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Maritime Security

Challenges and Opportunities in 2012

Das immer mehr an Bedeutung gewinnende Thema der maritimen Sicherheit veranlasste koreanische und deutsche Experten zu einem interregionalen Gedankenaustausch.

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Maritime Security - Challenges and Opportunities in 2012

Der 4. April 2012 stand bei der KAS Korea im Zeichen der maritimen Sicherheit. Dazu organisierte die Stiftung in Zusammenarbeit mit der „The Sea Lanes of Communication (SLOC) Study Group Korea“ am Institute of East and West Studies der Yonsei Universität einen Workshop, an dem koreanische und deutsche Sicherheitsexperten teilnahmen. Dabei standen die Herausforderungen und Chancen der maritimen Sicherheit im Jahr 2012 zur Debatte. Die Fachkonferenz war die zweite Maßnahme der „Themenwoche Sicherheit“, die die KAS Korea in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum internationalen nuklearen Sicherheitsgipfel in Seoul durchführte.

Die etwa 50 geladenen Fachexperten wurden von Prof. Dr. Jin-Hyun Paik, dem Vorsitzenden der SLOC Study Group-Korea und Richter am Internationalen Seegerichtshof in Hamburg, sowie Dr. Norbert Eschborn, dem Leiter des Auslandsbüros Korea der Konrad-Adenauer-Stiftung begrüßt. In deren Reden wurde die Wichtigkeit dieses Themas für beide Staaten und ihre Abhängigkeit von sicheren Seestraßen und Handelswegen deutlich. Der deutsche Botschafter Dr. Hans-Ulrich Seidt würdigte die Kooperation zwischen KAS und SLOC als wichtigen Beitrag des europäisch-asiatischen Sicherheitsdialogs.

Aufbau situationsbezogenen Bewusstseins für maritime Sicherheit

Oberst i.G. Ralph Thiele, Vorsitzender der deutschen Politisch-Militärischen Gesellschaft, führte aus, dass die Meere die Grundlage für wirtschaftliche, finanzielle, soziale und politische Beziehungen zwischen Nationen sind. Die entstehende maritime Umgebung ist ein globales Gemeingut und bedarf des Managements und Schutzes. Neben den Bereichen Luft, Weltraum und Cyberspace ist der maritime Bereich einer der global gemeinschaftlich genutzten Bereiche. In der Vergangenheit wurden Bewegungsfreiheit und Sicherheit auf See durch eine Überlegenheit der Marine geschaffen; dies kann zur heutigen Zeit nur durch einen Zugang zu den anderen Bereichen erreicht werden. Der internationale Handel basiert auf der Sicherheit dieser Seewege, die ein globales Transport- und Distributionsnetzwerk darstellen. Der stark gewachsene Handel zur See, illegale Aktivitäten auf dem Meer, eine hohe Auslastung von Seestraßen und Häfen geben Anlass für ein Umdenken und neue umfassende Denkansätze bezüglich der maritimen Sicherheit. Das neue Sicherheitskonzept sollte dabei auf multilateralen und gemeinschaftlichen Rahmenbedingungen aufbauen, die eine faire Verteilung der globelen Gemeingüter sicherstellt. Die Sicherheit des maritimen Bereichs unterliegt der Fähigkeit der umfassenden Erfassung und Informationsgewinnung der maritimen Aktivitäten, was die situationsbezogene Wahrnehmung voraussetzt. Dazu können neue Technologien in die Denkansätze zur Verbesserung der Sicherheit miteinbezogen werden. Allerdings ist keine Nation im Besitz aller benötigten Informationen, und die Nutzung gemeinsamer Datenbanken birgt große Vorteile für die Verbesserung der Erfassung von maritimen Vorgängen und wäre auch eine Option für eine koreanisch-deutsche Zusammenarbeit.

Piraterie und maritimer Terrorismus – gemeinsame Bedrohungen für Südkorea und Deutschland

Über Piraterie und maritimen Terrorismus trug Dr. Peter Roell (Präsident des Berliner Instituts für Strategie- Politik- Sicherheits- und Wirtschaftsberatung (ISPSW) vor. Auch er betonte die Wichtigkeit von Seehandelswegen für Deutschland, die Europäische Union und Korea. Um dies zu belegen, gab er den gedanklichen Anstoss, was es bedeuten würde, wenn ein Supertanker durch einen Terrorangriff in der Straße von Malakka sinken würde. Der Seeweg wäre somit blockiert, und es müsste ein Umweg von 1.000 km gefahren werden, der zusätzliche zwei Tage in Anspruch nimmt. Neben diesem fiktiven Szenario waren auch erfolgte und erfolgreiche Terroranschläge auf den Schiffsverkehr Teil der Präsentation. Neben der Piraterie vor der somalischen Küste, wofür eine Auflistung der dadurch entstehenden Kosten für den Seehandelsverkehr vorgestellt wurden, veranlassen auch die Spannungen des Westens mit dem Iran zur Besorgnis. So spielt der Iran mit dem Gedanken, die Straße von Hormus, über die etwa 35 Prozent des weltweiten Öltransports erfolgen, zu blockieren, was eine erhebliche Einschränkung des Seeverkehrs darstellte. Die USA haben bereits erklärt, dass eine Blockade nicht akzeptabel sei und Konsequenzen zur Folge haben werde. Eine Intensivierung der politischen Dialoge zwischen dem Iran und dem Westen müsse erfolgen. Im Hinblick auf Piraterie und Terrorismus sprach Dr. Peter Roell Empfehlungen aus, z. B. die Legalisierung von privaten Sicherheitsfirmen zum bewaffneten Schutz der Handelsschiffe.

Maritime Sicherheit: Operation Atalanta – Europas Beitrag

Vizeadmiral a.D. Lutz Feldt (ehemaliger Inspekteur der Bundesmarine und Präsident des Deutschen Maritimen Instituts) gab einen Überblick über die Operation “Atalanta”, die zum Schutz von Hilfslieferungen nach Somalia, der Sicherstellung der freien Seefahrt und zum Kampf gegen Piraterie dient. Diese Operation wurde von der EU beschlossen und wird durch Marineeinheiten der EU-Länder durchgeführt. Die anfängliche Ignoranz der internationalen Gemeinschaft wurde durch die Piraten-Aktivitäten im Indischen Ozean und dem Horn von Afrika überwunden, und die Staaten handeln jetzt nach den UN-Sicherheitsratsresolutionen und UN- Konventionen. Zwar könne die Sicherheit der Hilfslieferungen gewährleistet werden, hingegen stellt die Piraterie durch somalische Piraten ein Problem dar, hervorgerufen durch die Weite des Seegebietes. Der Einsatz von Mutterschiffen erweitert zudem noch den Radius der Piraten und erschwert die Sicherung der Seewege. Die Koordination der alliierten Kräfte ist zwar eine Herausforderung, bietet aber ebenso eine gute Möglichkeit für spätere Zusammenarbeit und trägt zur Problembewältigung bei.

Die Modernisierung der chinesischen Marine und ihre regionalen Sicherheitsimplikationen

Der Vortrag von Dr. Frank Umbach (Associate Director at the European Centre for Energy and Resource Security, King's College, London; Senior Associate and Head of the Programme “International Energy Security” at the Centre for European Security Strategies, Munich & Non-Resident Senior Fellow at the Atlantic Council, Energy and Environment Programme, Washington D.C./USA), in dessen Fokus die Modernisierung der Marine der Volksbefreiungsarmee Chinas stand, bildete den Abschluss der ersten Präsentationsrunde. Beijing hat bekannt gegeben, das Verteidigungsbudget für 2012 um 11,2 Prozent zu erhöhen. Dies schließt natürlich auch die Marine mit ein, deren operative Reichweite und Überwachungspotential dadurch vergrößert wird. Positiven Aspekten seitens China - die Unterstützung der Piratenbekämpfung im Golf von Aden - stehen negative Aspekte - territoriale Konflikte mit Japan und anderen ASEAN-Staaten - gegenüber. Die Konflikte im Südchinesischen Meer und die politischen Reformen der chinesischen Marine wurden ebenfalls in der Präsentation diskutiert. Zukünftig wird die Sicherheit insbesondere im Südchinesichen Meer und im Indischen Ozean eine zunehmend wichtige Rolle für europäische Interessen einnehmen und muss in Sicherheits- und Verteidigungsüberlegungen integriert werden.

Verhinderung ungesetzlicher Aktivitäten, Massenvernichtungswaffen und Nordkorea

Die Inhalte dieser Präsentation von Dr. Chang-Hoon Shin (Research Fellow, ASAN Institute for Policy Studies) beleuchteten verschiedene UN-Resolutionen, die so genannte Proliferation Security Initiative (PSI), die UN Convention on the Law of the Sea (UNCLOS), das Protokoll der „Convention for the Suppression of Unlawful Acts“ (SUA) von 2005 und den Nuclear Security Summit in Seoul 2012. Im ersten Abschnitt des Vortrags wurden die wirksamen Teile der Resolutionen UNSCR 1540, UNSCR 1718 und UNSCR 1874 mit Auswirkungen auf die maritime Sicherheit vorgestellt und erläutert. Anschließend wurde die PSI als eine Maßnahme - keine Organisation! – erläutert, die kooperative, multilaterale Rahmenbedingungen zur Verbreitung von internationalem Frieden und Sicherheit bietet. Die Republik Korea hat am 26. Mai 2009 ihre Unterstützung der Verbotsgrundsätze, die u.a. Maßnahmen des Transportverbots von Massenvernichtungswaffen einschliessen, verkündet und ist das 95. Mitglied.

Die auftauchende chinesische Version der Monroe-Doktrin und Koreas China-Politik

Dr. Suk Joon Yoon (Senior Research Fellow, Korea Institute for Maritime Strategy) verglich in seinem Vortrag die chinesische Politik mit der Monroe-Doktrin und veranschaulichte die südkoreanische Chinapolitik. In der Monroe-Doktrin von 1823 forderte der damalige US-Präsident die europäischen Mächte auf, von einer Einmischung und Kolonialbestrebungen in Amerika abzusehen. China bezichtigt die USA, das Gelbe Meer und das südchinesische Meer dominieren zu wollen. China verfolgt aber eigene strategische und ökonomische Interessen in diesen Gebieten, sein auf diese Regionen erhobener Anspruch wird historisch begründet. Das Voranschreiten der chinesischen Version der Monroe- Doktrin wurde mit drei Beispielen aus 2010 untermauert. Diese sind Pekings oppositionelle Haltung gegenüber gemeinsamen Marineübungen der USA und Südkoreas; die harte Linie Chinas gegenüber Japan in Bezug auf die Insel Diayutao und die erhobenen chinesischen Ansprüche auf die Spratly- und Paracel-Inseln. Diese Ereignisse lassen das anfängliche positive Licht, welches auf das aufstrebende China fiel, erblassen, und es ist mit zunehmender Besorgnis in die Zukunft zu schauen. Ziel Chinas ist es, die USA aus den maritimen Angelegenheiten bezüglich Südkoreas und Japans auszuschließen und seine eigenen Ansprüche geltend zu machen. Die südkoreanische Politik gegenüber China fährt dabei zweigleisig. Es wird die wirtschaftliche Nähe zu China gesucht, im Gegenzug aber eine Stärkung der militärischen Kooperation mit den USA angestrebt.

Fischereidispute im Gelben Meer

In der Präsentation von Dr. Suk-Kyoon Kim (Director General, Planning and Coordination Bureau, Korean Coast Guard) wurden Probleme der illegalen Fischerei durch chinesische Fischer vorgestellt. Die Präsentation begann mit Videodokumentationen des gewaltsamen Vorgehens (wie das Einsetzen von Schaufeln oder Äxten) chinesischer Fischer im Gelben Meer gegen die koreanische Küstenwache. Weitere Vorfälle sind das Anbringen von passiven Verteidigungsanlagen an chinesischen Fischerboten, um ein Entern der koreanischen Küstenwache zu verhindern, und der Tod von koreanischen Küstenschützern im Einsatz gegen chinesische Fischerboote. China und Südkorea verfügen zwar seit 2001 über ein Fischereiabkommen, in dem die Fischereizonen und Strafen bei Grenzverletzungen definiert sind. Dieses schützt aber nicht vor dem Eindringen chinesischer Fischer in südkoreanische Gewässer. Gründe dafür sind die Verschmutzung der chinesischen Küstengebiete, Überkapazitäten der chinesischen Fischereiflotte, Überfischung der chinesischen Fischereigebiete und eine wachsende Binnennachfrage an Meeresfrüchten. Es kamen bereits Zweifel an der Wirksamkeit dieses Abkommens auf, ohne das sich vermutlich die Anzahl der chinesischen Eingriffe in koreanischen Gewässern häufen würde und somit größere Kapazitäten der Küstenwache zu deren Schutz benötigt würden. Das Abkommen ist also eine Milderung, aber keine Lösung des Problems.

Das jüngste koreanische Gerichtsverfahren gegen somalische Piraten und seine Implikationen

Prof. Seokwoo Lee (Inha University Law School) berichtete über die erste Strafverfolgung von somalischen Piraten durch die südkoreanische Justiz. Die Piraten hatten am 15. Januar 2011 das Schiff „Samho Jewlery“ gekapert und Waren im Wert von ca. 12.000 US-Dollar von Board geschafft. Daraufhin hatte ein koreanisches Marineschiff am 21. Januar eine Rettungsaktion durchgeführt, die den Tod von acht Piraten und die Festnahme von fünf weiteren zur Folge hatte. Die Crew des Transportschiffs blieb unversehrt, nur der Kapitän erlitt schwerwiegende Schussverletzungen durch die Piraten. Die Piraten wurden anschließend am 30. Januar 2011 den koreanischen Behörden übergeben und später verurteilt. Prof. Lee warf die Frage auf, ob das Handeln der Soldaten und des Gerichts rechtens war. Gemessen an internationalem und nationalem Recht sei die Vorgehensweise durchaus korrekt gewesen, obgleich einige Mängel im nationalen Recht vorhanden sind, die es zu beseitigen gelte.

In der Diskussionsrunde wurde die Frage aufgeworfen, ob es eventuell eine gezielte Steuerung der chinesischen Fischerboote in fremden Gewässern durch eine staatliche Behörde gibt, um so das Verhalten der Nachbarn zu testen. Dies ist nach Ansicht der koreanischen Experten nicht der Fall, und Korea und China arbeiten sehr eng zusammen, um diesem Problem entgegenzuwirken. Darüber hinaus wurde die Empfehlung unterbreitet, Gespräche mit China auf militärischer Ebene zu suchen bzw. diese mit einzubeziehen, um Konflikten vorzubeugen.

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Leiter des Rechtsstaatsprogramms Asien

stefan.samse@kas.de +65 6603 6171

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