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Veranstaltungsberichte

Die Euro-Krise und die Zukunft Europas

von Daniel Braun, Kirsten Seyfarth

Eisenacher Gespräch

Vorträge und Diskussion

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Einen interessanten Einstieg in das Thema des ersten Eisenacher Gesprächs 2012 am 2. Februar gestalteten Schülerinnen und Schüler des Dr. Sulzberger Gymnasiums aus Bad Salzungen. In ihren Zitaten und Aussagen zum Thema „Europa“ stützten sich die Vortragenden auf Philosophen und Politiker der Geschichte und schlugen Brücken zur aktuellen Situation. Eine wichtige Botschaft, die friedliche Vereinigung als historisches Geschenk zu betrachten, griff gleich im Anschluss auch Tagungsleiter Daniel Braun auf. Neben der Vorstellung der Konrad-Adenauer-Stiftung verwies Daniel Braun in seinen Einführungen auf die Aktivitäten der Konrad-Adenauer-Stiftung zum Thema Europa und hob die 2012 stattfindende bundesweite Rednertour zu Europa heraus.

Das vierköpfige Podium wurde vom Redakteur im Ressort Wirtschaft/Soziales der „Thüringer Allgemeine“ Dietmar Grosser geleitet, der das Wort dem Schirmherr der Eisenacher Gespräche Christian Hirte weitergab. Der Bundestagsabgeordnete dankte zuerst den Akteuren des Bad Salzunger Gymnasiums für ihren gelungenen Auftakt. Mit ihren Vorträgen und den Zitaten von Staatsmännern und Philosophen trafen die Jugendlichen „den Nagel auf den Kopf“, denn der Zustand des Friedens in Europa sei nicht selbstverständlich und andere Realitäten möglich. Hirte erkannte mit Demut an, dass viele Entscheidungen zum Wohle Deutschlands und Europas, entgegen seiner Prognosen, richtig getroffen wurden und wünschte sich für den Abend einen professionellen Umgang mit dem Thema.

Das bewies gleich im Anschluss Antje Tillmann, die im Gepäck auch einen kleinen „Maßnahmenkatalog“ mitführte, um den Gästen des Abends aufzuzeigen, wie das Konzept der Bundesregierung gestaltet ist, um die aktuelle Schuldenkrise in den Griff zu bekommen. In ihrem Redebeitrag ging sie dabei u.a. zum vorläufigen EFSF, ESM, zu Maßnahmen zur Stärkung von Kreditinstituten, dem Fiskalpakt aber auch präventive Maßnahmen und Überwachung der Staatsschulden der Euro-Länder ein. (Auf der rechten Seite der Homepage können Sie die Präsentation von Frau Tillmann abrufen.)

Gleich zu Beginn ihres Vortrages gestand die Bundestagsabgeordnete jedoch mit dem Eintritt Griechenlands im Jahre 2001 in die EU einen Fehler ein, wobei nicht einmal Deutschland die Kriterien für die Euro-Einführung hinsichtlich seiner Verschuldungsquote erfüllte. Außerdem hätte gerade die Regierung unter Bundeskanzler Schröder gemeinsam mit Frankreich die weitere Aushöhlung des Stabilitätspaktes betrieben, wodurch die beiden wichtigsten Volkswirtschaften der Eurozone ein Negativbeispiel hinsichtlich der Ernsthaftigkeit der Umsetzung der Stabilitätskriterien innerhalb der Waährungsgemeinschaft gaben. In den Ausführungen informierte Tillmann zum befristeten Eurorettungsschirm und dem Anteil Deutschlands, der wie in allen anderen Hilfspaketen und EZB-Beteiligung stets 27 % beträgt. Gleichfalls zählte Tillmann auch die Instrumente des EFSF auf. Ihr positiv besetzter Vortrag gab „verhaltenen “ Optimismus weiter, denn die Bundestagsabgeordnete war der Überzeugung, die aktuellen Probleme Griechenlands und weiterer Länder Europas lösen zu können. Den Eurobonds, also der gemeinsamen europäischen Schuldenaufnahme und Vergemeinschaftung der Haftung, erteilte Antje Tillmann eine entschiedene Absage.

Ganz so positiv sah nachfolgend Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Andreas Freytag die aktuelle Situation nicht. Der in Jena beheimatete Lehrstuhlinhaber für Wirtschaftspolitik an der Friedrich-Schiller-Universität stützte sich dabei auf sieben Thesen, die er vorstellte. (Alle Thesen im Wortlaut finden Sie rechts neben dem Artikel.)

Freytag charakterisierte die aktuelle Staatsschuldenkrise als gewaltigstes Politik- und Marktversagen seit Kriegsende. Er sieht die Europäischen Verträge nicht eingehalten und plädierte dafür, dass Haushaltsprobleme als Probleme der einzelnen Länder zu behandeln sind. Einen Regelbruch warf der Professor ebenfalls der Europäischen Zentralbank vor, die keine Staatsschulden ankaufen dürfte. Darüber hinaus konkluierte Prof. Freytag, dass die Krise erst vorbei sei, wenn es keine Rettungsschirme mehr gibt. Prof. Freytag fasste zusammen: Die Staaten haben vielfach kein Interesse mehr, aus eigener Kraft ihre Probleme zu lösen, wenn Rettungsschirme, also Steuermittel anderer Länder, helfen. Darüber hinaus träfe auch die Anleihemärkte eine große Mitschuld, da sie aus unverständlichen Gründen mit Einführung des Euros die Zinsen aller Euro-Länder dem Niveau Deutschlands annährten obwohl die No-Bailout-Regelung bekannt war und eine gemeinsame Währung die unterschiedliche Wettbewerbsfähigkeit und damit die daraus resultierende unterschiedliche Bonität nicht aufhebt. Die niedrigen Zinsen für Staatsanleihen waren kein marktgerechter Preis, wodurch sowohl Schuldner als auch Gläubiger nicht marktwirtschaftlich handelten.

Ein weiteres Manko sieht der Jenaer Wirtschaftswissenschaftler in den wachsenden nationalistischen Tendenzen, die sich durch die Krise verstärken. Die Meinung „Fällt der Euro, fällt Europa“ teilte Freytag nicht, denn mehrere Jahrzehnte Europäische Integration fanden bereits vor dem Euro statt. Allerdings prophezeite der Wissenschaftler Europa eine „ungemütliche“ Zukunft. Er sprach in diesem Zusammenhang von einer Verkrustung in den Regularien europäischer Arbeitsmärkte. Als Beispiel nannte der Jenaer die hohe Jugendarbeitslosigkeitsquote, die beispielsweise in Spanien Höchstwerte erreicht und etwa der Hälfte der Jugendlichen keinen Zugang zum Arbeitsmarkt gestattet. Das Problem der Abwanderung junger, meist gut ausgebildeter Leute sei die Folge. Prof. Freytag forderte zudem, das Prinzip der Haftung wiederzubeleben. Prof. Freytag regte dabei ebenfalls die marktbereinigenden Liquidierung von Banken an, die lediglich im Spar- und Kreditbereich für den Mittelstand gestützt werden sollten, jedoch im spekulativen Geschäftsbereich keine Unterstützung erhalten sollten, dementsprechend auch die Investoren für ihr Risiko haften. Ein neuer Fall Hypo Real Estate sollte nicht möglich sein. Bei der Rettung von Zahlungsunfähigkeit bedrohter Länder, sollte eher die Gläubigerrettung im Vordergrund stehen, als Staatsschulden mit neuen Schulden zu begegnen. „Wir brauchen Strukturreformen in ganz Europa“. Allerdings vergaß der Referent nicht, Deutschland einen guten IST-Zustand zu bescheinigen. Deutschland sei gut aufgestellt, das Löhne gut mit der Produktivität gewichtet. Gewünscht werde auch eine Steuerpolitik mit weniger „Ausnahmen“ und generelle Rückführung von Subventionen, die jährlich 165 Mrd. € betragen.

Diese spannenden Thesen riefen natürlich auch Fragen auf, die im Anschluss des Vortrages von Dietmar Grosser in die Runde gegeben wurden. So beantworteten die Gesprächsteilnehmer Fragen zu den eigentlichen Ursachen der Krise und zur Haftung der Schulden. Gleichfalls wagten die Gäste auch hypothetische Fragen: „Was wäre, wenn ein Mitgliedstaat aus der Union austritt oder gar austreten muss?“ Die Sorge um einen Domino-Effekt beschäftigen die über 80 Teilnehmer der Abendveranstaltung. Klare Antworten gab es zu einem möglichen Austritt Griechenlands aus der Eurozone. Während Prof. Freytag und Christian Hirte der Meinung waren: „Griechenland wird früher oder später aus der Euro-Zone austreten“ und eine Rettung trotz weiterer Hilfen kaum noch realistisch sei, vertrat die Bundestagsabgeordnete Antje Tillmann die Auffassung, dass Griechenland Mitglied der Eurozone bleiben sollte. Bei Fragen nach der Zukunft Europas schaute Ante Tillmann positiv in die Zukunft. Jede Generation müsse Probleme bewältigen, die nun in der Fortentwicklung Europas und Überwindung der Krise lägen. Ihrer Meinung nach kann die Schuldenbremse in Deutschland und deren Nachahmung über den Fiskalpakt in anderen EU-Mitgliedsstaaten nur ein erster Schritt sein. Dabei richtete sich die Abgeordnete an die Bürger und forderte sie auf, stärker ihre Kontrollfunktion wahrzunehmen bzw. sich aktiv gerade in Fragen der Staatsverschuldung einzubringen.

Ganz so positiv sah Professor Freytag die europäische Zukunft nicht. Allerdings würde Griechenland seinen Weg mit oder ohne Euro gehen können, jedoch bleibt ein massiver Schuldenschnitt unvermeidlich. In einem Jahr sei die Diskussion vielleicht entspannter und hätte sich die Wahrnehmung gewandelt. Freytag wünschte sich eine fiskalische Stabilität und einen sogenannten „Ruhepakt“, der die mediale Wahrnehmung versachliche.

Der Schirmherr Christian Hirte hingegen fand eine Prognose schwierig, jedoch würde sich nächste Zeit spannend gestalten und vor allem würde unabhängig von verschiedenen Szenarien Deutschlands Entwicklung im Sinne der kommenden Generationen voranzutreiben sein.

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