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Виступи на заходах

„Für wetterfeste Persönlichkeiten“ - Bildung und Erziehung in freier Trägerschaft

з Wilhelm Staudacher

4. Forum Schicksalsthema Bildung

Eröffnungsrede

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Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste,

Ich freue mich, Sie zu unserer heutigen Veranstaltung im Rahmen unserer Reihe Schicksalsthema Bildung ganz herzlich begrüßen zu dürfen. Schön, dass Sie so zahlreich unserer Einladung gefolgt sind.

Es ist uns gelungen, evangelische und katholische Einrichtungen zu gewinnen, mit uns, mit der Konrad-Adenauer-Stiftung, gemeinsam diese Tagung möglich zu machen. Daher gelten mein Dank und mein Gruß besonders der Evangelischen Akademie zu Berlin, dem Bund Katholischer Unternehmer (BKU), der katholischen Erziehergemeinschaft (KEG), der katholischen Elternschaft Deutschlands (KED), dem Verband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung (KKV) sowie dem Comenius-Institut. Ihnen allen ein herzliches Willkommen!

Wir konnten für den heutigen Abend namhafte Referenten und Diskutanten gewinnen. Ich darf Frau Katherina Reiche, stv. Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Herrn Prof. Dr. Michael Hüther, Leiter des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln, und Frau Marie-Theres Kastner, Mitglied im Ausschuss für Schule und Weiterbildung im nordrhein-westfälischen Landtag und Pater Klaus Mertes begrüßen.

Kaum zwei Wochen ist es her: Über 14 Jahre wurden in einer Bremer Villa insgesamt 200 Schüler geheim – an staatlichen Behörden vorbei – illegal privat unterrichtet. „Wir waren da – es hat sich gelohnt“, so lautet die Überschrift einer Erklärung, die ehemalige Schüler der „Geheim-Schule“ verfassten, nachdem der Fall öffentlich wurde.

Sie sehen, unser Thema: „Einrichtungen in freier Trägerschaft, ihre Perspektiven und ihre Zukunft“ ist brandaktuell. Aber es muss gesagt werden: Trotz Unmut über das staatliche Bildungsangebot, es ist in Deutschland noch nicht soweit, dass Eltern ihre Kinder reihenweise in Illegalität und Untergrund zum Unterricht schicken müssten.

Es gibt auch auf legalem Wege Raum und Möglichkeiten für Bildung abseits des staatlichen Angebots. Weil es diese gibt, und weil sie verstärkt in Anspruch genommen werden, fragen wir heute: Warum wollen immer mehr Eltern ein Bildungsangebot, das eine Ersatzfunktion gegenüber der öffentlichen Schule einnimmt?

Die Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft erfüllen eine wichtige und unersetzbare Funktion innerhalb unseres Bildungswesens. Das umfasst alle Einrichtungen: Grund- und Hauptschulen, Sonderschulen, Realschulen bis hin zu Gesamtschulen und beruflichen Schulen – oft wird dies übersehen, weil man sich zu sehr auf das Gymnasium konzentriert.

Vergessen wir nicht, dass auch die Einrichtungen für Kinder, die noch nicht der Schulpflicht unterliegen – Kinderkrippen, Kindergärten und Horte – zwar von den Gemeinden unterhalten werden, aber überwiegend von Kirchen und Verbänden der freien Wohlfahrtspflege sowie von Betrieben und Vereinen getragen werden. Es sind in erster Linie die Schulen, die von der katholischen und der evangelischen Kirche getragen werden. Wir vergessen nicht, dass andere Träger von der heutigen Thematik im gleichen Maße betroffen sind. Dennoch wollen wir den Kirchen heute Abend unsere besondere Aufmerksamkeit widmen!

Schon die Weimarer Reichsverfassung und dann das Grundgesetz begründeten die Wahrnehmung eines Freiheitsrechts, nämlich die Freiheit der Eltern, den Bildungsweg ihrer Kinder selbst zu bestimmen und dafür auch eine entsprechende Finanzierung durch den Staat erwarten zu können. Das Bundesverfassungsgericht hat 1987 einmal klar entschieden: Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen muss „zugleich als eine Verpflichtung des Gesetzgebers erachtet werden, die privaten Ersatzschulen zu schützen und zu fördern“. Es ist in meinen Augen verfassungsrechtlich problematisch, dass 2004 dieses positive Urteil wieder eingeschränkt wurde: der Staat sei nur dann zur finanziellen Förderung verpflichtet, „wenn ohne eine solche Förderung der Bestand de Schulwesens als Institution gefährdet“ werde. Darüber wird im Laufe dieses Abends sicherlich noch zu sprechen sein.

Das Grundgesetz jedenfalls garantiert auf diese Weise Pluralismus und Schulvielfalt, und zugleich wird der Staat entlastet. Damit konkretisieren freie Schulen einen Grundgedanken der christlichen Sozialethik, nämlich den der Subsidiarität. Der Staat kann insbesondere auf religiös-weltanschaulichem Gebiet das Elternrecht nicht voll verwirklichen. Hier bietet die freie Schule einen Ausweichraum, eine freiheitsfördernde Konkurrenz gegenüber dem Staat.

Wer über Bildung spricht, darf die Statistik nicht scheuen! Immer mehr Jungen und Mädchen lernen auf einer Privatschule. Sieben Prozent (656.000 Schüler) aller Schüler im allgemein bildenden Schulsystem besuchten 2006/2007 nichtstaatliche Einrichtungen in kirchlicher oder anderer privater Trägerschaft. Das ist eine Steigerung gegenüber 2000/2001 um 17,2 Prozent. Ferner besuchten 2006/2007 ca. 236.000 Schüler private berufliche Schulen. Auch kirchlich getragene Einrichtungen erfreuen sich eines neuen Zulaufs.

Wie auch immer man zu dieser Entwicklung steht, klar ist: Die Zahlen steigen. Die Nachfrage nach nichtstaatlicher Bildung kann kaum mehr gedeckt werden. Jede Woche werden in unserem Land ein bis zwei private Schulen gegründet. Während an öffentlichen Schulen die Zahl der Schüler sinkt und der Staat die Schulen schließen muss, kommen jedes Schuljahr 80 bis 100 allgemein bildende Schulen in privater Trägerschaft dazu.

Wie die von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Auftrag gegebene Sinus-Studie zeigt, haben Eltern in Deutschland das Vertrauen in das staatliche Bildungssystem verloren und ziehen ihre Konsequenzen. Es sind für ihre Kinder engagierte Eltern, die ihr Kind auf solche Schulen schicken. Oft steht der Wunsch nach einem Wertgerüst, einen Kompass für das Leben, den Eltern mit einer wertbezogenen Bildung und Erziehung verbinden und weshalb sie ihre Kinder auf kirchliche Schulen schicken. Sie erhoffen sich eine Lehrerschaft, die ihren Beruf als Berufung versteht, und durchaus auch mit christlichen Wertvorstellungen verbinden.

Auch öffentliche Schulen sind nicht wertneutral. Sie sind Grundgesetz und dem jeweiligen Schulgesetz verpflichtet – sicherlich nicht die schlechteste Grundlage! Es gibt für öffentliche Schulen eine Fülle von Wertvorgaben, dennoch müssen die Schulen weltanschauliche Neutralität wahren. Viele Eltern wollen aber mehr als nur weltanschauliche Neutralität, sie wollen ein besonderes pädagogisches Konzept, sie wollen besondere, engagierte Erziehungszuwendung oder sie wollen ihren Kindern eine Vorstellung von dem vermitteln, was es für ihr Leben bedeuten kann, aus dem Glauben zu leben. Ein geistiges Orientierungsgerüst ist zusehends gefragt!

Bei aller Notwendigkeit von international vergleichenden Bildungsstudien, können diese nicht genügen, die notwendig große Spannweite von Bildung zu erfassen. Jene Formen von Bildung geraten – beispielsweise bei der PISA-Studie – aus dem Blick, die auch den Positionspapieren der beiden Kirchen zur Bildung übereinstimmend als nicht minder wesentlich bezeichnet werden. In ihrem Verständnis ist Bildung mehr als die Förderung von „human capital“. Jeder Mensch hat seine Fähigkeiten und seine Talente, seine Begabungen und seine Neigungen, aber er lässt sich nicht auf eine wirtschaftliche Größe reduzieren.

Trotzdem – und zu unserem Glück – hat PISA die bildungspolitische Debatte in unserem Land neu belebt. Diese öffentliche Aufmerksamkeit und das geweckte Interesse für Bildung und Erziehung dürfen nicht ungenutzt bleiben. Es gilt, dafür zu werben, gute Bildung in einer sich globalisierenden Welt nicht durch wirtschaftlichen Anpassungs- und Leistungsdruck zu begründen, sondern zu einem umfassenderen, auf den Menschen ausgerichteten Bildungsbegriff zu gelangen. Nicht alleine technisch-kalkulatorisches Wissen ist gefragt, sondern Orientierungswissen, dass ethisch-moralische Leitplanken setzt.

Unser Gemeinwesen ist darauf angewiesen und hängt langfristig davon ab, dass seine Bürger es mit diesem Orientierungswissen ausdrücklich bejahen, unterstützen und erneuern. Das Wort Böckenfördes, dass der Staat von Voraussetzungen lebt, die er nicht selbst garantieren kann, ist wohlbekannt.

Und zum Ende hin darf ich Böckenförde auch wörtlich zitieren: „Woher können und sollen aber für die staatlich getragene Schule, zumal im religiös-weltanschaulich neutralen Staat und in einer pluralistischen Gesellschaft, verbindliche Orientierung und die Maßstäbe der Erziehung genommen werden? Trägt hier, und wie lange noch, ein kulturelles Erbe?“

Die Frage ist berechtigt und es kommt umso mehr auf die Stärkung jener Gruppen an, die die Entfaltung und Sicherung von Grundwerten unseres Zusammenlebens fördern und bewahren. Und die gründen nun einmal in aufgeklärten christlichen Werten.

„Der zur Vernunft geborene Mensch bedarf noch großer Bildung…“, schreibt Goethe. Eine Garantie, dass uns die Themen für das Forum „Schicksalsthema Bildung“ nicht ausgehen werden!

Ich wünsche uns anregende und weiterführende Gespräche und danke für die Aufmerksamkeit.

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