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Zerstörer der liberalen Weltordnung?

von Andrea Ellen Ostheimer
Trumps Unilateralismus und seine Folgen

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Bereits in der Vergangenheit gab es immer wieder Phasen in der US-Außenpolitik, in denen das Engagement der US-Regierung in multi lateralen Organisationen und Themenfeldern als zurückhaltend oder ambivalent beschrieben werden kann. Mit der Wahl von Präsident Trump wurde allerdings von Beginn an deutlich, dass US-Außenpolitik zukünftig von sehr kurzsichtig interpretierten nationalen Interessen und dem Paradigma „America first“ geleitet sein würde. Der Umfang der Auswirkungen auf die internationale Weltordnung, das Ausmaß der damit verbundenen Instabilitäten und die Herausforderungen für das etablierte Normgefüge ließen sich allerdings nur bedingt vorhersehen.

Nullsummenspiel statt Multilateralismus

Die ersten 24 Monate seiner Amtszeit, die Aufkündigung des nordamerikanischen Freihan- delsabkommens NAFTA, der Rückzug aus dem Pariser Klimaschutzabkommen von 2015, die einseitige Aufkündigung des JCPOA (Joint Comprehensive Plan of Action) mit dem Iran sowie die harsche Kritik gegenüber NATO-Partnern demonstrieren eine rein von kurzfristigen natio nalen Interessen geleitete und auf die Erfüllung von Wahlkampfversprechen ausgerichtete Außenpolitik des Präsidenten. Die hohe Zahl an personellen Wechseln im außen- und sicherheitspolitischen Bereich wie auch die poli tische Positionierung der USA im multi lateralen System der Vereinten Nationen (inklusive Rückzug aus dem VN-Menschenrechtsrat und Aufgabe der UNESCO-Mitgliedschaft sowie die Einstellung der Unterstützung für UNRWA) unterstreichen die von einer kurzsichtigen Kosten-Nutzen- Rechnung geleitete Politik, deren Impulse primär aus dem inneren Zirkel des Präsidenten stammen.

Mit dem Einzug Trumps in das Weiße Haus und dem sukzessiven Rückzug der USA aus dem multilateralen Kontext der Vereinten Nationen scheint das Nullsummenspiel in den internationalen Beziehungen wieder salonfähig geworden zu sein. Damit steigt das Risiko für Konflikte und deren gewaltsame Austragung. Die nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffene, wertebasierte Weltordnung erodiert und der Rückzug der USA auf eine rein an vermeintlichen nationalen Interessen ausgerichtete Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik findet ihre Nachahmer. Dabei werden Fakten nachrangig und es dominieren an Emotionen appellierende, verkürzte und aus dem Zusammenhang gerissene Argumente.

Peking profitiert

Was die normative Dimension der internationalen Politik angeht, hinterlässt der Rückzug der USA ein Vakuum, das rasch von autokratischen Regimen und ihrem ganz eigenen Verständnis von Souveränität, Partizipation und Nicht-Einmi schung gefüllt wird. Vor allem China versteht es geschickt, dieses Vakuum für die eigenen Interessen zu nutzen und Allianzen mit Gleichgesinnten zu schmieden. So hat beispielsweise auch der Einfluss Chinas auf die Ausgestaltung der Mandate von VN-Friedensmissionen zugenommen, sowohl was das finanzielle als auch was das personelle Engagement angeht. Während die USA ihren Finanzierungsanteil von VN-Friedensmissionen bereits 2018 von 28,5 auf 25 Prozent kürzten, hat China seinen Beitrag auf 10,25 Prozent aufgestockt und eine Milliarde US-Dollar pro Jahr für die nächsten fünf Jahre zugesichert. 8.000 Soldaten der Volksbefreiungsarmee wurden darüber hinaus von China für Friedensmissionen vorbereitet.

Nachahmungseffekt und Schadensbegrenzung

Die Schnittmenge des Gemeinsamen zwischen den USA und den transatlantischen Partnern ist kleiner geworden. Deshalb stellt sich die Frage, in welchen Bereichen und bei welchen multilateralen Initiativen eine Kooperation zukünftig noch möglich sein wird bzw. inwieweit Deutschland und Europa in der Lage sein werden, den Rückzug der USA zu kompensieren.

Die Verhandlungen rund um das rechtlich nicht bindende Globale Abkommen für eine sichere, geordnete und reguläre Migration zeigten bereits den Nachahmungseffekt, den der Ausstieg einer einflussreichen Nation wie der USA haben kann, und machten deutlich, wie kontrovers multilaterale Lösungen mittlerweile auch in Europa wahrgenommen werden.

Um die liberale Weltordnung und den Multilateralismus zu stärken, werden sich Deutschland und diejenigen in Europa, die noch zum EU-Werte kanon stehen, nicht nur auf die Suche nach neuen Partnern und Gleichgesinnten machen und strategische Allianzen durch Ad-hoc-Zusammenschlüsse ersetzen müssen. Es wird auch notwendig werden, sich von einem rein zwischenstaatlichen Ansatz zu lösen. Insbe sondere die Vertreter der Zivilgesellschaft und des Privat sektors sind stärker in den Dialog einzubinden und neue Partner sind weltweit zu identifizieren.

Bisher zahlen vor allem die Europäer den Preis für den Rückzug der USA und kompensieren deren Abstinenz in vielen Bereichen der multi lateralen Zusammenarbeit. Gestaltungswille und Gestaltungskonzepte sind dabei allerdings noch unzureichend ausgeprägt und die politischen Antworten nach wie vor nur reaktiv.

 


 

Andrea Ellen Ostheimer ist Leiterin des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in New York.

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