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"Ein Herzenseuropa brauchen wir"

Der belgische Botschafter Ghislain D’hoop über sein Bild der Europäischen Union

Es war der Blick auf die Europäische Union aus einem der kleineren Länder Europas - und zugleich aus der europäischen Hauptstadt: Der Botschafter des Königreichs Belgien in Deutschland, Ghislain D’hoop, berichtete in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung von seinen Europabildern - und sah den Kontinent ungewohnt selbstkritisch.

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Europa organisieren

Derzeit sei häufig die Rede davon, Europa zu gestalten, so D’hoop. Doch wie schon der belgische Außenminister Paul-Henri Spaak sagte: Man müsse Europa nicht gestalten, sondern organisieren, zitierte D’hoop seinen Landsmann, der 1958 die Römischen Verträge und 1959 den deutsch-belgischen Vertrag mitunterzeichnet hatte. Nach dem Krieg hatte Europa tatsächlich Organisationsbedarf, um seine Interessen zu verteidigen: Die Sowjetunion hatte ein Netzwerk verbündeter Staaten im Osten organisiert – und darauf galt es zu reagieren. Auch heutzutage organisierten sich manche besser und hätten dadurch eine stärkere wirtschaftliche Schlagkraft.

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Bundeskanzler Konrad Adenauer, Außenminister Heinrich von Brentano und Belgiens Außenminister Paul Henri Spaak am 24.09.1959 in Brüssel (Foto: picture alliance / epa Belga)

Starke Symbole – aber zu abstrakt?

Doch etwas nachdenklich schob D’hoop hinterher: „Wir haben uns mittlerweile unheimlich gut organisiert, vielleicht zu sehr.“ Die Gebäude des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission sowie das bald fertiggestellte Gebäude des Europäischen Rates, das „Ei von Van Rompuy“, wie es scherzhaft genannt werde, seien starke Symbole für den erreichten Grad der Organisation. Doch möglicherweise sei Brüssel für die Menschen Europas zu symbolisch geworden, „zu abstrakt, zu weit von den Leuten entfernt“, so D’hoop.

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Das Paul-Henri-Spaak-Gebäude, Arbeitsort vom Europäischen Parlament in Brüssel(Foto: Matthias Balk / dpa)

Gesamtprojekt mit verschiedenen Stufen

Wie weit Europa gekommen sei, zeige sich an den Banknoten: Wo früher die Konterfeis von Staatsmännern prangten, fänden sich heute Brücken: Bauwerke, die vereinen. Schließlich würden im Krieg zuerst Brücken zerstört, so D’hoop. Vielleicht sollten wir die Europäische Union als genau das sehen: als großen Brückenbauer. Es gehe schließlich nicht um die Abschaffung der Nationalstaaten, Europa sei ein „Gesamtprojekt mit verschiedenen Stufen, bei denen es natürlich Nationalstaaten gebe“, befand D’hoop.

Europa im Herzen haben

Europa habe wunderbare Erfolge in Grundrechtsfragen errungen, doch jetzt gelte es, diese zu konkretisieren – und zwar durch Emotionen: „Ein Herzenseuropa brauchen wir.“ Denn: Ohne Zusammenarbeit könnten wir nicht überleben. Das zeige auch ein Blick auf seine Heimat. Belgien lebte und lebe vom Handel, was dem Diplomaten zufolge mehr als lediglich wirtschaftliche Vorteile brachte: „Dieser Handel hat uns bereichert, auch was Kultur und Zivilisation betrifft.“ Offenheit, Toleranz, Respekt und Dialog seien so in seine Heimat gelangt.

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