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Báo cáo quốc gia

Parlamentswahl in der Türkei

của Dr. Colin Dürkop

Abstimmung über Erdoğans „Neue Türkei“

Hochspannung vor den Wahlen am Sonntag in der Türkei: Für die Regierungspartei AKP wird sich entscheiden, ob sie weiter alleine regieren kann, oder eine Koalition eingehen muss.

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Insgesamt bewerben sich 21 Parteien um die 550 Parlamentssitze. Mit rund 60% neuen Abgeordneten wird sich das Parlament „runderneuern“. Vier Parteien haben laut den Prognosen reelle Chancen, die hohe Zehn-Prozent-Hürde zu überwinden und ins Parlament einzuziehen. Es wird erwartet, dass die AKP wieder mit großem Abstand stärkste Partei wird. Erstmals könnte auch die kurdisch-nationalistische HDP ins Parlament gewählt werden. Vom Wahlausgang hängt ab, ob die AKP die von ihr geplanten Verfassungsreformen und die Einführung des Präsidialsystems durchsetzen kann. Die Wahl wird in Deutschland mit großer Aufmerksamkeit verfolgt, da hier rund 1,4 Millionen Auslandstürken wahlberechtigt sind.

Ausgangslage

Die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP oder offiziell „AK-Partei“) war bei den Kommunalwahlen im März 2014 nach acht konsekutiven Wahlsiegen seit 2002 weiterhin stärkste politische Kraft im Land geblieben. Ihre bisherigen Wahlerfolge hatte die AKP vor allem den wirtschaftlichen Errungenschaften, politischer Stabilität, aber auch der chronischen Schwäche der Opposition - personell wie programmatisch - zu verdanken, die sie seit 13 Jahren keine konkreten Erfolge mehr vorweisen kann.

Trotz Gezi-Proteste, Korruptionsvorwürfe und Debatten um Meinungsfreiheit oder auch Eingriffe in die Unabhängigkeit der Justiz hatte sie ihren Stimmenanteil im Vergleich zu den vorangegangenen Kommunalwahlen sogar noch weiter ausbauen können.

Im August 2014 gewann Erdoğan dann die erste Direktwahl als Staatspräsident gleich im ersten Wahlgang mit 52% der Stimmen - mehr noch als die AKP jemals bei einer Wahl errungen hatte.

Weit abweichende Wahlprognosen

Der Wahlausgang am Sonntag scheint indes völlig offen zu sein. Zumindest aber gehen sämtliche aktuellen Umfragen davon aus, dass die AKP wiederum stärkste Partei wird, nicht aber unbedingt die notwendige Mehrheit für eine Einparteienregierung erreicht. Einige Prognoseinstitute sagen voraus, dass die AKP erstmals so viele Stimmen verlieren könnte, dass sie auf einen Koalitionspartner angewiesen wäre. Ein solches Szenario wäre in der Tat ein völliges Novum für die Partei, die seit 13 Jahren allein regiert.

Wie auch jüngst in Großbritannien sind Umfragen in der Türkei aber eher mit Vorsicht zu genießen. Je nach parteipolitischer Affinität haben die Umfrageinstitute in den letzten Wochen ein breites Spektrum an Wahlprognosen präsentiert, das alle Möglichkeiten offen lässt. Die eine Hälfte der 16 Institute prognostiziert z.B. den Einzug der HDP ins Parlament, während die andere Hälfte ein Scheitern an der Hürde konstatiert. Es bleibt also spannend bis zum letzten Moment.

Auch ist der Anteil der unentschlossenen Wahlberechtigten noch relativ hoch und könnte letztendlich ausschlaggebend für den Wahlausgang sein. Angesichts jüngster Umfragewerte haben einige regierungsnahe Kommentatoren die AKP vor einer eventuell unangenehmen Überraschung am Wahlabend gewarnt, sollte ihr es nicht gelingen, ihre teilweise unzufriedenen und verunsicherten Stammwähler zu überzeugen, die sich noch nicht endgültig entschlossen haben.

Bei den Oppositionsparteien werden laut diverser Umfragen keine signifikanten Abweichungen bzw. Ausschläge von ihren üblichen Wahlergebnissen erwartet. So gehen beispielsweise nur wenige Institute gehen von nennenswerten Zuwächsen bei der nationalistischen Partei der Bewegung MHP aus.

Zahlreiche politische Beobachter rechnen damit, dass das Wahlverhalten einerseits der Erstwähler, aber auch das der Auslandstürken einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den Wahlausgang haben könnte. Rund 1,4 Millionen in Deutschland lebende türkische Staatsbürger sind zur Stimmabgabe aufgerufen. Traditionell ist bei ihnen die Neigung, AKP zu wählen, noch ausgeprägter als in der Türkei. Laut offiziellen Angaben haben insgesamt etwa eine Million Auslandstürken ihre Stimme abgegeben, was einer Wahlbeteiligung von ca. 35% entspricht. Damit liegt sie zwar deutlich höher als bei der Präsidentschaftswahl (8,3%), aber sicherlich hätte sich die Regierungspartei eine höhere Wahlbeteiligung im Ausland erhofft.

Entscheidend wird auch die Höhe der Wahlbeteiligung im Inland sein. Bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen August hatten über 27% der Wähler ihre Stimme nicht abgegeben. Mit einer höheren Beteiligung bei dieser wichtigen Wahl wird allgemein gerechnet.

Verlauf des Wahlkampfs

Der Wahlkampf endet heute mit den letzten Großveranstaltungen und den Aufrufen sämtlicher Parteiführer an die Bevölkerung zu einer hohen Wahlbeteiligung. Insbesondere die letzte Phase des Wahlkampfs wurde sehr intensiv und zumeist mit schrillen Tönen geführt. Das ist allerdings bei türkischen Wahlkämpfen nichts Außergewöhnliches. Im Gegenteil, die polarisierende Rhetorik von Staatspräsident Erdoğan hat bisher der AKP bei Wahlkämpfen immer genützt. Ob sie auch dieses Mal ihre Wirkung auf ihre Wählerklientel erzielt hat, bleibt abzuwarten.

Die Auseinandersetzungen im Endspurt des Wahlkampfs erfolgten teilweise auf einem ziemlich niedrigen Niveau. So haben etwa die angeblichen goldenen Toilettendeckel im neuen Präsidentenpalast zu einem mitunter grotesk anmutenden Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition geführt. Auch bestimmen teilweise absurde Unterstellungen und gegenseitige Strafanzeigen oder Schadenersatzklagen die aktuelle Wahlkampfagenda.

Die täglichen Wahlkampfauftritte der Parteiführer dominierten die aktuelle Medienberichterstattung der letzten Wochen und Tage. Während Regierungszeitungen insbesondere die HDP zu diskreditieren versuchten, wurde von der Opposition und regierungskritischen Medien insbesondere die täglichen öffentlichen Kundgebungen von Präsident Erdoğan kritisiert. Wegen ihres Wahlkampfcharakters würden diese gegen die geltende Verfassung verstoßen, die eine Unabhängigkeit des an sich parteilosen Staatspräsidenten vorschreibt. Außerdem wird der AKP von verschiedenen Seiten vorgeworfen, in großem Ausmaß staatliche Ressourcen für ihren Wahlkampf eingesetzt zu haben.

Je näher der Wahltag rückt, umso ausufernder werden die Spekulationen, die gehandelt werden, Mutmaßungen, die kolportiert werden und Ängste die geschürt werden. Es ist wieder einmal eine Sternstunde für die Verschwörungstheoretiker der verschiedensten Couleur.

Vereinzelt wurden während des Wahlkampfs auch ernste Vorfällen und Attacken auf diverse Parteibüros gemeldet. Am vorletzten Tag der Wahlkampagne kam es in Ostanatolien unmittelbar vor einem Auftritt des HDP-Ko-Vorsitzenden Selahattin Demirtaş in Erzurum zu gewaltsamen Ausschreitungen.

In einem Vorbericht der OSZE-Wahlbeobachterkommission wurden u.a. die Wahlkampfauftritte Staatspräsident Erdoğans kritisiert und auch Bedenken über die Sicherheit der Wahlen geäußert. OSZE wird dieses Mal knapp 30 Wahlbeobachter in etwa ebenso viele Provinzen entsenden (bei den Wahlen 2011 war die OSZE-Beobachtermission in zwölf Provinzen unterwegs gewesen). An den Wahlurnen wird allgemein durch die Präsenz von zehntausenden freiwilligen Wahlbeobachtern aller Parteien und zivilgesellschaftlichen Organisationen keine Gefahr der Wahlfälschung gesehen und es ist dort mit keinen Unregelmäßigkeiten zu rechnen. Hinsichtlich der Anfälligkeit des IT-basierten Stimmenerfassungssystems bei der Eingabe und Weiterleitung ist im Vorfeld der Wahlen seitens der Opposition mitunter spekuliert worden, während es die Regierungspresse als das angeblich sicherste und zuverlässigste Wahlsystem bezeichnet.

Wahlkampfthemen

Abgesehen von den bei Stimmenwerbung üblichen Tiraden und Polemiken haben „Brot-und-Butter-Themen“ wie wirtschaftliche Fragen, Arbeitsplätze, Mindestlohn oder Inflation lange Zeit die Wahlkampfauftritte der Parteiführer dominiert. Außenpolitische Themen, die hohe Anzahl syrischer Flüchtlinge oder ein potentieller EU-Beitritt spielten praktisch keine Rolle, wohl aber die Art und Weise des Fortgangs von weiteren Verhandlungen zur Lösung der Kurdenfrage.

Die verstärkt islamisch geprägte Orientierung der AKP trat bei den Wahlkampfauftritten besonders offen zutage, wie etwa wenn Präsident Erdoğan in seinen nationalistisch und religiös eingefärbten Reden wiederholt den Koran in den Vordergrund seiner öffentlichen Auftritte stelle.

Es wird spannend sein zu sehen, inwieweit die Palette von populistischen Wahlversprechen der CHP (u.a. Verdreifachung des Mindestlohnes, Auszahlung von zwei zusätzlichen Monatsrentenzahlungen) einen positiven Einfluss auf ihr Wahlergebnis haben werden. Gleiches trifft für das eher vage und schwammige Wahlprogramm der MHP zu, deren Wahlversprechen z.B. die Erhöhung des Pro-Kopfeinkommens auf 13.300 TL und Erhöhung der Beschäftigungsrate um 29,9% umfasst.

Das Hauptmotto der AKP lautete: „Die Anderen reden – wir machen“. Sie hat einmal mehr das konkreteste Wahlprogramm vorgelegt. Neben der Einführung des Präsidialsystems sind weitere Eckpunkte dabei eine neue „zivile Verfassung"; die Fortsetzung des Lösungsprozesses; ein neuer Gesellschaftsvertrag bzw. sozialer Konsensus; wirtschaftliche Strukturreformen; Rentenanpassungen sowie eine Justizreform.

Chancen und Risiken eines Systemwandels

Die Türkei kann mittlerweile auf eine über neunzigjährige Phase des Parlamentarismus zurückblicken, die jedoch seit 1960 durch drei Militärputsche und einen sog. „post-modernen Coup“ gegen den damals ersten islamistischen Ministerpräsidenten Erbakan unterbrochen wurde. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund hat AKP diesen Wahlkampf zu einer Abstimmung über die Einführung eines exekutiven Präsidialsystems in der Türkei als ein wichtiger Pfeiler der „Neuen Türkei“ hochstilisiert. (Einige Umfrageergebnisse legen allerdings nahe, dass ein Großteil der Bevölkerung ein solches Präsidialsystem nicht befürwortet).

Für die dafür notwendige Verfassungsänderung bräuchte Erdoğan die Zweidrittelmehrheit mit 367 Sitzen. Allerdings ließe sich eine Verfassungsänderung zur Umsetzung des exekutiven Präsidialsystems auch mit einem Referendum durchsetzen. Dafür werden 330 Ja-Stimmen in der Türkischen Nationalversammlung benötigt. Mit 60 % der Sitze könnte er ein Referendum anstreben wie schon 2010, als das türkische Wahlvolk die Direktwahl des Staatspräsidenten abgesegnet hatte.

Wahlentscheidend für die Zukunft des politischen Systems in der Türkei wird auf jeden Fall das Abschneiden der pro-kurdischen HDP sein. Das Wahlergebnis für diese Partei scheint auf Messers Schneide zu stehen. Scheitert sie an der Zehnprozenthürde, würden die Stimmen fast zur Gänze der AKP zufallen. Mehrere Beobachter rechnen in einem solchen Szenario sogar mit der Ausrufung des Ausnahmezustands in den mehrheitlich kurdisch bewohnten südostanatolischen Provinzen, bis hin zu möglichen Unruhen aus. Auch die Ausrufung von baldigen Neuwahlen wird bereits am Horizont als mögliches Szenario gehandelt.

Kommt die HDP aber ins Parlament, würde die Partei mindestens 50 Sitze erlangen und die AK-Partei würde die Möglichkeit zur Alleinregierung zum ersten Mal verlieren. Dann dürfte es schwierig werden, mit der notwendigen Mehrheit für eine Verfassungsänderung einen politischen Systemwechsel herbeizuführen.

Spekulationen über mögliche Koalitionsregierungen

Je nach Wahlausgang werden in den Medien eine ganze Reihe möglicher Koalitionskonstellationen durchdekliniert, wie etwa zwischen der CHP und MHP, falls sie die nötige Stimmenanzahl erreichen sollte. Ob die HDP für eine Koalition mit der AKP bereit wäre, würde von vielen Vorbedingungen abhängen und kann zurzeit nicht vorausgesagt werden. Der Ko-Vorsitzende Demirtaş hat dies bisher jedenfalls kategorisch ausgeschlossen.

Ebenso unwahrscheinlich scheint eine „große Koalition“ zwischen der CHP und der AKP, wenn man Kılıçdaroğlu Glauben schenken mag, der dies ebenfalls kategorisch ausgeschlossen hatte.

Theoretisch vorstellbar wäre evtl. auch eine AKP-MHP Koalition, wenn man die gemeinsamen Schnittmengen an konservativen und nationalistischen Wählerschichten berücksichtigt. Allerdings spricht die ausdrückliche Ablehnung des Präsidialsystems und des Verhandlungsprozesses seitens der MHP gegen dieses Modell.

Weiters denkbar wäre eine Minderheitsregierung der AKP mit Aussicht auf die Ausschreibung baldiger Neuwahlen.

Momentan sind alle solche Überlegungen reine Spekulationen und politisch völlig irrelevant.

Spekulationen über den gegenwärtigen Zustand der AKP

Es gibt Anzeichen, wonach die AKP in letzter Zeit zunehmend verunsichert agiert und reagiert. Die Spekulationen reichen von der künftigen Rolle von Ministerpräsident Davutoğlu im Fall eines großen Stimmenverlusts bis hin zu Spannungen in der Partei zwischen verschiedenen Gruppierungen. Das ist zwar schon oft kolportiert worden, aber bisher nie an die Öffentlichkeit gelangt. Stattdessen ist die Partei bis dato von Wahl zu Wahl gestärkt hervorgegangen. Erst das Wahlergebnis und die kommenden Wochen und Monate werden zeigen, welche Persönlichkeiten künftig Schlüsselrollen in der Partei erhalten und welche Kräfte eventuell außen vor bleiben.

All diese Fragen und Mutmaßungen liegen aber momentan noch völlig im spekulativen Bereich und erst einmal muss das Wahlergebnis und die sich daraus ergebenen Entwicklungen abgewartet werden.

Herausforderungen an die neue Regierung

Ganz egal welche Partei oder Regierungskonstellation aus den Wahlen hervorgeht, auf sie wartet eine ganze Palette von dringenden Aufgaben: Im Fall eines AKP-Wahlsiegs mit der Möglichkeit zur Regierungsbildung ist von einer Fortsetzung der bis dato erfolgreichen Wirtschaftspolitik auszugehen, allerdings unter erheblich schwieriger werdenden Rahmenbedingungen.

Für ausländische Investoren bleibt in erster Linie die weitere politische Stabilität des Landes wichtigstes Kriterium für ein Engagement, während eine eventuelle Änderung des politischen Systems eher zweitrangig ist.

Jede neue Regierung muss dringend anstehende Strukturreformen anpacken und sich Problemen wie etwa vorrangig der Erhaltung der Exportfähigkeit, Bekämpfung der Inflation und die Sicherung von Arbeitsplätzen annehmen, ganz abgesehen von erforderlichen außenpolitischen Weichenstellungen.

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