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Seminar

Partnerschaftsabkommen zwischen Ägypten und der EU

Legale Aspekte

Im Seminar werden die verschiedenen Aspekte des Partnerschaftsabkommens zwischen Ägypten und der EU untersucht, das vom ägyptischen Parlament ratifiziert werden soll. Besonders die Auswirkungen auf die ägyptische Wirtschaft stehen im Mittelpunkt.

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Details

Legal Aspects of the Egyptian - European Agreement

Programmübersicht

Begrüßung und Eröffnungsrede

Dr. Ahmed Abdel Wanis, Director of the ILF

Dr. Michael Lange, Representative of Konrad Adenauer Foundation in Egypt

Vitorio Ghidi, First Counsellor, Politics/Economics at the European Commission, Cairo

Dr. Kamal El Menoufi, Dean of the Faculty of Economics & Political Sciences

Session 1: “Egyptian-European Partnership Agreement: Motives and Goals”

Dr. Baher Atlam, FEPS, Chair

Dr. Ahmed Ghoneim, FEPS, “Egyptian-European Economic Relations: Historical Perspective”

Dr. Zeinab Abdel Azim,” The Motives and Goals underlying the Partnership Agreement”

Dr. Mouhamed Raaef, Discussant

Dr. Said El Lawendy, Discussant

Session 2: “The Legal Content of the Partnership Agreement”

Dr. Hanaa Kheir El Din, Chair

Dr. Hazim Atlam, “Rights and Obligations of the Parties to the Agreement: An Egyptian Perspective”

Dr. Abd Allah El Ashal, “Rights and Obligations of the Parties to the Agreement: A European Perspective”

Dr. Salah El Din Amer, Discussant

Dr. Hazem Gomaa, Discussant

Session 3: “The Enforcement of the Partnership Agreement”

Dr. Ibrahim Shalaby, Chair

Dr. Ahmed Abdel Wanis, FEPS, “Enforcing the Partnership Agreement in the Egyptian Domain”

(Dr. M. Shawky) presented by Dr. Ahmed El Rashidi, “Enforcing the Agreement in the European Domain”

Ahmed El Rashidi, FEPS, “Enforcement Mechanisms and Settling of Disputes”

Dr. Abdel Moez Nigm

Dr. Abdallah El Ashal

Abschlusssitzung

Dr. Baher Atlam, FEPS, Chair

H.E. Ambassador Gamal El Bayoumy, Ministry of Foreign Affairs

Dr. Hassan Nafea, FEPS

Dr. Abdel Sattar Ashra

Herr Abdel Wanis, Direktor des International Legal Forum (ILO) der Kairo Universität, begrüßte in der Eröffnungssitzung die bereits anwesenden Konferenzteilnehmer und gab einen Überblick über die Struktur der Konferenz. In Anbetracht der Globalisierung schlössen sich zunehmend Staaten zusammen, um kollektiv den Herausforderungen der Globalisierung begegnen zu können. Er verwies auf NAFTA und ASEAN als Beispiele. Diese „transnationale Einheiten“ – wie er sie nennt – hätten ein kollektives System entwickelt, um u.a. Arbeitslosigkeit und Auslandsverschuldung angehen zu können. Die Globalisierung habe ein neues internationales Wirtschaftssystem hervorgebracht, worauf Ägypten seiner Meinung nach effektiv reagiert habe. Um sich verstärkt in das internationale System einzugliedern, nehme Ägypten u.a. einen Beobachterstatus in verschiedenen Organisationen (z.B. ASEAN) ein. Darüber hinaus setze sich Ägypten für den Ausbau gemeinsamer arabischer Kooperationsstrukturen ein. Bereits 1977 schloss Ägypten mit der EU ein Wirtschafts- und Handelsabkommen ab, was zu einer Erhöhung der ägyptischen Importrate auf 42% führte. Ferner beschloss das „Höhere Nationale Komitee“ im September 1995 die Beziehungen zur EU zu erweitern und kulturelle, wissenschaftliche sowie politische Kooperation anzustreben. Ein entsprechendes Abkommen wurde bereits von der EU und sechs ihrer Mitgliedsstaaten sowie Ägypten ratifiziert. Diese Konferenz diene nunmehr dazu, mehr Licht auf die möglichen Auswirkungen des Abkommens für Ägypten zu werfen.

Angesichts der bevorstehenden Inkrafttretens des Abkommens begrüßt Herr Lange den gewählten Zeitpunkt dieser Konferenz. Die EU sei der wichtigste Handelspartner Ägyptens und durch dieses Abkommen werde sich die politische, wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit auf gleichberechtigter Basis vertiefen. Für Ägypten sei dies eine Herausforderung, der einen Anpassungs- und Reformprozess erfordere, um die Vorteile des Kooperationsabkommens voll ausschöpfen zu können. Die EU erleichtere diesen Prozess, indem umfangreiche Entwicklungshilfe geleistet werde, die auf technologische Entwicklung, Verbesserung der Handelsbeziehungen, industrielle Modernisierung und Entwicklung des Humankapitals abziele. Darüber hinaus erwarte man, dass die positiven Effekte des Abkommens sich auch auf andere arabische Staaten positiv auswirken werden. Herr Lange verwies in diesem Zusammenhang auf den erfolgreichen europäischen Vereinigungsprozess, der durchaus als ein Modell für einen ähnlichen Prozess in der nahöstlichen Region dienen könne, um eben so viele Vorteile für die arabischen Staaten hervorzubringen.

Herr Ghidi, erster Sekretär der Europäischen Kommission in Ägypten, beschrieb eingangs seines Referats den komplexen rechtlichen Charakter, die Struktur sowie den Entscheidungsprozess der EU und wies darauf hin, dass er lediglich Repräsentant der Europäischen Kommission sei. Nach Meinung Herrn Ghidis markieren die Finanzprotokolle der 70er Jahre den Beginn der europäisch-ägyptischen Zusammenarbeit, wobei hauptsächlich europäische Finanzhilfe zur Durchführung von ägyptischen Wirtschaftsprojekten im Vordergrund standen. Hierbei habe es sich aber lediglich um ad-hoc Maßnahmen gehandelt. Erst durch den Barcelona-Prozess, in dessen Rahmen die Staaten des Mittelmeerraumes als eine Region definiert wurden, wurde ein umfassendes Kooperationskonzept entwickelt. Im Rahmen der Euro-Mediterranen Partnerschaft stelle die EU für das MENA I Programm eine Gesamtsumme von ca. 5,3 Mrd. Euro an Finanzhilfe zur Verfügung. Davon erhalte Ägypten 680 Mio. Euro. Das für 2004 bis 2007 vorgesehene MENA II Programm weise Ägypten 351 Mio. Euro zu. In Absprache mit der EU werden die zur Verfügung gestellten Finanzmittel von Ägypten für diverse sektorale Projekte und Programme eingesetzt. Darüber hinaus werde von der EU die Einbettung Ägyptens in eine bis zum Jahr 2010 zu schaffende Freihandelszone angestrebt. Die etlichen Assoziierungsabkommen mit den arabischen Staaten seien weitere Bausteine für dieses Projekt. Herr Ghidi verwies abschließend auf die Frage, was im nächsten Jahr 2004 geschehen würde, wenn die zehn neuen Mitgliedstaaten die Abkommen nicht ratifizieren sollten. Bis jetzt habe sowohl die EU als auch sechs Mitgliedsstaaten das Abkommen ratifiziert. Sollte der Ratifizierungsprozess der anderen Länder länger andauern, so könne Ägypten die EU etwa um die Umsetzung von Teilaspekten des Abkommens bitten, die in den Autoritätsbereich der EU-Kommission fallen.

Herr Menoufi, Dekan der wirtschafts- und politikwissenschaftlichen Fakultät der Universität Kairo, bemängelte in seinem Kurzreferat, dass in Ägypten die rechtlichen Aspekte des Abkommens in den letzten zwei Jahren kaum diskutiert worden sind. Aufgrund dessen begrüße er die Maßnahmen der ILO, sich verstärkt mit den Rechten und Pflichten, die aus dem Abkommen resultieren, auseinander zu setzen. Hierzu warf er eine Reihe von Fragen auf: Welche Auswirkungen wird das Abkommen auf die ägyptische Innenpolitik haben? Was geschieht, wenn Ägypten mit den USA oder anderen nahöstlichen Staaten Abkommen abschließt? Welche Auswirkungen hat dies auf das europäisch-ägyptische Abkommen? Generiert dieses Abkommen gleiche Vorteile für beide Parteien? Diesen und weiteren Fragen müsse seiner Meinung nach besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.

In der ersten Sitzung lieferte Herr Ghoneim einen historischen Überblick über die europäisch-ägyptischen Beziehungen. Er unterteilte die Beziehungen in drei Phasen. Die erste Phase beginne 1957 mit Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG). In den Jahren 1961 und 1963 schloss die EG Handelsabkommen mit einigen mediterranen Ländern, wie z,.B. Spanien ab und weitete in den folgenden Jahren ihre Zusammenarbeit auch auf die Maschrek und Maghreb-Staaten aus. Erst im Jahr 1977, das die zweite Phase der europäisch-ägyptischen Beziehungen einleite, unterzeichnete die EG ein Finanzprotokoll mit Ägypten, welches Ägypten zur Durchführung von Wirtschaftsprojekten finanzielle Unterstützung bereitstellte. Allerdings konnte Ägypten im Agrarbereich aufgrund der protektionistischen europäischen Praxis seine Exportquote nicht erhöhen. Auch im Industrie- sowie Textilbereich konnten keine positiven Entwicklungen initiiert werden. Dies sei aber vorwiegend auf ägyptische Ursachen zurückzuführen. Die Finanzmittel seien zwar für Projekte im Sozial- und Agrarbereich eingesetzt worden, aber es wurden keine Gelder für Reformprojekte eingesetzt, welche dringend benötigt wurden. Unter anderem konnten aufgrund der schwerfälligen EU-Bürokratie und ägyptischen Missmanagements die Finanzmittel des 4. Protokolls nicht in Gänze verwendet werden. Lediglich 40% der Finanzzusagen waren tatsächlich abgerufen werden. Die EU evaluierte die Beziehungen zu den Staaten des Mittelmeerraumes und verfolgte ab 1995 mit dem Barcelona Prozess eine neue Strategie. Ziel ist es nun u. a. eine Freihandelszone im Mittelmeerraum zu schaffen. Hierfür wurden die MENA Programme als neues Instrument eingesetzt. Darüber hinaus umfasse der Barcelona-Prozess politische, kulturelle und soziale Bereiche, die inzwischen zu tragenden Säulen des Prozesses wurden.

Frau Abdel Azim setzte sich dezidiert mit den Motiven und Zielen der Partnerschaftsabkommen auseinander. Die Euro-mediterrane Partnerschaft ziele in erster Linie auf Stabilität und Sicherheit ab, die durch Kooperation mit den verschiedenen Staaten erreicht werden solle. Die EU sehe vor allem im politischen Islam, in der Immigration und der fehlenden Demokratie Gefahren für die eigene Sicherheit. Insbesondere solle Immigration in den europäischen Raum gestoppt werden, denn in Europa bestehe die Sorge, dass der politische Islam in den europäischen Raum transferiert und dort zu einer Gefahr der bestehenden Ordnung werden könne. Die EU versuche zudem, mittels der Partnerschaftsabkommen Demokratie zu fördern. Ein Grund hierfür sei unter anderem die negative Perzeption der EU durch die jeweilige politische Opposition in den Ländern des Mittelmeerraumes, die die EU als Ursache für den Demokratisierungsmangel erachte. Insofern sehe die EU auch in dieser Perzeption ein Sicherheitsrisiko. Denn daraus können sich möglicherweise für die EU gefährdende Handlungen der politischen Oppositionen in diesen Ländern ergeben. Auch der israelisch-arabische Konflikt habe zu einer negativen Perzeption des Westens geführt. Daher bemühe sich die EU auch in dieser Hinsicht um einen erfolgreichen Friedensprozeß, um mehr Sicherheit und Stabilität im Mittelmeerraum zu erreichen. Vor allem die südeuropäischen Länder Frankreich, Spanien, Italien und Griechenland als unmittelbare Nachbarn im Mittelmeerraum hätten ein verstärktes Interesse an einem umfassenden Dialog mit der Arabischen Welt. Frau Abdel Azim bezeichnete die Euro-Mediterrane Partnerschaft als europäischen Gegenentwurf zur amerikanischen Nahost-Politik, mittels welche eigene Interessen und Vorteile gesichert werden sollen. Die EU versuche, eine Monopolstellung für sich zu erringen und wirtschaftlich von den niedrigen Löhnen in der Region zu profitieren. Die Sicherheits- und Stabilitätsvorstellungen der EU umfassen jedoch auch die Menschenrechte. Dies gab Anlass zu heftigen Kontroversen. Die Sicherstellung von Menschenrechte gilt in Ägypten wie in den anderen arabischen Staaten als innere Angelegenheit, die eine Einmischung von außen nicht erlaubt. Dessen ungeachtet begrüße aber Ägypten und die arabischen Staaten eine stärkere Rolle der EU in der Region, die sie als Gegengewicht zur amerikanischen Rolle/Politik sehen. Auch mit Blick auf den arabisch-israelischen Konflikt wünschen sich die Staaten eine stärkere Rolle der EU, die als ausgewogener gelte. Aber die USA waren bis jetzt in ihren Bemühungen erfolgreich, die EU von diesen Angelegenheiten fern zu halten.

In der zweiten Sitzung wurden die rechtlichen Aspekte des Partnerschaftsabkommens erörtert. Herr Salama referierte über die Rechte und Pflichten aus ägyptischer Sicht. Im Vergleich zu den Protokollen der 70er Jahre bewertete Herr Salama die Vorteile resultierend aus dem europäisch-ägyptischen Abkommen höher ein. Damals sei die EU mehr Pflichten eingegangen, wobei das gegenwärtige Abkommen ausbalancierter und umfangreicher sei. Dabei liege der Schwerpunkt nach wie vor auf dem Wirtschaftsbereich, was sich durch die zahlreichen Artikel verdeutlichen lasse, die diesen Bereich betreffen Diese seien zudem präziser formuliert als Artikel, die sich mit politischen, kulturellen und sozialen Aspekten befassen. Im Allgemeinen sei das Abkommen quantitativ und qualitativ weitaus besser als die vorherigen. In wirtschaftlicher Hinsicht biete das Partnerschaftsabkommen Ägypten mehr Vorteile. Ägypten konnte bis zur europäischen Rezession u.a. Öl, Kunstdünger und Ölprodukte ohne Quoten und Zölle in den europäischen Markt exportieren. Hernach wurden allerdings diesen ägyptischen Produkten Quoten auferlegt. Der neue Vertrag sehe aber wieder eine Erhöhung der Quoten drei Jahre nach dessen Abschluß vor. Abschließend plädiert Herr Salama für eine Erhöhung der europäischen Finanzhilfe für Ägypten und für die Erarbeitung eines Technologietransfersystems.

Im Anschluß stellte Herr Al Ashal die europäische Sichtweise der Rechten und Pflichten der Vertragsparteien dar. Die EU bevorzuge aufgrund spezifischer Eigeninteressen Abkommen mit einzelnen Ländern. Vor allem die südlichen Länder Europas hätten ein besonderes Interesse an einem umfassenden Konzept für den Mittelmeerraum. Vor allem die Angst vor Terrorismus, Migration und islamischem Fundamentalismus ist seiner Meinung nach der entscheidende Beweggrund der europäischen Staaten für den Barcelona-Prozess. Die mit den Mittelmeerländern geschlossenen Abkommen seien unbefristet bis auf ein Abkommen mit der PLO; dies sei „a mandatory Agreement“. Es sei zwar möglich, die Verträge zu erweitern und zu überarbeiten, aber es gebe keinen Artikel, der eine Vertragsbeendigung oder ein Auslaufsdatum vorsehe. Des Weiteren kritisierte er die ungleiche Behandlung der arabischen Staaten und Israel. So fehlen z.B. Artikel bezüglich der Menschenrechte und Demokratie in den europäisch-israelischen Abkommen, die aber in den Verträgen mit den arabischen Staaten explizit genannt werden. Obwohl das Abkommen nicht ganz ausgewogen sei, könne sich Ägypten glücklich schätzen, dennoch einen Vertrag eingegangen zu sein. Das europäische Interesse ziele auf eine Achtung der Menschenrechte, mehr Demokratie und die Anbindung Ägyptens an die WTO. Das übergeordnete Ziel sei regionale Stabilität und Frieden. Ägypten nehme nach Ansicht der EU eine Schlüsselposition im Nahen Osten ein, woraus sich das besondere Interesse der EU für Ägypten ableiten ließe.

Laut Artikel 92 des Partnerschaftsabkommens zwischen der EU und Ägypten tritt das Abkommen erst nach der Ratifizierung durch alle Mitgliedstaaten in Kraft, so Dr. Ahmed Abd el Wanis in seinem Vortrag „Enforcing the Partnership Agreement in the Egyptian Domain“. Auch nachdem Ägypten den Vertrag ratifiziert habe, sei er hier immer noch sehr umstritten. Man sei sich nach wie vor nicht einig, ob das Land davon profitieren wird oder nicht.

Der Referent, Befürworter des Vertrages, appellierte an die Toleranz der Zuhörer: Sie sollten nicht vorschnell urteilen und behaupten, Ägypten sei nun verpflichtet, Forderungen zu erfüllen, genieße aber das Recht auf äquivalente Gegenleistung. Das Abkommen orientiere sich an den WTO Bestimmungen. Stimme ein Punkt des Partnerschaftsabkommens nicht mit ihnen überein, dann könne der Vertragspunkt als nichtig erklärt werden. Der Vertrag umfasst einen allgemein gehaltenen Teil, der Prinzipien wie Wahrung der Menschenrechte, Streben nach Demokratie und nach politischer und wirtschaftlicher Freiheit zur Grundlage des Vertrages macht.

Die angestrebte politische, wirtschaftlichen, kulturelle und finanzielle Kooperation sowie Regelungen bezüglich des Waren- und Dienstleistungshandels und der Einwanderung werden anschließend detaillierter festgelegt. Die Durchführung der meisten Punkte ist schrittweise vorgesehen. Es handele sich bei dem Vertrag um eine Art Verlängerung der Vereinbarung zwischen Ägypten und der Europäischen Gesellschaft für Kohle und Stahl (EGKS), die im Jahre 1977 in Brüssel unterzeichnet und alle drei Jahre verlängert wurde.

Es war vorgesehen, dass Dr. Mohammad Schawki anschließend näher auf den Aspekt kontrastierender Rechtssprechungen eingeht (nationales Recht via internationales Recht/ Partnerschaftsabkommen). Da er selbst nicht anwesend sein konnte stellte Dr. Ahmad el Raschidi die Studie vor. Die Präsentation fiel sehr kurz aus. Es wurde mehrmals beteuert, wie wichtig und komplex das Thema („Enforcing the Agreement in the European Domain“) sei und dass deshalb mehrere Studien über das Thema durchzuführen seien. Andererseits sah der Redner keinen Unterschied zwischen dem Inhalt der ersten Studie und der zweiten. Die einzigen neuen Punkte, die er einbrachte waren, dass das Abkommen keinesfalls eine unendliche Angelegenheit darstelle sondern gewisse zeitliche Richtlinien existierten und dass immer darauf geachtet werden müsse, dass der Vertrag für alle Länder implementierbar sei.

Dann ging er zu seinem eigenen Thema „Enforcement Mechanism and Settling of Disputes“ über. Er bezog sich auf Kapitel 8, Art. 82 des Abkommens in dem geregelt wird, wie bei Uneinigkeit über die Anwendung oder Interpretation des Abkommens zu verfahren ist. In dem Artikel werden zwei Möglichkeiten aufgezeigt. Erstere wäre, dass im Association Council, der aus Mitgliedern der Vertragsparteien EU und Ägypten besteht, gemeinsam nach einer Lösung gesucht wird. Gelingt dies nicht besteht die Möglichkeit, dass beide Parteien und das Association Council je einen Schiedsmann ernennen. Diese drei Schiedsmänner sollen sich dann mehrheitlich auf eine Einigung festlegen. Von ägyptischer Seite wird befürchtet, dass die EU wegen ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit in diesen Prozess größeren Einfluss hat als Ägypten. Es sei nicht festgelegt worden, welcher Nationalität der dritte Schiedsmann angehören solle. Es wies darauf hin, dass noch andere Wege der Konfliktbeilegung beschritten werden könnten. Nur müssten sich die Parteien zu Beginn auf eine Prozedur verständigen und diese dann konsequent verfolgen.

Der Kommentator, Dr. Abdel Moez Nigm, sagte noch ein paar Takte zu der Problematik der kontrahierenden Gesetze. Es gebe kein Recht, dass so sehr auf dem freien Wille basiere wie das Internationale Recht. Schließlich sei dieses aus der Kooperation von Experten vieler Länder entstanden, die alle von unterschiedlichen Erfahrungen profitieren und sich gemeinsam auf das internationale Recht geeinigt hätten. Sollte einer der Mitgliedsstaaten dieses Gesetz sich nicht mehr zur Grundlage machen wollen, dann könne er dies nach einer Benachrichtigung sagen und aus dem Vertragsverhältnis aussteigen. Dies sei eine freie Entscheidung. Es handele sich ja nicht um den Koran..

Nach in Kraft treten habe auf jeden Fall die nationale Rechtssprechung Vorrang vor der internationalen. Stehe die nicht in Übereinstimmung mit dem nationalen Recht, dann wird sie auch nicht eingeführt. EU Staaten hätten mittlerweile damit begonnen ihre Rechtssprechung der internationalen anzunähern. Ferner betonte er, dass an dem Partnerschaftsabkommen zwar 15 Mitgliedstaaten aus der EU teilnehmen, dass dies aber nicht bedeute 15 gegen 1 (Ägypten), sondern 1 zu 1. Ägypten stelle in diesem Verhältnis einen vollwertigen Partner der EU dar und trete nicht jedem einzelnen Mitgliedstaat gegenüber. Außerdem hätten noch nicht alle Mitgliedstaaten der EU unterschrieben und solange das nicht der Fall sei, trete das Abkommen auch nicht in Kraft.

Der Kommentator Dr. Abdallah El Ashal zog Parallelen zur Einführung der UNO. Hier habe man am Anfang überlegt eine Mindestverpflichtung von 10 Jahren einzuführen, um der Organisation eine gewisse Stabilität zu verleihen. Diese Regelung sei dann nicht eingeführt worden. Genauso wird also auch die Beendung der Mitgliedschaft im Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und Ägypten zu jeder Zeit möglich sein.

Das erste Referat der Abschlusssitzung wurde von Botschafter Gamal Bayoumi vom ägyptischen Außenministerium gehalten, der mit 20 anderen Ministern die Verhandlungen über das Ägyptisch-Europäischen Partnerschaftsabkommen geführt hatte. Lebhaft berichtete er von Diskussionen über Import- und Exportquoten von Kartoffeln, Erdbeeren und anderen Produkten. Er machte darauf aufmerksam, dass in Europa sehr unterschiedliche Normen und Richtwerte zugrunde lägen. Regelungen wie Dumping- und Monopolverbote kenne man in Ägypten nicht. Ein weiterer Punkt, der beachtet werden müsse, seien die „Rules of Origins“.

Produkte die exportiert werden, müssen zu 100% in Ägypten produziert worden sein. Auch der Transfer von geistigem Eigentum sei per Vertrag geregelt worden. Man könne nicht einfach ein Buch von Naguib Machfuz ins Spanische übersetzen und dort unter Preis verkaufen. Herr Bayumi verstand es die Zuhörer zum Lachen zu bringen und nebenbei zu vermitteln, dass er die Marktliberalisierung begrüßt und in den langwierigen Verhandlungen viele Vorteile für Ägypten erzielt worden seien. Schließlich hätte Ägypten das Abkommen sonst nicht ratifiziert. In der abschließenden Diskussion machte Mr. Bayoumi noch einmal darauf aufmerksam, dass es nicht darum ginge mit der EU, sondern in der EU mit Ländern wie Kenia und Bangladesh zu konkurrieren. Es müssten strategische Ziele gesetzt werden, wie zum Beispiel 10% der Exportmenge von Singapur zu exportieren. Singapur exportiere derzeit mehr als die gesamte arabische Welt zusammen!

Das zweite Referat wurde von Mohammad Nafea gehalten, der leider so schnell sprach, dass die Simultanübersetzer oft nicht mitkamen. Klar wurde jedoch, dass er dem Abkommen kritisch gegenüberstand, da er bezweifelte, dass Ägypten mit den anderen europäischen Ländern konkurrieren könne. Er konnte selber nicht beurteilen, ob Ägypten nun als Gewinner oder Verlierer aus dem Abkommen herausgehen wird. Die ägyptischen Verhandlungsführer seien aber sicher sehr geschickt gewesen. Allerdings hätten ägyptische Produzenten mehr in die Verhandlungen mit einbezogen werden sollen, um mehr realitätsnahe Aspekte berücksichtigen zu können.

Dr. Abdel Sattar Ashra entgegnete, dass man Produzenten miteinbezogen habe. Ägypten habe sich von allen Ländern am längsten Zeit für die Unterzeichnung des Vertrages gelassen (9 bis 10 Jahre!!?). Dies habe es ermöglicht besonders gute Bedingungen für Ägypten zu erzielen. Exporteure werden aller Voraussicht nach die Hauptnutznießer des Abkommens sein. Aber auch die Konsumenten werden davon profitieren, da alle Waren in Zukunft sorgfältiger überprüft werden. Bezüglich des Exportes merkte er an, dass der europäische und der ägyptische Markt sehr unterschiedlich seien. Während in Ägypten beispielsweise Gemüse per Kilo verkauft werde, so kauften die Leute in Europa ihr Gemüse per Stück. Sich an den sehr standardisierten europäischen Markt anzupassen sei eine große Herausforderung für Ägypten, besonders weil in den letzten 50 Jahren der Export sehr schwach gewesen sei. Eine sorgfältige Marktforschung in Europa zu betreiben sei unerlässliche Voraussetzung, um die sich neu bietenden Chancen ausnutzen zu können.

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Kairo

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  • International Law Forum (ILF) der FEPS
    • Kairo Universität
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      Dr. Michael A. Lange

      Dr. Michael A

      Kommissarischer Leiter des Rechtsstaatsprogramms Nahost/Nordafrika

      Michael.Lange@kas.de +361 1 385-094 +361 1 395-094
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      5. Mai 2003
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