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Veranstaltungsberichte

Das Recht auf den eigenen Weg

Horst Köhler im Gespräch mit afrikanischen Partnern

In seinen Gesprächen mit Vertretern aus Politik und Zivilgesellschaft in Benin und Burkina Faso betonte der Altbundespräsident drei Aspekte, die für ihn im Dialog mit Afrika zentral sind: Das Recht der afrikanischen Staaten auf einen eigenen, selbstbestimmten Weg; die Lösung der Frage, wie eine transparente Arbeit der Parteien mit einer entsprechenden Parteienfinanzierung möglich sei; die Ermöglichung politischer Partizipation für eine Jugend, deren Zukunft in Afrika durch Arbeits- und Perspektivlosigkeit geprägt ist.

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Als der Flug der Air France um 21.54 Uhr am 12. Mai in Ouagadougou startete, hatte Altbundespräsident Horst Köhler ein umfangreiches, viertägiges Programm in Benin und Burkina Faso absolviert. Der „Freund Afrikas“ führte während seines von einem großen Presseecho begleitetem Dialogprogramms Gespräche mit den Staatsoberhäuptern der von ihm besuchten Ländern, lotete die Bedürfnisse der Jugend beider Länder nach politischer Partizipation aus und diskutierte mit den Durchführungsorganisationen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit Hindernisse und Forschritte deutscher Beratung in Afrika.

Das Treffen mit dem Staatspräsidenten seines Gastlandes Benin stand ganz im Zeichen der deutsch-beninischen Freundschaft. Dem an einer echten Partnerschaft mit Deutschland interessierten Boni Yayi entgegnete Horst Köhler, es läge darüber hinaus auch im deutschen Interesse, Afrika mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Frieden und Stabilität könnten nur im Konzert mit allen Völkern erreicht werden. Er bezeichnete Benin als stabilisierenden Faktor in der Region, der angesichts der neuen destabilisierenden Probleme in der Periode nach der libyschen Revolution sehr wichtig sei. Köhler äußerte sich besorgt über die Perspektivlosigkeit der afrikanischen Jugend. Boni Yayi bezeichnete Deutschland als „erste Weltmacht seit 1990“. Er selbst sei 2006 bei Amtsantritt als beninischer Präsident kein Parteipolitiker gewesen. Momentan stellten sich ihm als Hauptprobleme des Landes dar: die wirtschaftliche und soziale Entwicklung, Frieden und Stabilität. Hinsichtlich des Parteisystems des Landes sei eine Straffung nötig, ein „Aufräumen“. Transparenz und Ordnung müssten im Parteileben Einzug halten, ohne die Demokratie einzuschränken. Seine neue Funktion als Vorsitzender der Afrikanischen Union habe er aufgrund des vorbildhaften beninischen Modells von Frieden, Stabilität und Sicherheit erhalten. Seine Aufgaben sähe er in der Lösung der Probleme, die die libysche Revolution ausgelöst habe; in der Organisation demokratischer Wahlen in ganz Afrika; in der Reform der Institutionen der Afrikanischen Union und nicht zuletzt in einer Revision der Position Afrikas, welches weitestgehend immer noch einen Beobachterstatus zugewiesen bekäme. Ein Akteursstatus stehe ihm vielmehr zu. So strebe er auch eine permanente Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat an. Der deutsche Gast stimmte ihm in der Forderung nach mehr direkten Mitwirkungsmöglichkeiten für Afrika zu.

Das Treffen mit Vertretern der beninischen Opposition leitete der Altbundespräsident mit de deutlichen Hinweis auf die eine Welt ein, in der Afrika das Recht auf einen eigenen Weg habe. Inder Diskussion über die Stellung der Parteien in Benin und über die Artikulationsmöglichkeiten der Opposition hoben deren Vertreter hervor, dass die Existenz eines klaren politischen Programms und eines Sozialprojektes eine klare Alternative zum Angebot der Mouvance, der Regierungskoalition, darstelle. Was in Benin fehle, sei eine Regelung zur Parteienfinanzierung. Ohne finanzielle Mittel bleibe ihnen aber auch der Weg zur Abbildung ihrer Politik in den Medien verschlossen . Der „politische Dialog“ fände zwischen 60 Abgeordneten der Mouvance und 20 Oppositionsvertretern statt, der Ausgang sei damit klar. Ein klarer Streitpunkt zwischen Regierung und Opposition sei die LEPI, das elektronische Wählerverzeichnis, unter breiter Mitwirkung der Europäischen Union finanziert, deren Vertreterin in Benin sie als die beste in ganz Westafrika bezeichnet habe. Die Parteien der Opposition hätten aber keinerlei Zugang zur LEPI gewährt bekommen, obwohl sie als erste eine LEPI gefordert hätten.

Beim Treffen mit dem Premierminister von Burkina Faso, Luc Adolphe Tiao, unterstrich Horst Köhler ein weiteres Mal, dass sich Afrika und Deutschland aus Augenhöhe begegnen müssten. In der Diskussion über die innenpolitische Lage Burkinas hob Tiao hervor, dass die Regierung in der innenpolitischen Krise von 2011 schnell Lösungen gefunden haben und jetzt die Zeit für die Formulierung von Visionen für die Zukunft gekommen sei. Da die Regierung ein demokratisches Modell praktiziere, sei die Situation stabil. Bedauerlich sei, dass die Opposition sich gänzlich von der Umsetzung der politischen Reformen fernhalte.

Ein zentrales Anliegen zog sich wie ein roter Faden durch alle Gespräche, die Horst Köhler führte: die Frage, wie die afrikanische Jugend Arbeit und Perspektiven für ihr Leben finden könne. Da sich die afrikanische Bevölkerung bis 2050 verdoppeln wird, ist diese Frage existentiell für die Zukunft des schwarzen Kontinents. Mit einem Netzwerk beninischer Jugendlicher, das die Konrad-Adenauer-Stiftung im vergangenen Jahr ins Leben gerufen hat, diskutierte der Altbundespräsident Möglichkeiten politischer Partizipation. Die jungen Leute beklagten den Mangel an politischer Ehrlichkeit von Seiten der politischen Parteien. Horst Köhler verwies in seiner Antwort auf das Young Leaders Forum in Accra, das als Ergebnis eine Erklärung der jungen Führungskräfte zu den drängendsten Problemen der Zeit hervorbrachte. Er lud die Beniner ein, sich mit den Young Leaders zu vernetzen. Die europäischen Jugendlichen müssten in naher Zukunft auf Afrika und seine Jugend zugehen und das Gespräch suchen. Von Seiten des beninischen Netzwerkes wurde vermehrt die strukturelle Schwäche der Parteien und die Orientierung an finanzstarken Führungspersönlichkeiten betont. Es zählten mehr persönliche gute Beziehungen als inhaltliche Kompetenz . Frauen spielten im Kalkul der Parteien gar keine Rolle. Diese kulturellen Probleme erschwerten massiv das politische Engagement jugendlicher Interessenten. Zusätzlich binde die weitverbreitete Jugendarbeitslosigkeit die Kräfte der jungen Beniner, die sich ansonsten vielleicht für eine politische Karriere bereithalten würden.

Mit dem Beniner Abdoulaye Bio Tchané, der bei den letztjährigen Präsidentschaftswahlen kandidierte, verbindet Horst Köhler eine intensive Freundschaft seit ihrer beider Tätigkeit für den IWF. Für Tchané geht Horst Köhler in besonderer Weise auf die lokalen Gegebenheiten Afrikas ein und bringt die spezifisch deutschen Erfahrungen mit der Demokratie ein.

Das Treffen mit Nicéphore Soglo hatte für den Altbundespräsidenten besonderen Stellenwert, repräsentiert dieser doch für ihn einend er aktiven Wegbereiter des Übergangs Benins zum Demokratie. Soglo formulierte drei Hauptanliegen: Erstens, die gemeinsame Vergangenheit, die Zeit der Sklaverei zu thematisieren und sich ihr, die wie eine Hypothek auf der gemeinsamen Zukunft liegt, zu stellen. Zweitens, die Energiefrage für Afrika zu lösen, das unerschlossene Potentiale besitzt. Drittens, die ständig wachsende Bevölkerung müsse ernährt werden. Staaten wie Benin müssten nicht nur sich selbst sondern auch Länder der Sahelzone ernähren. Würden diese Frage nicht in nächster Zeit gelöst, werde die Situation explodieren. Ein Dialogforum zwischen den ehemaligen Staatsoberhäuptern Europas und denen Afrikas sei ein Weg, den dringend notwendigen Austausch zwischen beiden Ländern zu aktivieren, um gemeinsame Lösungen für eine gemeinsame Zukunft zu erarbeiten.

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Elke Erlecke

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Regionalbeauftragte Ost Kommunalpolitik

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Westafrika Benin