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Veranstaltungsberichte

„Über das Unsagbare reden“

von Rita Schorpp
„Ich bin kein Opfer mehr!“ sagt Mario Röllig selbstbewusst. „Über das Unsagbare reden, über die Demütigung, die Peinlichkeit, die Schande, die man auch im Knast erleben musste, das befreit unheimlich.“ Dafür hat er hart an sich gearbeitet. Röllig ist einer von fünf ehemaligen „Republikflüchtlingen“, die der Kölner Regisseur Stefan Weinert in seinem Dokumentarfilm „Gesicht zur Wand“ portraitiert hat. Am 60. Jahrestag der Staatsgründung der DDR zeigte die Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung dieses beeindruckende Dokument.

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Der Film enthüllt die Ungeheuerlichkeit und Unmenschlichkeit der Methoden der DDR-Staatssicherheit: Drei Männer und zwei Frauen schildern, weshalb sie die DDR verlassen wollten, wie sie nach ihrer missglückten Flucht inhaftiert, überwacht, bespitzelt, gequält und entwürdigt wurden. Catharina Mäge überlebt die Haft im berüchtigten Frauengefängnis der DDR, in Hoheneck, „indem ich wie ein Igel rund um die Uhr mit aufgestellten Stacheln lebte.“ Und sie fährt fort: „Nichts war gewiss.“ Dieses Trauma liegt auch Anne M. „wie ein Stein auf der Seele.“

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Von links: Protagonist Mario Röllig; Inés Burdow, Lebensgefährtin des Regisseurs; Moderatorin Rita Schorpp; Protagonistin Catharina Mäge; Regisseur Stefan Weinert

Im anschließenden Gespräch stellten sich Stefan Weinert, der Regisseur, und zwei seiner Portraitierten, Mario Röllig und Catharina Mäge, den Fragen der Moderatorin Rita Schorpp und des Publikums. Catharina Mäge und ihr Verlobter – heute ihr Mann - wollten gemeinsam fliehen und wurden inhaftiert. Sie schildert den totalen Verlust der Privatsphäre im Gefängnis: „Saßen Sie schon einmal auf der Toilette und vor ihren Knien wusch sich jemand?“ Catharina Mäge und ihr Mann haben geschafft, was vielen anderen ehemaligen Häftlingen nicht gelang: Sie „wussten, dass wir anders herauskommen würden, als wir hineingingen.“ Aber sie bewahrten ihr Vertrauen und ihre Liebe zueinander.

„Ich war kein Held“, stellte Röllig fest. Jahrelang litt er darunter, dass er dem perfiden System der Vernehmungen im Stasi-Gefängnis in Hohenschönhausen erlegen war. Die Stasi nutzte seine „panische Angst um meine Familie.“ Von den Schuldgefühlen befreit hat ihn erst das Gespräch mit Freunden und der Familie. Heute arbeitet er als Zeitzeuge in der Gedenkstätte Hohenschönhausen und berät Stasi-Opfer. Catharina Mäge engagiert sich ebenfalls als Zeitzeugin und im Frauenkreis der ehemaligen Hoheneckerinnen.

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