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Klares Ziel und langer Atem – Bernhard Vogel: Brückenbauer zwischen Ost und West

Buchvorstellung und Gespräch

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Anlässlich der Vorstellung des Buches von Dr. Christopher Beckmanns über die Deutschlandpolitik des zweimaligen Ministerpräsidenten Prof. Dr. Bernhard Vogels lud das Politische Bildungsforum Thüringen der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. am 26. Februar 2019 zur Buchvorstellung und zum Gespräch in das Hotel Kaiserhof in Eisenach ein. Gesprächsteilnehmer waren außerdem der Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, MdB Christian Hirte, sowie als Moderator der Hörfunkchef des MDR-Thüringen Matthias Gehler.

Daniel Braun, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Politischen Bildungsforums, leitete mit einer Vorstellung der eben genannten Gesprächsteilnehmer sowie des Landtagsabgeordneten Raymond Walk ein. Zudem stellte Braun die Leitmotive des Handelns und der Überzeugungen Bernhard Vogels dar. Diese lassen sich skizzieren mit Pflichtbewusstsein, die eigenen Handlungen überdenkend und vom christlichen Weltbild geprägt, sodass Braun Bernhard Vogels Lebensphilosophie mit den Worten „Was auch immer du tust, tu es klug und bedenke das Ende“ zitiert.

Buchvorstellung

Anknüpfend an die Worte Daniel Brauns stellte auch Christopher Beckmann die politischen Grundüberzeugungen Bernhard Vogels an seine Buchvorstellung voran, die er mit „Wertgebundenheit“ (christliches Grundverständnis), „Toleranz“, „pragmatische Kompromissbereitschaft“ und „politische Führung“ charakterisierte. Wichtig sei es für Vogel gewesen, so Beckmann, dass aus einem politischen Streit kein Richtungsstreit gemacht wurde. Zentraler Punkt der Ausführungen Beckmanns waren jedoch die Ansichten und Bemühungen Bernhard Vogels hinsichtlich der Deutschlandpolitik der Bundesrepublik vor der Wende, und anschließend dessen aktive Tätigkeit nach der Wiedervereinigung. Beispielhaft sei hier auf Vogels Auftreten vor der Wiedervereinigung für eine Aussöhnung mit Polen hingewiesen, so war er Initiator des Maximilian-Kolbe-Werks, und sah auch die Beharrung auf die ehemaligen deutschen Ostgebiete nicht als zielführend an, was ihn u.a. in konträre Position zu Teilen der eigenen Partei setze. Moderator Matthias Gehler fragte zu den Observationen der Stasi während der DDR-Besuche nach. Beckmann schilderte, wie Vogel auf seinen jährlichen Besuchsreisen so minutiös ausspioniert wurde, dass selbst kleinste Details vermerkt wurden, wie Einnahme von Snacks und mehrfach getragene Kleidung.. Dass Vogel kein gern gesehener Gast der DDR-Staatsführung war, markiert Beckmann daran, dass kaum ein Politiker so deutliche Worte gegenüber Erich Honecker fand als Bernhard Vogel.

Abschließend ging Beckmann auf ein Zitat Vogels ein, das „dessen größtes Abenteuer“, die Ministerpräsidentschaft in Thüringen, umreißt: „Es gab in keiner Schublade Papiere, auf denen stand was zu geschehen hätte, wenn es geschehen könnte.“ Es galt also nicht eine soziale Marktwirtschaft von Grund auf neu zu errichten, sondern eine bestehende kommunistische Planwirtschaft in eine Soziale Marktwirtschaft umzubauen, was ungleich schwieriger gewesen sei.

Gespräch

Das sich anschließende Gespräch drehte sich insbesondere um das, was Braun in seiner Einleitung bereits bemerkte und sich auch im Titel wiederfindet: Den „Brückenbauer zwischen Ost und West“, was sich in Bernhard Vogel als Ministerpräsidenten Thüringens, aber auch in Christian Hirte als die nachfolgende Generation konzentriert. So tritt Hirte dafür ein, dass die „Gebiete der ehemaligen DDR“ nicht als „neue Bundesländer“, sondern schlicht als „Mittel- und Ostdeutschland“ bezeichnet werden sollen. Im Verlauf des Gesprächs stimmte Bernhard Vogel dem zu, was er u.a. durch die unterschiedliche Geschichte der Landschaften bekräftigte, da Thüringen im Vergleich zu den nach 1945 neugeschaffenen Bundesländern wie Rheinland-Pfalz eine längere Geschichte als historische Einheit besaß. Auch findet es Vogel wichtig, dass eine „innerdeutsche Vielfalt“ vorherrschen solle, dass also „der Schwabe Schwäbisch und der Sachse Sächsisch“ sprechen dürfte. „Einheit und Gemeinsamkeit ja, aber keine Gleichheit“, so Vogel. Die Menschen dürfen und sollen ihr Bundesland lieben, so sein Plädoyer.

Ein weiterer Punkt des Gesprächs, der hier exemplarisch aufgegriffen werden soll, war die Figur des Politikers. Angesprochen darauf, was einen guten Politiker ausmache, antwortete Beckmann, dass es notwendig für diesen ist, sich Berater zu holen, aber auch deren Beratungen zu durchdenken, was sich u.a. bei den zahlreichen Anmerkungen Bernhard Vogels an seinen Redemanuskripten erkennen lässt. Zudem sei es wichtig, so ergänzte Vogel, nicht aus finanziellen Interesse in die Politik einzutreten, denn da gäbe es bessere Wege, sondern vor allem aus Leidenschaft, weshalb es dann auch möglich war einen so langen Arbeitstag durchzuhalten. Aufgegriffen wurde an dieser Stelle auch die „Wanderlust“ Bernhard Vogels, der seine jährlichen Wanderungen als notwendig ansah, um durch persönliche Begegnungen und Erfahrungen das vielfältige und ihm nicht in Gänze Bekannte Thüringen kennenzulernen. Auch Christian Hirte nutzt dies in seinen jährlichen „Sommertouren“, aber auch die modernen Medien. An dieser Stelle tritt Hirte auch für die „Mitmachdemokratie“ ein, d.h. dass der einzelne Mensch sich aktiv an die Politiker wenden soll, und nicht passiv  darüber „meckern“, dass die Politiker zu abgehoben seien.

Zuletzt soll auf einen weiteren Aspekt in dem sehr themenreichen Gespräch eingegangen werden, die besondere Aufgabe Bernhard Vogels nach der Wiedervereinigung. Bernhard Vogel bekräftigt hier die Feststellung Beckmanns (s.o.), dass die Ministerpräsidentschaft in Thüringen eine besondere Herausforderung war. Denn es gab eine Überfülle an Entscheidungen, die getroffen werden mussten, um die Wirtschaft umzubauen. Resümierend stellt Vogel fest, dass entgegen so manch anderer Feststellung, die Wiedervereinigung gelungen ist, was jedoch nicht bedeutet, dass es keine Probleme gab und noch gibt. Die ost- und mitteldeutschen Bundesländer sind nicht zum „Süditalien“ Deutschlands geworden, wozu die „vielgescholtene Treuhand“ ein entscheidender Faktor war.

Abschließend wurde im gemeinsamen Gespräch, d.h. durch Bernhard Vogel und dem Plenum, die Ereignisse um dessen Berufung zum Thüringer Ministerpräsidenten rekonstruiert.

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