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„Wie ein wildbewegter Ozean“

Der Schriftsteller und Journalist Ulrich Schacht stellte sein aktuelles Buch „Vereister Sommer - Auf der Suche nach meinem russischen Vater“ in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung vor.

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Die Geschichte wurde bewusst in Form eines Realromans geschrieben, da die Erlebnisse dichter waren als jede Fiktion es je hätte sein können, sagte der Autor.

Ausgangspunkt des Buches ist der Spätsommer 1950, in dem sich Ulrich Schachts Mutter in einen sowjetischen Offizier verliebt und schwanger wird. Verbindungen zwischen sowjetischen Soldaten und der deutschen Zivilbevölkerung waren trotz der Propaganda der „deutsch-sowjetischen Freundschaft“ strengstens untersagt.

Die Mutter wurde daraufhin vom sowjetischen Geheimdienst wegen „Verleitung zum Landeshochverrat und zur Spionage“ zu zehn Jahren Arbeitslager verurteilt. Ihre Haft musste sie im berüchtigten Frauengefängnis Hoheneck verbringen. Sein Vater kehrte in die Sowjetunion zurück und seit der Zeit hatten seine Mutter und er nie wieder Kontakt mit ihm.

Schacht selbst erblickte in Hoheneck das Licht der Welt und kam 1973 wegen angeblicher „staatsfeindlicher Hetze“ selber ins Gefängnis. Trotz seiner mehrjährigen Haft legt er besonderen Wert auf die Feststellung, nicht Opfer des SED-Regimes, sondern Widerstandskämpfer gewesen zu sein.

Er schildert die Geschichte, die mit Aktenauszügen, Gerichtsprotokollen, einem Gespräch mit seinem Richter und zahlreichen Briefen der Familie angereichert ist, nicht chronologisch, sondern springt ständig zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

Obwohl er den Vater nach langer Suche bereits am Ostersonntag des Jahres 1999 in die Arme schloss, war er erst zehn Jahre später dazu in der Lage, seine Lebensgeschichte und die seiner Eltern literarisch zu bewältigen. „Manche Texte brauchen Zeit. Viel Kraft und Ausdauer, auch Mut und eine gewisse Reife dessen, der sie verfasst, weil die Inhalte, die sie transportieren sollen, den Schreiber drohen niederzuringen.“

Schacht führte aus, dass Texte für ihn erst dann gut sind, wenn sie so wirken „wie ein wildbewegter Ozean unter einer geschlossenen Eisdecke“. Trotz der tragischen Erlebnisse betonte er, dass er und sein Vater das große Glück gehabt hätten, sich, wenn auch erst Jahrzehnte später, wiedergesehen zu haben, ein Glück, das sehr vielen anderen Betroffenen nicht vergönnt gewesen ist.


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