Asset-Herausgeber

Veranstaltungsberichte

„Die Frage nach der Deutschen Einheit war immer eine europäische Frage“

Vier Diplomaten über 25 Jahre "Zwei-plus-Vier-Vertrag"

Am 12. September 1990 wurde in Moskau der als Meisterstück der Diplomatie geltende "Zwei-plus-Vier-Vertrag" unterzeichnet. Er markiert das Ende der Nachkriegszeit und sollte das Verfahren und die außenpolitischen Konsequenzen der Wiedervereinigung Deutschlands regeln. Doch wie wurden der Fall der Mauer und die Deutsche Einheit in Frankreich, Großbritannien, den USA und der Sowjetunion bewertet? Vier Diplomaten gaben in der vierten Veranstaltung der Reihe „25 Jahre Deutsche Einheit“ Antworten.

Asset-Herausgeber

Nick Pickard, stellvertretender Botschafter, Generalkonsul und Politischer Botschaftsrat der Botschaft des Vereinigten Königreichs, merkte einleitend an, dass es in Großbritannien drei Fraktionen gab: Drei Viertel der britischen Bevölkerung hätten die Deutsche Einheit mehrheitlich befürwortet, eine kleinere Gruppe habe gedacht, die Wiedervereinigung sei zwangsläufig, – und die dritte Gruppe bestand aus Premierministerin Margaret Thatcher, die dem Prozess ablehnend gegenübergestanden habe. Sie habe die Einheit zwar akzeptiert, aber nie hingenommen.

Jean-Claude Tribolet, Gesandter der Botschaft der Republik Frankreich, schloss sich seinem britischen Kollegen an: Auch die Franzosen hätten die Einheit gewollt – sie dachten nur, der Weg dahin wäre länger. Er verwies darauf, dass Präsident François Mitterand schon 1981 während seines Antrittsbesuchs beim Bundeskanzler Helmut Schmidt, die Deutsche Einheit ansprach. Seit 1987 habe durch die Reformen in der Sowjetunion ein anderer Wind geweht und diese Chance müsse genutzt werden. Wichtig war ihm die gute Zusammenarbeit zwischen Mitterand und Bundeskanzler Helmut Kohl, die gemeinsam am Projekt Europa gearbeitet hatten. Denn es war klar: „Die Frage nach der Deutschen Einheit war immer eine europäische Frage.“

Doch auch außerhalb Europas habe es einen Fürsprecher der Wiedervereinigung gegeben, erläuterte Jeffrey M. Hovenier, Gesandter Botschaftsrat für politische Angelegenheiten der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika: Für US-Präsident George Bush sei die Deutsche Einheit nicht nur im Interesse der USA, sondern auch eine Angelegenheit des Herzens gewesen – so wie für die Präsidenten vor ihm. Das gute Verhältnis zwischen Bush und Kohl wäre wichtig gewesen – entscheidenden Anteil an der Wiedervereinigung hätten jedoch die Deutschen gehabt. Besonders die Erwartungen an das wiedervereinigte Deutschland sah Hovenier 25 Jahre später für die Vereinigten Staaten erfüllt: „Die Bundesrepublik ist ein selbstbewusster und fähiger Partner geworden.“

Oleg Krasnitskiy, Gesandter der Botschaft der Russischen Föderation, war zum Zeitpunkt des Mauerfalls Diplomat der sowjetischen Botschaft in Bonn. Die russische Führung habe die Ereignisse von 1989 nicht erwartet, doch Michail Gorbatschow sei relativ schnell auf die neue Lage eingegangen. Krasnitskiy berichtete, dass im Zuge der Zwei-plus-Vier-Gespräche Gorbatschow vor allem im eigenen Land viel Überzeugungsarbeit leisten musste, denn die DDR wurde von vielen in der Sowjetunion als Kriegsbeute betrachtet, die sie nicht verlieren wollten. Doch für Gorbatschow war klar: Die Einheit bringe viele Chancen. Diese Einstellung sei auch auf das enge Vertrauensverhältnis zwischen ihm und Kohl zurückzuführen. Abschließend empfahl Krasnitskiy jungen Diplomaten von heute, sich in das Vertragswerk einlesen, denn aus ihm können sie lernen, wie man schwierige Krisen im Einvernehmen lösen kann.

Asset-Herausgeber

comment-portlet

Asset-Herausgeber