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Veranstaltungsberichte

Politik und Medien der Kommunikation

von Marten Neelsen

Der Journalismus in Argentinien

Am 28. Juni 2013 organisierte die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. eine spannende Diskussion über "Politik und Medien der Kommunikation". Das Ziel war es, die aktuelle Situation des argentinischen Journalismus zu untersuchen. Neben dem Wissenschaftler Fernando Ruiz und dem Zeitungsredakteur Pablo Sirvén nahm auch Vincent Kokert, Fraktionsvorsitzender der CDU in Mecklenburg Vorpommern, an der Diskussion teil. Mit seinen Erfahrungen aus der Bundesrepublik belebte Kokert zudem einen interessanten Erfahrungsaustausch.

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Der Streit der Regierung von Cristina Kirchner mit dem Medienkonzern Clarín ist noch nicht gelöst – eine Schlichtung nicht in Sicht. Zwar hat das Mediengesetz der Regierung nicht gewirkt, doch der Streit ging damit nur in die zweite Instanz. Nachdem die Justiz wichtige Teile des Gesetzes für unwirksam erklärt hatte, war rasch eine Justizreform gefolgt. Während der offizielle Auftrag die so genannte Demokratisierung war, sprachen Kritiker von einer Störung der Gewaltenteilung. Die Regierung versuche offensiv, die Justiz zu kontrollieren. Inzwischen fürchten nicht nur nationale Journalisten, Politiker und Beobachter um die Presse- und Meinungsfreiheit in Argentinien. In der Bundesrepublik Deutschland, in der Journalismus als die vierte Gewalt gehandelt wird, ist so eine Situation in der heutigen Zeit unvorstellbar. Doch warum? Welches Geheimrezept hat die Bundesrepublik, das Argentinien eventuell fehlt?

Die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Argentinien und die Fundación Criterio haben daher zu einem Diskussionsabend eingeladen. Am 27. Juni 2013 debattierten Vincent Kokert, Fraktionsvorsitzender der CDU im Landtag von Mecklenburg – Vorpommern, Fernando Ruiz, Vizedekan der Fakultät für Kommunikation der Universität Austral, und Pablo Sirvén, Redakteur der Tageszeitung La Nación über Politik und Kommunikationsmedien. Mit den drei Experten aus verschiedenen Nationen waren sowohl die Wissenschaft, die Politik als auch der Journalismus vertreten. Es begann eine lebhafte Situation.

Es war der erste Besuch von Vincent Kokert in Argentinien und dennoch hat er schon viel über Argentinien erfahren. Mit seiner Teilnahme an der internationalen Konferenz über „Boden: Grundlage der Entwicklung“ konnte er in Rio de Janeiro und in Buenos Aires verschiedene und vielfältige Eindrücke über den politischen Alltag in Südamerika sammeln. Auch die Fehde zwischen Clarín und der Regierung blieb ihm nicht verborgen. In seinen Worten stellte er den Vergleich mit Bundesbundesrepublik Deutschland auf. „In Deutschland und Europa hat die Presse die Aufgabe, die Bürger mit der Regierung zu verbinden. Ohne funktionierende Pressefreiheit gäbe es auch keine Demokratie in vielen Ländern Europas.“ Er erklärte, dass der Einfluss der Politik oder einzelner Politiker auf die Medien in Europa stets empörte Reaktionen hervorgerufen habe. „Es braucht keine Regierung, um die Presse zu kontrollieren“, sagte er. „Das tue sie durch ihren eigenen Presserat, in dem auch nur Journalisten sitzen.“ Er betonte die Bedeutung der Medien als vierte Gewalt in Deutschland. Eine Monopolisierung, wie es Clarín vorgeworfen wird, halte er in Deutschland durch die Wirkung des Bundeskartellamtes für unrealistisch, schließe zudem auch eine Politisierung aus. „Wir (die Politik) mischen uns nicht in die Reglementierung der Medien ein“, stellte er klar. Kokert ist in der Deutschen Demokratischen Republik aufgewachsen. „Damals unterdrückte der Staat die Meinungs- und Pressefreiheit“, erinnerte er sich, „bis die Menschen auf die Straße gingen“.

Für Fernando Ruiz spielt der Journalismus ebenfalls eine große Rolle. Als Kommunikationswissenschaftler lehrt er seinen Studenten an der Universität Austral die Theorie und Praxis der Medienwelt. „Die Medien haben zweifelsohne großen Einfluss auf die Demokratie“, sagte er. „Nur durch Mitwirken wird diese gestaltet, nicht durch Neutralität.“

Obwohl die Meinung der Journalisten sehr wichtig sei, sei die Qualität vereinzelter Meinungen stark gesunken. „Wenn Journalisten die Präsidentin als unzurechnungsfähig bezeichnen, ist das keine objektive Berichterstattung mehr, sondern aktive Kränkung.“ Der Journalismus sei zu Besserem fähig, als nur die Plattform für den zwischen Journalisten und Regierung zu sein. Er betonte die Wichtigkeit, das Kommunizieren zu lernen und einen glaubwürdigen Referenzpunkt zu bilden.

Pablo Sirvén schien sich nicht zu wundern, dass viele Medien sich sehr kritisch über die Regierung äußern. Die Ursache liege in den massiven Einschränkungen, die die freie Meinungsäußerung belasten. „Zeitungsverlage müssen viele Auflagen der Regierung erfüllen, die jedoch die Wettbewerbsfähigkeit massiv behindern“, sagte der Journalist. So müssten Zeitungen spezielle Genehmigungen einholen, um Anzeigen von Werbepartnern zu drucken. Wodurch der Verlag wiederum finanziell geschädigt werde. „Eine anderes Ärgernis sind die Werbepausen bei den Fußballspielen, die nur von der Regierung genutzt werden.“ Die Regierung schicke sich an, keine anderen Werbespots zuzulassen, die kritisch oder konkurrenzfördernd sein könnten. Ebenso verneine sie den Dialog mit regierungskritischer Presse. „Jede Regierung muss einen bestimmten Toleranzrahmen haben“, sagte er abschließend. „Wenn dann aber Journalisten aus dem Unmut heraus, die Regierung in Ansätzen mit der Militärdiktatur vergleichen, werden sie beschimpft.“

In der abschließenden Diskussion mit den Teilnehmern erklärten die drei Experten weitere Situationen aus ihren Fachbereichen. Besonders die deutschen Regelungen schienen sowohl Redner als auch Gäste sehr zu interessieren. Die Neugier zeigte, dass weite Teile der Argentinier an ihrer Presselandschaft teilhaben, sie schützen und verändern wollen. Erfahrungsaustausche wie dieser, werden das Problem zwar nicht auf einen Schlag lösen, aber sie informieren und motivieren zur Veränderung.

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