„Kieselstein auf der Weltkarte“ - Politisches Bildungsforum Berlin
Veranstaltungsberichte
Seit über 6.000 Jahren besiedelten viele unterschiedliche Völker die Inselgruppe im Mittelmeer, die ihre Bewohner auch liebevoll einen „Kieselstein auf der Weltkarte“ nennen. Nach fast 280 Jahren unter der Herrschaft des Malteserordens und weiteren 150 Jahren als britische Kolonie erlangte Malta erst 1964 seine Unabhängigkeit. Seit 1974 ist das Land eine Republik.
Auch wenn die letzten britischen Soldaten die Insel erst im Jahr 1979 verließen, so prägt die britische Kolonialzeit Malta bis heute. Das könne man an den Telefonzellen, den „Pillar Boxes“ (Briefkästen) und dem Fahren auf der “richtigen“ Straßenseite der Straße erkennen, wie Friggieri augenzwinkernd bemerkte. 500 bis 600 Patienten pro Jahr werden in britischen Kliniken behandelt. Noch heute prangt auf der maltesischen Flagge das Georgskreuz: Großbritanniens König Georg IV. verlieh es den Maltesern als Anerkennung für ihre Tapferkeit während der Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg. Insgesamt seien die Beziehungen zwischen Malta und Großbritannien nach wie vor sehr eng.
Außenpolitisch kontrovers
Zwischen 1947 und 1984 war Dom Mintoff – mit Unterbrechungen – Ministerpräsident des kleinen Landes. Er galt zwar als probritisch, orientierte sich aber außenpolitisch neu und pflegte Kontakte zu den Staaten des Warschauer Paktes oder zu blockfreien Staaten wie z.B. Jugoslawien, sowie zu China und Libyen. Friggieri sieht darin keine Positionierung gegen den Westen, sondern vielmehr die Suche nach dem Platz Maltas auf der politischen Weltkarte.
An wirtschaftlichen Interessen orientierte Politik
Besonders die guten Beziehungen zum reichen Libyen seien der damals schlechten Wirtschaftslage Maltas geschuldet gewesen, betonte Friggieri. Malta habe für seine Waren Absatzmärkte suchen müssen, dabei sei Libyen eine wichtige Brücke für den afrikanischen Markt gewesen. Die Wirtschaft habe sich letztlich auch aufgrund dieser interessensgebundenen Außenpolitik sehr gut entwickeln können.
Neben Großbritannien, Frankreich und Italien zählt Deutschland zu den wichtigsten Handelspartnern. Bereits vor dem EU-Beitritt gründeten viele europäische Firmen Dependancen in Malta. Allein 55 deutsche herstellende Unternehmen sind auf der Insel aktiv, darunter der Spielzeughersteller Playmobil mit 1.000 Beschäftigten, aber auch Dienstleister, zum Beispiel die Techniksparte der Lufthansa mit 600 Arbeitsplätzen, so der Botschafter. Die meisten Importe kommen im Übrigen aus Italien.
Malta in Europa
Doch die Europäische Integration erstreckt sich selbstverständlich nicht nur auf die Wirtschaft. Seit 2004 ist das Land Mitglied der Europäischen Union. Vorausgegangen sei der Volksabstimmung eine intensive Diskussion, ob Malta nicht zu klein sei, um in der EU zu bestehen, und ob sich die kleine Republik nach den langen Jahren als britische Kolonie nun Brüssel unterordnen solle. Doch nach dem positiven Votum von 53,65 Prozent war der Beitritt beschlossene Sache. Heute liegt die Zustimmung zur EU permanent bei knapp 80 Prozent, also weit höher als in Deutschland. Sie bleibe trotz des Brexit-Votums stabil.
Im ersten Halbjahr 2017 hat Malta die EU-Ratspräsidentschaft inne. Malta wolle vor allem die europäische Identität stärken, berichtet Friggieri. Die Themen Migration, Sicherheit, die Beziehungen zu den südlichen Nachbarn, die Stärkung des Binnenmarktes und ein Fokus auf maritime Angelegenheiten seien Schwerpunkte der Ratspräsidentschaft. Jedoch betonte der Diplomat, sein Land könne diese Ziele nur erreichen, wenn auch die anderen europäischen Staaten Malta dabei unterstützen.
Malta und Deutschland
Die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Malta wurden 1965 kurz nach der Unabhängigkeit Maltas aufgenommen. Nach dem Beitritt Maltas zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 sind sie noch intensiver geworden. Seit 1962 existiert der "Deutsch-Maltesische Zirkel", der Aufgaben des auf Malta nicht vertretenen Goethe-Institutes wahrnimmt. Seit vielen Jahren ist Friggieri Mitglied, wurde fünf Mal zum Präsidenten gewählt und ist heute deren Ehrenpräsident.
Inzwischen gibt es in den Sekundarschulen das Angebot, Deutsch zu lernen. Laut Dr. Friggieri lernen etwa fünf Prozent der Jugendlichen Deutsch. Da die Sprache als schwierig gilt, seien es die akademisch besten Schülerinnen und Schüler, die diese Sprache als Fach wählen. Von 1977 – 2013 war Friggieri an der Universität Malta Dozent für Deutsch in Teilzeit.
Im Jahre 1999 wurde Friggieri das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen als Anerkennung für seine Arbeit „zur Förderung der deutsch-maltesischen Freundschaft in den Bereichen Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft“. Dass er auch an diesem Abend erfolgreich war, zeigten die begeisterten Teilnehmer, die ihn auch beim Empfang nach der Veranstaltung noch mit ihren Fragen umlagerten.