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„An einem Tag alles zerstört“

Milinkiewitsch und Pöttering fordern sofortige Freilassung aller Demonstranten in Weißrussland

Alexander Milinkiewitsch, Vorsitzender der weißrussischen Bewegung „Für die Freiheit“ und Träger des Sacharow-Preises hat auf einer Pressekonferenz der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin die größtmögliche Unterstützung für diejenigen, die jetzt unter Repressionen in Weißrussland leiden und die sofortige Freilassung aller der nach den Präsidentschaftswahlen Ende des vergangenen Jahres inhaftierten Oppositionellen und Demonstranten gefordert.

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Er sagte: „Diese Menschen sind unschuldig.“ Zugleich sprach er sich für mögliche Sanktionen der EU gegenüber seinem Land aus. Allerdings dürfe hierunter unter keinen Umständen die Bevölkerung leiden. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass angefeuert durch die Propaganda durch das Regime, sich die Menschen von Europa abwenden. Es brauche „politischen und diplomatischen Druck, der hart, klar und konsequent sein muss“, so Milinkiewitsch.

Milinkiewitsch zeigte sich schockiert über das, was nach den Wahlen in Weißrussland geschehen war. Etwa 20.000 Menschen hatten in Minsk gegen Präsident Lukaschenko demonstriert und ihm massive Wahlfälschung vorgeworfen. Die Demonstration wurde äußerst brutal auseinandergetrieben. Zahlreiche Teilnehmer und Oppositionelle wurden festgenommen oder leiden seitdem unter Repressalien. Die von vielen im und außerhalb des Landes erhoffte Demokratisierung des Landes wurde, bevor sie richtig begonnen hatte, jäh beendet. „Es gab Schritte zur Liberalisierung und zu einer demokratischen Führung zu gelangen. Das alles hat Lukaschenko an einem Tag zerstört, weil er wusste, dass er die Menschen nicht hinter sich hat“, so Milinkiewitsch.

Auch der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung und ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments, Dr. Hans-Gert Pöttering, forderte die sofortige Freilassung der politisch Gefangenen und bekundete seine nach eigenen Worten „uneingeschränkte Solidarität und Unterstützung mit der Demokratiebewegung in Weißrussland“. Die „vielen mutigen Menschen sollen wissen, dass sie nicht alleine sind,“ so Pöttering. Europa sei in der „moralischen Pflicht“, diejenigen zu unterstützen, die „so leben wollen wie wir“ – in Freiheit und Rechtsstaatlichkeit. Ein erster Schritt hierzu könne eine Visa-Erleichterung für die weißrussische Bevölkerung sein. Hierzu will die Konrad-Adenauer-Stiftung konkrete Hilfen geben.

Über die Rolle der unabhängigen Medien für die weitere Entwicklung Weißrusslands berichtete Iryna Vidanova, Chefredakteurin des Online-Magazins „34“. Sie rief ihre Kollegen im In- und Ausland auf, über das Unrecht und die Repressalien in allen Einzelheiten zu berichten, so wie es in einer Art Forum auf „34“ täglich mehrere Hundert Nutzer machten. Das beweise, dass der Plan des Regimes, Angst zu säen, nicht aufgegangen sei. „Dem Virus der Furcht wird Widerstand geboten“, sagte Vidanova. Ihr Printkollege, Andrej Dynko, Chefredakteur von „Nascha Niwa“, konnte von ähnlichen Beobachtungen berichten. Doch auch wenn der Glaube an eine Veränderung in Weißrussland in der Bevölkerung weiter lebendig sei, die derzeitige Situation sei für viele schier unerträglich. In einer „Hysterie wie unter Stalin“ wisse man abends nicht, ob man morgens vom eigenen Wecker oder vom Trommeln der Polizei an der Tür geweckt werde.

Warum die Situation vor 26 Tagen so eskalierte, darüber rätseln Beobachter bis heute. Eine Erklärung versuchte der Politologe Dr. Valer Karbalevich. Mit den vor den Wahlen eingeräumten größeren Freiheiten für die Bevölkerung wollte Lukaschenko eine Anerkennung des Ergebnisses durch den Westen erreichen. Schnell merkte er aber, dass diese Freiheiten nicht mehr zu kontrollieren waren. Das ganze entglitt den Machthabern, die erschrocken reagierten, fürchtete man doch ein zweites Glasnost im eigenen Land. Als dann am Wahltag auch noch erste Zwischenergebnisse zeigten, dass die Zustimmung wohl deutlich unter 50 Prozent lag, siegte die Furcht vor dem Machtverlust und man entschied sich zu repressiven Maßnahmen. Karbalevich bitteres Fazit: „Der Plan der EU, das Regime zu integrieren, ist fehlgeschlagen.“

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20. Dezember 2010
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