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kurzum: Politische Krise in Togo

von Florian Karner, Peter Koch

Kein Gipfel der Hoffnung

Seit August 2017 spitzt sich die innenpolitische Krise in Togo zu. In dieser Situation trafen sich Ende Juli, zum Abschluss der togoischen Präsidentschaft, die 15 Mitglieder der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) in Lomé/Togo.

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Im Zentrum der Erwartungen der politischen Öffentlichkeit an den 53. ECOWAS-Gipfel standen Lösungsvorschläge für die seit August 2017 andauernde politische Krise im Gastgeberland. International wenig beachtet, hatten die bisherigen Vermittlungsversuche der als Mediatoren eingesetzten Präsidenten Ghanas und Guineas immerhin zu einem Rückgang der Proteste geführt. Substanzielle Fortschritte hin zu einer Politik der Entspannung seitens der Regierung blieben bislang jedoch aus. Opposition und Zivilgesellschaft in Togo setzten im Vorfeld große Hoffnung in das Treffen der ECOWAS- Gemeinschaft und zeigten sich im Anschluss enttäuscht.

Das Gipfel-Communiqué vom 31.07. beinhaltet u.a. folgende Empfehlungen zur Krise:

  • die fortlaufende Umsetzung von vertrauensbildenden Maßnahmen,
  • die Durchführung von Legislativwahlen am 20.12. und die Überarbeitung des Wahlregisters,
  • die Einführung des Diasporawahlrechts,
  • die Wahl des Präsidenten in einem zusätzlichen zweiten Wahlgang (per Verfassungsreform),
  • die Begrenzung der Anzahl der Amtszeiten des Präsidenten auf zwei,
  • die Einbeziehung von Wahlbeobachtern und technischer Unterstützung der Wirtschaftsgemeinschaft bei der Organisation und Durchführung künftiger Wahlen,
  • die Reform des Verfassungsgerichts.
Die Opposition betrachtet die Gipfelergebnisse als unzureichend und kritisiert das Fehlen eines neutralen Akteurs zur Implementierung des Fahrplans. Laut hochrangigen Oppositionsvertretern könnten diese allenfalls als Ausgangsbasis für weitere Verhandlungen dienen. Beim Thema Parlamentswahlen und Wählerlisten sei der Zeitraum zu kurzfristig angelegt. Fünf Monate reichten nicht aus, um eine ordnungsgemäße Durchführung garantieren zu können. Fehlerhafte Wählerlisten sind ein Grundproblem bei Wahlen in der Region und oft Ausgangspunkt für Wahlmanipulationen. In Wählerlisten kann sich nur eintragen, wer über offizielle Ausweisdokumente verfügt. Eine Voraussetzung, die insbesondere in ländlichen Gebieten häufig nicht gegeben ist. Darüber hinaus beklagt die Opposition die Halbherzigkeit der Empfehlungen. So tauche der Vorschlag einer Übergangsregierung nicht auf. Aus Sicht einiger Oppositionsparteien sei eine Übergangsregierung der nationalen Einheit der einzige Weg, die tiefen Gräben im Land zu kitten. Zudem spreche das Communiqué nicht den Kern der Krise an, nämlich das rücksichtslose Vorgehen von Staatspräsident Gnassingbé gegen die eigene Bevölkerung und seine fehlende Einsicht, auf weitere Amtszeiten zu verzichten. Einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Situation in Togo könnte jedoch der Übergang des ECOWAS-Vorsitzes auf Nigeria haben: Nigeria hat ein fundamentales Interesse an Stabilität im Nachbarland Togo. Als Transitland ist es Eingangstor zu den wichtigen Märkten Ghana und Côte d’Ivoire, außerdem verfügt Lomé über den am besten ausgebauten Tiefseehafen der Region.

Hintergrund

Staatspräsident Faure Gnassingbé (UNIR, 50 von 91 Sitzen in der Nationalversammlung) regiert das Land seit 2005 mit harter Hand. Er über - nahm das Amt kurz nach dem Tod seines Vaters Étienne Gnassingbé Eyadéma, der Togo zuvor 38 Jahre regierte. Der Sohn pflege, Oppositionskreisen zufolge, zwar einen etwas weniger rigiden Führungsstil, ziele jedoch ebenso auf weitere Amtszeiten ab. Im Zentrum der als autokratisch bezeichneten Regierung stehe ein starker Sicherheitsapparat und ein dem Präsidenten loyaler Kreis an hochrangigen Militärs. Die sich seit August 2017 häufenden Demonstrationen von Opposition und Zivilgesellschaft richten sich gegen diesen Führungsstil und die massive Einschränkung der Presse- und Versammlungsfreiheit. Kommentatoren beklagen, dass Kundgebungen häufig gewaltsam niedergeschlagen und Demonstranten willkürlich verhaftet werden. Vor allem aber demonstrieren die Teile der Bevölkerung gegen das Bestreben ihres Präsidenten für weitere Amtszeiten zu kandidieren. Gnassingbé konnte eine darauf abzielende Verfassungsnovelle im September 2017 nicht durchsetzen. In der Nationalversammlung verfehlte er mit 62 von 91 Stimmen das vorgeschriebene Quorum von 80 Prozent. Der Gesetzesentwurf sah die Rückkehr zur Verfassung von 1992 und der damit einhergehenden Begrenzung auf zwei Amtszeiten vor. Grundsätzlich begrüßt die Opposition eine mögliche Verfassungsänderung, doch bestünde der Präsident darauf, eine solche nicht rückwirkend zu interpretieren. Damit könnte er letztendlich bis 2030 an der Macht bleiben. Die Bildung einer koordinierten Oppositions-Front im Rahmen der aus 14 Parteien bestehenden Coalition de l‘Opposition erscheint nach außen derzeit schwierig, tiefgehende Uneinigkeit wird beklagt. Aus Oppositionskreisen heißt es, dass aktuell nur der im Exil lebende Tikpi Atchadam (PNP) das Potenzial hätte, die Opposition zu einen. Aus Angst vor Repressalien sieht dieser sich jedoch gezwungen, derzeit von Ghana aus zu agieren.

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Berlin Deutschland