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Veranstaltungsberichte

Paraguay und Deutschland – Erwartungen an die Zusammenarbeit

Dialogprogramm mit Senatoren und dem Kommunikationsminister Paraguays in Berlin

Auf Einladung der KAS haben fünf Senatoren sowie der Kommunikationsminister Augusto Dos Santos aus Paraguay ein intensives Gesprächsprogramm mit dem Bundestag, der Bundesregierung und weiteren Institutionen in Berlin absolviert.

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Die entwicklungspolitische Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Paraguay

Sowohl für die Vertreter der neuen Regierung unter dem ehemaligen katholischen Bischof Fernando Lugo als auch der Opposition ging es dabei immer wieder um die entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit Deutschland. Im Rahmen der Konzentration der deutschen Entwicklungszusammenarbeit auf wenige Schwerpunktländer hatte die Bundesregierung eigentlich beabsichtigt, Paraguay nur noch über thematische Regionalprogramme (z.B. Frauenförderung, Ländliche Entwicklung) für Südamerika zu fördern. Nicht zuletzt die grassierende Korruption und nicht erkennbare Verbesserungen mit Blick auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Soziale Marktwirtschaft hatten zu einer eher skeptischen Einschätzung der paraguayischen Entwicklungsmöglichkeiten geführt. Durch das Ende der 61-jährigen Herrschaft der Colorado-Partei im Jahr 2008 sind aber nun neue Bedingungen anzutreffen und gerade jetzt wird Unterstützung benötigt. „Es wäre doch absurd, wenn Deutschland, das so viele Jahre mit GTZ und KfW, aber auch vielen Nichtregierungsorganisationen Paraguay unterstützt hat, sich jetzt zurückzieht, wo es endlich eine wirkliche Transition zu Demokratie und sozialer Entwicklung geben soll“, sagte Kommunikationsminister Augusto Dos Santos.

Insbesondere der Führer der an der neuen Regierung beteiligten sozialen Bewegung Tekojoja, Senator Sixto Pereira, wies in allen Gesprächen auf die riesigen sozialen Herausforderungen im ländlichen Bereich hin, wo die Mehrheit der extrem armen Bevölkerung Paraguays zu Hause ist: „Wir wissen aus Erfahrung, dass Deutschland hier viel zu bieten hat, und wir brauchen diese Unterstützung, um die Armut abzubauen und den Menschen eine Perspektive zu geben, die auch ihr Recht auf eine gesunde Umwelt einschließt.“ Unterstützung fanden die Vertreter der Regierungsallianz aber auch bei den oppositionellen Senatoren Miguel Carrizosa (Patria Querida) und Lilian Samaniego (Colorado-Partei), wenngleich in den Sachfragen hinsichtlich der Umsetzung solcher Programme naturgemäß politische Unterschiede bestehen.

 

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Gruppenfoto mit der Delegation aus Paraguay und Mitarbeitern der Konrad-Adenauer-Stiftung

Die Vertreter der deutschen Regierung (BMZ, AA) unterstrichen, dass man die Änderungen in Paraguay beobachte und natürlich in die eigenen Überlegungen einbeziehe. „Wir sehen die Entwicklungen nach dem politischen Wechsel und insbesondere die Bemühungen um mehr soziale Entwicklung mit Interesse und Solidarität und werden flexibel im Rahmen unserer Möglichkeiten reagieren“, sagte die Lateinamerika-Beauftragte des BMZ, Dorothee Fiedler. Auch im Bundestag, wo die Delegation mit der Deutsch-Südamerikanischen Parlamentariergruppe und dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zusammentraf, waren die Positionen der Bundestagsabgeordneten von großem Interesse und Sympathie gezeichnet. Gleichzeitig machten die Bundestagsabgeordneten aber deutlich, dass die paraguayische Regierung auch „liefern“ müsse. „Solche politische Entscheidungen müssen immer wieder an der Realität gemessen werden. Wir erwarten deshalb mit Spannung, welche konkreten Schritte die neue Regierung unternimmt und mit welchen konkreten Vorschlägen sie dann an uns herantritt“ sagte der Vorsitzende des Bundestagsausschusses, Thilo Hoppe (Bündnis90/Grüne), der sich noch im letzten Jahr die Lage in Paraguay selbst angesehen hatte. Der entwicklungspolitische Sprecher der CDU/CSU, Christian Ruck, und auch seine Kollegen von der SPD argumentierten ähnlich und zeigten damit einen gewissen Konsens in der Beurteilung der Perspektiven für die Zusammenarbeit mit Paraguay. „Entscheidend ist, dass die Regierung Lugo eine gute Politik für ihr Land macht, und dann können wir auch den Einsatz deutscher Steuergelder verantworten, gleich ob sie aus regionalen Programmen oder der bilateralen Zusammenarbeit kommen“, stellte Ruck klar.

Gespräche mit den „Machern“ der Politik in Berlin

Neben diesen drängenden und für ein so armes Land entscheidenden Fragen lag ein Schwerpunkt des Dialogprogramms im Studium der politischen Prozesse im Berlin der großen Koalition. Wenn auch die Situation im Präsidialsystem Paraguays eine andere ist, widmeten sich die Gäste intensiv den Fragen, wie die unterschiedlichen Interessen aus Parteien, Regionen und gesellschaftlichen Gruppen in politisches Handeln umgesetzt werden. Im Präsidialsystem ist die Regierung erst bei konkreten Gesetzen auf die Mehrheit im Parlament angewiesen, und Lugo muss diese von Fall zu Fall suchen, da seine Allianz nicht über eine Mehrheit verfügt. Aber im ersten Schritt, nämlich die Abgeordneten der eigenen Allianz im Regierungslager zu halten, ähneln sich viele Anforderungen: Die ideologische Bandbreite von traditioneller Liberaler Partei bis hin zu den neuen sozialen Bewegungen, oft christlich motiviert, aber auch von Venezuelas Präsident Chávez und seinem „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ inspiriert, gibt jedenfalls genug Raum für innere Streitigkeiten. Gespräche mit dem Leiter des Parlaments- und Kabinettsreferats im Bundeskanzleramt, dem parlamentarischen Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Bernhard Kaster, und in der Bundestagsverwaltung zeigten die formalen und vor allem die sensiblen informellen Abstimmungsprozesse im deutschen System. Begriffe wie Vermittlungsausschuss, Koalitionsausschuss, Ältestenrat wurden den Gästen immer vertrauter und konnten im Laufe der Woche einige Grundprinzipien des „guten Regierens“ (Good Governance) in Deutschland verdeutlichen: Ein breiter Konsens über Verfahren und Regeln, um die politischen Sachfragen streitig zu diskutieren, aber zu allseits respektierten Entscheidungen zu kommen.

Nutzen auch für die deutsche Politik

Das Programm zeigte für die Konrad-Adenauer-Stiftung einmal mehr, wie wichtig der direkte politische Dialog ist, um das gegenseitige Verständnis zu fördern und Missverständnisse abzubauen. Nicht zuletzt konnten sich die deutschen Verantwortlichen in Regierung und Bundestag einen eigenen Eindruck über die politische Lage in Paraguay verschaffen. Bei Treffen mit dem Lateinamerika-Arbeitskreis der CDU/CSU-Fraktion, in der Stiftung Wissenschaft und Politik oder mit maßgeblichen Journalisten wurde intensiv nach dem Kurs Paraguays gefragt. So stellte der CDU-Abgeordnete Peter Weiß heraus, dass man auch in den Bundestagsausschüssen für Auswärtiges, Wirtschaft oder Umwelt wissen wolle, wohin es mit der Regierung von Präsident Lugo gehe.

Die KAS zeigte sich mit dem Verlauf der Woche sehr zufrieden und will auch weiterhin den Transformationsprozess in Paraguay im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützen. Der Leiter der KAS-Delegation, Peter Fischer-Bollin (Leiter des KAS-Regionalprogramms "Soziale Ordnungspolitik in Lateinamerika"), wies darauf hin, dass zuletzt vor zehn Jahren Parlamentarier aus Paraguay in Deutschland waren, auch damals eingeladen von der KAS.

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