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"Jobs folgen den Menschen in die Städte"

Biesdorfer Schlossgespräch mit Dr. Steffen Kröhnert

Die Weltbevölkerung wächst, doch die Zahl der Europäer schrumpft. Deutschland ist da kein Ausnahmefall, denn bis zum Jahre 2050 wird die Bevölkerung von 82 auf 70 Million gesunken sein. Anders Berlin - im Jahr 2050 wird die Stadt aller Wahrscheinlichkeit nach zehn Prozent mehr Einwohner haben als heute, vor allem durch vermehrte Zuwanderung. Beim Biesdorfer Schlossgespräch sprach Sozialwissenschaftler Dr. Steffen Kröhnert über die Auswirkungen und Herausforderung angesichts des demographischen Wandels.

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In seiner Begrüßung sprach Christian Schleicher über die positiven Seiten des demografischen Wandels. Dieser müsse nicht allein als Bedrohung begriffen werden, sondern als "Herausforderung und Chance, die Gesellschaft positiv und aktiv gestalten zu können", so der stellvertretende Leiter der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Dr. Kröhnert präsentierte die vielschichtige Entwicklung des demographisches Wandels und sprach über die unterschiedlichen Auswirkungen. "Deutschland wird in den nächsten Jahrzehnten knapp 30 Prozent weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter haben." Lange habe die Zuwanderung den nötigen Ausgleich gewährleistet, aber bald werde auch das nicht mehr ausreichen. "Wenn sich der Anteil der über 80-Jährigen verdoppelt hat, wird es bald nicht mehr ausreichend viele Erwerbsfähige geben, die das kompensieren können." Die dadurch steigenden Kosten für die Sozialsysteme und ein zunehmender Mangel an Pflegefachkräften würden so zu einer großen Herausforderung.

Die Bevölkerungsentwicklung ländlicher und urbaner Regionen sei sehr unterschiedlich, erklärte Kröhnert. Während Städte mit Jobs und kultureller Vielfalt wachsen, zeigten sich im ländlichen Raum Schrumpfungsprozesse. "Je weiter eine Gemeinde von einem Ballungszentrum entfernt ist, desto mehr Einwohner verlieren diese Gemeinden." Es sei jedoch eine relativ neue Entwicklung, dass Städte wie Magdeburg in Sachsen-Anhalt oder Rostock in Mecklenburg-Vorpommern wachsen, denn in den 90er Jahren seien die Menschen aus der Stadt eher in Randgebiete gezogen, um sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen. "Erst seit etwa 2000 ziehen die Leute wieder vermehrt in die Städte, wo Wachstum, Stabilität und bessere Bildungssysteme locken."

Berlin sei unter den Großstädten lange eine Ausnahme gewesen, so Kröhnert. Nach der Wiedervereinigung seien viele Menschen in der Hoffnung hergezogen, "da passiert was". Als diese Erwartungen jedoch nicht erfüllt wurden, folgte bis 2001 eine große Abwanderungswelle. Erst 2005 zog es die Menschen wieder nach Berlin, als vermehrt Arbeitsplätze geschaffen werden konnten und "der Motor Berlin angesprungen ist".

Dieser Trend lasse sich mit der "Theorie der kreativen Ökonomie" des Ökonomen Richard Florida erklären, so Kröhnert. "Wissen ist das Material von Kreativität und Innovation ist ihr Produkt." Habe man früher Fabriken gebraucht, damit Menschen in die Städte zogen, brauche es heute eine "kreative Klasse". Diese wähle ihren Wohnort dort, wo es ihr am besten gefällt und Innovation und Investitionen folgten dadurch automatisch nach. "Die Jobs folgen jetzt den Menschen und nicht mehr umgekehrt", so Kröhnert.

Ob sich Berlin angesichts steigender Wohnungspreise zu einer Wirtschaftsstadt wie London entwickeln werde oder sich stattdessen auf Mobilität, Umwelt, Governance und clever wohnen konzentrieren wird, werde die Zeit zeigen.

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Christian Schleicher

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Stellvertretender Leiter Politische Bildungsforen und Leiter Politische Bildungsforen Süd

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