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"Die Zukunft Europas wird in Europa entschieden"

Neujahrsempfang der Konrad-Adenauer-Stiftung Brüssel mit Bundespräsident a. D. Christian Wulff

Bundespräsident a.D. Christian Wulff sprach am 09. Februar 2017 anlässlich des Neujahrsempfangs der Konrad-Adenauer-Stiftung Brüssel unter dem Motto „Mit Vertrauen in die Zukunft“ zum Thema „Ansichten auf Europa 2017“. Ebenso wandte sich Dr. Hans-Gert Pöttering, ehemaliger Präsident des Europäischen Parlaments und Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung, mit einem Mut machenden Appell an die rund 400 im Cercle Royal Gaulois versammelten Gäste.

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Bundespräsident a.D. Christian Wulff sprach am 09. Februar 2017 anlässlich des Neujahrsempfangs der Konrad-Adenauer-Stiftung Brüssel unter dem Motto „Mit Vertrauen in die Zukunft“ zum Thema „Ansichten auf Europa 2017“. Ebenso wandte sich Dr. Hans-Gert Pöttering, ehemaliger Präsident des Europäischen Parlaments und Vor-sitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung, mit einem Mut machenden Appell an die rund 400 im Cercle Royal Gaulois versammelten Gäste.

Christian Wulff räumte direkt zu Beginn seiner Ausführungen ein: „Diese Neujahrsrede ist ernster als alle, die ich in den letzten 40 Jahren gehalten habe.“ In den Zeiten tiefgreifender Krisen in Europa sei man gut beraten, mit Prognosen vorsichtig zu sein. „Es ist nirgendwo garantiert, dass wir liberale Gesellschaften bleiben. Wer in der Demo-kratie schlafen geht, kann in der Diktatur aufwachen.“ Gerade deshalb, so Wulff, müsse die europäische Idee mit neuem Leben erfüllt werden. „Ich möchte empfehlen, dass wir mit Leidenschaft und Entschlossenheit einen europäischen Weg gehen und uns dabei nur nach einer Frage richten: Was ist gut für die europäischen Völker?“ Wer sich danach richte, der werde am Ende allen nutzen.

Wulff mahnt vor rückwärtsgewandtem Denken

In seiner Rede nahm Wulff mehrmals Bezug auf die europäische Geschichte: „Erst seit 25 Jahren kennen wir Frieden und Einheit in Europa, Dinge, die für junge Leute selbstverständlich geworden sind.“ Als 1989 Mauern fielen und verkrustete Strukturen aufbrachen, herrschte in Europa ein „wind of change“ vor. Heute gebe es wieder einen Wandel, nämlich einen hin zu Nationalismus und Protektionismus. Er werde von vielen nur staunend betrachtet, von anderen sogar bewusst gefördert, und nur von wenigen aktiv bekämpft. Im Einsatz gegen rückwärtsgewandtes Denken komme es jedoch auf jeden einzelnen an. Denn, so Wulff, „unsere Art zu leben, ist nicht nur von außen gefährdet, sondern sie ist auch von innen, aus unseren Gesellschaften heraus gefährdet.“

Der ehemalige Bundespräsident mahnte daher auch zur Selbstkritik. Er hob drei Dinge hervor, die europäische Politiker bisher unterschätzt hätten: Zum einen die Globalisierung, wobei er auf den bedeutenden Soziologen Ralf Dahrendorf verwies, der bereits 1997 schrieb: „Globalisierung vollzieht sich in Räumen, für die noch keine Strukturen der Kontrolle und Rechenschaft erfunden sind, geschweige denn solche, die den einzelnen Bürger ermächtigen. Globalisierung entzieht dem einzigen Domizil der repräsentativen Demokratie, das bisher funktioniert hat, dem Nationalstaat, die ökonomische Grundlage.“ Ebenso unterschätzt worden sei die Digitalisierung, welche tief in die politische Meinungsbildung eingreife. Wulff sagte: „Die Marktlogik der Likes führt zu Polarisierung und Radikalisierung. Qualitativer und ausgewogener Journalismus bleibt dabei auf der Strecke.“ Zuletzt erinnerte Wulff, habe man bisher die Vielfältigkeit der europäischen Völker unterschätzt. „Ich glaube, etwas mehr Respekt vor nationalen Besonderheiten stände uns gut an.“ Mit Blick auf die Flüchtlingskrise, welche in den Jahren 2015 und 2016 zu besonderen Zerwürfnissen zwischen den europäischen Staaten führte, erklärte Wulff jedoch klar, dass es für einen Kontinent mit 500 Millionen Einwohnern kein ernsthaftes Problem sein könne, drei Millionen Menschen vorübergehend Schutz zu gewähren.

Trotz aller Schwierigkeiten, in denen der Kontinent sich befinde, verbreitete Wulff in seiner Rede Zuversicht: „Wenn es das Ziel ist, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren – Binnenmarkt, Außengrenzen, Werte zu verteidigen – dann habe ich ein optimistisches Szenario vor Augen: Wir wissen, dass die Zukunft in unseren Händen liegt, und dass es auf jeden einzelnen ankommt. Lassen sie uns Europa fortführen. Lassen sie uns das Parlament stärken. Lassen sie die Kommission zur Regierung werden.“ Gerade junge Europäer wollten nicht den Rückschritt zu Nationalismus und Protektionismus. „Deshalb empfehle ich, wieder auf die junge Generation zu setzen. Diese neue Belebung der europäischen Ideen sollten wir uns in den nächsten Jahren zum Ziel setzen.“

Wissen was die EU ausmacht

Der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments und Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, Hans-Gert Pöttering, verwies in seinem Beitrag darauf, dass das Jahr 2017 im Zeichen des Gedenkens an den vor 50 Jahren verstorbenen ersten deutschen Bundeskanzler und Namensgeber der Stiftung, Konrad-Adenauer, stehe. Pöttering sagte: „Wir wollen nicht nur nostalgisch in die Vergangenheit schauen, sondern das, was er uns mitgegeben hat, als Auftrag nehmen für die Zukunft.“

In seiner Rede forderte Pöttering ein entschlossenes Engagement für die Fortführung der Europäischen Union. „Ich glaube mehr denn je, dass es wichtig ist, dass wir als Europäerinnen und Europäer und auch als Deutsche wissen, was die EU ausmacht.“ Was Europa auszeichne, seien seine Werte: Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, die Würde des Menschen. „Wir haben allen Anlass, dass wir selbstbewusst und stolz sind auf unsere Werte. Wir leben in einer Zeit, in der wir sie verteidigen müssen, gen Osten und gen Westen.“

Europa solle jedoch auch seine Interessen verteidigen. Dabei gelte jedoch der Grundsatz, dass die Interessen den Werten folgen müssten, nicht umgekehrt. „Wenn wir uns zu unseren Werten bekennen, auch wir in der CDU, werden wir in eine gute Zukunft gehen.“

Konkret sprach Pöttering über die Notwendigkeit einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. „Wir Europäer müssen uns durch mehr Zusammenarbeit in die Lage versetzen, unsere Werte und Interessen in der Welt zu verteidigen.“ Ebenso nannte er den Schutz der europäischen Außengrenzen als wichtiges Ziel der europäischen Politik. Trotzdem, so Pöttering, dürfe man „keine Zweifel aufkommen lassen, dass – wenn wir es mit unseren Werten ernst nehmen – das Recht auf Asyl unangreifbar ist.“

Abschließend dankte der Vorsitzende dem scheidenden Leiter des Europabüros, Dr. Stefan Gehrold, für seinen Einsatz und würdigte seine Erfolge. Dem neuen Leiter, Dr. Hardy Ostry, wünschte er alles Gute. „Bleiben Sie kritisch, aber immer positiv. Brüssel ist die wichtigste Vertretung der Konrad-Adenauer-Stiftung außerhalb Deutschlands.“

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Dr. Hardy Ostry

Dr

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hardy.ostry@kas.de

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