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Veranstaltungsberichte

Festveranstaltung zum Ende des Mayakalenders

Der Weltuntergang auf der Bühne mit Peter Sloterdijk

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Am 21. Dezember 2012 hatte das Dresdner Bildungswerk der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. zu einem Gesprächsabend mit Prof. Peter Sloterdijk geladen. Im Oktober 2012 hatte Sloterdijk in München in seiner Oper Babylon die Apokalypse auf der Bühne inszeniert. Etwa 300 Gäste waren der Einladung in den großen Lesesaal der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek gefolgt. Zum Ende des Maya-Zyklus diskutierte Dr. Joachim Klose, Landesbeauftragter der KAS für den Freistaat Sachsen, mit dem aus Funk und Fernsehen bekannten Philosoph über Zerfall, menschliches Theater und Deutungsvarianten im Anblick der drohenden Katastrophe.

In der Sächsischen Staats-, Landes- und Universitätsbibliothek (SLUB) zu Dresden befindet sich das einzige öffentlich zugängliche Exemplar des Maya-Kalenders, dessen Zyklus nach über 5100 Jahren bekanntlich am 21. Dezember 2012 ablief. Von hoher medialer Aufmerksamkeit begleitet, sollte diese Zäsur darüber hinaus den Untergang der Welt anzeigen, zumindest wenn man den prophetischen Fähigkeiten einiger Kalenderforscher, Archäologen und gewissen(haften) Esoterikern Glauben schenken möchte. Der Kalenderwechsel kann aber auch den Rahmen bieten, um einmal ganz grundsätzlich über das Phänomen der Apokalypse und das damit verbundene „Ende aller Dinge“ nachzudenken.

Zu Beginn rezitierte Brigitte Trübenbach einige eindrückliche Passagen aus dem antiken Werk Der Peleponnesische Krieg von Thukydides, die ein erschütterndes literarisches Zeugnis des moralischen und kulturellen Zerfalls einer gesellschaftlichen Ordnung (Polis), sozusagen einer „politischen Apokalypse“, ablegen.

Im Anschluss daran widmete sich das Gespräch der Frage, wie sich eine Gesellschaft angesichts zahlreicher virulent gewordener Bedrohungen, v. a. Überbevölkerung, Kriege und Umweltkatastrophen, die ein „apokalyptisches Ausmaß“ erreichen können, zusammenhalten lässt. Sloterdijk erteilte dabei dem Bestreben, eine universale Ordnung aufzubauen und zu erhalten, eine Absage. Stattdessen wolle er lieber von partikularen Gesellschaften in Form von überschaubaren Interessensverbänden sprechen; aus der Perspektive des „kinderlosen Egoisten“ beobachte der Philosoph die moderne Apotheose eines gesellschaftlichen Atomisierungs- und Erodierungsprozesses.

In seiner bereits erwähnten Oper Babylon geht es Sloterdijk naturgemäß auch weniger um die künstlerisch aufbereitete Suche nach konkreten Lösungskonzepten für gesellschaftliche Probleme. Vielmehr beschäftigt ihn die dramatische Idee des Einbruchs eines unvorhersehbaren Ereignisses in das alltägliche „menschliche Theater“. Die Apokalypse, d. h. „Enthüllung“ oder „Aufdeckung“, vermag dem Menschen aber nicht die Wahrheit über ihn selbst zu offenbaren, sondern belässt ihn in einer Mittellage: Er weiß weder, woher er kommt, noch, wohin er gehen wird.

Diese apokalyptische Mittellage, so Sloterdijk, resultiere insbesondere aus dem Scheitern eines spezifischen Prophetismus, der etwas verspricht, was er letzten Endes nicht halten kann, wie z. B. einen - an diesem Abend - ausgebliebenen Weltuntergang. Der Apokalyptiker, in dem er auch die Figur eines moralischen Optimisten verkörpert sieht, hofft dennoch, dass ein Ende kommen wird, unabhängig davon, wie es tatsächlich eintritt. Schließlich bestehe für diejenigen, welche auch das Vorhaben des Apokalyptikers zum Scheitern verurteilt sehen, noch die rettende Möglichkeit, sich einer gnostischen Anschauung zu verschreiben, derzufolge das Ende nicht in einer Erlösung von außen besteht, sondern nur in der inneren Erlösung durch sich selbst möglich ist.

Sloterdijk zeigte sich in dem unterhaltsamen Gespräch nicht nur als wortgewandter Vordenker und problembewusster Diagnostiker unserer Zeit, der mit Witz und intellektueller Verve die unterschiedlichsten Themen zu betrachten imstande war, sondern auch als ein aufgeklärter Zyniker. Auf die abschließende Frage, ob er nun Apokalyptiker oder Zyniker sei, erwiderte Sloterdijk – nicht unbedingt zur Verwunderung seiner Zuhörer –, dass er vielmehr Moralist sei. Kann es eine zynischere Antwort geben?

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Dr. Joachim Klose

Dr. Joachim Klose

Landesbeauftragter für die Bundeshauptstadt Berlin, Leiter des Politischen Bildungsforums Berlin und Leiter Grundlagenforum

joachim.klose@kas.de 030/26996-3253 030/26996-53253

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