Asset-Herausgeber

Veranstaltungsberichte

Herausforderungen der EU-Integration. Die Rolle der Frauen im EU-Annäherungsprozess der Westbalkanstaaten

EVP-Frauen Konferenz in Tirana

Diskussion über die Europäische Integration in den Balkanstaaten und über die Rolle der Frau

Asset-Herausgeber

Am Freitag, den 21. September 2018, fand im Hotel “Xheko Imperial” in Tirana die unter anderem von der Konrad-Adenauer-Stiftung organisierte, jährliche Konferenz unter dem diesjährigen Gesichtspunkt der Rolle von Jugend und Frauen im EU-Integrationsprozess der Staaten des Westbalkans, insbesondere Albaniens, statt.

Dabei folgten auch in diesem Jahr erneut einige internationale Gäste der Einladung, darunter Doris Pack, Präsidentin der Frauenunion der Europäischen Volkspartei, sowie Patrick Voller, Sekretär der auswärtigen Beziehungen der EVP.

Zur Eröffnung der Konferenz sprachen die oben genannten und Albana Vokshi vom Frauenverband der Demokratischen Partei (DP), Lulzim Basha, Vorsitzender der DP, Walter Glos, Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Tirana und Nertila Mosko von der Hanns-Seidel-Stiftung Tirana zu verschiedenen drängenden Themen. So ging es hierbei um das Verhältnis der EU-Institutionen zur albanischen Politik, welches laut Vokshi etwas tiefgreifender sein müsste, um die Herausforderungen, welche Albanien noch zu bewältigen hat, aber auch um die Rückschritte im Bereich der weitreichenden organisierten Kriminalität sowie eingeschränkten Pressefreiheit in den letzten Jahren, wodurch Albanien sich laut Pack von EU-Werten entferne, die EU selber diese Rückschritte aber kaum wahrnehme.

Lulzim Basha mahnte die autokratische Entwicklung der albanischen Politik an und machte ebenfalls auf die Konzeptlosigkeit Albaniens im Hinblick auf eine EU-Mitgliedschaft aufmerksam, während Walter Glos das Augenmerk auf die Notwendigkeit einer Chancengleichheit von Mann und Frau in den politischen Institutionen legte.

Dass die EU sich weiterhin um den Westbalkan sowie um die Vorantreibung der Reformprozesse bemühen muss, weil es sonst andere Akteure tun, betonte Patrick Voller. Ebenso unterstrich er die Bedeutung der Oppositionsarbeit sowie die Rolle der Frauen und jungen Leute, die den Weg in die EU maßgeblich prägen müssten.

An den drei darauffolgenden inhaltlichen Sitzungen nahmen jeweils Diskutanten aus möglichst verschiedenen Staaten des Westbalkans teil, wodurch ein Rundumblick der Situationen in der Region entstand und Vertreter aus den EU-Staaten Italien, Rumänien und Bulgarien die Integrationsbemühungen aus ihrer Sicht kommentierten.

Die erste inhaltliche Sitzung behandelte im Anschluss die Themen der Korruption, organisierten Kriminalität und schlechten Regierungsführung als Hindernisse im EU-Integrationsprozess. Dabei wurde ebenso ein weiterhin in der Region stark ausgeprägter Nationalismus als Gegensatz zu EU-Bestrebungen ausgemacht sowie die Massenabwanderung von jungen Menschen beklagt, welche eigentlich die neuen demokratischen Kräfte in der Region werden müssten, um gegen Korruption und organisierte Kriminalität anzukämpfen und freie und faire Wahlen zu ermöglichen.

Es wurde des Weiteren kritisiert, dass Korruption in letzter Zeit in Albanien sogar angestiegen sei und dies mit einem Mangel an politischen Willen sowie einem Nichtvorhandensein von Vertrauen zusammenhänge, ein Konzept dagegen gebe es aber nicht und die EU sehe diese Details auch nicht. Weiterhin gäbe es ungeachtet der bloßen, wenn auch zufriedenstellenden, Anzahl an weiblichen Parlamentsmitgliedern zu kleine Chancen für Frauen, in entscheidende politische Ämter zu gelangen, in denen die politische Entscheidungsfindung stattfindet.

In der zweiten inhaltlichen Sitzung ging es dann um die Integrationsstrategie der EU für den Westbalkan und damit um die EU-Perspektive. Hierbei wurde deutlich, dass die interne Legitimationskrise der EU mit dem Erstarken von populistischen Parteien innerhalb der EU auch einen Einfluss auf den EU-Enthusiasmus in den Staaten der Beitrittskandidaten in den Staaten des Westbalkans hat.

Als wichtigster Faktor wurde auch hier der “Blick für das Detail“ ausgemacht, denn Konferenzen zwischen EU-Vertretern und Vertretern des Westbalkans werden oftmals als Erfolg bezeichnet, obwohl sie keinen Fortschritt erbrachten. So habe der “Berlin-Prozess“ die Balkanstaaten nicht entscheidend zusammengebracht. Die Staaten müssten selber Verantwortung übernehmen und die Jugend sowie die Frauen seien hierbei die “Promoter of Change“. Die Stagnation im EU-Beitrittsprozess mache sich mittlerweile oftmals im Unmut unter den jungen Menschen bemerkbar, weil die theoretischen Bestrebungen der nationalen Regierungen keine Umsetzung finden. Man befinde sich demnach an einem riskanten Zeitpunkt für den Westbalkan, weil die EU selber keine klare Idee für die Region bietet, keine Einigkeit im Integrationsprozess aufzeigt und demnach eine Lethargie bei den Bürgern der Westbalkanstaaten auslöst, die sich im Abwandern der jungen Leute sowie in fehlendem, aber nötigen Reformdruck der Politik wiederspiegelt. Einig war man sich aber weiterhin über den positiven Einfluss der EU-Perspektive, ohne die die Staaten in der Region immer noch vor den alten Problemen stehen würden, was die Verantwortung der EU für den Frieden und den Fortschritt auf dem Westbalkan umso mehr aufzeigt.

Als Thema der dritten Sitzung stand der mangelnde Einfluss der Medien sowie der Zivilgesellschaft auf dem Programm.

Hierbei wurde von den Diskutanten betont, dass es weiterhin keine unabhängigen Medien gibt und dass sich Medien, zumindest in Albanien, oftmals von der Politik instrumentalisieren lassen. Außerdem gab es Einigkeit darüber, dass ein EU-Beitritt ohne die jeweiligen Medien und Zivilgesellschaften der Staaten unmöglich sei, weil sie im positiven Sinne ein Sprachrohr der Gesellschaft seien und einen Willen in der Bevölkerung intensivieren können. Darüber hinaus wurde auch herausgestellt, dass Geschlechtergleichheit eine Frage der Mentalität sei und diese in jeglichen Staaten des Westbalkans das Hauptproblem sei, weshalb sie mehrheitlich nach wie vor noch keine EU-Mitglieder sind.

Abgeschlossen wurde die Veranstaltung mit zwei Schlussworten von Albana Vokshi und Doris Pack, die sich bei allen Rednern bedankten und noch einmal verdeutlichten, dass die Unterstützung der Europäischen Union mit dem Blick auf die Detailfragen unerlässlich sei für den weiteren Reformprozess der Westbalkanstaaten.

Asset-Herausgeber

comment-portlet

Asset-Herausgeber

Asset-Herausgeber