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Veranstaltungsberichte

Die Friedensforderung in der Flaschenpost

von Julia Rieger

Veranstaltung „Europa und der 1. Weltkrieg – Eine multimediale Zeitreise auf Großleinwand“

Dieses Jahr jährt sich das Ende des 1. Weltkrieges zum 100. Mal. Dieser Krieg stürzte Europa in den Abgrund und wurde für viele überlebende Soldaten zum Trauma. Welche Auswirkungen hat der Krieg auf das Europa, das wir kennen? Dieser Frage geht Ingo Espenschied in einem multimedialen Vortrag in Kooperation mit der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus auf den Grund.

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Die Geschichte beginnt im Jahr 1981. Auf dem Dachboden seines Bauernhofes in Fiquelmont findet Fernand Boulanger eine alte Schnapsflasche, die eine Botschaft enthält. Er kann sie nicht entziffern, doch es kommt ihm ein Gedanke: Könnte dieser Brief von deutschen Soldaten stammen, die im ersten Weltkrieg hier stationiert waren? Über Umwege kann das Schriftstück entziffert werden und offenbart eine der beeindruckendsten Friedensbotschaften des ersten Weltkrieges.

„Utopie und mögliches Eden ist ein geeintes Europa“

In ihrem Brief halten sechs deutsche Soldaten ihre Hoffnung fest: dass es in Europa irgendwann Frieden gibt. „Wenn es um Krieg geht, haben wir alle bestimmte Bilder im Kopf. Aber es gibt auch Bilder der Menschlichkeit, und die entstehen immer dann, wenn Menschen sich persönlich begegnen“, sagt Espenschied zu Beginn des Vortrags. Anhand der sechs Soldaten erzählt er die Geschichte des ersten Weltkrieges, die schon lange vor den ersten Kriegshandlungen beginnt: nämlich im Jahr 1870, als es zwischen Deutschland und Frankreich zu einem Krieg kommt.

Erbfeindschaft mitten in Europa

Infolge des Krieges entsteht neben einer „Erbfeindschaft“ zwischen Deutschland und Frankreich ein komplexes Geflecht aus Bündnissen zwischen den Nationalstaaten – und „Nationalismus bedeutet Krieg.“ Anhand von Fotos, Videos und verschiedenen Weltkarten zeigt Espenschied die Allianzgeflechte, beschreibt die Stimmungen in den Ländern und wie das Attentat auf den Thronfolger Franz Ferdinand zum Ausbruch des Krieges führten. Aber auch ein anderer Grund ist für Espenschied klar: „Es gab damals kein Vertrauen – niemand kannte die Verhandlungstische. Krieg war also immer eine Option.“

Töten und Sterben für Nichts

„Der Krieg wurde von allen Seiten wie ein totaler Krieg geführt“, sagt Espenschied, während er Bilder aus den Schützengraben und von den damals neuartigen Waffen zeigt. Bei der Schlacht in Verdun starben 150.000 Soldaten auf beiden Seiten – für eine Verschiebung der verhärteten Frontlinien um vier Kilometer. „Vor 100 Jahren haben wir uns in Europa zerfleischt, heute besuchen wir im Ausland Freunde.“ Während der Schlacht um Verdun sind die sechs Soldaten nur wenige Kilometer entfernt – in ihrem Brief schreiben sie, dass sie bald abgezogen werden und nicht wissen, wohin. Die Angst, an die Frontlinie zu kommen, ist groß, doch sie kommen zum Hilsenfürst, wo sie bis zum Ende des Krieges blieben

Eine Flaschenpost für Hollande

Fast 100 Jahre später erinnert der damalige französische Präsident Hollande an die Friedensbotschaft der Soldaten und zitiert ihren Brief in einer Rede: Es soll Freundschaft zwischen den Völkern geben. Mit einem Ausschnitt aus dieser beendet Espenschied seinen Vortrag. Er betont mit einem Blick auf die aktuelle Lage Europas, dass die europäischen Länder nur zusammen globale Probleme angehen können: „Für alle gibt es nur eine positive Zukunft, wenn wir ein vereintes Europa haben.“ In der anschließenden Fragerunde diskutieren die Zuschauer über die Perspektive der EU: Sie sei durch Nationalismus in Gefahr. „Ein Europa der Vaterländer wird nicht reichen“, ist Espenschied sicher. Um Europa zu sichern, würde mehr politische Bildung in den Schulen gebraucht. Am Ende zieht er aber ein positives Fazit: „Vor 100 Jahren war der Frieden für die sechs Soldaten ein nicht zu erreichender Traum, eine Utopie – was sie wohl heute sagen würden?“

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Angela Meuter-Schneider

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Referentin Regionalbüro Rheinland, Politisches Bildungsforum NRW

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