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Veranstaltungsberichte

Themenwoche Sicherheit 2014: Sicherheit in der maritimen Domäne

Koreanische und europäische Perspektiven

Zum bereits vierten Mal organisierte das Auslandsbüro Korea der die Konrad- Adenauer-Stiftung (KAS) zusammen mit der Sea Lanes of Communication (SLOC) Study Group-Korea einen internationalen Workshop zum Austausch über aktuelle Fragen maritimer Sicherheit in Nordostasien.

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Dr. Norbert Eschborn, Auslandsbüroleiter der KAS in Korea, eröffnete die Veranstaltung mit dem Hinweis, dass durch die vierte Auflage diese Konferenz bereits eine Tradition entwickelt worden sei, die im kommenden Jahr weitergeführt werden solle. Er fokussierte in seinen Ausführungen auf die Bedeutung und den wachsenden Einfluss Chinas in Nordostasien und referierte die jüngeren Entwicklungen zur Stärkung der chinesischen, japanischen und koreanischen Flotten, welche erweitert würden, um sich auf Territorialstreitigkeiten vorzubereiten und Verteidigungsmöglichkeiten gegen die Nachbarländer zu entwickeln.

Auf koreanischer Seite eröffnete Professor Min Gyo Koo, Vorsitzender der SLOC Study Group- Korea, die Veranstaltung. Er stimmte zu, dass die Lage in Nordostasien unsicherer geworden sei, da der Geschichtsrevisionismus Japans zu einem sich im gesamten Gebiet verbreitenden Nationalismus führe, der keinen Raum zum Manövrieren ließe.

"Seeblindheit“ und regionale Kooperation

Die Runde der Präsentrationen eröffnete der ehemalige Vizeadmiral Lutz Feldt. Die Veränderungen in der Bedeutung der Meere und Ozeane durch die Globalisierung seien extrem. Daher müsse das regionale Verständnis mit dem globalen Verständnis dazu in Einklang gebracht werden. Um nationale sowie internationale Gesetze konsequent durchsetzen zu können, brauche man eine kollektive und international abgestimmte maritime Exekutive, die gegen Terrorismus, Piraterie und für den Schutz der Umwelt sowie der wirtschaftlichen Interessen der einzelnen Länder eintrete. Um hierfür die nötige Unterstützung zu erhalten, wäre es nötig, Politiker sowie die breiten Bevölkerung, durch die Bereitstellung von mehr Informationen und einer positiven medialen Präsentation, vor „Seeblindheit“ zu bewahren. Um Katastrophen vorzubeugen, sei es von größter Wichtigkeit, klare Rechtsstrukturen festzulegen und die korrekte Umsetzung sicherzustellen. Da der Republik Korea eine Institution wie die NATO fehle, solle ihre Marine mit denjenigen anderer Länder einen Informationsaustausch organisieren sowie in gemeinsamen Übungen voneinander lernen.

Professor Seokwoo Lee von der Inha-Universität legte im Folgenden seinen Lösungsvorschlag für die Territorialkonflikte im Südchinesischen Meer dar. Er basierte seinen Ansatz auf den bilateral ausgearbeiteten Plänen von 2007, in denen Nord- und Südkorea über die Aufteilung der Westsee verhandelten, um die Diskussion über den Verlauf der „Northern Limit Line“ (NLL) zu einem Abschluss zu bringen. Zwar hätte der Vorschlag einer Spezialzone für gemeinsame Fischereirechte und geteilte Ressourcennutzung bis jetzt keine Früchte getragen, er sei aber optimistisch, dass das Projekt unter Südkoreas neuer Präsidentin Park Geun-hye wiederbelebt werde. Trotzdem sei es unwahrscheinlich, dass die Territorialstreitigkeiten weder über die Westsee noch über das Südchinesische Meer in naher Zukunft behoben würden.

Die anschließende Diskussion stand unter der Leitung von Ki-Joo Kim, Professor an der Korea National Defense Universität. Tae-Ho Won von der Sejong-Universität unterstützte Vizeadmiral Feldts Aufruf zur Bekämpfung „Seeblindheit“. Die koreanische Marine verstärke momentan ihre internationalen Kontakte, aber die Konkurrenz sei stark und die Hilfe von Stakeholdern unabdingbar. Die Frage sei, wie man bestmöglich die koreanische Seemacht ausbauen könne. Feldt antwortete, dass die Medienberichterstattung im Hinblick auf die Marine noch sehr negativ sei, da sie nur von Desastern berichte. Man solle Journalisten einladen, normale Unternehmungen zu begleiten, um der breiten Öffentlichkeit ein besseres Bild vermitteln zu können, was die Marine eigentlich tue. Auch müsse man die Bedeutung des Schiffbaus klarer machen. Als Vorbild zeichnete er das Bild des imperialen Englands, das durch Literatur und Theater der Bevölkerung die Bedeutung der See verdeutlichte und zu einer Herzensangelegenheit machte. Hierdurch werde man die nötige Unterstützung erhalten, um die Marine auszubauen.

Professor Koo erklärte, dass Nordkoreas Standpunkt zur Veränderung der NLL inakzeptabel sei und das bilaterale Band zwischen den Ländern erst gestärkt werden müsse, bevor man die Bewilligung der Bevölkerung einholen könne. Daher stellte er Fragen nach konkreten Ideen zur Grenzbestimmung und wie Südkorea seinen Einfluss in den gemeinsamen Bohrungen optimieren könne. Während der Vorbereitung zur Wiedervereinigung sei Vertrauensbildung das Wichtigste. Dazu sei es dringend notwendig, die Grenzen eindeutig zu ziehen und die Küsten zu sichern. Dazu sei Kooperation mit Stakeholdern und den benachbarten Ländern unerlässlich.

Feldt erklärte auf Nachfrage, dass auch das für die Nahrungsversorgung zuständige Ministerium in die Verantwortung gezogen werden solle. Durch die Forschung solle die Verbindung zu Stakeholdern verbessert werden, um sich neben maritimer Sicherheit auch auf den kommerziellen Teil der maritimen Angelegenheiten zu konzentrieren. Enge Zusammenarbeit mit Nachbarländern sei durch die Beilegung von aktuellen Streitfragen nicht nur möglich, sondern nötig. Nordostasiens Frieden sei von Präsidentin Parks Plänen bislang bilateral angegangen worden. Nötig sei jedoch ein multilateraler Ansatz, um später Früchte zu tragen.

Die Bedeutung von Informationen für die Sicherheit und Koreas Arktispolitik

Dr. Peter Roell, Präsident des Instituts für Strategie- Politik- Sicherheits- und Wirtschaftsberatung (ISPSW) Berlin, erläuterte in seinem Vortrag, dass ein wichtiges Mittel zur Bekämpfung maritimer Sicherheitsbedrohungen der Austausch von nachrichtendienstlichen Informationen zwischen Staaten bzw. Geheimdiensten sei. Um die Machtbalance in der asiatisch-pazifischen Region sowie den Aufstieg Chinas analysieren zu können, sei gute Geheimdienstarbeit unabdingbar. Die Herausforderung hierbei liege nicht nur in der Beschaffung von offenen und geheimen Informationen, sondern in deren kompetenter Auswertung. Am Beispiel von EU INTCEN erklärte er, dass diese Analysen im Kampf gegen weltweite Gefahren wie Terrorismus, Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, Organisierte Kriminalität (OK) etc., hilfreich für Entscheidungsträger in der Europäischen Union seien. Detailliert ging er auch auf die Bedrohungen im Bereich des maritimen Terrorismus sowie der Piraterie und bewaffneter Raubüberfälle auf Schiffe ein. Abschließend gab er Empfehlungen für Entscheidungsträger, wie potenziellen Bedrohungen noch besser begegnet werden könnte.

Im Anschluss hieran erläuterte Dr. Hyun Jung Kim von der Yonsei-Universität Koreas Arktispolitik. National gesehen sei Korea an dem durch das Schmelzen der Eiskappen möglichen Handel, den sich eröffnenden Zugang zu natürlichen Ressourcen - von Fischfang bis hin zu Öl und Gas - sowie der wirtschaftlichen Möglichkeiten im Schiffbau interessiert. Die aktuellen politischen Strategien sollten Korea dabei behilflich sein, ein Hauptakteur in der Arktispolitik zu werden. Diese Strategien teilten sich auf in internationale Kooperation, Reklame für das Gewerbe in der Arktis, Forschung zu Infrastruktur und Klimaschutz und die Errichtung rechtlicher Richtlinien. International will Korea daher seine Beteiligung im Arktischen Rat weiterhin verstärken. Allerdings hielt Kim den Arktischen Rat für das falsche Forum, um koreanische Interessen zu vertreten. Da Korea nicht an die Arktis grenzt, könne es auch nicht das gleiche Mitspracherecht wie die Anrainerstaaten beanspruchen. Ihrer Meinung nach solle sich Korea auf einzelne Punkte konzentrieren. Bereits jetzt habe Korea mit den meisten Anrainerstaaten bilaterale Verträge zu allen Aspekten, die seinen nationalen Zielen in der Arktis entsprächen. Aus internationalen Diskussionen über Schifffahrtswege solle sich Korea heraushalten und die weiteren Entwicklungen abzuwarten.

Der Diskutant Hyun Soo Kim, Professor an der Inha-Universität, merkte an, dass Dr. Roells Vorschlag schwer umzusetzen sei. Man müsse zwischen internen und externen Nachrichtendiensten unterscheiden, entgegnete Roell. Sämtliche Aktionen müssten auf vorangegangener Informationsanalyse beruhen. Die Unterschiede zwischen den internationalen Arbeitsweisen seien hoch. So werde zum Beispiel in Deutschland, im Gegensatz zu den USA, von den Politikern und nicht von den Institutionen selbst entschieden, was mit den Informationen geschieht und wie man darauf antworten solle. Abhängig vom konkreten Fall seien die Anteile von menschlichen und technischen Beschaffungsmaßnahmen unterschiedlich. Die USA hätten bekannterweise lange Zeit auf die technische Beschaffung gesetzt, im Iran aber gemerkt, dass man lediglich anhand technischer Informationen „keinen Fuß auf den Boden bekommen“ konnte. Es sei wichtig, sich genau zu überlegen, wie gefährlich der Aufbau von Netzwerken im Einsatzgebiet sei und einen genauen Plan zur Auswertung der technisch gesammelten Informationen zu erstellen, bevor man sich mit dem Fall befasse. Dies sei auch hinsichtlich von Dialogen zwischen einzelnen Marinen wichtig. Informationsbeschaffung sei zur Vermeidung von Kriegen und sonstigen Konflikten unentbehrlich

Auch äußerte sich Diskutant Kim kritisch gegenüber Referentin Kims Vorschlag, in puncto Arktis erst einmal abzuwarten. Da die Arktis für jedes Land wichtig werden würde und China und Japan bereits verbissen in der Arktispolitik mitwirkten, bleibe keine Zeit zum Abwarten. Frau Kim dankte dem Diskutanten für seine konstruktive Kritik, sie sei aber dennoch überzeugt, dass Abwarten Korea helfen würde, indem es die Wartezeit zur Ausarbeitung bilateraler Verträge nutzen könnte. Die Veränderungen in der Arktis seien unvorhersehbar, daher wäre voreiliges Handeln möglicherweise eher schädlich für nationale Interessen.

Vizeadmiral Feldt wies außerdem darauf hin, dass sich die Situation zur Schifffahrt in der Arktis immer wieder verändere und der Transport durch die gefährlichen Wetterbedingungen sowie die obligatorische Nutzung von Eisbrechern weder so einfach noch so billig sei, wie die meisten Länder sich das vorstellen. Dr. Kims Meinung, der Arktische Rat sei für Korea nicht das richtige Forum, widersprach Feldt. Ihrer Argumentation, dass der Rat den Anrainerstaaten zu viel Macht zusprechen würde und ihrer Besorgnis über die rechtliche Signifikanz der getroffenen Vereinbarungen setzte Feldt seine Einsichten aus Europa entgegen. Der Beobachterstatus sei durchaus eine Position, die in der Entscheidungsfindung des Rates eine einflussreiche Rolle spiele. Frau Kim wies darauf hin, dass besagter Status für Korea aber nicht permanent sei, sondern 2017 erneuert werden müsste, was nicht selbstverständlich sei.

Maritime Sicherheit in Ostasien

Vertrauen sei aus europäischer Sicht das wichtigste Element zur dringend erforderlichen internationalen Zusammenarbeit, argumentierte Dr. Jörg Hillmann, Kapitän zur See der deutschen Marine sowie Historiker. Europa sei sich einig, dass die Krise in Nordostasien sich nur im internationalen Kontext lösen lasse. Zusammen könnte man effektiv die Problematiken von internationalen Krisen, Terrorismus und auch Klimawandel bekämpfen. Ob beim Willen der westlichen Staaten für Demokratisierung und gegen internationalen Terrorismus oder bei der Katastrophenhilfe nach einem Tsunami sei Hilfe über das Meer der effektivste Weg. Mit Blick auf die deutsch-deutsche Vereinigung legte er dar, dass die westdeutsche Marine einen entscheidenden Beitrag durch Flottenbesuche und mithin vertrauenbildende Maßnahmen geleistet habe. Für die europäischen Staaten spielten der Handel, der zu 90% über das Wasser stattfinde, und der Umweltschutz eine große Rolle. Die Sicherheit der einzelnen Schiffe durch eine regionale Überwachung, die global weitergegeben werden müsse, sei aber in den Köpfen der meisten Menschen nur bedingt präsent. Hillmann nutzte den Begriff der "Sea-Blindness" hierfür. Letztlich bräuchte die Welt mehr Demokratie und Zusammenarbeit, um die maritime Sicherheit zu gewährleisten.

Vertrauen sei, aus europäischer Sicht, das wichtigste Element zur dringend erforderlichen internationalen Zusammenarbeit, argumentierte Herr Dr. Jörg Hillmann, Kapitän der deutschen Marine, sowie Historiker. Europa sei sich einig, dass die Krise in Nordostasien sich nur im internationalen Kontext lösen lasse. Nur zusammen könnte man effektiv die Problematiken von Klimawandel und Terrorismus bekämpfen. Ob beim Kampf der westlichen Staaten für Demokratisierung und gegen den Terror oder bei der Katastrophenhilfe nach einem Tsunami sei Hilfe über das Meer der effektivste Weg. Das Vertrauen, dass die westdeutsche Marine den ostdeutschen Flotten nach der Wiedervereinigung 89 zeigte, hätte bedeutend zur erfolgreichen Einbindung Ostdeutschlands beigetragen. Für die europäischen Staaten spiele der Handel, der sich zu 90% über das Wasser stattfinde, und der Umweltschutz eine große Rolle, die Sicherheit der einzelnen Schiffe durch eine regionale Überwachung, die global weitergegeben werden müsste, sei aber in den Köpfen der meisten Menschen noch nicht vordergründig wichtig. Letztlich bräuchte die Welt mehr Demokratie und Zusammenarbeit, um die maritime Sicherheit zu gewährleisten.

In seiner Präsentation stellte Professor Min Gyo Koo von der Seoul National-Universität die Frage, wie Südkorea auf die Gleichgewichtsverschiebung zwischen den USA und China reagieren solle. Mit den gleichzeitig auftretenden Problematiken von Territorialhoheit, Ressourcen, Grenzziehung und Umweltfragen, der gleichzeitigen Aufrüstung von China, Japan und der Republik Korea, kombiniert mit der dadurch aufkommenden Wiederkehr der der USA nach Nordostasien werde die Seerechtskonvention der Vereinten Nationen (UNCLOS) eine bedeutende Rolle einnehmen. Koo lenkte das Augenmerk auf die geschichtliche Entwicklung der zuvor genannten Problematiken. Seiner Ansicht nach sei lediglich ein multilateraler Ansatz zur Lösung regionaler Probleme erfolgreich, welcher jedoch von China abgelehnt werde. Hierbei solle sich Südkorea als Vermittler zwischen China, Japan und den USA betätigen. In maritimen Angelegenheiten solle Südkorea einen festeren Stand einnehmen und eigene Erwartungen hinsichtlich der Inseldispute sowie historischer Probleme zurückstellen. In Verträgen zwischen den Ländern der Region solle eine Wirtschaftszone errichtet werden. Diese multilateralen Gespräche sollten nicht von einer dritten Interessenpartei veranlasst werden, sondern von den einzelnen Ländern.

Es entfachte sich nun eine leidenschaftliche Diskussion über die bilateralen Beziehungen von Japan und Südkorea. Professor Koo führte aus, der „Liliputkomplex“ Koreas, der aus der relativ kleinen Größe im Vergleich zu seinen regionalen Nachbarn entspringe, würde Korea dazu bringen, weltweit auf dem zehnten Platz der Ausgaben für Militär zu stehen. Südkorea solle die geschichtlichen und territorial en Streitfragen mit Japan und China erst einmal zur Seite legen solle, um in anderen Fragen zusammenarbeiten zu können. Die europäischen Referenten ermutigten Korea dazu, multilaterale Gespräche zu suchen und seine Beziehung mit Japan schnell zu verbessern, um dem immer schneller wachsenden China ein Gegengewicht zu bieten. Korea werde nur dann den verdienten Respekt von China erwiesen bekommen, wenn es klar gegen dessen Aggressivität Stellung beziehe.

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