und gleichzeitig aus der Sicht überzeugter Europäer, denn das sind wir Österreicher! – Folgendes sagen:

Es herrscht heute Einigkeit darüber, dass der Verfassungsvertrag die EU bürgernäher machen und die demokratische Legitimierung ihrer Institutionen stärken muss. Es wird dabei vor allem darauf ankommen, dass wir das neue, große Europa als ein Europa der Bürger bauen und nicht als ein Europa anonymer Bürokratien. Der Grossteil des Verfassungsentwurfs steht außer Zweifel. Beim Rest müssen wir noch etwas nachbessern.

Österreich legt großen Wert darauf, dass die Interessen der kleineren und mittleren Mitgliedsländer – Österreich selbst ist ein mittleres – gewahrt und alle gleich behandelt werden. Daher hat es für uns große Bedeutung, dass auch in Zukunft jedes Mitgliedsland einen gleichberechtigten EU-Kommissar in Brüssel stellen wird. Manche sagen, eine Kommission mit 25 Mitgliedern sei nicht praktikabel. Aber denken wir an die Regierungen vieler unserer Mitgliedsländer. Diese sind oft nicht kleiner als es eine 25-köpfige Kommission wäre. Im Gegenteil. Machen wir also hier nicht aus bürokratischem Übereifer einen Fehler für den die Europäische Union einen hohen politischen Preis bezahlen müsste, nämlich den eines Verlustes an Identifizierung seiner Bürgerinnen und Bürger mit einer ihrer zentralen Institutionen und damit eines Verlustes an politischer Legitimität ihrer Entscheidungen.

Schaffen wir gemeinsam ein größeres Europa mit einem starken Herzen, einer starken EU-Kommission, in der sich alle wiedererkennen können, die Kleineren, die Mittleren und die Größeren! Unsere Position in dieser Frage gewinnt an Zustimmung, weil auch die anderen den Wert dieser Haltung verstehen.

Ähnliches gilt für einige weitere Bereiche notwendiger institutioneller Reform. Und dies führt uns direkt zu den neuen außenpolitischen Strukturen. Wenn die EU der 25 eine glaubwürdige und verlässliche Außenpolitik betreiben will, worauf wir nun immerhin schon seit einigen Jahren stetig hinarbeiten, dann müssen wir der EU die Möglichkeit geben, auch tatsächlich mit einer Stimme zu sprechen. Österreich hat sich von Anfang an nachdrücklich für die Schaffung des Amtes eines europäischen Außenministers ausgesprochen. Ebenso wünschenswert wäre eine großzügigere Ausdehnung von qualifizierten Mehrheitsentscheidungen in der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, um eine effizientere Entscheidungsfindung im Ministerrat zu erleichtern und die notwendige Handlungsfähigkeit der Union zu sichern.

Damit in engem Zusammenhang stehen die Vorsitzregelungen in den Ministerräten und im Europäischen Rat, also die Frage der sogenannten „EU-Präsidentschaft“. Hier wird die Regierungskonferenz noch einige Klarstellungen zu treffen haben. Die nunmehr erwogenen „Teampräsidentschaften“ könnten den Weg zu einem guten Kompromiss weisen, ein Vorschlag den ich bereits sehr früh in einer Kolumne in der „Zeit“ zur Diskussion gestellt habe.

Wichtig ist überdies, dass die neue Verfassung Europa auf dem Gebiet der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik voran bringt.

Auch in dieser Hinsicht hat unser heutiger Tagungsort Symbolcharakter – sind hier doch die „Petersberg-Missionen“ definiert worden, die inzwischen ein unmittelbares Tätigkeitsfeld der Europäischen Union darstellen.

Österreich bekennt sich zu einer Union, die in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik ihrer Verantwortung gerecht wird. Wir begrüßen es deshalb, dass sich der vorliegende Verfassungsentwurf gerade auch auf diesem Gebiet ehrgeizige Ziele gesetzt hat.

Entscheidend ist für uns heute, dass die Europäische Union in der Lage ist, Sicherheit, dort wo notwendig, auch mit Mitteln des militärischen Krisenmanagements zu „exportieren“, weil wir ansonsten zunehmend Gefahr laufen, aus unserem Umfeld Unsicherheit zu „importieren“. Neue Bedrohungen verlangen nach einer neuen Solidarität unter den EU-Staaten. Österreich hält die geplante neue Solidaritätsklausel deshalb für sinnvoll und notwendig.

Selbstverständlich ist für uns auch, dass die Europäische Union mit allen anderen – für die Aufrechterhaltung von Frieden und Sicherheit relevanten – Organisationen, insbesondere also mit der UNO, der OSZE und der NATO eng zusammenarbeitet. Unnötige Duplizierungen sind nirgends sinnvoll. Im Verhältnis zur NATO hat zuletzt das Beispiel Mazedoniens gezeigt, wie fruchtbringend eine solche Kooperation sein kann.

Ich gehe auch davon aus, dass es im Falle Bosniens und Herzegowinas in absehbarer Zukunft zu einer abgestimmten Übertragung von Verantwortung von der NATO auf die EU kommen soll und wird.

Andererseits hat die Europäische Union am Beispiel der erfolgreichen Operation „Artemis“ im Kongo erst kürzlich gezeigt, dass sie auch in entfernteren Regionen, wo dies nötig ist und von der internationalen Staatengemeinschaft gewünscht wird, aus eigener Kraft zur Aufrechterhaltung von Frieden und Sicherheit beitragen kann.

Eine Union, die ihrer Rolle als „global player“ zunehmend gerecht werden will, braucht freilich eine klare, maßvolle und verantwortungsbewusste außen- und sicherheitspolitische Linie. Deshalb messen wir der laufenden Debatte über die – von Javier Solana zur Diskussion gestellte – Europäische Sicherheitsstrategie größte Bedeutung bei. Wir müssen den wesentlichen Bedrohungen, Terrorismus – ich erinnere an die letzen beiden Attentate von Istanbul - , Massenvernichtungswaffen und deren Proliferation, Regionalkonflikte, „failed states“ und organisiertem Verbrechen, um nur einige zu nennen, begegnen.

Wir müssen Terrorismus bekämpfen, Sicherheit und Stabilität in unserer unmittelbaren Nachbarschaft herbeiführen, und eine internationale Ordnung, die auf effektivem Multilateralismus aufbaut.

Meine Damen und Herren!

Wenn wir das vollbracht haben – und ich bin sehr zuversichtlich, dass uns das gemeinsam gelingen wird -, wenn wir also die notwendigen institutionellen Weichenstellungen für ein kohärentes auswärtiges Handeln und eine einheitliche Außenvertretung der Union geschaffen haben, dann können wir uns mit der entscheidenden inhaltlichen Frage befassen: nämlich, welche Rolle die EU in der Welt spielen soll. Lassen Sie mich auch dazu einige Überlegungen anstellen.

Es erscheint selbstverständlich, dass sich Europa in seiner Außenpolitik von jenen Werten leiten lässt, die es zu dem gemacht haben, was es ist.

Wir müssen uns dabei jedoch davor hüten, gegenüber anderen Staaten und Zivilisationen mit Arroganz oder gar mit Säbelrasseln aufzutreten, sondern vielmehr den „sanften Einfluss“ – unsere „soft power“ – nützen, um für unsere Anliegen zu werben. Hier hat Europa der Welt besonders viel anzubieten, und der Weg dazu ist der Dialog.

Die österreichische Außenpolitik setzt sich intensiv für den Dialog der Religionen, Kulturen und Zivilisationen ein, der dahin führen soll, dass kulturelle Feindbilder durch positive Bilder des jeweils anderen abgelöst werden. Im November fand in Wien bereits zum zweiten Mal eine internationale Medienkonferenz darüber statt, wie positive Bilder über die jeweils andere Kultur besser transportiert werden und wie die Medien ihre moralische Verantwortung beim Abbau von Vorurteilen über andere Kulturen wahrnehmen können. Ein kleiner Beitrag gewiss, aber, wie ich glaube, ein wichtiger, dem noch viele weitere folgen müssen. Es nahmen Journalisten aus Europa, den USA und dem arabischen Raum teil, darunter auch ein Redakteur von Al Jazeera.

Lassen Sie mich Ihnen noch ein konkretes Beispiel des Dialogs geben. Im Juni dieses Jahres tagte über meine Initiative in Graz die erste gesamteuropäische Konferenz von Imamen, also islamischer Religionsgelehrter, die sich mit der Rolle der europäischen Muslime und ihrem Verhältnis zu Europa befasste. Die Konferenz endete mit einem Aufruf zu Toleranz und Zusammenarbeit.

Bis vor wenigen Monaten hatte ich die Präsidentschaft des „Netzwerks für menschliche Sicherheit“ inne, eine Gruppe von 13 Staaten aus allen fünf Kontinenten, die Fragen der individuellen Sicherheit der Menschen ihre besondere Aufmerksamkeit schenken, um möglichst vielen Menschen ein Leben in Freiheit von Not und Freiheit von Angst zu ermöglichen. Inzwischen ist der Vorsitz auf Mali übergegangen.

Als Prioritäten für die österreichische Präsidentschaft hatte ich die so wichtige Menschenrechtserziehung und die Rechte von Kindern in bewaffneten Konflikten festgelegt. Als ein wichtiges Ergebnis dieser Arbeit konnten wir ein weltweit und in den verschiedensten Kulturkreisen einsetzbares Handbuch für Menschenrechtserziehung erstellen, das jetzt in praktisch alle Weltsprachen übersetzt und wegen des großen Interesses weltweit verteilt werden wird. Der besondere Wert des Netzwerkes liegt für mich eben gerade darin, dass sich Partner aus allen Erdteilen zur gemeinsamen Verfolgung von Zielen zusammengeschlossen haben, die vollinhaltlich mit den von der EU vertretenen Grundwerten übereinstimmen.

Ich weiß, dass viele meiner EU-Kollegen in ähnlicher Weise auf den verschiedensten Gebieten tätig sind und glaube, dass die EU die hier vielfach vorhandenen individuellen Stärken ihrer einzelnen Mitgliedsländer im Sinne eines Dialogs mit verteilten Rollen und sinnvoller Arbeitsteilung in Partnerschaft und nicht in Konkurrenz noch mehr als bisher in koordinierter Weise nützen sollte. Zusammenlaufen sollten die Fäden beim europäischen Außenminister.

Meine Damen und Herren!

Das beste Forum für einen umfassenden Dialog muss nicht mehr erfunden werden, es besteht bereits. Es bedarf allerdings der Reform. Ich spreche von den Vereinten Nationen.

Viele haben im Frühjahr dieses Jahres gesagt, die Auseinandersetzungen um den Krieg im Irak hätten die Vereinten Nationen geschwächt, sie hätten ihre geringe Relevanz aufgezeigt. Ich bin nicht dieser Meinung. Heute, nur wenige Monate danach, sehen wir doch wohl so gut wie alle, dass es keine Alternative zum Multilateralismus, zur Zusammenarbeit im Rahmen der Vereinten Nationen gibt. Mehr denn je sehen wir heute, dass wir die Vereinten Nationen brauchen und der Europäischen Union kommt in diesem Zusammenhang eine besonders wichtige Rolle zu.

Wir sind nicht nur der mit Abstand größte Beitragszahler der Vereinten Nationen und damit ihre größte finanzielle Stütze, wir sind in so gut wie allen ihren Aufgab enbereichen ein ganz wichtiger Ideengeber und eine der stärksten Kräfte im Meinungsbildungsprozess ihrer Mitgliedsstaaten. Aus dieser besonderen Stellung ergibt sich auch eine besondere Verantwortung. Im Engagement in den Vereinten Nationen, ihrer Unterstützung und Stärkung, muss ein besonderes Schwergewicht unserer künftigen gemeinsamen Außenpolitik liegen.

Gleichzeitig hat sich die Zusammenarbeit innerhalb der Mitgliedsstaaten der EU in den Vereinten Nationen in den letzten Jahren sehr erfreulich intensiviert.

Die Kommission hat soeben ein Papier ausgearbeitet, das der Bestandsaufnahme dient und den Weg zukünftiger noch engerer Zusammenarbeit weisen soll. Das Papier trägt den bezeichnenden Titel:

„The EU and the UN: The Choice of Multilateralism“. Er nennt damit genau den Weg, den wir einschlagen müssen: die EU muss ihre gemeinsame Außenpolitik klar auf den Multilateralismus ausrichten und seine Instrumente nachhaltig unterstützen und stärken.

Dies beinhaltet auch die volle Unterstützung des Generalsekretärs und des Präsidenten der Generalversammlung der Vereinten Nationen bei ihren derzeitigen Bemühungen um eine Reform.

Lassen Sie mich zur aktuellen Reformdiskussion der Vereinten Nationen einige Punkte vorbringen. Als Geberstaat der VN fühlt Österreich ein besonderes Maß an Mitverantwortung für die Funktionsweise der VN.

Zur notwendigen Reform der Vereinten Nationen gehört allem voran eine Reform des Sicherheitsrates, dessen derzeitige Zusammensetzung den geopolitischen Realitäten des 21. Jahrhunderts und der stark angewachsenen Mitgliederzahl der Vereinten Nationen längst nicht mehr Rechnung trägt. Dem Sicherheitsrat obliegt nicht weniger als die Aufrechterhaltung des Weltfriedens. Er muss diese Verantwortung aber auch tatsächlich wahrnehmen. Eine bessere regionale Balance wäre dafür hilfreich. Die regionalen Gruppen der VN sind aufgefordert, mit Nachdruck an konkreten diesbezüglichen Vorschlägen zu arbeiten.

Auch die europäische Außenpolitik, wenn sie mit einer Stimme sprechen will, wird sich um ein einigeres Auftreten gerade im Sicherheitsrat bemühen müssen. Am Ende dieser Entwicklung sollte eines Tages ein EU-Sitz im Sicherheitsrat stehen, wie ich dies auch schon in meiner diesjährigen Rede vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen vertreten habe. Ich weiß, dass das heute viele noch für verfrüht oder gar für utopisch halten. Ich glaube aber, dass wir als Europäer den Mut haben sollten, heute schon an diese Zukunft zu denken. Sie vor Augen zu haben könnte uns helfen, in zukünftigen Krisensituationen weniger national und mehr europäisch zu denken.

Die Generalversammlung wird sich, soll sie jene Relevanz zurückgewinnen, deren zunehmender Verlust in den letzten Jahren allseits zu Recht beklagt wird, auf einige wenige Themenbereiche von besonderer Aktualität konzentrieren müssen. Sie wird einfach davon Abstand nehmen müssen, zu möglichst vielen Themen möglichst viele Resolutionen zu beschließen und dies bei weitgehend gleichem Text jedes Jahr zu wiederholen.

Das wird für viele Staaten ein Abschiednehmen von liebgewonnenen Gewohnheiten bedeuten. Doch führt an dieser Wahrheit kein Weg vorbei. Wer das nicht akzeptieren will, wird jeder sinnvollen Reform der Generalversammlung den Weg verbauen. Die Resolutionen einer solcherart reformierten Generalversammlung müssten ferner weniger deklaratorisch, sondern auf konkrete Umsetzung ausgerichtet sein.

Wenn der Staatengemeinschaft diese Konzentration der Arbeit der Generalversammlung der Vereinten Nationen gelingt, sodass die Inhalte in einer vorgegebenen vernünftigen Zeitspanne nachprüfbar umgesetzt werden, wäre ein gewaltiger Reformschritt getan.

Zu den Reformen wird auch eine weitere Stärkung jener UN-Einheiten gehören, die sich mit dem Kampf gegen den Terrorismus und der internationale Kriminalität befassen und den Mitgliedsstaaten dabei technische Hilfe anbieten. Dies ist die Domäne der Wiener UN-Einheiten.

Jeder weiß darüber hinaus heute, wie wichtig die Arbeit der IAEO ist. Auch ihre Stärkung ist notwendig. Es darf in Zukunft einfach nicht mehr möglich sein, dass der IAEO wichtige Informationen jahrelang vorenthalten werden.

Die wichtigsten weltpolitischen Bedrohungen haben mit der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen zu tun. Offenheit und Kontrolle sind die Schlagworte.

Ich habe in der Generalversammlung auch die Notwendigkeit der Reform zum Beispiel der WTO angesprochen, weil sich ein Fehlschlag wie bei der WTO-Ministerkonferenz in Cancun nicht mehr ereignen darf. Auch im Handel trete ich für Mulitlateralismus ein.

Ein Rückfall in ein rein bilaterales Welthandelsregime wäre weder im Interesse der Industrienationen noch der Entwicklungsländer noch der Schwellenländer. Das würde Merkantilismus und Chaos bedeuten und wäre Anlass für schwere Handelskonflikte, wogegen sich unsere gegenwärtigen Streitfragen als zwergenhaft ausnehmen würden.

Gerade in der EU obliegt uns die wichtige gemeinsame Aufgabe, Lösungen zu finden, die zu einem erfolgreichen Abschluss der Doha-Runde führen.

Meine Damen und Herren!

Zu einem friedlichen Zusammenleben in unserer globalisierten Welt gehört auch, dass wir den Zusammenhang zwischen Sicherheit und dem Kampf gegen Armut und Ausweglosigkeit erkennen.

Das größte Einzelproblem unserer Welt ist jenes der erschreckenden Armut von Milliarden von Menschen. Wenn wir dieses Problem der Armut nicht in den Griff bekommen, wird es zu einem Problem des Weltfriedens werden und wir in Europa werden davon nicht ewig ausgenommen bleiben. Wir müssen daher auch hier heute den Mut und den Weitblick haben, uns dieser Problematik mit Nachdruck zu stellen, auch wenn es vielleicht manchem bequemer erscheint, sie wegzuschieben. Gerade dass sie sich für eine Wohlstandsgesellschaft wie die unsere aber derzeit noch relativ leicht wegschieben zu lassen scheint, macht sie besonders gefährlich.

Die Antworten brauchen wir auch hier nicht neu zu erfinden. Die „Millennium Development Goals“ der Vereinten Nationen weisen einen klaren Weg.

Die Staats- und Regierungschefs der Welt haben sie beim Millenniumsgipfel der Vereinten Nationen im September 2000 beschlossen und damit bis zum Jahr 2015 klare Zielvorgaben zur Bekämpfung von Armut, Hunger, HIV/AIDS und anderen Seuchen, Analphabetismus, Umweltschäden und der Diskriminierung von Frauen festgelegt. Nun gilt es sie umzusetzen.

Nach Berechnungen der Weltbank fehlen zur Erreichung der vorgegebenen Ziele pro Jahr 50 Milliarden Dollar. Hier sind wir alle gefordert.

Für die gemeinsame Außenpolitik einer starken, einmütig auftretenden EU wird dies eine wichtige Herausforderung darstellen.

Entwicklungszusammenarbeit ist daher nicht nur ein moralisches Gebot, sondern eine sicherheits- und wirtschaftspolitische Notwendigkeit.

Österreich nimmt die Monterrey-Ziele ernst und wird bereits 2004 seine EZA-Mittel um 30% erhöhen, die durch eine soeben ausgegliederte EZ-Agentur verwaltet werden.

Der Kampf gegen den Terrorismus und die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen, so wichtig er ist und so sehr er geführt werden und unseren vollen Einsatz haben muss, ist bei weitem unzureichend und unvollständig als Antwort auf die komplexen globalen Herausforderungen unserer Zeit. Wer sein Augenmerk auf Armut und Ausweglosigkeit richtet, wer konkrete Maßnahmen zur nachhaltigen Verbesserung der Lebenssituation der Ärmsten und zur Erhaltung einer lebenswerten Welt auch für künftige Generationen in allen Erdteilen setzt, der legt damit zugleich wirksam Hand an die Wurzel vieler potentieller zukünftiger Konflikte und Quellen von Instabilität, internationaler organisierter Kriminalität und Terrorismus.

Es wird in den nächsten Jahren mehr denn je der EU bedürfen, dies nicht nur in unseren Sonntagsreden, sondern auch in unserem Handeln deutlich zu machen.

Meine Damen und Herren!

Zur Verwirklichung ihrer außenpolitischen Vorhaben braucht die Europäische Union Partner in aller Welt. Auch hier ist die EU längst auf einem guten Weg. Eine Vielzahl von partnerschaftlichen Beziehungen und von der EU geführten Dialogen erfasst bereits so gut wie alle Teile der Erde. Sie werden in organischer Weise weiterwachsen und vertieft werden müssen.

Eine besonders wichtige Partnerschaft ist die transatlantische zu den USA. Europa und die USA haben einander viel zu geben und können gemeinsam viel erreichen. Die Schaffung des neuen, großen Europa und Strukturen, die diesem angemessen sind, sollten wir als Chance begreifen, um über Differenzen der Vergangenheit hinwegzukommen.

Ich erinnere daran, dass sich Henry Kissinger eine Telefonnummer für einen europäischen Ansprechpartner gewünscht hat. Nun, Colin Powell wird sie bald haben. Eine echte Partnerschaft, die diesen Namen auch verdient, muss freilich eine „auf derselben Augenhöhe“ sein. Ein bloßer Nachvollzug amerikanischer Positionen kann für die EU nicht in Frage kommen und auch unsere amerikanischen Freunde, davon bin ich fest überzeugt, werden aus einer echten und damit erst wirklich starken transatlantischen Partnerschaft für das 21. Jahrhundert wesentlich größeren Nutzen ziehen.

Europa könnte in einer solchen erneuerten Partnerschaft die wichtige Funktion eines Brückenbauers zwischen den USA und anderen Zivilisationen ausüben. Seit Jahrtausenden in fast ununterbrochenem engen Kontakt mit anderen Zivilisationen, erscheint es dazu wie niemand sonst in der Lage.

Ein weiteres Beispiel für das künftige außen- und sicherheitspolitische Wirken der EU liegt im Finden von politischen Lösungen für gefährliche Regionalkonflikte. Ich habe dabei die Rolle des Quartetts bei der „Road Map“ für einen Nahostfrieden vor Augen. Die jüngsten Gewaltakte dürfen uns nicht abschrecken, sondern müssen uns erst recht anspornen, in dieser Frage unser Engagement noch zu intensivieren. Auch die Rolle der EU bei der Stabilisierung Südosteuropas darf uns zu ähnlichen Bemühungen auch anderswo animieren. (Kaukasus, Zentralasien, the new neighbours, Fortsetzung des Engagements in Afghanistan).

Im eigenen Interesse wird Europa auf längere Sicht auch an aktiver Beteiligung am Wiederaufbau des Irak nicht herumkommen. Österreich war übrigens unter den ersten Ländern, die nach dem Krieg humanitäre Hilfe geleistet haben und leisten.

Meine Damen und Herren!

Es sind weltpolitisch bewegte Zeiten, in denen sich die EU anschickt, mit neuen Strukturen stärker und einiger denn je eine gemeinsame Rolle in der Welt zu spielen. Eine sehr lange Lehrzeit wird ihr deshalb nicht vergönnt sein, will sie als Akteur ernst genommen werden.

Was mir jedoch am wichtigsten erscheint ist dies:

  • dass wir uns alle von Anfang an dazu entschließen, europäisch zu denken und allfällige nationale Interessen diesem europäischen Denken hintanstellen.
  • Dass wir unseren eigenen europäischen Standpunkt aus eigener Beurteilung selbst entwickeln und nicht bloß auf Vorgaben von außen reagieren.
  • Dass wir in uns – in uns 25 – unsere primären Ansprechpartner sehen.
  • Dass wir zuerst miteinander unsere gemeinsame Linie finden müssen, ehe wir dann mit dieser mit anderen in einen Dialog treten können.
Ich komme zum Schluss. Ich weiß, dass die großen Integrationsschritte nie über Nacht zustande gekommen sind. Konrad Adenauer und seine europäischen Partner standen vor mehr als einem halben Jahrhundert vor einer ganz ähnlichen Herausforderung wie wir heute. Sie haben den notwendigen Mut und den notwendigen Weitblick aufgebracht und sie glänzend gemeistert. Ich glaube, dass uns dasselbe in Bezug auf die Aufgabe, die uns unsere Zeit gestellt hat, gelingen wird.

Walter Hallstein meinte: „In Europa muss man an Wunder glauben, wenn man Realist sein will.“ Seien wir Realisten im Sinne von Hallstein, Adenauer und den anderen Gründervätern des europäischen Integrationsprozesses.

Gehen wir also gemeinsam in europäischem Geiste an unsere Aufgabe heran! Der Petersberg ist ein guter Ort, diesen Vorsatz zu bekräftigen!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

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Sankt Augustin Deutschland