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Schlaglichter auf den Nahostfriedensprozess ein Jahr nach Annapolis

9. Mülheimer Nahostgespräch vom 21. – 23. November 2008 in Mülheim an der Ruhr

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Im November 2007 lud die amerikanische Regierung zum Nahostgipfel nach Annapolis. Bis zu seiner im Januar 2009 endenden Amtszeit möchte US-Präsident George W. Bush die Konfliktparteien im Nahen Osten dazu bringen, eine Lösung für den israelisch-palästinensischen Konflikt zu finden. In Frieden und Sicherheit sollen künftig der Staat Israel und ein palästinensischer Staat nebeneinander und am besten in Kooperation miteinander existieren.

In einem Interview hatte der israelische Botschafter Yoram Ben-Zeev kürzlich erst die Bedeutung des Annapolis-Prozesses für den Frieden in Nahost betont, dabei aber zugleich angezweifelt, dass die Verhandlungen tatsächlich noch in der Amtszeit von Bush zu einem Ergebnis kommen werden.

Israelische, palästinensische und deutsche Experten diskutierten am Wochenende beim 9. Mülheimer Nahostgespräch, das die Hauptabteilung Internationale Zusammenarbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung gemeinsam mit der Katholischen Akademie Die Wolfsburg veranstaltete, über die Chancen für den Friedensprozess ein Jahr nach Annapolis.

Zunehmende regionale Einbettung des Nahostkonfliktes

Der Duisburger Politologe PD Dr. Jochen Hippler führte in die komplexe Thematik ein, indem er die regionale Perspektive des Konfliktes und die Auswirkungen der amerikanischen Präsidentschaft beschrieb. Ein schnelles Engagement der USA im Nahen Osten unter Präsident Obama sieht er nicht, am Anfang seiner Amtszeit würden wohl auch eher wirtschaftliche Prioritäten seine Politik bestimmen. Die künftige US-Außenministerin Hillary Clinton verortet Hippler eher an der Seite Israels.

Einsatz einer internationalen Friedenstruppe

Botschafter a.D. Prof. Avi Primor, der an der Universität in Herzliya das Zentrum für europäische Studien leitet, skizzierte seine Perspektive auf den Konflikt: Zwar sei die Mehrheit der Palästinenser und Araber heute bereit, die Realität der Existenz des Staates anzuerkennen, aber auf beiden Seiten gebe beachtliche Minderheiten, die auch bereit seien, sich mit Gewalt einer Friedenslösung zu widersetzen. Das Hauptelement für die Lösung fehle daher: die Sicherheit. Um Sicherheit sowohl für die Israelis als auch die Palästinenser zu erreichen, stellte Prof. Primor eine überraschende Idee vor: „Wir brauchen eine internationale Truppe, mit klarer Mission, die Sicherheit zu erzwingen.“ Die Europäer sollten hierzu die Initiative ergreifen, schlug Primor vor: „Aber werden die Europäer kühn genug sein? Da habe ich meine Zweifel.“

Neben den Konfliktparteien müssten auch die arabischen Staaten und die USA einer derartigen europäischen Initiative zustimmen. Die Truppen sollten zwar am besten aus islamischen Ländern wie der Türkei und Indonesien gestellt werden, wichtig sei aber die politische Deckung durch die Europäer.

Eine weitere wichtige Säule für den Frieden sei der israelische Ausgleich mit Syrien, denn ohne Frieden mit Syrien könne es keinen Frieden geben und Frieden mit Syrien bedeute, dass Israel mit allen Nachbarn Frieden habe. Dabei gehe es für Israel nicht nur allein um die Golanhöhen, die aus militärischer Perspektive für die Sicherheit Israel heute von untergeordneter Bedeutung seien, sondern auch um eine strategische Frage: Denn die Nähe des syrischen Regimes zum Iran, zur Hisbollah und zu HAMAS sei eher eine Notallianz und nicht im syrischen Interesse: „Die Trennung Syriens von den Iranern entfernt uns von der iranischen Gefahr“, meinte Primor.

Dritte Herausforderung ist laut Primor die HAMAS. Verhandlungen mit HAMAS hält er für möglich und nannte als Beispiel den Rückzug aus Gaza, der ohne einen Schuss vonstatten gegangen sei, weil man hinter den Kulissen mit HAMAS verhandelt habe und weil es ein gegenseitiges Interesse gab. Hamas müsse befürchten wieder abgewählt zu werden, wenn sie die Lebensbedingungen der Menschen in Gaza nicht verbessern könne.

Frieden mit Syrien ist möglich

Dr. Carsten Wieland (Konrad-Adenauer-Stiftung) wies in seinem Beitrag auf einige Schwierigkeiten für einen schnellen israelisch-syrischen Friedensschluss hin. So sei der israelischen Bevölkerung vor dem Hintergrund der nach dem Abzug israelischer Truppen aus Gaza entstandenen Sicherheitslage eine weitere Freigabe von Land nur „schwer zu vermitteln“. Zudem sei Syrien heute tief in antiwestliche Allianzen eingebunden und aus diesen schwer herauszulösen.

Für einen Erfolg der Gespräche mit Syrien sprechen nach Wieland die auch von den USA wahrgenommenen ausgezeichneten Erfahrungen Syriens im Kampf gegen den Terror, die das Land als Kooperationspartner empfehle. So warne Al-Kaida vor einer Einreise nach Syrien, da hier die Gefangennahme drohe.

Die Möglichkeit für eine neuen Syrienpolitik in den USA, die die derzeitigen (von der Türkei vermittelten) Gespräche zwischen Israel und Syrien nicht unterstützten, sieht Wieland ab 2009 als gegeben an. Für Israel seien die Verhandlungen mit Syrien derzeit günstig, da die Verhandlungen mit den Palästinensern stockten. In den syrischen Schulbüchern werde auch von „Israel“ und nicht mehr von der „zionistischen Entität“ gesprochen und obwohl es eine große Aversion gegen den Zionismus gebe, lebten die syrischen Juden ohne Diskriminierung.

HAMAS als Realität

Im Januar 2006 hatte die radikalislamische HAMAS die Wahlen in den Palästinensischen Autonomiegebieten klar gewonnen, Heute regiert sie im Gazastreifen, was zu einer politischen Spaltung der Palästinensischen Gebiete beigetragen hat.

Den aus seiner Perspektive notwendigen Dialog mit der „demokratisch legitimierten“ HAMAS thematisierte Dr. Aref Hajjaj, der das Palästinaforum in Bonn leitet und die Generaldelegation Palästinas berät: „Die Islamisten sind ein schwieriger Verhandlungspartner, aber man darf sie nicht als nichtexistent betrachten“. Der Dialog sollte mit den durchaus vorhandenen „moderaten Kräften“ in HAMAS geführt und diese sollten gestärkt werden.

Die Siedlungen und die radikale Siedlerbewegung

Von den USA und der EU wird seit langem erfolglos der Stop des Siedlungsausbaus gefordert. Radikale Siedler haben bereits mehrfach Bundestagsabgeordnete angegriffen.

Auf israelischer Seite stellt die Siedlerbewegung ein Hindernis für den Frieden dar, wie Dr. Rainer Bernstein in seinem Beitrag erläuterte. Die Aggressivität der Siedler hat dabei weiter zugenommen: In Hebron habe man sich Gefechte mit der israelischen Armee geliefert und mit einem Bürgerkrieg gedroht.

Annapolis als anti-iranische Front

Prof. Dr. Udo Steinbach verwies auf die anti-iranische Motivation der Konferenz von Annapolis. Um die arabischen Staaten gegen Iran mit ins Boot zu holen, habe es aber einen Paradigmenwechsel gegeben, so spreche man nicht mehr von der Demokratisierung der Region. Die Ablehnung des Iran durch die arabischen Staaten habe sich auch bei der Konferenz der Arabischen Liga in Kairo gezeigt. Nicht mehr Israel, sondern Iran werde als Hauptproblem gesehen und das iranische Nuklearprogramm als Bedrohung empfunden.

Ein Militärschlag gegen das iranische Nuklearprogramm ist laut Steinbach noch nicht vom Tisch und es ist für ihn noch nicht ausgemacht, dass es tatsächlich zu einer Verständigung zwischen Teheran und Washington kommen werde. Die iranische Regierung könne mit einer konfrontativen Haltung gegenüber den USA ganz gut leben, während die Amerikaeuphorie der iranischen Jugend dazu beitragen könnte, das Tor einzutreten.

Auf dem Abschlusspanel wurde über die Möglichkeit einer Einflussnahme von Nichtregierungsorganisationen auf den Annapolis-Prozess gesprochen. Am Beispiel der regionalen Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung schilderte Dr. Oliver Ernst (Konrad-Adenauer-Stiftung) den Beitrag der Politischen Stiftungen zu Dialog und Verständigung zwischen den verfeindeten Parteien.

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