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„Die Wirtschaft muss ihre Fachkräfte selbst ausbilden!“

Tunesische Ausbildungsverantwortliche machen sich mit der dualen Berufsausbildung in Deutschland vertraut

Mit ihrem Projekt „Das ausbildende Unternehmen“ (Entreprise formatrice) stärken die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) und die Deutsch-Tunesische Industrie- und Handelskammer (AHK) – modelhaft im Automobilsektor – die Berufsausbildung in Tunesien. Im Rahmen eines Studien- und Informationsprogramms (20.-27.08.2016) besuchten nun zwölf Ausbilder und Ausbildungsverantwortliche der an diesem Projekt beteiligten Unternehmen Deutschland, um sich vor Ort über die Funktionsweise der dualen Berufsausbildung, aber auch generell über die Rolle von Unternehmen in der Sozialen Marktwirtschaft fortzubilden.

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„Wohlstand für alle!“ war die berühmte Devise Ludwig Erhards, einer der Väter der Sozialen Marktwirtschaft, der im Nachkriegsdeutschland in der Regierung von Bundeskanzler Konrad Adenauer Wirtschaftsminister und später selbst Kanzler war. Die Soziale Marktwirtschaft als grundlegendes Leitbild der Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik verbindet hierfür die Prinzipien von Wettbewerb und Unternehmertum mit sozialem Ausgleich und dem Bemühen um Solidarität und Gerechtigkeit. Dabei spielen Bildung und die damit verbundene Chancengleichheit eine Schlüsselrolle. Zugleich beruht die Qualität deutscher Produkte und damit der Erfolg der Exportnation Deutschland gerade auch auf den gut ausgebildeten Fachkräften des Landes. Oftmals kommen diese nicht von den Universitäten, sondern durchlaufen ein System der dualen Berufsausbildung, das junge Menschen früh mit der Praxis vertraut macht und in den Arbeitsmarkt integriert.

Das Projekt „Das ausbildende Unternehmen“

Wenngleich auch Tunesien seit den 1990er Jahren Elemente dualer Berufsausbildung eingeführt hat, konnte sich diese bislang nicht auf einem qualitativ ausreichend hohen Niveau etablieren. Heute leidet das Land an einer hohen Jugendarbeitslosigkeit, wobei die Arbeitslosenquote mit über 30 Prozent bei den Hochschulabsolventen doppelt so hoch ist wie im Durchschnitt. Zugleich fehlt es an gut ausgebildeten Handwerkern und Facharbeitern. Während die Berufsausbildung in Tunesien bislang stark staatlich gesteuert ist und in erster Linie in Berufsbildungszentren abläuft, setzt das Projekt „Das ausbildende Unternehmen“ von KAS und AHK auf die Beteiligung der Privatwirtschaft. Es fördert dabei eine beständige Weiterqualifizierung der Auszubildenden, aber auch der Ausbilder und Ausbildungsverantwortlichen in den beteiligten Unternehmen. Derzeit nehmen 14 Unternehmen mit insgesamt über 120 Auszubildenden an dem Projekt teil. Vor diesem Hintergrund brachte das Studien- und Informationsprogramm den Ausbildern und Ausbildungsverantwortlichen der beteiligten Unternehmen das deutsche System der dualen Berufsausbildung näher. Das Programm mit Stationen in Köln, Bonn, Saarbrücken und Stuttgart ermöglichte dabei einen Zugang aus verschiedenen Perspektiven und ein besseres Verständnis des Zusammenspiels der staatlichen und wirtschaftlichen Akteure.

Die Privatwirtschaft als zentraler Akteur

Ein Schwerpunkt des Besuchs war der Austausch mit den Kammern, die in Deutschland als eigenständige Vertreter der Wirtschaft, und zugleich im staatlichen Auftrag, eine zentrale Rolle in der dualen Berufsausbildung spielen. Dazu gehört etwa die Erarbeitung und Anpassung von Ausbildungsverordnungen oder die Abnahme der Prüfungen. Bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Köln erhielt die Delegation nicht nur einen grundlegenden Überblick über die Berufsausbildung, sondern konnte sich mit einem erfahrenen IHK-Ausbildungsberater auch über die praktischen Fragen und Probleme, die im Zuge einer Ausbildung auftreten könnten, austauschen. In den Gesprächen in Saarbrücken mit Vertretern der IHK, unter anderem mit Hauptgeschäftsführer Dr. Heino Klingen, und der Handwerkskammer, stand dann das Zusammenspiel zwischen Wirtschaft und staatlichen Strukturen im Mittelpunkt. Jenseits dieser Diskussionsrunden informierte sich die Delegation auch vor Ort in den Ausbildungsstrukturen selbst. Der Besuch im Berufsbildungszentrum St. Ingbert war dabei in doppelter Hinsicht von besonderem Interesse. Zum einen hat die staatliche Schule einen Fokus in Kfz-Mechatronik und zum anderen kooperiert sie, der Frankreich- und Internationalisierungsstrategie des Saarlandes folgend, mit einer Schule aus dem benachbarten französischen Metz unter anderem im Rahmen eines Schüleraustausches.

Um die Unternehmensseite der Ausbildung kennenzulernen, besuchte die die Delegation in Köln den Motorenhersteller Deutz AG. Das Traditionsunternehmen, das heute über knapp 4.000 Mitarbeiter verfügt, wurde mehrfach für seine Ausbildungsleistung ausgezeichnet. Das Team um den Leiter des Ausbildungszentrums Frank Opitz gab der tunesischen Delegation einen detaillierten Einblick in die Organisation und die Abläufe der Ausbildung. Dieses Jahr beginnen dort 27 Jugendliche in Metalltechnik, als Mechatroniker und Elektroniker oder Lagerfachkraft ihre Ausbildung. Sie haben dafür ein ausgefeiltes Auswahlprozedere durchlaufen und wurden aus hunderten von Bewerbungen ausgewählt. In der engagierten Diskussion mit ihren tunesischen Kollegen betonten die Ausbilder von Deutz, wie wichtig es sei, dadurch junge Menschen, die zu ihnen passen, früh an das Unternehmen zu binden: „Die Wirtschaft muss ihre Fachkräfte selbst ausbilden!“. Auch bei Torpedo, einem großen Mercedes-Autohaus in Saarbrücken, zeigte sich die enge Beziehung zwischen Auszubildenden und Unternehmen. Vor Ausbildungsbeginn besuche er jede Familie persönlich zu Hause, berichtete Klaus-Peter Hippchen, der dort sei über zwei Jahrzehnten das Ausbildungsprogramm leitet. Beeindruckt zeigte sich die Delegation von den Auszubildenden selbst, die eigenständig das Unternehmen vorstellten, durch die Werkstatt führten und dort die verschiedenen Ausbildungsstationen erläuterten. Dabei geben auch Auszubildende höherer Jahrgänge ihr Wissen an diejenigen im ersten Jahr weiter. Ein Besuch im Autohaus Weeber in Stuttgart rundete den Praxisaustausch zwischen den Vertretern des tunesischen und deutschen Automobilsektors über die jeweiligen Ausbildungssysteme ab.

Politische Rahmenbedingungen und internationaler Erfahrungsaustausch

Der wesentlichen Rolle privater Unternehmen unbenommen steckt der Staat die Leitplanken ab, in denen sich die berufliche Ausbildung bewegt und weiterentwickelt. Auch über die staatlichen Berufsschulen hinaus stehen die zuständigen Behörden dabei in regem Austausch mit Kammern und Unternehmen. Letztlich ist es dieses Zusammenspiel von Staat und Wirtschaft, einschließlich der Gewerkschaften, die ein erfolgreiches System der Berufsausbildung ermöglichen. Die Grundlagen der Sozialen Marktwirtschaft, auf denen dieses Zusammenspiel beruht, wurden der Delegation von Nadine Schorling vermittelt, Koordinatorin für Wirtschaftspolitik im KAS-Büro Bonn. Abgerundet wurde die Einführung in die Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik mit einem Besuch des Adenauer-Hauses in Röhndorf, wo sich die Tunesier mit dem Leben und Wirken des ersten deutschen Bundeskanzlers vertraut machen konnten, in dessen Amtszeit das deutsche Wirtschaftswunder begann. Wie stark Politik und Wirtschaft auch auf sub-nationaler Ebene kooperieren, wurde bei den Stationen der Delegation im Saarland deutlich. Dort wurde die tunesischen Unternehmensvertreter im Landtag von CDU-Generalsekretär Roland Theis, MdL, sowie in der Staatskanzlei von Christine Klos, der Leiterin der Abteilung Europa und Interregionale Zusammenarbeit, empfangen. Auf Initiative der Ministerpräsidenten Annegret Kramp-Karrenbauer, die ihrerseits im letzten Jahr Tunesien besucht hat, will das Saarland die Zusammenarbeit mit der frankophonen Welt stärken. Entsprechend standen auch Perspektiven des saarländisch-tunesischen Austausches und Möglichkeiten für einen Erfahrungstransfer aus den grenzübergreifenden Kooperationsprojekten des Saarlandes mit seinen Nachbarländern auf der Tagesordnung.

Inwiefern internationaler Erfahrungstransfer im Bereich der dualen Berufsausbildung möglich und sinnvoll ist, war das zentrale Thema der Diskussionsrunden im Ministerium für Entwicklung und internationale Zusammenarbeit (BMZ) und dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn. „Nicht das deutsche System exportieren, sondern mit deutschen Erfahrungen die Probleme vor Ort lösen“, war dabei der Tenor der Ministeriumsvertreter. Während eine „Ein-zu-eins-Übertragung“ des deutschen Systems in der Regel nicht erfolgsversprechend sei, können Elemente und Lehren aus Deutschland durchaus beim Aufbau und der Weiterentwicklung eines länderspezifischen Systems der dualen Berufsausbildung nützlich sein. Für Peter Rechmann, Koordinator der Zentralstelle für internationale Berufsbildungskooperation (GOVET) im BIBB, haben sich in der Vergangenheit fünf Grundprinzipien der deutschen dualen Berufsausbildung als „exportfähig“ erwiesen: Die Zusammenarbeit von Regierung, Wirtschaft und Sozialpartnern (Arbeitgeberverband und Gewerkschaften), das Lernen direkt am Arbeitsplatz, die Etablierung nationaler Ausbildungsstandards, die Qualifikation von Ausbildern und institutionalisierte Forschungs- und Beratungsstrukturen zur Berufsbildung.

Wie internationaler Erfahrungsaustausch in der Privatwirtschaft auch jenseits der Berufsausbildung organisiert werden kann, zeigte sich beim Besuch des Senior Experten Service (SES), der ebenfalls in Bonn seinen Sitz hat. Der SES, der von den Dachverbänden der deutschen Wirtschaft getragen wird, ist eine Entsendeorganisation für ehrenamtliche Fach- und Führungskräfte im Ruhestand. Zurzeit stellen dem SES rund 12.000 Expertinnen und Experten aus allen beruflichen Richtungen ihr Wissen und ihre Erfahrung zur Verfügung. Die Experten werden für Kurzzeit-Beratungseinsätze im In- und Ausland vermittelt, unter anderem auch in Tunesien.

Tunesien nach vorne bringen

Die tunesische Delegation beteiligte sich intensiv an den Gesprächen und Besuchen. Vor allem war es den Teilnehmern wichtig, welche Lehren sie aus der deutschen Erfahrung für ihre Unternehmen und für ihr Land ziehen können, das derzeit mit einer Beschäftigungs- und Ausbildungskrise zu kämpfen hat. Dass die Wirtschaft ein Eigeninteresse an der Berufsausbildung entwickeln kann und langfristig von ihren Auszubildenden profitiert, war dabei eine der zentralen Erkenntnisse. Besonders interessiert waren die Delegationsmitglieder auch an der Funktionsweise des Dialoges zwischen Berufsschule und Unternehmen, an Möglichkeiten der konstruktiven Einbindung der Gewerkschaften und an der Rolle des Ausbilders am Arbeitsplatz. Die Teilnehmer evaluierten vor diesem Hintergrund das vielfältige Studien- und Informationsprogramm sehr positiv und zeigten sich überzeugt, dass sie die erworbenen Kenntnisse als Multiplikatoren in ihren Unternehmen, aber auch darüber hinaus in die tunesische Debatte zur Zukunft der Berufsbildung einbringen können. Für das KAS-AHK-Projekt „Das ausbildende Unternehmen“ bedeutet das Studien- und Informationsprogramm eine nachhaltige Stärkung der Schlüsselakteure, die damit zu einer Verstetigung und Ausweitung dieses Modellvorhabens beitragen werden.

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Dr. Holger Dix

Dr. Holger Dix

Leiter des Regionalprogramms Politischer Dialog Subsahara-Afrika, Interimsleiter des Auslandsbüros Südafrika

holger.dix@kas.de +27 11 214 2900 +27 11 214 2914

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