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Veranstaltungsberichte

EHU bietet Brücken für einen Dialog mit der belarussischen Zivilgesellschaft

von Dr. Wolfgang Sender
Die Europäische Humanistische Universität (EHU) in Vilnius steht vor großen Herausforderungen: Einerseits wurde die Universität in der Öffentlichkeit zuletzt stark kritisiert, andererseits muss ein interner Reformprozess umgesetzt werden. Am 24. September 2015 hatten daher die EHU, das Auslandsbüro Belarus der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. und das East Europe Studies Center (EESC) zu einer Dialogveranstaltung eingeladen, bei der sich Vertreter der belarussischen Zivilgesellschaft mit Vertretern der EHU und der Geberseite zum Thema austauschen konnten.

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Die Veranstaltung wurde mit einer Begrüßungsansprache des ehemaligen Präsidenten des Europäischen Parlaments und Vorsitzeden der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Professor Dr. Hans-Gert-Pöttering eröffnet. In seiner Ansprache betonte Professor Pöttering die Sonderstellung der Universität und plädierte für einen „realen Meinungsaustausch“ zwischen der Zivilgesellschaft und der Universität. Er fügte hinzu, dass ein starkes Europa starke Identitäten brauche und dass er sich dies ebenfalls für Belarus und die EHU wünsche. Nur wenn sich die EHU auf Veränderung in Belarus fokussiert, nur wenn die EHU der belarussischen Zivilgesellschaft eine Möglichkeit zur Mitgestaltung gibt und nur wenn die Universität ihre Verwaltung und die Qualität der Lehre verbessere, könne sie eine positive Auswirkung für Belarus schaffen, führte Pöttering aus.

Der Begrüßungsansprache folgte der erste Konferenzteil, der eine Übersicht über das gegenwärtige politische Umfeld sowie Herausforderungen in Belarus gab. Als Redner traten der litauische Diplomat Dr. Žygimantas Pavilionis, der Politikwissenschaftler Vytis Jurkonis und der Vertreter der belarussischen NGO „Palitychnaya sfera“ Andrei Kazakevich auf.

Der Sonderbotschafter für die Östliche Partnerschaft Dr. Žygimantas Pavilionis bezeichnete das Ergebnis der weltpolitischen Prozesse der letzten zwei Jahre als einen Rückgang der Demokratie und einen Gewinn der autokratischen Mechanismen. Pavilionis fügte hinzu, dass der Westen bereit sei, Belarus für einen europäischen Weg zu unterstützen, jedoch sei es aktuell fraglich, wann Belarus dazu bereit ist. Er führte das Beispiel Litauen an, bei dem nur klare strukturelle Reformen und ein expliziter Widerstandswillen dem Land zur Transformation und zur Mitgliedschaft in der Europäischen Union verhalfen.

Die aktuellen Herausforderungen der belarussischen Zivilgesellschaft rückte Vytis Jurkonis, Lektor am Institut für Internationale Beziehungen und Politikwissenschaften der Universität Vilnius, in den Vordergrund seines Vortrages. Das Hauptproblem bestünde aus seiner Sicht aktuell in mangelnden Freiheiten und in vom offiziellen Minsk gegründeten Quasi-NGOs, die wenig mit der wahren Zivilgesellschaft in Berührung treten.

Der zweite Konferenzteil lenkte den Fokus auf die Transformationsprozesse an der EHU sowie die Herausforderungen, denen gegenwärtig die Universitätsleitung und die akademische Gemeinschaft ausgesetzt sind. Die Position der Universität wurde vom Universitätspräsidenten Professor Dr. Anatoli Mikhailov, dem neu bestimmten Rektor Professor David Pollick, sowie dem Leiter des EHU-Senats Professor Dr. Ryhor Miniankou vorgestellt. Die Stimme der akademischen Gemeinschaft der EHU wurde von Dr. Viktar Martsinovich vertreten und die der Zivilgesellschaft von Illa Zaranok, Leiter des Exekutivbüros des Bundes der demokratischen belarussischen NGOs.

EHU-Rektor David Pollick führte in seiner Rede aus, dass die EHU bereit sei, einen Dialog mit der belarussischen Zivilgesellschaft aufzubauen und diesen zu pflegen. Den Vertretern der Zivilgesellschaft sollen Ziele, Visionen und Missionen präsentiert sowie eine mögliche Zusammenarbeit mit ihnen besprochen werden. Er sei für Vorschläge der Zivilgesellschaft offen und bereit, hierfür über die EHU auch Grundlagen für ein demokratisches Belarus zu schaffen, sagte Pollick.

Der Vertreter der belarussischen Zivilgesellschaft, Illa Zaranok, versicherte die Bereitschaft der Zivilgesellschaft, der EHU zu helfen und sie zu unterstützen, sofern die Universität eine pro-belarussische Institution bleibe. Die Zivilgesellschaft sei unter diesen Umständen auch bereit, Werbung für EHU zu machen und bei der Studentenanwerbung zu unterstützen. Der Redner schloss seine Ansprache mit dem Wunsch auf eine Gründung des Zentrums für politische Bildung an der EHU als einer Ausbildungsstätte zum Ausbau und zur Unterstützung der belarussischen Zivilgesellschaft.

In der Diskussion mit dem Publikum meldeten sich hochrangige Vertreter der belarussischen Zivilgesellschaft zu Wort, darunter Stanislau Shushkevich, das erste Staatsoberhaupt des unabhängigen Belarus, Aliaksandr Milinkevitch, der einheitliche Präsidentschaftskandidat der Opposition 2006, die Leiterin der Gilde der belarussischen Historiker Nina Stuzhinskaya, die Vertreterin des Komitees für Solidarität Ina Kulei und Vertreter weiterer Jugendorganisationen wie Vadzim Mazheika, Vorsitzender des Zentrums zur Förderung der studentischen Initiativen sowie die Vorsitzende der Jungen Belarussischen Christdemokraten Maryna Khomich. Mehrfach hoben die Redner hervor, den von Professor Pöttering dargelegten Impulsen zu folgen. Weite Einigkeit bestand darin, dass der Dialog zwischen der Exiluniversität und der Zivilgesellschaft verstärkt werden sollte, dass die EHU sich als eine belarussische und für Belarus arbeitende Universität positionieren sollte, und dass es mehr belarussische Sprachkurse und Lehrveranstaltungen an der EHU geben sollte. Zudem unterbreitete Maryna Khomich von den Jungen Christdemokraten das Angebot, eine Konferenz zur Teilnahme von Belarus am Europäischen Hochschulraum an der EHU durchzuführen.


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