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Veranstaltungsberichte

10 JAHRE ÖSTLICHE PARTNERSCHAFT: VON ERRUNGENSCHAFTEN IN DIE ZUKUNFT

von Isabel Weininger, Kateryna Bilotserkovets

Autor: Felix Alshut

Anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Östlichen Partnerschaft der Europäischen Union, wurde am 19. Juni in Kiew eine internationale Konferenz ausgerichtet, um bisherige Entwicklungen, aktuelle Herausforderungen und zukünftige Ziele des Programms zu besprechen. Vier Panels boten eine Plattform für Austausch und Diskussion zwischen führenden Experten der politischen Praxis, der Diplomatie, der akademischen Forschung und zivilgesellschaftlicher Organisationen. Die Teilnehmer boten Perspektiven aus der Ukraine, allen anderen Staaten der Östlichen Partnerschaft sowie von Institutionen der EU und Vertretern ihrer Mitgliedsstaaten. Die Konferenz wurde von der Konrad-Adenauer-Stiftung organisiert, in Kooperation mit dem Center for Global Studies "Strategy XXI", der Ukrainian National Platform of the Eastern Partnership Civil Society Forum und dem Civic Synergy Project, das von der Europäischen Union und der International Renaissance Foundation gefördert wird.

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Die Konferenz wurde von Hanna Hopko, Vorsitzende des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten der Werchowna Rada der Ukraine, und Eamonn Prendergast, Political Officer der EU-Delegation in der Ukraine, eröffnet. Aus dem Kreis der Organisatoren sprachen Gabriele Baumann (Leiterin des Auslandsbüros der KAS in Kiew), Mychajlo Gontschar (Präsident des Center for Global Studies "Strategy XXI") und Hennadij Maksak (Nationaler Koordinator der Ukrainian National Platform of the Eastern Partnership Civil Society Forum).

Die Eröffnungsstatements drückten große Wertschätzung aus für die Erfolge und Fortschritte während zehn Jahren Östlicher Partnerschaft (ÖP). Die Redner hoben jedoch auch hervor, dass das Programm sein volles Potential noch nicht erreicht habe und daher weiterentwickelt und intensiviert werden müsse. Hanna Hopko betonte das Bedürfnis nach einer eindeutigen Positionierung und klaren Signalen seitens der EU und ermutigte beide Seiten, die ÖP noch engagierter zu verfolgen. Ambitionierte Ziele und verbindliche Zusagen stellten sich im Verlauf des Konferenztages als zentrale Faktoren heraus – sowohl für die Evaluierung der letzten zehn Jahre, als auch für die Abschätzung der zukünftigen Weiterentwicklung.

Panel 1: 10 Jahre Östliche Partnerschaft: Von der Idee zu den “20 Deliverables”

Das erste Panel war der bisherigen Entwicklung der ÖP seit ihrer Initiierung im Mai 2009 gewidmet. Als ehemaliger Kommissar für Erweiterung und Europäische Nachbarschaftspolitik war Štefan Füle von 2010 bis 2014 maßgeblich an der Gründung und Ausgestaltung der Östlichen Partnerschaft beteiligt, deren Entwicklung er entschieden unterstützte. Über die letzten Jahre sieht er durch die Institutionalisierung des europäischen Ansatzes einen klaren Vorteil für die Ukraine mit deutlich größeren Fortschritten, als sie auf bilateralem Wege zu erreichen gewesen wären. Füle zählte jedoch auch eine Reihe von Fehlern auf, welche die Europäische Union in diesem Prozess zu verantworten habe – vornehmlich das Fehlen eines eindeutigen politischen Ansatzes gegenüber der Russischen Föderation und die ausgebliebenen Signale einer Erweiterungsperspektive für die ÖP-Staaten: „Wie kann man jemandem eine Mitgliedschaft anbieten, ohne ihm den Weg dahin zu zeigen?” (Übersetzung aus dem Englischen). Selbst die Assoziationsabkommen zeigten kein klares Ziel und nur wenige Personen könnten die Frage beantworten, was nach ihrer vollständiger Implementierung und der Einhaltung des Minsker Abkommens folgen könnte, so Füle. Der ehemalige EU-Kommissar räumte jedoch ein, dass auch seitens der Ukraine Hindernisse bestehen, welche die Implementation der Abkommen und weiterer Reformen erschweren, darunter insbesondere schwache demokratische Institutionen und eine schwache öffentliche Verwaltung mit nach wie vor vielen versteckten sowjetischen Elementen. Im Hinblick auf den Konflikt betonte er, dass die Transformationsagenda und die Konfliktlösungsbemühungen nicht als separate Schienen nebeneinander existieren, sondern als ein umfassender und konsistenter politischer Ansatz betrieben werden sollten.

Jan Hofmokl, Ambassador at Large und Sonderbeauftragter für Östliche Partnerschaft des polnischen Außenministeriums, zieht ein positives Fazit unter die bisherige Entwicklung der ÖP und betonte, dass ihr zehnjähriges Bestehen ein Grund zum Feiern sei: “We are not on the Titanic and this is not a funeral”. Die Ausrichtung und Motivation des Programms sei nie die EU-Erweiterung als solche gewesen, betonte Hofmokl, andererseits sollte jedoch auch kein Staat von einem Beitritt ausgeschlossen werden. Stattdessen handle es sich vielmehr um die Nachahmung von Integrationsprozessen, ohne sie explizit als solche zu bezeichnen. Das Verhältnis zwischen der Europäischen Union und den Staaten der ÖP beschreibt der polnische Diplomat als nicht einseitig, sondern für beide Seiten vorteilhaft.

Borys Tarasjuk ist Parlamentsabgeordneter in der Werchowna Rada und Co-Präsident der parlamentarischen Versammlung EURO-NEST, in der sich Mitglieder des Europäischen Parlaments mit Kollegen aus den ÖP-Staaten austauschen. Er betonte, die ÖP sei nicht zum Nutzen von Amtsträgern initiiert worden, sondern um die alltägliche Lebensrealität der Bürger zu verbessern. Dies habe die Initiative bereits mit handfesten Ergebnissen, wie der visafreien Einreise in den Schengen-Raum, erreichen können. Seiner Meinung nach steht bei der Partnerschaft nicht die Politik, sondern die Bürgerschaft im Mittelpunkt, deren Interessen daher bei der weiteren Entwicklung berücksichtigt werden müssen.

Für den Europäischen Auswärtigen Dienst sprach Javier Fuentes-Leja, Teamleiter für Östliche Partnerschaft im EAD, der sowohl Errungenschaften, als auch nach wie vor bestehende Defizite des Programms nannte. Die häufig als zu begrenzt kritisierten „20 Deliverables“ bis 2020, müsse man als Hilfestellung zur Systematisierung des Europäischen Ansatzes sehen und könne nicht als abschließende und umfassende Strategie verstanden werden. Fuentes-Leja stellte zudem klar, dass die ÖP nicht als Konfliktlösungsmechanismus intendiert sei, jedoch einen durchaus positiven Beitrag zur allgemeinen Stabilität und Sicherheit in der Region leisten könne. Der Europapolitiker schloss seinen Beitrag mit einer Auflistung weiterer Regulierungsfelder, die in das Programm der Östlichen Partnerschaft mit aufgenommen werden sollten, darunter Konnektivität, Transportinfrastruktur (insbesondere auf der Schiene), Energiepolitik sowie die Harmonisierung digitaler Märkte. Abschließend mahnte er, dass trotz der bisherigen Errungenschaften auch weiterhin viele Herausforderungen bestünden, insbesondere in den Bereichen der Rechtsstaatlichkeit, Zivilgesellschaft sowie Presse- und Medienfreiheit.

Abschließend kritisierte Oleksandr Suschko, Geschäftsführer der International Renaissance Foundation, die ÖP für ihre geringe Wirkung, gerade in der Ukraine, die viele der Vorteile des Formats bereits im Vorfeld bilateral verhandelt hatte. Insbesondere zur aktuellen Zeit, in der sich immer mehr Staaten auf eine vollständige Umsetzung der Assoziationsabkommen zubewegten, fehlten klare Signale der Europäischen Union: „Seit Jahrzehnten bewegen wir uns irgendwohin, ohne dabei große Ideen zu haben.“ (Übersetzung aus dem Englischen.). Solange dies der Fall ist, sei die Attraktivität der EU geringer, so Suschko.

Das Panel wurde geschlossen von Olga Skrypnyk mit einem Beitrag über die Menschenrechtssituation auf der Krim. Skrypnyk berichtete aus ihrer Arbeit als Koordinatorin für die Crimean Human Rights Group, die eine Überwachungsmission auf der Krim durchführt und ihre Erkenntnisse an die EU und internationale Gerichtshöfe weitergibt. Ihrem Beitrag zufolge, werden systematisch menschenrechtlich bedenkliche Praktiken in diesem Gebiet durchgeführt, darunter die Verschleppung politischer Gefangener nach Russland, wo sie ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand festgehalten werden, oder die automatische Vergabe russischer Staatsbürgerschaften, die den ukrainischen Auslandsvertretungen den Zugang zu Gefangenen auf russischem Boden stark erschweren.

Panel 2: Evaluierung des Status Quo der Östlichen Partnerschaft mithilfe des Eastern Partnership Index: Approximation and Linkage

Um den Fokus von den bisherigen Entwicklungen auf den Status Quo zu lenken, wurden im zweiten Panel der methodische Ansatz und die wesentlichen Erkenntnisse des Eastern Partnership Index vorgestellt und diskutiert. Jeff Lovitt, Gründer und Vorsitzender von New Diplomacy und Leiter des Index, bot zu Anfang einen Überblick über dessen Struktur. Anstatt die ÖP als Ganzes zu untersuchen, seien die Messgrößen differenzierter und zeigten deutliche Verbesserung in einzelnen Sektoren bei fast allen ÖP-Ländern. Die Ukraine, Georgien und Moldau führen den Index an, mit Armenien an vierter Stelle und Belarus und Aserbaidschan auf den letzten beiden Plätzen.

Veronika Mowtschan, wissenschaftliche Direktorin am Institute of Economic Research and Political Consultations, steuerte ihre wirtschaftswissenschaftliche Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Staaten bei. Diese sei bei allen Ländern insgesamt steigend, insbesondere im Hinblick auf Faktoren wie sektorielle Zusammenarbeit und Handelsströme. Die Wissenschaftlerin schloss ihren Beitrag mit einem wirtschaftspolitischen Handlungsvorschlag für die kommenden Jahre, der auf der Harmonisierung von Standards, der vollständigen Implementierung der WTO-Zollvorschriften und Reformen des Transportsektors basiert.

Anschließend stellte Wilfried Jilge, Associate Fellow am Robert Bosch-Zentrum für Mittel- und Osteuropa, Russland und Zentralasien, seine Einschätzung zur Gestaltung des Index und seinen Implikationen vor. Seinen Erläuterungen zufolge stellte sich der Index bei der Messung der Auswirkungen der DCFTA-Implementierungen (Vertiefte und umfassende Freihandelszone) als besonders nützlich heraus. Jilge betonte, wie wichtig es sei, nicht nur die betroffenen Länder zu evaluieren, sondern auch die Wirksamkeit der EU-Maßnahmen selbst, und stellte die Frage in den Raum, warum lediglich ÖP-Staaten in dem Index verglichen würden, anstatt EU-Mitgliedsstaaten wie Rumänien oder Bulgarien auch einzuschließen. Im Hinblick auf Konflikte stellte er klar, dass die ÖP kein geopolitisches Instrument sei – die EU sich jedoch der Bedeutung ihrer östlichen Nachbarn für ihre eigene Sicherheit bewusst sein müsse. Für ein besseres Verständnis und eine breitere Akzeptanz der Maßnahmen schlug er zudem einige sichtbare Schlüsselprojekte vor, die im Kern der ÖP stehen und sie der Bevölkerung zugänglicher und greifbarer machen. Dies könne das Bewusstsein und die Unterstützung für die Östliche Partnerschaft auf beiden Seiten erhöhen.

Panel 3: Östliche Partnerschaft heute – Erfahrungen aus den ÖP-Staaten

Am Nachmittag kamen Vertreter aller ÖP-Staaten (außer der Ukraine) für ein drittes Panel zusammen und erörterten ihre Erfahrungen mit dem Programm und ihre Forderungen an die Europäische Union.

Der armenische Vertreter, Boris Nawasardjan, Präsident des Yerevan Press Club, beklagte, dass trotz der anfänglichen Entwicklung der ÖP, nur eine langsame Annäherung Armeniens an die EU stattgefunden hätte. Die Verlangsamung dieses Fortschritts, insbesondere in der zweiten Hälfte der 10-Jahres-Periode, führte er auf die Amtsträger zurück, die nicht bereit gewesen wären, einen solchen Impuls aus der Zivilgesellschaft aufzunehmen und umzusetzen. Dennoch verzeichnete Armenien gemeinsam mit der Ukraine und Moldau eine schnellere Entwicklung als die anderen ÖP-Staaten, welche Nawasardjan darin begründet sieht, dass nicht nur Absichten und Pläne artikuliert wurden, sondern der Fokus auch auf die Implementierung der Verbindlichkeiten gelegt wurde.

Eine georgische Perspektive wurde von Lascha Tuguschi beigetragen, dem Direktor der Liberal Academy of Tbilisi, der eine Reihe aktueller Herausforderungen für die Zivilgesellschaft seines Landes aufzählte: Steigende Polarisierung, rechtsradikale Tendenzen, Fremdenfeindlichkeit und Aggression gegenüber liberalen Medien. Das Fehlen einer klaren europäischen Perspektive stärke zudem den Einfluss der Russischen Föderation, die anti-westliche Ressentiments in der Bevölkerung verbreite. Zwar hielten demokratische Kräfte nach wie vor eine starke Position und hätten nicht kapituliert, insbesondere junge Leute seien jedoch anfällig für andere Einflüsse. Tuguschi betonte daher, dass die Unterstützung der Zivilgesellschaft und eine klare Beitrittsperspektive für Georgien von großer Bedeutung seien.

Ihar Rynkewytsch von der Belarusian National Platform of the Eastern Partnership Civil Society Forum drückte zu Anfang seines Beitrages aus belarussischer Perspektive seine Unterstützung für eine demokratische Russische Föderation und ein freundschaftliches Verhältnis mit ihr aus. Er betonte jedoch deutlich, dass keine Umstände und keine Integration den Verlust oder eine Einschränkung der belarussischen Unabhängigkeit und Souveränität rechtfertigen könnten. Im Hinblick auf die ÖP stelle sich ihm die Frage, ob das Programm als ernstzunehmender Schritt der Europäischen Integration oder lediglich als „Pufferzone“ zwischen der EU und Russland zu verstehen sei. Rynkevich forderte daher eine eindeutige Antwort aller involvierten Länder auf die Handlungen und Einflussnahme Russlands.

Für Aserbaidschan erläuterte Sija Gulijew, Vorstandsmitglied von CIVICUS: World Alliance for Citizen Participation, das Verhältnis seines Landes zur Europäischen Union und der Östlichen Partnerschaft. In den vergangenen Jahren sei es der Zivilgesellschaft gelungen, die Regierung unter Druck zu setzen, die Umsetzung der „20 Deliverables“ zu verfolgen. Innerhalb der Regierung habe es jedoch keine klare und einheitliche Sichtweise auf die ÖP gegeben, was laut Gulijew unter anderem auf russische Einflussnahme zurückzuführen sei.

Zum Abschluss der dritten Gesprächsrunde vervollständigte Sorina Macrinici, Programmdirektorin der moldauischen NGO „Legal Resources Centre“ die Perspektiven aus den ÖP-Staaten. In Moldau beobachte sie im Laufe der zehn Jahre Östlicher Partnerschaft eine „Reise von Begeisterung zu Enttäuschung“ (Übersetzung aus dem Englischen). Zwar hätte die Bevölkerung merklich von dem Assoziationsabkommen profitiert, es gebe jedoch einen erheblichen Nachholbedarf, beispielsweise bei der Demokratisierung und der Korruptionsbekämpfung, sowie nur mäßige Fortschritte im Wahlsystem und Justizwesen. Macrinici drückte ihre Anerkennung für die Errungenschaften durch Formulierung der EU-Konditionalitäten aus, gleichsam betonte sie jedoch, dass auch politische Bedingungen nötig seien zusätzlich zu den technischen Anforderungen. Ihrer Meinung nach müsse die derzeitige Situation in der Moldau als Chance für Veränderung genutzt werden, insbesondere für die Entpolitisierung von Institutionen. Dies sei zwar keine einfache Aufgabe, in der Zivilgesellschaft bestünden jedoch ein verstärktes Bewusstsein und große Bereitschaft, die Transformationsprozesse zu begleiten und zu überwachen, um die Fehler von vor zehn Jahren nicht zu wiederholen. Von der Europäischen Union fordert Macrinici eine erhöhte Sichtbarkeit und Präsenz, insbesondere in Regionen wie Transnistrien oder Gagausien.

Javier Fuentes-Leja nutzte die Gelegenheit der anschließenden Fragerunde, um den zivilgesellschaftlichen Foren der ÖP-Länder die Unterstützung der EU-Institutionen auszusprechen und ihre zentrale Rolle im für den EU-Ansatz zu betonen. Štefan Füle fügte hinzu, dass die Europäische Union und die Östliche Partnerschaft als Projekte von Zivilgesellschaften zu verstehen seien – nicht von Bürokraten oder Politikern.

Panel 4: Was sind die Visionen für die Zukunft der Östlichen Partnerschaft nach 2020?

Zum Abschluss der Konferenz gab das vierte Panel einen Ausblick auf die Zukunft der ÖP. Der stellvertretende Außenminister der Ukraine, Wassyl Bodnar, betonte die Wichtigkeit und bisherigen Errungenschaften der Östlichen Partnerschaft als Instrument der Annäherung, auch zusätzlich zu den rein bilateralen Abkommen. Die Ukraine sei weder für noch gegen die Annäherung dritter Staaten an die EU, sondern unterstütze sie dabei, die Kooperation im gewünschten Ausmaße zu gestalten. Bodnar nannte schließlich eine Reihe von Projekten, die seiner Meinung nach zukünftig in den Rahmen der ÖP integriert werden könnten. Seine Vorschläge umfassten spezifische Projekte, wie die Harmonisierung der Roaming-Gebühren oder Zusammenarbeit in der Elektromobilität, sowie breite Politikfelder, wie Transportinfrastruktur oder Sicherheits- und Verteidigungspolitik (beispielsweise über PESCO). Diese Handlungsvorschläge könnten den Ukrainern das Gefühl vermitteln, ein Teil Europas zu sein, statt nur davon zu sprechen.

Signe Burgstaller, Sonderbotschafterin in der Abteilung für Osteuropa und Zentralasien des Schwedischen Außenministeriums, betonte Schwedens klares Bekenntnis zur Unterstützung der sechs ÖP-Staaten. Die Östliche Partnerschaft habe sich als belastbares und flexibles Instrument erwiesen, das konstant an neue Umstände angepasst werden konnte. Sie räumte jedoch auch ein, dass das Programm sein volles Potential noch nicht erreicht habe. Der weitere Fortschritt sei von den Ambitionen der teilnehmenden Länder abhängig, so die schwedische Diplomatin. Auch Burgstaller sieht in der ÖP weder ein Instrument, das auf eine EU-Erweiterung abzielt, noch eines, das selbige verhindern soll und betont die große Wichtigkeit einer Politik der offenen Tür (“Open Door Policy“). Ihrer Meinung nach sollen in der Zukunft vor allem die Unterschiede zwischen den Ländern der ÖP besser berücksichtigt werden und die Ergebnisse sichtbarer und greifbarer für die Bevölkerung sein.

Der ehemalige Sonderbotschafter und Bevollmächtigter der Republik Polen in der Ukraine, Jan Pieklo, schloss sich seiner Vorrednerin darin an, dass das zehnjährige Bestehen der ÖP keine Selbstverständlichkeit sei und wertgeschätzt werden müsse: „Die Östliche Partnerschaft lebt und sie ist ein Erfolg!“ (Übersetzung aus dem Englischen). Er zeigte jedoch auch einige Defizite des EU-Ansatzes auf, vornehmlich die fehlende Erweiterungsperspektive und eine fehlende Strategie gegenüber der Russischen Föderation. Dies sei insbesondere für die Ukraine tragisch, die den „höchstmöglichen Preis“ für europäische Werte gezahlt habe und eine Mitgliedschaftsperspektive verdiene. Pieklo bringt die Zurückhaltung der EU auf der anderen Seite in Zusammenhang mit der gemeinsamen Grenze zu Russland, die zu einer deutlich zögerlicheren Annäherung führt, als er sie beispielsweise gegenüber den Westbalkan-Ländern beobachte. Während der Fragerunde am Ende des Panels fügte der ehemalige polnische Botschafter hinzu, dass in der Kommunikation der ÖP eines ihrer größten Defizite liege. Sie sei inkohärent und intransparent und daher grundlegend gescheitert, da die meisten Personen nicht mit dem Programm oder seinen Auswirkungen und Zielen vertraut seien.

Wera Richatschkowa Pachta, Advocacy Manager im Sekretariat des Eastern Partnership Civil Society Forum, stellte im Anschluss ausgewählte Ergebnisse eines Papers vor, das 23 Ideen aus der zivilgesellschaftlichen Perspektive aufnahm. Sie schlug vor, die Partnerschaft auf der zivilgesellschaftlichen Ebene noch auszuweiten, bis hin zu Grassroots-Initiativen, mit Rechtsstaatlichkeit als Leitprinzip bei der Durchführung von Reformen. Eine neue Agenda nach 2020 solle zudem eine klare Bezugnahme auf Menschenrechte und den Klimawandel beinhalten, die in der aktuellen Version fehlten. Darüber hinaus betonte Pachta die Notwendigkeit klarer Mechanismen und Regelungen, wie finanzielle Ressourcen der EU auf bestimmte Länder und Projekte verteilt werden, sobald nach der Budgetreform nur noch ein Finanzierungsinstrument für alle Drittstaaten zur Verfügung steht.

Dmytro Schulga, Europäischer Programmdirektor der International Renaissance Foundation aus dem Kreis der Co-Organisatoren der Konferenz, schloss das Panel mit einer Bewertung des Status quo in der Ukraine und der Formulierung klarer Forderungen an die Europäische Union. Seiner Meinung nach leide die Ukraine unter ihrem Bekenntnis zu Europa, für das sich das Land vor zehn Jahren entschieden hätte. Die Ukrainer wünschten sich zudem mehr Verständnis und Unterstützung gegen die Russische Föderation, die trotz der fortgesetzten russischen Aggression jedoch seitens der EU nicht aufgebracht werde. Schulga betonte mit Nachdruck, dass diese Unterstützung das „Deliverable No. 1“ seitens der EU sei. Zu weiteren Bereichen, in denen EU-Unterstützung nötig sei, zählten good governance und politische Stabilität sowie wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Fortschritt. Die verschiedenen Signale, die die Ukraine von der Europäischen Union empfangen habe, führten Schulga zu dem Schluss, dass der „Europäische Traum sehr verletzlich“ sei.

Mit einer Reihe von Schlussbemerkungen wurde der Konferenztag abgeschlossen. Die Organisatoren und Diskussionsteilnehmer kamen überein, dass die Konferenz ein wichtiger Austausch von Argumenten und Perspektiven mit konstruktiven Gesprächen gewesen sei.

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