„Siri, Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf unser Leben?“ - Politisches Bildungsforum Berlin
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Wenn Friedhelm Ost mit seinen Kindern und Enkelkindern kommuniziert, dann stehen sich „Generation Brockhaus“ und „Generation Smartphone“ gegenüber. Als „Analphabeten der Moderne“ fühle man sich, wenn man nicht wie die sogenannten millennials in einer digitalen Welt groß geworden ist, sagt Ost vor knapp 100 Zuhörern in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin. Der ehemalige Leiter der ZDF-Wirtschaftsredaktion, der zu seiner aktiven Zeit als Journalist noch auf Fernsehbeiträge Zelluloid gedreht hat, sieht die Digitalisierung nicht nur als vierte Phase der industriellen Revolution, sondern als revolutionären Wandel in allen Lebensbereichen. Die Art, wie wir kommunizieren, einkaufen, Urlaub buchen oder Medien konsumieren: „Wir sind schon längst in der Digitalisierung angekommen“, stellt Friedhelm Ost fest. Die Digitalisierung sei neben der Globalisierung und der demografischen Entwicklung eines der drei zentralen Zukunftsthemen unserer Gesellschaft. Besonders bemerkenswert sei die Geschwindigkeit, mit der neue technische Entwicklungen auf den Markt kommen. Fast jeden Monat gäbe es eine neue Innovation zu bestaunen, so Ost.
Deutschland auf Aufholjagd
Wie bei allen großen technologischen Entwicklungen - sei es die Entwicklung der Dampfmaschine, des Automobils oder des Fernsehapparates - weckt die die Digitalisierung neben großer Euphorie in einigen Teilen der Gesellschaft Skepsis oder sogar Angst vor möglichen Veränderungen. Das reicht von der Frage, was mit unseren Daten passiert über ethische Problemen im Bereich des autonomen Fahrens bis hin zur Smartphonesucht vieler Jugendlicher. So verlocken der Gedanke auch sein mag, sich völlig auf digitale Assistenten zu verlassen: „Wir dürfen uns nicht von der Technologie beherrschen lassen“, fordert Friedhelm Ost. Besorgt ist der ehemalige Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses des Deutschen Bundestages, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland das Feld den Mega-Konzernen wie Google, Apple oder Facebook überlässt. „Die erste Halbzeit der Digitalisierung haben wir verloren“, sagt der bekennende Dortmund-Fan. Dabei verfügen wir in Deutschland über großes Knowhow auf dem Gebiet der digitalen Technologien und eine außerordentlich wettbewerbsfähige Wirtschaft. Was vor einigen Jahren noch wie Science Fiction klang (Beispiel Künstliche Intelligenz, Robotik oder das Internet der Dinge), sind heute zukunftsfähige Wirtschaftszweige, in denen Deutschland in den kommenden Jahren seine Stärken voll ausspielen und ganz vorne mitspielen könne.
“Der Mensch muss Maß und Mitte bleiben“
Wo es Gewinner gibt, gibt es immer auch Verlierer. Während die Logistikbranche über die Masse an auszuliefernden Päckchen von Amazon, Zalando und Co. sicherlich hocherfreut ist, schaut der klassische Einzelhandel eher kritisch auf den E-Commerce-Boom. Gerade auf dem Arbeitsmarkt wird es durch die zunehmende Digitalisierung von Produktionsprozessen in den kommenden Jahren zu erheblichen Neustrukturierungen kommen. An eine Zukunft, in der Roboter den Menschen gänzlich ersetzen können, glaubt Friedhelm Ost jedoch nicht. „Der Mensch muss Maß und Mitte jeder technischer Entwicklung bleiben“, fordert Ost. Politik und Wirtschaft müssen den Menschen die Ängste vor dem digitalen Wandel nehmen und stattdessen die Chancen besser vermitteln. „Wir müssen die Menschen mitnehmen“, so der ehemalige Politiker weiter. Er macht sich zudem für einen Netzausbau stark und fordert Investitionen (auch aus dem privaten Sektor), um „leistungsfähige Datenautobahnen im Gigabit-Bereich“ zu schaffen. Durch den Bau moderner Netze und eine Vereinheitlichung des bisher stark fragmentierten europäischen Marktes (z.B. im Bereich der Urheberrechte und des Datenschutzes) seien für Europa und Deutschland die besten Voraussetzungen geschaffen, um dem digitalen Fortschritt optimistisch entgegenzublicken.