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"Die Leute sehen keine Revolutions-Dividende"

arasında Dr. Andreas Jacobs

Interview mit Andreas Jacobs

Im Interview mit der Frankfurter Rundschau spricht Andreas Jacobs vom "Wunschtraum Arabischer Frühling".

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Herr Jacobs, vor einem Jahr noch glaubten viele Menschen rund um den Globus, dass sich Freiheit und Demokratie nun auch in der arabischen Welt Bahn brächen. Heute ist die Enttäuschung vielerorts groß. War der Arabische Frühling ein Wunschtraum?

 

Ja, das war er. Aber einer, der durchaus eine reelle Chance auf Verwirklichung hatte. Was wir im Westen und die Akteure vor Ort oft übersehen haben, ist der Umstand, dass mit dem Abtritt von Machthabern wie Ben Ali in Tunesien, Mubarak in Ägypten, Gaddafi in Libyen oder Saleh im Jemen nicht gleich das gesamte politische System dieser Staaten am Ende war.

 

Müssen wir uns damit abfinden, dass es zu einer Restauration auf breiter Front kommt?

 

Wir müssen zumindest unsere Erwartungen an der Realität überprüfen. Es gibt nach wie vor eine revolutionäre Dynamik in der Region. Aber wir wissen nicht, wohin sie führt. Die Dinge entwickeln sich sehr unterschiedlich. Tunesien macht Fortschritte, wenn auch langsam und mit großer Mühe. Im Falle Libyens wissen wir nicht einmal, ob das Land überhaupt zusammen gehalten werden kann. Ägypten wiederum war bislang eine Militärdiktatur und ist es weiterhin, wie die jüngsten Ereignisse zeigen. Auf dem Weg zu Freiheit und Demokratie haben die Länder noch eine gewaltige Strecke vor sich.

 

Warum lässt der große Aufbruch weiter auf sich warten?

 

Die Diktatoren sind gestürzt. Doch das Beharrungsvermögen ihrer alten Eliten ist groß. Die Massenproteste richteten sich immer gegen die jeweiligen Herrscher-Cliquen. Aber ein Konzept für die Zeit danach, wer in welcher Form regieren sollte, hatten die Akteure nicht.

 

Ist die arabische Welt womöglich gar nicht reif für die Demokratie?

 

Solche Formulierungen halte ich für falsch und gefährlich. In ihnen schwingt immer mit, dass sich der islamische Glaube und die Demokratie gegenseitig ausschlössen. Das trifft meiner Ansicht nach nicht zu. Viele arabische Länder sind über Generationen hinweg von Despoten regiert worden. Die Strukturen lassen sich nicht von heute auf morgen beseitigen. Wir Europäer tun gut daran, immer wieder auf unsere eigene Geschichte zu schauen. Dann wird klar, dass solche Prozesse auch bei uns Jahrzehnte, wenn nicht gar Jahrhunderte gedauert haben.

 

Dem Westen ist zu Beginn des Arabischen Frühlings oft vorgeworfen worden, er habe im Interesse der Stabilität zu lange die alten Machthaber gestützt. Hat der Westen später genug getan, um den Demokraten zu helfen?

 

Die Rolle des Westens wird generell überschätzt. Es ist einfach, auf Europa und die USA zu schauen, weil wir dort die politischen Prozesse verstehen. Vielleicht hat der Westen zu Beginn der Umwälzungen zu lange gewartet, um sich auf die Seite der Revolutionäre zu stellen. Im Falle Ägyptens aber haben das auch viele Ägypter so gemacht. Ich sehe nicht, wie der Westen nach dem Sturz der alten Machthaber glaubwürdig und ohne Anmaßung die inneren Angelegenheiten der Länder hätte beeinflussen können.

 

Die Menschen sind oft nicht nur für die Freiheit auf die Straße gegangen, sondern zunächst einmal für Arbeit und Brot. Ist die Revolution wenigstens in dieser Hinsicht erfolgreich gewesen?

 

In den meisten Fällen geht es den Menschen heute schlechter als vor zwei Jahren. Das ist auch ein Hauptgrund, warum so große Unzufriedenheit herrscht. Die Leute sehen keine Revolutionsdividende: Sie fragen sich zu Recht, wo der Gewinn des Umbruchs ist. Dieser Herausforderung wird sich jede neue Regierung stellen müssen.

 

Das Gespräch führte Thorsten Knuf. Mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Rundschau.

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