Climate Change and Public Interest
Fachkonferenz
Details
Bürgerinnen und Bürger beteiligen sich immer stärker am Klima- und Umweltschutz und wollen deshalb Einfluss auf die Formulierung der Klimapolitik eines Staates nehmen können. In seinem Grußwort erläuterte Dr. Peter Hefele, Leiter der KAS | Shanghai, dass Klima- und Umweltschutz sich zu einem zunehmend wichtigeren Teil der auswärtigen Beziehungen Deutschlands entwickelt und besonders im bilateralen Verhältnis mit China von immenser Bedeutung ist. Auch zwischen beiden Gesellschaften findet ein reger Austausch statt, wie sich an einer Vielzahl von Plattformen und Kooperationsprojekten zwischen deutschen und chinesischen NGOs deutlich zeigt.
Die klimapolitischen Herausforderungen in China sind immens. Um sie zu lösen, bedarf es eines verbesserten rechtlichen Rahmens, eines professionellen Umweltjournalismus und leistungsstarker NGOs.
Im ersten Panel erläuterte Prof. Dr. Zhang Jianwei vom Institut für Rechtwissenschaft der Henan Universität die Pläne zum Aufbau eines Emissionshandelsystems für klimaschädliche Gase in China. Dabei bietet sich die Möglichkeit, aus den Erfahrungen der EU mit dem 2005 eingeführten Emissionshandelssystem (EU ETS) sowie verschiedenen regionalen sowie freiwilligen Ansätze, z.B. in Australien und den USA, zu lernen. Da China seit 2009 der weltgrößte Emittent von CO2 ist, ist der Druck auf das Land ebenfalls zur Reduktion der weltweiten Emissionen beizutragen, enorm angewachsen. Prof. Zhang sieht diesen Druck als positiv, um Bemühungen um eine Reduktion innerhalb Chinas größeren Schwung zu verleihen.
Der chinesische Staatsrat hat beschlossen, bis 2015 in China landesweit ein freiwilliges Emissionshandelssystem zu etablieren. Zur Vorbereitung werden bereits einige Pilotprojekte durchgeführt. Zur Verwirklichung dieses Ziels müssen laut Prof. Zhang allerdings noch einige Hindernisse überwunden werden. Dazu zählen ein fehlender rechtlicher Rahmen, das geringe öffentliche Bewusstsein sowie mangelndes technisches Wissen etwa im Bereich der Datenmessung.
Christoph Bals, Direktor der deutschen NGO Germanwatch und Hauptreferent von deutscher Seite, erläuterte in seinem Beitrag die wesentlichen Herausforderungen Deutschlands bei der Umsetzung der „Energiewende“. Deutschland plant bis 2050 den Ausstoß von CO2 um 80% zu verringern (im Vergleich zu 1990) und gleichzeitig den Anteil von Erneuerbaren Energien an der Stromproduktion auf 80% zu erhöhen. Die Bundesregierung hat zudem beschlossen, bis 2022 alle Atomkraftwerke (AKWs) vom Netz zu nehmen. Dies stellt laut Bals aber nicht in erster Linie eine zusätzlich Herausforderung, sondern vielmehr eine Chance dar. Denn der günstige Betrieb von AKWs hat viele Stromproduzenten bislang davon abgehalten, intensiv in Erneuerbare Energien zu investieren. Er bezeichnete die Energiewende als "erstes großes Experiment, die Energiestruktur eines Industrielandes vollständig zu transformieren". Um dieses Ziel zu erreichen ist die aktive Teilnahme der Zivilgesellschaft unabdingbar. 80% der deutschen Bevölkerung unterstützen die Energiewende und auch die Unterstützung durch Unternehmen nimmt zu.
In der anschließenden Diskussion wurden unter anderem die Unterstützung von Entwicklungs- und Schwellenländern beim Klimaschutz sowie die Zukunft der Atomenergie in China und weltweit diskutiert. Christoph Bals erläuterte, dass der Neubau von Atomkraftwerken nicht nur aufgrund der enormen Risiken, sondern auch aus ökonomischen Gründen nicht mehr sinnvoll ist. Deshalb rechne er weltweit aufgrund der hohen Kosten mit einem Rückgang der Nutzung von Atomkraft. Er erläuterte zudem, dass die Hauptherausforderungen der Energiewende in Deutschland im Ausbau der Stromnetze und der Schaffung geeigneter Speichermöglichkeiten liegt.
Im zweiten Panel wurden die Rolle der Medien bei der Vermittlung des Wissens über den Klimawandel, dessen Folgen und Lösungsoptionen diskutiert. Die chinesischen Journalisten erläuterten die Rolle der Medien in China. Sie versuchen, die Angaben der Regierung zu überprüfen und die Diskussion über bestimmte Themen anzuregen. Daneben unterstützen sie auch Umweltinitiativen von NGOs oder stoßen selbst solche Initiativen an. Andreas Landwehr, Leiter des Büros der Deutschen Presseagentur (dpa) in Peking, verdeutlichte, dass Medien die Aufgabe haben, eine Brücke zwischen dem Klimawandel und dem alltäglichen Leben und den Erfahrungen der Menschen zu schlagen, um Bewusstsein und Verhalten zu ändern. Zudem sollten sie Menschen, die unter Umweltbeeinträchtigungen leiden, eine Stimme geben. Zhang Huan, Redakteurin des Online-Portals green.sina.com, stellte die zunehmende Bedeutung des Internetjournalismus beim Thema Klima und Umwelt dar. Neben den über 400 auf Umweltthemen spezialisierten Zeitungen und Zeitschriften existieren in China auch bereits mehrere hundert Webseiten, die ausschließlich Umweltnachrichten verbreiten. Durch dieses Medium sind die schnelle Verbreitung von Wissen und die Mobilisierung zur Teilnahme an Kampagnen möglich.
Im dritten Panel wurde dann die Rolle von NGOs beim Klimaschutz in China diskutiert. Zunächst gab Prof. Dr. Zhou Zhijia von der School of Public Affairs der Xiamen Universität eine Einführung in die Entwicklung chinesischer Umwelt-NGOs, deren Zahl und Einfluss auf den politischen Prozess in den vergangen Jahren stark angewachsen sind. Zu deren wichtigsten Herauforderungen zählen die immer noch starke politische Abhängigkeit von der Regierung und finanzielle Abhängigkeit von Unternehmen, die diese unterstützen.. Deshalb sollte die Regierung den NGOs nicht nur beim Umweltschutz weitere Freiräume gewähren. Denn NGO besitzen mittlerweile auch in China eine hohe fachliche Kompetenz. Ma Azure, Direktorin der NGO Xiamen Green Cross, stellte die konkrete Arbeit von Umwelt-NGOs am Beispiel ihrer eigenen Organisation vor. Mit gezielten Aktionen wollen sie Bewusstsein für Umweltprobleme erweitern, Beteiligungsmöglichkeiten der Bürger erweitern und als Lobby und Beratungsinstanz gegenüber lokalen Regierungen agieren.
Im Rahmen eines abschließenden „Round Table“ erörterten deutsche und chinesische Experten und studentische Aktivisten, wie zukünftig die Zivilgesellschaft noch stärker beim Klimaschutz beteiligt werden könnte. Prof. Dr. Berthold Kuhn, School of Public Affairs der Xiamen Universität, erläuterte, dass vor allem Modelle für einen alternativen Lebensstil konzipiert und verbreitet werden müssten. Qin Xudong vom China Reform Magazine merkte an, dass in China „Social Media“ einen wichtigen Beitrag zu größerer Partizipation leisten, da sie die Verbreitung von Information und die Mobilisierung der Bürger wesentlich erleichtern und die Regierung zu größerer Transparenz zwingen. Auch die traditionellen Medien müssen noch unabhängiger werden, um ihre Rolle als Vermittler von Problemlagen und Lösungsansätzen besser wahrnehmen zu können. Die beteiligten Studenten merkten an, dass in China die Wissensvermittlung zu Umwelt- und Klimathemen stärker in die Schulbildung integriert sowie das Vertrauen zwischen Regierung und Zivilgesellschaft weiter gestärkt werden müssen.