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Veranstaltungsberichte

„Die Politik des 21. Jahrhunderts wird auf Augenhöhe gemacht!“

Federico Suárez und Juan Manuel Ricciarelli fesseln die Teilnehmer des Campus Konrad Adenauer mit spannenden Erfahrungsberichten und Ideen aus Argentinien.

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23 junge Politiker aus ganz Lateinamerika wollen an diesem Sonntagmorgen diskutieren, wie erfolgreiche politische Mobilisierung im heutigen Lateinamerika aussehen kann. Die beiden Dozenten, die hierzu aus Buenos Aires zum Campus Konrad Adenauer „Mobilisierung und Zivilgesellschaft“ nach Panama gekommen sind, wissen genau, wovon sie sprechen. Federico Suárez und Juan Manuel Ricciarelli haben die erfolgreichen Kampagnen der argentinischen Regierungskoalition Cambiemos in den vergangenen Jahren wesentlich mitgestaltet und spielen auch heute eine Schlüsselrolle: Ricciarelli als Berater, Suárez als Kommunikationsminister der größten Provinz Argentiniens: Buenos Aires.

„Wir stecken mitten in einem Paradigmenwechsel, was politische Kommunikation betrifft“, sagt Suárez. Er entwickelt mit seinen jungen Zuhörern Charakteristika einer politischen Kommunikation des 21. Jahrhunderts und stellt prägnant heraus, was diese von den Werkzeugen des 20. Jahrhunderts unterscheidet. „Die Politik des 20. Jahrhunderts war vertikal, wurde von oben nach unten gemacht“, so der Minister, „die Politik des 21. Jahrhunderts aber ist horizontal, wird auf Augenhöhe gemacht“. Suárez entwirft das typische Bild der „alten Politik“: „Der messianische Anführer steht auf dem Podium und redet, die Menge hört und jubelt ihm zu.“ So könne man heute keine erfolgreiche Politik mehr machen: „Politik des 21. Jahrhunderts bedeutet, dass die Bürger reden und die Politiker vor allem zuhören.“ Ein echter Rollentausch also!

Politische Kommunikation verlangt ihren Machern heute andere Fertigkeiten ab als früher. Wichtig ist heute, genau zu wissen, was die Leute bewegt. Um mit den eigenen Botschaften zu ihnen durchzudringen, muss man sich gegen eine schier überwältigende Konkurrenz durchsetzen: gegen den Tratsch des Tages, gegen wichtige Sportereignisse … und nicht zuletzt natürlich gegen die Botschaften der politischen Konkurrenz. Wie erreiche ich das? „Das 20. Jahrhundert war von den großen Ideologien geprägt“, erklärt Suárez. „Im 21. Jahrhundert rücken dagegen die Belange in den Vordergrund, die „mich als Individuum“ unmittelbar betreffen: der „eigene Quadratmeter“, wie es der Minister ausdrückt. „Viele Menschen fragen heute vor allem, was ihr eigener Nutzen ist“, bestätigt Ricciarelli, „und genau auf diese Frage sollten wir immer eine Antwort haben“.

Eine Regierung, die heute noch glaubt, die Agenda der Menschen einfach bestimmen zu können, dürfte sich gewaltig täuschen. „Wir müssen uns als Politiker in die Gespräche und Diskussionen einklinken, die die Menschen ohnehin bereits führen“, fordert Suárez. Ricciarelli unterstreicht diesen Punkt nachdrücklich. Er erklärt, wie er und sein Team beständig die sozialen Medien nach Themen durchsuchen, über die die Menschen in verschiedenen Teilen der Provinz Buenos Aires debattieren. Diese starke lokale Differenzierung, aber auch die Unterscheidung nach Interessen und Vorlieben der Zielgruppe sei ein Schlüssel zum Erfolg. „Capilaridad“ – dies ist das Zauberwort auf Spanisch, das Ricciarelli ein ums andere Mal wiederholt. Das Interesse vieler Bürger beschränkt sich oft auf ein sehr eng umgrenztes Umfeld. Die guten Taten der Regierung für die Nachbarstadt spielen da häufig bereits keine große Rolle mehr.

Auch bei der Wahl des Mediums muss man flexibel sein. Ab der Mitte des Monats, so gibt Ricciarelli zu bedenken, haben viele Menschen das Datenvolumen ihres Handys bereits aufgebraucht. Was nützen aber Internet-Posts, die die Menschen gar nicht mehr lesen können? In diesen Phasen sollte man nach wie vor auch auf das „gute alte“ gedruckte Material zurückgreifen.

Einen weiteren Aspekt gibt Suárez zu bedenken: Emotionen und Bilder spielen in der Politik des 21. Jahrhunderts eine wesentlich größere Rolle als zuvor. Als vor gut zehn Jahren der heutige Präsident Argentiniens, Mauricio Macri, für das Amt des Bürgermeisters von Buenos Aires kandidierte, nahm die marode Infrastruktur der Stadt breiten Raum in der Kampagne ein. Was aus dem Wahlkampf blieb, waren aber nicht seitenlange Strategiepapiere zur Lösung des Problems, sondern ein Foto von Macri, wie er ein Schlagloch überspringt.

Die jungen lateinamerikanischen Politiker fragen, wie sie diese Erkenntnisse und Strategien im eigenen Land auch mit begrenzten Ressourcen umsetzen könne. „Glaubt nicht, dass man dazu eine Riesenmannschaft braucht“, beruhigt Suárez, „es kommt auf die Qualität an“. Und auf gute Vorausschau: „Alles, was wir als Provinzregierung von Buenos Aires tun und kommunizieren, ist genau geplant.“ Die Agenda der Provinzgouverneurin werde immer zwei Wochen im Vorhinein konzipiert und danach an aktuelle Ereignisse angepasst.

Nach mehr als drei Stunden intensiven Austauschs nehmen die Teilnehmer eine Menge neuer Ideen mit, die sie nun in ihre Heimatländer tragen.

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